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Archiv "Vertragsärztlicher Notdienst: Des einen Freud´, des anderen Leid" (29.05.2009)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 22⏐⏐29. Mai 2009 A1163

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iedergelassene Ärzte haben am Notdienst teilzunehmen.

Diese Verpflichtung gilt werktags von 19 Uhr abends bis acht Uhr mor- gens sowie an Wochenenden und Feiertagen rund um die Uhr. Kaum ein Arzt reißt sich um diesen Notdiensteinsatz, auch wenn er nur alle zwei bis drei Wochen zu absol- vieren ist. Die zeitliche und körper- liche Belastung ist immens. Hinzu kommt, dass die Ausnahmesituation im Notdienst besondere Kenntnisse und Vorsichtsmaßnahmen erfordert.

Die Pflicht zur Teilnahme am ärztlichen Notdienst besteht für alle Vertragsärzte. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese haus- oder fachärzt- lich tätig sind. Auch ein Pathologe ist beispielsweise zum Notdienst verpflichtet, selbst dann, wenn er mehr als 30 Jahre keinen Notdienst mehr geleistet hat. Dies hat das Bun- dessozialgericht erst im Februar 2008 in einem Urteil bestätigt (Az.:

B 6 KA 13/06 R). Die Pflicht zur Teilnahme am ärztlichen Notdienst ergebe sich aus dem Zulassungssta- tus der Ärzte als Vertragsärzte im

Rahmen der gesetzlichen Kranken- versicherung. Dieser Status erforde- re es, auch außerhalb der üblichen Sprechstunden für die vertragsärzt- liche Versorgung zur Verfügung zu stehen. Eine Ausnahme gilt nur für angestellte Ärzte, sofern diese nicht mehr als zehn Stunden in der Woche beschäftigt sind.

Die Pflicht zum Notdienst gilt gleichermaßen für jeden Partner ei- ner Berufsausübungsgemeinschaft ebenso wie für Angestellte einer Arzt- praxis oder eines Medizinischen Versorgungszentrums. Auch Ärzte, die nur mit einem hälftigen Versor- gungsauftrag zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen sind, müssen Notfalldienst leisten. Wer in einer überörtlichen Berufsausübungsge- meinschaft an weiteren Standorten Sprechstunden anbietet, ist auch dort zur Teilnahme am Notdienst verpflichtet. Soweit ein gebietsärzt-

licher Notdienst eingerichtet ist, kann eine Vertretung nur durch ei- nen Arzt mit der gleichen Gebiets- bezeichnung erfolgen. Weitere Ein- zelheiten der Verpflichtung zum Notdienst sind in den Notdienstord- nungen der Landesärztekammern oder der Kassenärztlichen Vereini- gungen (KVen) geregelt.

Eine Befreiung vom ärztlichen Notdienst ist nur möglich, wenn schwerwiegende Gründe vorliegen.

Das ist insbesondere der Fall bei körperlichen Behinderungen oder bei besonderen, belastenden fa- miliären Verpflichtungen. In Betracht kommt hier etwa die Betreuung eines behinderten Kindes im eigenen Haushalt oder die Betreuung von pfle- gebedürftigen Eltern. Eine Befreiung ist ferner möglich bei der Teilnahme an einem kli- nischen Bereitschaftsdienst mit Notfallversorgung. Die Befreiung kann auf Antrag ganz, teilweise oder vorübergehend erteilt werden.

Wann im Einzelfall ein schwer- wiegender Grund für eine Befreiung vom Notdienst vorliegt, hat inzwi- schen viele Gerichte beschäftigt.

Diese Rechtsprechung wurde weit- gehend in die Befreiungsregelungen der jeweiligen Notfalldienstordnun- gen aufgenommen. Danach kann et- wa eine Befreiung von der Teilnah- me am ärztlichen Notdienst für Ärz- tinnen ab dem Zeitpunkt der Be- kanntgabe ihrer Schwangerschaft und bis zu acht Wochen nach der

Entbindung erfolgen. Darüber hin- aus kann ein Elternteil bis zu einem Jahr nach der Entbindung befreit werden, sofern der andere Elternteil nicht gleichzeitig eine Elternzeit in Anspruch nimmt.

