Drei Städte in Syrien.
Von
»r. Hitzig.
In dem Maasse, dass die einzelnen Zweige gesammter Alter-
tliumswissenscliaft weiter ausgebildet werden , macht sich mehr
und mehr luiilbar, wie die von der Sache gebotene Theilung des
Geschäftes auch ihr Missliches hat und Nachtbeile mit sich'führt.
Zwar stellt es nicht so, dass überhaupt keine Verbindung der
Fächer unterhalten würde, dass die Arbeiter in dem einen Felde
von den augreuzenden Gebieten ganz ohne Kenntniss blieben; und
was Manchem, der sich in eine Specialität vertieft hat, etwa ent¬
gehen mochte , das wird durch Jahresberichte und Debcrsichten
für ihn nachgeholt. Gleichwohl kommt es vor, dass Einer in
nächster N'ähc des Andern auf dem Nachbarfelde ackert, ohne
dass sie von einander wissen ; dass du einen Fund thust oder ein
Ergebniss gewinnst, welche, für dich ziemlich wertblos , Jenem
sehr zu statten kämen, erhielte oder nähme er davon Kenntniss.
Freilich kann nicbt mehr wie ehemals allerlei Wissen encyclopä¬
disch beisammen sein, im Kopfe, im Lehrbuch, in der Zeitschrift;
es ist nicht möglich, wenn Einem seine besondere Stelle auge¬
wiesen ist, zugleicb an andern Orten zu sein, und uncrspriesslich, verwirrend wie verflachend, von Diesem zu Jenem überzuspringen.
Geschweige dass Einer auf verschiedenen Punkten zugleich die
Wissenschaft erheblich fördern mag, ist es schon schwer, mit
dem Fortschritte des Wissens , den dasselbe durch Andere erzielt,
sich Uberall auf gleicher Döhe zu halten. Man bleibt theilweise
zurück, und während man selbst forschend sicb concentrirt, in
immer engerem Kreise sich tiefer einwUhlend , bildet unser jetziges
Wissen um andere Dinge den Standpunkt und ihn unvollkommen
ab, welcber vor Jahren, als wir Mittel- und Hochschule besuch¬
ten, eingenommen war. So geht es namentlich dem Orientalisten
mit der klassischen Philologie. Ein J. J. Reiske war scbon für
seine Zeit ein Phänomen, wie es sobald nicht wiederkehren wird,-
am wenigsten unter denjenigen , welche gemeinhin nur zwei Far¬
ben sehen, .Schwarz und Weiss, ich meine: zwei Sprachen kennen,
Griechisch und Latein, und sie höchstens noch mit einem dünnen
Saume Hebräisch einfassen. Aber auch die Orientalisten haben
sich noch weiter gespalten, halten theils fest am Semitismus, oder
zerbrechen sich den Kopf Uber Hieroglyphen und Keilschrift, haben
in Indien und Baktrien Fuss gefasst, und zerstreuen sich von da
weiter üher ganz Asien,
Vlll, Uli. U
1 5 *
210 UUzig, drei Städte in Syrien.
Solche Trennung ist wohl recht und gut; soll sie aber nicht
in Zersplitterung ausarten , so müssen wieder Verbindungen her¬
gestellt und unterhalteu werden , und das Bewnsstsein des Zu-
sammenhanges der Disciplinen , wo ein solcher wirklich vorhanden
ist, darf nicht verloren gehn. ünd welches Fach, wenn wir
nicht gerade mit Mandschugrammatik und hebräischer Geschichte
heispielen wollen , bätte nicht seine Beziehungen zu einem an¬
dern, zu mehreren andern, und Berührungen damit? Der Berg
im eigenen Lande , den ich erstieg , bietet eine Aussicht
auch auf die Nachbarländer; und das Licht, welches bier auf¬
gesteckt worden, wirft seinen Schimmer fernhin. Man soll
mit allen erforderlichen Hülfsmitteln ausgerüstet an die Arbeit
gehn; andernfalls macht man leicht von den vorhandenen auch
einen falschen Gebrauch ; und die angustia rerum verleitet, ähnlich
wie ein bis dabin redlicher Mensch aus Noth stiehlt, aucb den
besonnenen Kenner, zu sagen und zu thun, Was er sonst wohl
unterlassen hätte. Die Art wie in Dingen der Etymologie nicht
nur die tilten Römer ihre Muttersprache hudelten, sondern aucb
neuere Latinisten an ihr herumstümpern, ist bekannt genug; aber
kommt denn nicht Aehnliches auf anderen Gebieten vor? Man
soll, um ein Wort, einen Namen zu deuten, von der einbeimi-
sehen Form ausgehen. Sehr wohl! der Grundsatz ist unbestritten ;
aber wird ibm so unverbrüchlich nachgelebt! Gesenius war nicht
der Erste und nicbt der Binzige, welcher den Arabern ibr Hadbra¬
maut aus dem Hebräischen deuten wollte. Es kommt ja sogar
vor, dass man eine Sprache da herrschen lässt und aus ihr er¬
klärt, wo sie zu selbiger Zeit gar nicht vorhanden war.- Und
wie oft begnügt man sicb mit einem ä peu pres in der Wort¬
vergleichung ! Die Theologen trugen kein Bedenken Nui^wQatog
Matth. 2, 23. mit 1X3 Jes. 11, 1. unmittelbar zu combiniren, den
vlog TiafiaxXrjatwi Apg. 4, 36. von (is und) iüd: (!) abzuleiten;
aber wenn man Mi'pMg und MänCis identisch setzt, obne um die
Verschiedenheit der Vokale sich im mindesten zu kümmern, so ist
das um kein Haar besser. .Sogar werden Fehler begangen und
nachbegängen , die geradezu ein Schimpf sind für die gepriesene
Wissenschaftlichkeit des Zeitalters. Mag man immerhin niun ni23
durch du wirst des Todes sterben fortübersetzen; aber die
„Hütten der Töchter" 2 Kön. 17, 30., scbon ungeeignet im Zu¬
sammenhange, sprechen auch der Grammatik Hohn, als wenn n°i3a
der Genitiv wäre. Ein Muster dieser Art, bei welchem auch die
Grammatik nicht ausserdem Spiele bleibt, wird vorgewiesen wer¬
den; und es giebt ibrer nocb manche.