Eine Befreiung vom ärztlichen Notdienst aus Altersgründen kann demgegenüber in der Regel dann nicht erfolgen, wenn der Arzt seine Praxis weiter ausübt. Auch eine be- legärztliche Tätigkeit oder die berufs- politische Betätigung rechtfertigen für sich alleine genommen keine Be- freiung vom Notfalldienst.

VERTRAGSÄRZTLICHER NOTDIENST

Des einen Freud´, des anderen Leid

Ein Überblick über die rechtlichen Aspekte, Schwierigkeiten und Fallen der ärztlichen Tätigkeit im Notdienst

Eine Befreiung vom ärztlichen Notdienst aus Altersgründen ist in der Regel nicht möglich.

S T A T U S

Fotos:Visum,dpa

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A1164 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 22⏐⏐29. Mai 2009

S T A T U S

Selbst die Verletzung der Fortbil- dungspflicht über mehrere Jahre hin- weg mit der Folge, dass die für den ärztlichen Notdienst erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht (mehr) vorhanden sind, ist kein Grund für eine Befreiung vom Not- dienst. So hatte ein Pathologe in sei- ner 25-jährigen Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nie- mals selbst den Notdienst erfüllt, sondern diesen stets durch einen von ihm finanzierten Vertreter durch- führen lassen. Schließlich wollte der

Pathologe von dieser finanziellen Belastung befreit werden. Als Be- gründung führte er an, dass er selbst gar nicht berechtigt sei, am Not- dienst teilzunehmen, weil er seit Jah- ren seiner Fortbildungsverpflichtung nicht mehr nachgekommen sei. Das Bundessozialgericht hat demgegen- über klargestellt, dass Ärzte wegen des Gleichbehandlungsgebots nicht von ihrer Verpflichtung zur Zahlung eines Vertreters befreit seien. Auch wenn ein Arzt von der KV wegen Ungeeignetheit vom Notdienst aus- geschlossen sei, so enthalte dieser Ausschluss lediglich das Verbot, den Notdienst persönlich zu er- bringen.

Der Arzt kann sich im Notdienst von einem anderen Arzt vertreten lassen. Der Arzt bleibt jedoch so- wohl berufsrechtlich als auch ver- tragsarztrechtlich für den Notdienst

verantwortlich. Er muss daher dafür Sorge tragen, dass der ihn vertreten- de Arzt den ärztlichen Notdienst ordnungsgemäß ausführt. Der zum ärztlichen Notdienst verpflichtete Arzt muss sich vergewissern, dass sein Vertreter die zur Durchführung des ärztlichen Notdienstes erforder- lichen Kenntnisse und Fähigkeiten hat. Vertreter im ärztlichen Not- dienst müssen eine abgeschlossene Weiterbildung nachweisen oder sich im letzten Jahr der Weiterbildung befinden. Zudem muss sich der Arzt

vergewissern, dass der von ihm ge- wählte Vertreter auch im Übrigen den für die Berufsausübung erfor- derlichen Kriterien der Zuverlässig- keit und Würdigkeit entspricht. Wer beispielsweise davon Kenntnis be- sitzt, dass der ausgewählte Vertreter unzuverlässig ist, gar ein Alkohol- problem oder gravierende gesund- heitliche Probleme hat, haftet im Zweifel für den Fehler des Vertre- ters. Dies hat der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Urteil erst kürz- lich bestätigt (Az.: VI ZR 39/08).

Ob und inwieweit die Gemein- schaftspraxis jedoch für den Herzin- farkttod eines Patienten schadenser- satzpflichtig ist, nachdem der Vertre- ter die Symptome des Herzinfarkts verkannt und lediglich ein Medi- kament gegen Gastroenteritis ver- schrieben hatte, muss das Oberlan- desgericht Köln noch entscheiden.