Wer sich in das Folgende hinein- oder bis zu Ende liest,
der wird vorstehende Herzensergiessung nicht mUssig finden, son¬
dern einsehen, dass sie zum eigentlichen Gegenstande des Auf¬
satzes eine enge Beziehung hat. Schreiber dieses will das Vor¬
urtheil, als wenn in ältester Zeit nur semitische Sprache für
Hüzig , drei Slädle iti Sgrien. iti
Syrien in Betracht käme, sich etwas näher ansehn; es soil ge¬
zeigt werden , dass anch zwischen Kuphrat und Mittelmeer einst
indogermanische, ja hrahmanische Cultur geherrscht hat. Die
Frage wegen der Philistäer bleiht hier ganz beiseite; aber auf
meine .Anmerkungen zu Daniel S. 9. 106. 179., zu Amos S. 133.
mich beziehn werde ich um so eher dürfen, da denselhen als
vorausgeschickten einzelnen Plänklern jetzt gleichsam eine Heeres-
abtheilung zum Schutze nachrückt. Ich werde für einmal die
Kigennamen dreier syrischer Städte erklären: die Wörter Mabug.
Damask und Tadmor, und einige nächste Folgerungen aus dem
jedesmaligen Ergehnisse ausdrücklich ziehen , indem sich hoffen
lässt, dass wir von der Erscheinung aus, hier dem Namen, auch
zur Sacbe gelangen. Vermuthungen und Hypothesen, auf welclie
von da weiter ausgegangen werden könnte, wollen wir nicht
vorgreifen.
i.
Mabug.
Der griechische Name dieser Stadt, 'ffpwnoXif, vorfindlich
seit Slrabo, soll uns desshalb nicht aufhalten, weil neben ihm,
dem appellativen , welcher noch drei andern Städten zukommt,
auch der wirkliche Eigenname Ba/ujSvxrj >) und hiermit schon,
wie wir sehn werden, von Plinius aber auch ausdrücklich „ Ma-
bog" (Mabug) anerkannt wird. Ebenso führen wir auch ohne
Weiteres die byzantinische Form M/fiTtnt^t ') unmittelbar auf die
arabiscbe g>t^ zurück und diese scbliesslich auf das syrische
u^aio (z. B. Assem. Bibl. Or. II, 10. 22 ff.). Nämlich das kurze a
in einfacher Sylbe, bisweilen durch 1 (v^niiio) angezeigt, deutet
Verdoppelung des «-^ an, welche in syrischer Schrift nur nicht aus¬
gedrückt wurde, aber in durch den Ersatz wieder zum Vor¬
schein kommt. Nicht als wäre dieses ^.j in der syr. Wortform
assimilirt worden; denn wir sind berechtigt, ja verpflichtet, da
die Stadt in Coele, besser in Commagena, genau genommen in
Kv^QijOTiXTj ^), jedenfalls auf syrischem Boden lag, an der syr.
Gestalt des Wortes als der ursprünglichem festzuhalten. Nun
wird auch überwiegend wahrscheinlich , dass Bu(.ijSvxij gleichfalls
aus «-sj^^to^ entstanden ist. Wäre nicht das so ähnliche aa/c-
1) Strab. XVI, 748. Plin. H. N. V, 23. Plut. Anton, c. 37., der ver¬
meintliche Appian Parth. c. 37.
2) Leo Diak. IV, 10. X, 4. vgl. Silv. de Sacy, ehrest, Ar. II, 122 comm.
.3) Plin. a. a. 0. — Amm. Marc. XIV, 8. — Ptolem. geogr. V, 15, §. 1.3.
14*
2Vi Hilzig, drei Slädle in Syrien,
ßvxrj, mnn liätte woLI Bafxßryrj gesprochen. An Bafivxrj (Pint.
Lykurg c. 6.) wurde wohl nicht gedacht; aber des ju halber in-
mitten des Wortes schlug dasjenige des Anlautes, obnebin ge-
neigt sich zur Muta zu verstärken, um so leichter in h um, da
eigentlich formatives h folgt, welchem jenes fi sich verähnlichte.
In der Gruppe /.iß stiess /n ah, während ß anzog; in Paiö^
= i!iz7: ist dagegen der folgende Laut durch den ersten und zwar
in >o assimilirt worden.
Diess alles lässt sich, wie mir dünkt, schon hören, räumt
aber die ebenfalls vorhandene Aehnlichkeit von Ba^ßvxtj und
ß6^ißv% nicht hinweg; und die Sache wird dadurch bedenklich,
dass zu Ahulfedä's Zeit besonders der Maulbeerbaum des Seiden-
gespinnstcs wegen dortselbst gepflegt wurde '). Die Thatsäch-
lichkeit der Maulbeerbäume am Orte zu jener Zeit steht um so
weniger zu bezweifeln, da irgend eine Combinirung mit dem Na¬
men der Stadt dem Abulfeda gar nicht zu Sinne kommt. An¬
knüpfend an eine von ihm angeführte Meinung, als sei ä^aä.« aus
o
persischem kjJ,a arabisirt, erklärt erst Schullens ') dieses ».^^
für mit »l^i Seide ') identisch; wo dann die weiteren Consequen¬
zeu sich von seihst ergeben. Jener Quelienschriftsteller Abulfedä's
sagt zugleich, ein Kesrä hahe die Stadt gebaut; habe Einen vom
Geschlechte Ardeschir's bin Bäbek Uber sie gesetzt; und nun wird
wohlwollend darauf hingewiesen, dass diess von einer Wieder¬
herstellung zu fassen sei. Allein der Gleiche führt auf diesen
Perser auch den Namen luJU zurück; nun aber ist der Name
Mabog^ BafißixT] viel älterer Bezeugung, älter als ^TepunoXtg *),
wie Seleucus die Stadt benannt bat <). Aucb sollte, um eine
Arabisirung aus «,aa<o zu sein , billig vielmehr g>*Ä.< lauten ; O» O'
und endlich ist ein Wort kaä^ sonst unbekannt, so dass es auch
erst nach trüglicher Analogie erschlossen sein könnte. Ja wofern
ts^^J^ von «.«Äi , würde folgerichtig auch Baftßvxti von ßöfißvl^
kommen ; es wäre von dort die Seide nach Griechenland ausge¬
führt worden; und von da wiederum erhielt Bambyke den Namen
geliefert gleichsam an Zablungs statt!
Von ihren Zeugen *•) demnach wäre die Stadt wobl nicht
benannt; ober vielleicbt trat der umgekehrte Fall ein. Für diese
1) Tab. Syriac ed. Kocbter p. 128.
2) Im index geogr. hinter der vita Saladini.
3) Nicht Seide, sondern Baumwolle; s. Ztschr. f. d. K. d. M. V, 75. Fl.
4) IMutarch a. a. 0.
5) Aelian de nat. anim. Xll, 2.
fij .1. Golius zu AlfergliSni p. 262. ohne Beleg dureh Zeugnisse.
UUzig , drei Slädle in Syrien. 2 Iii
Anouliinc würde einmal die Analogie sprechen. So ist ja auch
der Musselin von Mossul (Jwo^.«) benannt; und von Damask wird
wie die Sache auch der Name p'0,T2i ') Am. 3, 12. herstammen.
Mit diesem nun ist ohne Zweifel wiederum ^jn^Xa, armen.
metaqs, neugriech. ^ha'^a 2) — Seide in der Wurzel einerlei;
und so sagt diese Analogie, zumal Damask mit Mabug im nämlichen
Lande liegt, zwiefach zu Gunsten aus, wofern die Zeuge Mabug's
für seidene zu halten sein werden. Feruer wirkt auf die Einbil¬
dungskraft und besticht der bereits erwäbnte Umstand , duss im
Zeitalter Abulfedä's zu Mabug der Seidenwurm Pflege fand. Wie
damals so eignete auch früber der Ort sich zur Stätte dieses
Industriezweiges; die Ueberlieferung von einer ältern Cultur
konnte sich erhalten, und letztere nachgeheuds wieder aufblühen.
Aber allerdings haben „wahrscheinlich erst die Sasaniden", und
wahrscheinlicher sie noch nicht „die Scidenzucht dort eingeführt" ',1.
Freilich sei ßufjßv'^ nicbt der rechte, nicht unser heutiger Seiden¬
wurm, weicher von den Blättern des Maulbeerbaumes lebt; mög¬
licher Weise sollen Seidenzeuge im Wege des Handels nach und
über Mabug gekommen sein; dagegen daselbst angebaut, ver¬
muthet Riller, wurde die Baumwolle. Ja die ganze Frage, für
unser Einen an sich stachlicbt und keineswegs wie Seide anzu¬
fühlen, wird dadurcb weiter erschwert , dass im Türkischen jenes
) o-
andere Hierapolis Phrygiens den Namen (^x«)is ^jj^i ') d. i.
Baumwollenschloss fuhrt: womit ein falsches Licht gewor¬
fen wird, geeignet, den Stand der Sache noch mehr zu verwirren.
Mag nämlich immerhin diese Benennung sich auf die dortigen
weissen Felsen beziehn, so dass insofern das Zusammentreffen
von Bafißvxt] in „Hierapolis" als Zufall erscheint : so
hat doch ebenso viel Anspruch als ßöfißv'^ mit BaftßvxT)
in Verbindung gesetzt zu werden; und dieses y^jyjJ'^ bedeutet
eben nicbt Seide, sondern Baumwolle!
Wenn wir geneigt sind , ßoftßv'^ von Ba^ßixrj abzuleiten, so
liegt die Tbatsacbe, dass jenes nicht der gewöhnliche Seiden¬
wurm , uns vollkommen recht. Des letztern Heimath war ja- das
nördliche China '); und über China's Grenzen hinaus kam er erst
1) S. den gut gearbeiteten Art. in Gesenius' thesaur. p. 346.
2) Oiess die Etymologie von fidza^a, welche Lassen Ind. Altcrthum.s- künde I, 321. noch vermisst.
3) Ritter, Asien Vll, 1. 1057. vgl. Lassen a. a. 0. S. 317 4) Büsching, ErdbeschreibuDg XI, 1. S. 104 der 3. Aull.
5) Lassen a. .i. <»
214 Hilzig, drei Slädle in Syrien.
DUch Cbriati Geburt im 5. Jabrbuudert. Aber ea fällt uns aucb
nicbt ein zu bebaupten, dass vestis bombycina (Plin. XI, c, 22.)
und Sericum, oXoarjQixov, dasselbe sei; und deu Maulbeerbaum mit
seinem Seideuwurm mag man immerbin erst lange nacb Christus
zu Mabug angesiedelt haben. Es gab nocb andere Seide spin¬
nende Würmer, iu Indien allein kennt man deren jetzt zwölf ver¬
schiedene Arten '); und des bombyx als in Assyrien einheimisch
gedenkt Plinius (a. a. 0. u. c. 23). Derselbe solle sich auch auf
der Insel Kos linden, deren fast durchsichtige Zeuge im Alter¬
thum berühmt waren ; und es lässt sich um so weniger daran
zweifeln, da schon Arisloteles ') das Abwickeln der Cocons auf
Kos bespricht. Dergestalt von all jenen Inseln nur auf Kos vor¬
kommend, ist dieser Wurm dorthin verbracht worden; und wo
anders her, als eben aus Assyrien? Von da aber gen Kos mochte
der Weg leicht über das zwischeninne liegende Mabug führen;
und es sieht nun in der That nicht darnach aus, als wenn
„ßl>fißv%" „nur zufällig mit dem Namen der Stadt Bafxßvxrj über¬
einstimmte" Entscbieden wird meines Erachtens die Frage durch
den Umstand, dass für /Söju/StjS = S e i den r a u p e im Griechi¬
schen die Etymologie fehlt. Man verweist auf ßo^ßlio, auf „das
Summen uud Schnurren des Schmetterlings". Aber bedeutet denn
ßö/ußv'4 auch den betreffenden Schmetterling? und diesen ursprüng¬
lich? und ist von ihm ein so besonderes Summen bekannt, dass
er vorzugsweise davon benannt werden mochte? Von der Flöte
gesagt, schon bei Aeschylus, gehört das Wort einer Familie an;
die Flöte ist im Besitze desselben; und die Seidenraupe drängt
sich von aussen zu. Wir denken: von Ba^ßvxrj her, und zuerst
nuf Kos, ß6(ißv% aber für ßüfißv%, weil zwar in anderer Bedeu¬
tung das Wort bereits vorhanden war. Ueber Baum¬
wolle aber wird nunmehr zu urtheilen sein, dass das Wort nicht
unmittelbar auf Baußvxrj , sondern auf „bombyx" zurückgeht,
welches in späterem Gebrauche, aucb der Lateiner, jede feinere
Faser z. B. auch die Baumwolle bezeicbnet.