Will sich ein Arzt von einem Kol- legen vertreten lassen, so hat er rechtzeitig für eine geeignete Vertre- tung zu sorgen. Ist das aufgrund der Kurzfristigkeit nicht mehr möglich, so kann der örtliche Notdienstbeauf- tragte einen anderen Arzt bestim- men. Der Vertreter muss dem Not- dienstbeauftragten seine Vertretung rechtzeitig mitteilen. Verfügt der Vertreter nicht über eigene Praxis- räume im Notdienstbereich und ist auch keine Notfallpraxis eingerich- tet, so hat der Vertretene seine Pra- xisräume zur Verfügung zu stellen.

Die Kosten für eine Vertretung im Notdienst betragen jährlich etwa zwischen 2 000 Euro und 5 000 Eu- ro, je nach Notdienstordnung bezie- hungsweise KV-Satzung.

Freilich wird die Verpflichtung zum Notdienst keinesfalls nur als Last empfunden. So gibt es auch Ärzte, die freiwillig und gerne den Notdienst übernehmen und sich da- mit einen beträchtlichen Zusatzver- dienst erarbeiten. Doch nicht jeder hat ein Recht zur Teilnahme am Not- dienst, wie die Gerichte mehrfach entschieden haben: Ein Arzt, dem die Zulassung entzogen wurde, kann die Teilnahme am vertragsärztlichen Notdienst nicht einklagen. Die Be- schränkung der Zulassung zum ärzt- lichen Notdienst auf niedergelassene Ärzte stellt nach Ansicht des Bun- dessozialgerichts eine zulässige Be- schränkung der grundrechtlich ge- schützten Berufsfreiheit dar. I Beate Bahner Fachanwältin für Medizinrecht E-Mail: info@beatebahner.de

RECHTSREPORT

Zu den Pflichten eines Arztes, der seinen Beruf gewissenhaft ausübt und das ihm seitens der Patienten entgegengebrachte Vertrauen nicht missbraucht, gehört auch die korrekte Abrech- nung und die Aufklärung über die Kosten einer Behandlung. Ein Arzt darf einem Patienten des- halb eine bestimmte Behandlung nicht auf- drängen, sondern muss diese, insbesondere wenn sie mit hohen Kosten verbunden ist, die ein Patient selbst übernehmen muss, medizi- nisch ausreichend und verständlich darlegen

und begründen. Das hat das Berufsgericht für Heilberufe beim Landgericht München in einem Urteil bekräftigt.

Im entschiedenen Fall hatte sich eine Vielzahl von Patienten über privatärztliche Abrechnungen eines niedergelassenen Hautarztes bei der Ärz- tekammer beschwert. Dieser wählte in einer Reihe von Fällen eine abrechnungstechnisch für ihn vorteilhaftere Variante nach der Gebühren- ordnung für Ärzte, anstatt die Behandlung und Abrechnung nach vertragsärztlichen Bedingun-

gen vorzunehmen. Dabei wurden zum Beispiel aufwendige allergologische Fragestellungen ab- geklärt, was medizinisch nicht notwendig war.

Das Nebeneinander verschiedener Tests war zudem nach Aussagen von Sachverständigen unüblich und unwirtschaftlich.

Diese Abrechnungspraxis hat beim Arzt nach eigenen Angaben dazu geführt, dass er einen Teil seiner Patienten verlor. Er ist wegen Verletzung von Berufspflichten zu einer Geld- buße von 15 000 Euro verurteilt worden. (Urteil vom 17. Dezember 2008, Az.: BG – Ä 2/08)

RAin Barbara Berner

Unzureichende Aufklärung über Behandlungsmöglichkeiten

Der Arzt muss sich vergewissern, dass der von ihm gewählte

Vertreter die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat.

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