Sollte im Verfolge dieser Untersuchung sich ergeben , dass
in Mabug ursprünglich Inder sassen, so würde diess die Wahr¬
scheinlichkeit, dass ß6ußv% von Bunßvxri komme, erhöhen; aber
auch wenn die Aehnlichkeit der beiden Wörter zufällig wäre,
dürfen wir gleichwohl bei „Mabug" als der bis jetzt ältesten
Form' des Namens stehn bleiben. Und nun wird es auch mög¬
lich sein, auf die Frage, warum Ammian und Philostratus *)
1) Lassen a. a. 0. S. 318.
2) H. A. V, 19.
.3) Wie Ritter meint a. a. 0. S. 1058.
4) Ammian XIV, 8. Philostr. vita Apollon. I, 19. — Vgl. Ritter VII, 1. 1061: „Was den Ammian bewog, dieae Stadt mit dem Namen des alten Ninus zu belegen, ist uns völlig unbekannt." Aber was ist denn von un¬
serer Seite gesebeben, um damit bekannt zu werden?
Hitzig, drei Städte in Syrien. 2li>
Hiernpolis ala die ulte Nious d. i. Alt-Ninive benamsen, eine
Antwort zu geben; nacbdem zuvor aucb ein Mytbus, der sicb an
diese Stadt knüpft, erklärt worden sein wird: im Anscbluss Beides
an ältere Formen dieses Namens.
Eine örtliche Sage zu Hierapolis behauptete, eine grosse
Erdspalte (xdofta i"^y«) daselbst habe alles Wasser der Deukalio-
nischen Fluth eingeschluckt '). Das Gleiche wird von einem
xdaixu zu Athen erzählt was nicht zum Verwundern; denn
Attika, ein Küstenland, hatte ebenfalls seine Fluthsage. Dass
nun Griechen auch mit jener Ueberschwemmung Deukalion zu¬
sammenbringen , verstehen wir; ebenso, dass die Sage, wenn sie
einmal da war, sich jenes xua/^a bemächtigte. Ja wir würden
sogar die Frage: warum siedelte sie sich gerade zu Mabug an,
das in der assyrisch-babylonischen Fluthsage nicht zum Vorschein
kommt, während im phrygischen Hierapolis nicht, wo docb auch
ein x^oi^ kaum betonen: wenn die Antwort nicht ganz in
der Nähe läge. Ich thue einen kühnen Griff und sage: «.v^o^
hiess vorher bwö , welches Wort als hebr. Appellativ Fluth be¬
deutet und besonders für die „Sintfluth" im A. Test, verwendet wird. Betreffend die sprachliche Zulässigkeit sei auf meine Schrift
über die Philistäer S. 260. verwiesen ; ich füge den daselbst an¬
geführten Beispielen nur nocb das oberdeutsche gügen bei, im
Sanskrit lui = schwanken , und bemerke, dass am Wortende na¬
mentlich 1 gelallt zu werden und in g überzugehen befahren musste.
Das Wort biaO «n der Form VJoiiO^iJ kennen aucb die Syrer; doch
scheint bei der Bildung des Mythus, wenn er in der Fluth eine
Sündenstrafe erkennt, eine Arche (XÖQva^ ftiyüX?]) annimmt, und
wenn alle möglichen Thiere in dieselbe aufgenommen wurden *),
jüdisches Element sicb geltend gemacht zu hahen. Unabhängig
von ban Fluth muss der Stadtuame bi^'ü seine Deutung erhalten
und, wie sich zeigen wird, findet er dieselbe im Sanskrit. Somit
aber bietet das Mährchen von den iv noUi 'HXiov zu Sippara ver¬
grabenen Büchern '), gleichfalls an die Fluthsage angeschlossen,
eine genaue Analogie. Dass nämlicb 2innuQu (2in<fiaga Ptolem.
V, 18, §. 7.) mit 0';i1Bp z. B. 2 Kön. 17, 24. identisch ist, dar¬
über haben wir kein Wort zu verlieren; und dass das Wort das
sanskrit. svaru Sonneuschein mit hebräischer Duulcndung wie
D^iriS sei, wurde von mir schon zu Daniel 10, 5. ausgesprochen.
Aber also erhellt: Man bracbte den Namen nachgehends mit dem
1) (Lucian) dc dea Syr. e. 13.
2) Pausan. Attica 18, 7.
3) Ammian. XXIII, 6.
4) (Lucinn) o. a. 0. e. 11.
5) Alex. Polyh. aus Berosus s. Richter p. 56. 57. Euseb. cbruu. I, 32
'216 Hitzig , drei Städte in Sgrien.
bebrälsch-syrlsciicn ISD Bucb in Verbindung, als der von Hause
aus unsemitiscbe Mythus un Semiten gelangt war; ganz so wie
sie aucb über den Stadtnamen bi3n sicb ibre semitischen Glos¬
sen macbten.
Mabul als Name von Hierapolis, welches noch Ammian eine
eivitas capacissima nennt (XXlll, 2.), ist das Sanskritwort mahd-
pura = grosse Stadt , wofür der Grieche Ptolemäus Mujiovqu
schreibt, wie Muvüäa für mahänada '). Schon Lassen hat
„Kabul" auf KüßovQa zurückgeführt, also Kuqovqu Ptol. VI, 18,
§. h, verbessernd, und meint, es möchte pura Stadt darin stecken;
und ich habe diese Vermuthung durch Verweisen auf ein anderes
Kabul 1 Kön. 9, 13. gerechtfertigt (zu Daniel 1, 7.). Auch \dvä-
ßovQO, in Pisidien (Strab. Xll, 570) ist nichts Anderes als Anua-
pura = Dnl? - n^z ; den Uebergang aber betrelfend von r in 1 wird
sofort noch ein Mehreres zu sagen sein.
Unser Hierapolis wird auch Alt-Ninive genannt? ich stelle
den Satz gegenüber: Ninive am Tigris hiess auch Mahäpura.
Mit grösserem Rechte, wie cs von vorne scheint, als Hauptstadt
Assyriens und in der That grösste aller bekannten Städte (Diodor,
2, 3.). So wird sie als grösste Stadt, wenn ich anders zu Daniel
7, 5. richtig verbessert habe, schon 1 Mos. 10, 12. bezeichnet;
und Jun, 1, 1. 3, 1. 4, 11, läuft n'nan Tisn als Appos. des Eigen¬
namens unverdrossen nebenher. Sonst nannte man auch wohl die
Hauptstadt geradezu die grosse, so diejenigen der Söhne Ammou's
^ o )
und von Moab ; Ninive ist ^«JixJ! jenem Araber Assem. Bihl. Or,
1, 444.; und sonderbarer Weise führte auch ein anderes Ninive,
NivoT] in Karlen, den Namen Mc/üX-rj nChg ^). Es hat sich aber,
dass wirklich unser Ninive damit auch als mit dem Eigennamen
belegt wurde, eine nicht ganz verwischte Spur in jenem MeaniXa
des Xenophon ') erhalten , über welches Wort ich den Meinungen
Olshausen's und Tuch's ) gegenüber die meinige zu Daniel a. a. 0.
hingeworfen habe, und jetzt daran gehe sie zu beweisen,
Dass Xenophon Ninive meint mit seinem WllanÜM, hat Tuch
vortrefflich dargethan •'), und ist hierüber nicbts mehr zu sagen;
die Aufgabe kann bloss die sein , MlaniXu linguistisch dem Worte
Mahäpura anzupassen. Xenophon hörte den Namen an Ort und
Stelle, Er ist nicbt altpersisch wegen des vorlindlichen 1, sou¬
deru der dortselbst im Osten des Tigris einheimische, und wird
also wohl assyrisch sein.
1) Geogr, VII, 1, §§. 17. 18 vgl. Lassen, Ind. Altcrlhumsk. I, 182.
2) Ind. Alt. I, 29.
3) Steph. Ryz. u. d. W.
4) Exp. Cyri III, 4, §. 10.
5) Im II. Bande dieser Zeitschrift S. 117 IT, und 366 ff.
6) Comm. geogr. Partic 1, p. 41—45.
Uüzig, drei Slädle in Syrien, 217
Somit dürfen wir für maliä-, um mit der ersteu Wortliälfte
den Anfang zu machen, nicht stehen bleiben bei maz in Aura
Mäzd4 oder zendiscbem masas gross und masti Grösse oder
heim armenischen m6ds ; sondern es sollte durch assyriscbe Wörter
Uebergang des h in s, des ä in e und Wegbleiben des k selbst
in diesem Worte erhärtet werden. Nun dass sanskr. h im Assy¬
rischen s werden und im Allgemeinen Vokalendung abfallen konnte,
ergiebt sich aus dem Eigennamen fialD Jes. 20, 1., den wir um
so mehr durch zairigaona erklären, da diess eine wirklieb voll¬
zogene Composition ist und als Attribut des Haoma gleichfalls
eine Person gilt. Zairigaona aher ist sanskritisch hariguna ').
Alles dagegen, was billig verlangt werden kann, leistet ein an¬
derer Assyrer, der im Regentenkanon uns aufbewahrte Unter¬
könig Babel's — ich drücke mich geflissentlich so aus — Miaf-
niftogSaxog der im J. 692. den Thron bestieg. Sanskritisch
würde dieser Name nach meiner Meinung Mahähimardana lauten,
d. i. Zertreter der grossen Schlange. Ich sehe keine
andere, keine bessere Erklärung; wer fiogäaxog auf -^nNlT? oder
auf das pers. u^S^ zurückführen will, mag zusehen, wie er mit
Mtatai zurecht komme. Ich meinerseits kann, ob mabAbi selber
für d^s häufige mabäsarpa zusammengesetzt wurde , nicbt sagen ;
für iai mag an i'xig und an das zend. aschi erinnert werden. Den
Begriff anlangend , so wird unter dem grossen Drachen (Ez. 29, 3.)
vermuthlich wie Offenb. 12,9. Ariman zu verstehen, und die Aus¬
sage des Namens auf Bekämpfung des Princips in seinen Erschei¬
nungen zu beschränken sein; sofern auch die Magier (Her. 1,
140.) es sicb zum Geschäfte machten , und ^ tcSv xaxtöv avalgtots
(Agath. II, 25.) wesentlich darin besteht, Schlangen zu tödten.
Wenn anders dieser König nicbt als Namen das Attribut eines
Gottes trug, welcher mit Vischnu, dem Bezwinger Rähu's, über¬
einkommen würde. Den Gegenstand weiter zu verfolgen , scheint
für unsern Zweck unnöthig; wir gehen zur zweiten Hälfte des
Wortes üher.
Und zwar wäre das Umschlagen einmal des r in I schon
mit „ Kabul " und Mabul gegeben , und nicbt sebr weit von
Ninive entfernt, in Kermanschah Kurdistan's bieten Peblewi -
Inschriften „Han" und „Anilan" ^ ). Im strengsten Sinne
aber würde der Eigenname Schalman-eser ein assyrischer Be¬
leg dafür sein , wäre die Bedeutung der zweiten Worthälfte mit
Sicherheit dabin ermittelt,- dass wir die erste fdr mit
(Hos. 10, 14.) identisch, also durcb tscbarman im Sanskrit
1) S. Burnouf im Journ. As. Juin 1845. p. 409.
2) Die Handscbriflen Meaea&v/iogSaxov oder Meoriorifi.OQSa.KOv, Syncell.
MeoriaiftoQSax. Die Erklärung des Namens muss entscheiden.
3) Silv. de Sncy , Memoires sur diverses antiquites de la Perse
p. 243.
218 Uiliig, drei Slädle in Syrien.
erklären dürften. Höchst wahrscheinlich dagegen liegt in nbii ■)
vom assyrischen Hauptflusse , was das 1 betrilTl , die assyrische
Namensform vor. Da er sonst mit medischem Appellativ für
Pfeil Tigris genannt wird, und ohne Frage sanskr. tivra
scharf zu Grunde liegt, indem solches v in g und sogar q
(vgl. bX-.lt] und A^JS}) ühergehn konnte so müssen wir die
Form mit r einmal für ursprünglicher halten. Von ihr leiten sich
die Formen mit 1 ah, welche semitisch; und es könnten das I,
welches nicht persisch, die semitischen.Dialekte erst in das Wort
aufgenommen hahen. Allein vielmehr, da wir als Bestandtheil eines
assyr. Eigennamens die Form r\\ir\ besitzen, und gernde der
Uebergang in eine fremde Sprache die tenuis gern in die media
umsetzt *), so urtheilen wir: die assyrische Form des Namens
ist eben nVjr)> und in dieser 1 aus sanskritischem r entstanden.
Nun bleibt noch der beanspruchte Uebergang des u in i zu
erörtern; aber wenn ich diesen für das Assyrische nicbt zu be¬
legen weiss, so wird mau das, denke ich, unerheblich finden.
Die nahe Verwandtschaft beider Vokale, kraft welcher die clientes
xXvonte sind und bhü (Skr.), (pij, im Latein, zugleich fio und
fuo lautet, liegt am Tage. Wechsel derselben kommt aucb
innerhalb derselben Sprache vor. Mina skr. Fisch kommt von
mu stumm sein; mit dschu oder zu leben im Zend ist dschi
und zi gleicbbedeutend; und wenn biD ricbtig durcb J^j,^
Elephant gedeutet wird, so ist im Assyr. auch umgekehrt i in
u übergegangen.
Also Mabug ist ein Mahäpura, Ninive diess nicht minder;
und jetzt klingt, wenn Ammian sein Hierapolis Alt-Ninus nennt,
diess nicht mehr so beA'emdlich. Es soll nun aber bier nicht
wiederholt werden, was ich anderwärts ausgeführt habe, dasa
nii"' d. i. Minavi die Gemablin des Nivog d. i. Mlvtog ( aus
MivaFog) , eben die Semiramis = Derketo , also die Gottheit ist,
welche zu Mabug verehrt wurde , und von welcher erst ihre Stadt
am Tigris den Namen trug: die Aphrodite, nach welcher Ninoe
in Karien auch l^ipQodiaiäg hiess. Nicht darin , dass Hierapolis
ebenfalls ein Ninive, sondern dass es das alte Ninus sein soll,
liegt die Schwierigkeit. Wenn indess Babylon älter war, als
Ninive, und von dorther Nimrod g«n Norden fortschritt (1 Mos.
10, 10. 11.), so käme es nur darauf an zu zeigen, dass er an¬
fänglich am Euphrat hinaufging, und in der Folge erst sich
1) In den Targ, z. B. Nah. 1, 12; Joseph. Anliq. I, I, §, 3.; im Ara¬
bischen; Dlglito Plin. H. N. VT, 27.
2) Plin. a. a. 0. vgl. meine Schrift Nakschi Rustam p. 62.
3) Burnouf, Vajna addit. p. 182 — 184.
4) S. unten bei Tadmor.
ö) l'rgesch. der Philisl. f. 39. S. 220—224. 142. 144. 153.
Hüzig , drei Slädle in Syrien, 219
g-egen den Tigris wandte. Nun nennt uns Sleph. Byz. eine Stadt
TiXuvi] uls eine uQ/aioTÜXTj 2vgia( , t/V t^xti Nivog ngd
Nivüv xTioKog, In diesem Namen ist TtX nichts anders, als das
bekanute semitische Wort, welches besonders im Aram. die Eigen¬
namen von Städten anbebt (vgl. Ez. 3, 15. Esr. 2, 59. 2 Kön.
19, 12., Thilutha Amm. 24, 2. und Thilsaphata 25, 8. s. Gesen.
tlies. s. V. bn ); und in Rede stebt die bekannte Stadt Auch
(iulc)^ welche nach della Valle ') durch zwei lange Strassen
diesseits und jenseits des Eupbrat gebildet wird, und also wahr¬
scheinlich die „Stadt der Strassen" ist 1 Mos. 10, 11., welche
Nimrod gebaut hat. Aber also sind die damaligen Eroberer wirk¬
lich zuerst am Eupbrat hinaufgezogen, und haben ohne Zweifel
damals auch Mabug, und erst nachgehends fast auf gleicher geo-
g'''opbischer Breite Mespila gebaut. Wie es kommen konnte, dass
diese beiden Namen, die in Mahäpura ihre Einheit finden, so weit
auseindergeben , diese Frage muss zugleicb mit der zweiten be-
untwortet werden , warum die Genesis statt des Ninus einen
Nimrod nenne; und wer wissen will, warum der Regierungssitz aus
dem Westen des Euphrat hinter den Tigris zurückverlegt wurde,
der findet vielleicht iu der ägyptischen Geschichte Aufschluss.
n.
Damask.
In zweierlei Beziehung verhält es sich mit diesem Namen
und der Stadt selbst ähnlich wie mit Mabug im Unterschiede zu
Tadmor: Diess wird aus dem Verlaufe der Erörterung erhellen;
aber ebendarum lassen wir Damask unmittelbar auf Mabug folgen
und bringen Tadmor zuletzt.
Die Form des Namens , welche die ältesten Zeugnisse für sich
hat, ist allein diese ist hebräisch; die Syrer anerkennen
ein r vor m; und bei dieser Stadt am wenigsten wird man uns
die Befugniss bestreiten, von der einheimischen Form auszugehen.
Zwar der n-Laut in « rnmV^^? und seine Spelle hinter s ist
Neuerung; wir haben uns an piuni'^ 1 Chron. 18, 5. 6. zu hal¬
ten , um von da nach der Etymologie auszuschauen. Die arabi¬
scbe Form \^:i.jtj fällt als die nicht einheimische, als am spä¬
testen bezeugt und als am geringsten ausgestattet, von selber
weg. Nämlich den letztern Grund betreffend, stimmen die Ver¬
doppelung im Hebräischen und r der syr. Form gegen die arabi-
. c -
sehe zusammen, so dass aueh eine Ableitung von ^JLii^t^i sich
sputen nicbt in Betracht kommt. Statt dass die Stadt von ihrer
t) Reisebescbreibung 1, 187.
220 HUzig , drei Slädle in Syrien.
Betriebsamkeit den Namen trüge '), stebt wahrscbeinlieher jenes
> O •
Quadriliterum von abzuleiten, sowie äbnlich mit K^JL^?
die von Haleb geradezu geschickte Steinbrecher und Schanz¬
gräber bezeichnet werden und wie 7^33, früher Volks- und
Landesname, dann auch Handel, Kaufmannschaft bedeutet.
Da hingegen pfeMT am frühesten bezeugt ist, so könnte man
diese Form auch für die relativ älteste ansehen, deren Dogesch
syrisch sich in r aufgelöst hätte. Der Weg wäre ganz gut, ob¬
schon genaue Analogie vermisst wird; er führt aber nicht zum
Ziele, nämlich nunmehr das Wort auch etymologisch zu erklären.
Von der „rothen Erde" des alten Simonis nehmen wir um so
mehr Umgang, da besondere Rothe des dortigen Bodens nicht
nachgewiesen, und auch die Ableitung der nnnN eine Fabel ist.
Dagegen verschmähen wir auch die Unterstützung des Sleph. Byz.,
der JanaaxoQ für ein Verderbniss aus Japf^aaxbt ansieht, und
nämlich das Wort von J^p/ua uud uaxos ableitet: was allerdings
nicht übel zu klanoen schiene.
Zunächst leite uns eine Stelle Jnsliris '), deren Text wir
in der Note aussetzen; wir versuchen, die etwelche Berechtigung
der betreffenden Aussage darzuthun. Die Arathis ist, wie der
Name und ihre Göttlichkeit bezeugen, nicbts Anderes, als die
Göttin Nnyir, die Derketo oder Atergatis. T im Wortanfange
fiel wegen des folgenden t-Lautes mit grösserem Rechte ab , als
in -itj^N aus Itobn, gleichwie auch aus entstand; und
es erheilt, dass sie zuerst eine Göttin war, die einen Tempel
hatte, sodann Königin wurde, und der Tempel ibr Grabmal.
Somit aber ist auch ihr Gemahl Damaskus von vorne berein ein
Gott, sich zu ihr verhaltend wie Minos zur Minavä, zur Stadt
seines Namens wie o NTvo( zu ^ Nivoi; und es kommt jetzt zu¬
vörderst darauf an , sein Wesen , soweit es unser Zweck verlangt, genauer zu bestimmen.
Auf drei Wegen versucht Slephanus des Namens Deutung:
zweimal ist Dionysos im Spiele; einmal soll Damaskos Sohn des
Hermes gewesen sein. Diess läge nicht sebr weit ab, da Dio¬
nysos wesentlich mit dem indischen ^iva übereiutrifft ^ ), und
'Effi^t auf ^arva, einen Beinamen ^iva's, meines Eracbtens ety-
1) Gesen. im thesanr. Gemäss mancben Arabern von der Beschleunigung ihres Banes s. Lex. geogr. ed. Juynboll I, 409.
2) Abdoll. ed. Paulus p. 56. 71; s. zu ersterer Stelle Silv. de Sacy.
3) B. XXXVI, 2. Judaeis origo Damascena, Syriae nobilissima eivitas.
unde et Assyriis regibus genus ex regina Semirami fuit. Nomen urbi a Da- masco rege inditnm , in cojns honorem Syrii sepulcrum Arathis uxoris ejus pro templo coluerc, deamque exinde sanctissimac religionis habent.
4) P. V. Bohlea, das alte Indien I, t48.
HUzig , drei Slädle in Sifrien. 221
mologiscli sich zurUcIcfiihrt ' ). Solche Uinweisnng aber auf
Dionysos ist in mehrfachem Betrachte nicht ohne Gewicht. Um
davon , dass jene Nordaraher llerod. 3, 8. den Dionysos verehrten,
und von Anderem mehr für jetzt zu schweigen, so feierte man
ja in geringer Entfernung von Damask zu Bostra '^xria Jov-
auQia, erwähnt werden auch ^ASgarjvwv JovauQia ^ovaäptjg
aber hiess Dionysos bei den Arabern Die Ebene, ferner von
Damask, eines der vier irdischen Paradiese und zwar das erste
im Rang *), eignet sicb schon zu einem Göttersitze, und zwar
eben jener Gottbeit. In Damask selbst soll man zu zwölf Aepfel-
arten und neunzehn der Granate sechs und vierzig Sorten Trauben
gekannt haben »); und — auf Kypselos' Kiste umgaben Wein¬
stöcke, Aepfel- und Granatenbäume das Bild des Dionysos «). In
der Nähe ferner liegt das Thal von Chelbon, welches wie zur
Zeit Ezechiel's (c. 27, 18.) so noch jetzt für seine Trauben und
seinen Wein berühmt ist '). Endlicb soll ja dem Justin zufolge
nach Damaskus auch Israbel König gewesen sein, während an¬
dererseits Züge aus der Dionysossage sich an die Geschichte
Jakob's angescbUtssen haben. Wenn in Seythopolis die Amme
des Dionysos begraben wurde (Plin. H. N. V, 18.), so liegt die
Vergleichung von 1 Mos. 35, 8., die des Uapax leg. ni33 mit
Bdxxoi nahe genug; und die in Palästina vergrabenen Bilder der
Silene (Pausan. Eliaca 24, 6.) scheinen ehen die Götzenbilder zu
sein, welche 1 Mos. 35, 4. Jakob vergraben hat. Dem Arzte
Philonides zufolgte hätte ix Tfjg 'Egv&Qa( d. b. vom persischen
Meerbusen her Dionysos den Weinstock gen Griechenland ge¬
bracht "). Aueh, ein Fruchtgarten gleich den Umgebungen von
Damask ^): Aneh, wo wegen der Menge dortiger Reben der Wein
erfunden sein soll '°), würde von dort nacb Damask eine Zwi-
schenstation bilden ; und babylonische Herkunft des Dionysos be¬
sagt wohl auch sein Talar auf jener Kiste des Kypselos, vgl.
Herod. 1, 195. Nun aber wanderten vom pers. Meerbusen her
auch die mit Israel gleichsprachigen Phönicier ein (Herod. 1, 1.
7, 89. vgl. Steph. Byz. unter ^^wiof); die Hebräer selbst sind
also von dort her gekommen: Jakob mit Dionysos aus der glei-
1) l'rgesch. der Philist. §§. 169. 170.
2) Memoires de l'academie des inacr. Tom. XXVI, p. 424.
3) Hesyehins nnter dem Worte.
4) Abulfeda, tab. Syr. p. lOQ. und Ibn ol-Wardi ebendaselbst p. 172.;
das lex. geogr. I, 409.; Kazwini, Kosmogr. II, 126.
5) Ein Araber bei Casiri I, 150.
ß) Pausan. Eliaca 19, 1.
7) Robinson im VII. Bande dieser Zeitschrift S. 69. 70.
8) Athen. Deipnos. XV, c. 5. p. 675., bei Schweigh. p. 458.
9) P. della Valle a. a. 0. S. I, 187.
10) Kazwini a. a. 0. p. 280; vgl. Silv. dcSacy, ehr. Ar. III, 119 comm.
1
Hillig , drei Slädle m Syrien.
chen Gegend, sofern Justin damascenischen Ursprung der Juden
aussagt, in die gleiche.
Nunmehr sind wir so weit, um es aussprechen lu dürfen:
pionn ist das sanskr. Tdmräksha roth äugig, und diess eine
Bezeichnung des Dionysos. Die Muta schiebt sich bekanntlich
gerne hinter den Zischlaut, und, wie das t häufig in d uber¬
tritt, wird bei „Tadmor" des Weiteren besprochen werden; täm-
räksha aber, und darauf legen wir am meisten Gewicht, ist nicht
erst von uns für unsern Bedarf nach Analogie gebildet, sondern
hat neben tämreksbana Räm. II, 13, 19., tamralotscbana 34, 13. in
der Sprache wirklich existirt 50, 4. 78, 16. 92, 27. Nai. 26, 17.
^iva ist hier nicbt der Verderber; also malen die rothen Augen
hier nicht den Zorn, sondern eignen dem Gotte des Weines;
und wir vergleichen schicklich die Stellen 1 Mos. 49, 12. Spr.
23, 29. Das Wort tämra kehrt wieder in Dattel; inn und
(foivili sollte eigentlich , beziehungsweise zuerst des Baumes Frucht beissen.
Wenn aber also wie Alt-Ninus auch dies« «Stadt den Namen
ihres Gottes selber trägt, so findet sich noch die weitere Aehn¬
lichkeit, dass auch auf Damask und zwar schon um d. J. 800
vor Chr. eine Gattung feinen Zeuges sich zurückführt, der gleich¬
falls Seidenstoff zu sein scheint: worüber ich auf den gut gear¬
beiteten Artikel in Gesenius' thesaurus verweise. Und hierin
selbst liegt noch eioe Hindeutung auf nichtsemitischen Ursprung
beider Städte. Die Semiten kannten von vorn herein nur Gewebe
aus Ziegenhaar und aus Schafwolle ; von Baumwolle wissen sie
erst seit Ez. 27, 16. Jos. 2, 6.; und ihr Wort für Flachs ist ver¬
muthlicb erst aus D'*ntt}!:D entstanden, worauf Rieht. 15, 14.
CnuSo anspielt.
III.
Tadmor.
Einen Beleg für die alte Wahrheit, dass jeder Gegenstand
die richtige Weise seiner Behandlung schon in sich trägt, liefert
die dritte Syrerin , bei welcber nicht mit einer Form des Namens,
sondern mit dem Ursprünge der Stadt füglich begonnen wird.
Zwar der Wissende weiss, dass wir nicbt wissen, wer ihr Er¬
bauer war; docb dürfen wir einer Kritik der Ueberlieferung,
welche den Salomo nennt, um so weniger uns cntschlagen, da
sie in das A. Test, zurückreicht, und ihre Beweisstelle zugleich
die älteste Zeugschaft entbält für das Vorhandensein des Ortes
und dieses seines Namens.
Bekanntlich erzäblt die Cbronik (II, 8, 4.), Salomo habe
Tadmor in der Wüste erbaut; die jüdische Kritik lässt auch
1 Kön. 9, 18. dasselbe ausgesagt sein; und ohne Zweifel durcb
Hüzig , drei Slädte in SytitH. 223
die Juden gelangte diese Sage, gehörig aufgeputzt, bereits vor
Muhammed an die Araber, da scbon Ndbiga Dhubjäni ' ) sie
kannte. Die Quelle nun aber des Chronisten war eben das Buch
der Könige, welches a. n. 0. vielmehr berichtet: Salomo baute
inn in der Wüste im Lande. „Das Land" so geradezu kann
nur das israelitische sein (1 Sam. 23, 23. 27. vgl. 21, 12. mit
29, 3.); und „die Wüste" macht einen Bestandtheil „des Landes"
luis. Beim judäischen Schriftsteller ist es eine solche wie 1 Sam.
17, 28., ist die Wüste Juda's (z. B. Jos. 15, 61.), von 11$ süd¬
lich liegend; und eben in dieser Gegend kennt Ezechiel (c. 47,
19.) einen Ort Namens lan, den die Punktirer lan ausspre¬
chen '), ohne Zweifel das ©o/uap« des Eusebius ^ '). Schon
Movers ♦) hat bemerkt, Tadmor liege zwar in der Wüste, aber
nicht ,, im Lande"; auch sei 1 Kön. 9, 15. 17. 18. nur von in¬
ländischen Städten die Rede, so dass daselbst unter Tumar
Tadmor nicbt verstanden sein könne, lu der That, wie misslich
die Annahme, Salomo habe jenseits von Damask- — man vergleiche
und erwäge .Arnos 5, 27., — fern vom eigentlichen Israel, eine
Stadt angelegt, muss Jedem einleuchten; und ebenso, wie ganz
glaublich es lautet, dass er eine Grenzstadt, die auch zu Eusebius
Zeiten Besatzung hatte, gebaut d. h. befestigt habe. Davon zu
schweigen, dass für min die hebräische Wurzel fehlt, und dass
die Eingebornen sagten, ihre Stadt habe schon vor Salomo exi¬
stirt (s. u.). Wie aber mochte der Chronist zu seiner irrigen
Vermuthung kommen? Es lässt sich denken, dass ihm jenes
Qa^iagü unbekannt war; und hier fand er für lön eine Orts¬
bestimmung und noch eine, die sich gegenseitig auszuschliessen
schienen. Er las dann nicht, was er etwa gekonnt kätte (vgl.
z. B. '^■'in Ps. 68, 32.) für yisa vielmehr DINS, sondern er
wusste aus der Angabe nichts zu machen, und so liess er sie,
wie 1 Kön. 3, 46. auch LXX thun, als die zweite, zum minde¬
sten überflüssige, wegfallen. Nun besass er eine Stadt in der
Wüste, und auf die Oase Tadmor, welche rings von Einöden
umgeben eine fast einzige Läge hat, verfiel er um so eher
der Aehnlichkeit des Namens wegen, da lan (wie tjp^l 1 Sam.
20, 25. aus Ülp"*!) aus lain verschrieben sein konnte. Das
K'tib der Chronik wurde sodann Veranlassung eines gleicblauten-
1) Silv. de Sacy, cbr. Ar. II, 145., comm. p. 412.
2) Ewald (Gesch. des Volkes Israel III, 1. S. 74.) zieht diese Stelle nicht in Betracht, und schalTt, das K'tib nach dem K'ri vokalisirend, ein
„Thammor" = Thadmor.
3) Vgl. Rohinson, Pal. III, 186.
4) Die Chronik ff. S. 210.
5) Plin. H. N. V, 21. Palmyra — vasta undique ambitu nrenis includit agros ac velut terris c.xcmta a rerum natura ctc. Ebendaselbst Pulmyrae siililndines.
224 HUzia . drei Slädle in Syrien.
den K'ri 1 Kön. 9, 18., und massgebend für Josephus (Ant. VIH
6, 1.) wie fiir den Uebersetzer Hieronymus.
Dem FeblgrifiFe des Chronisten verdanlcen wir unser Wissen,
dass Tadmor wenigstens scbon im dritten Jahrhundert vor Chr.
vorhanden war; und die Schreibung des Namens, auch bei LXX
(QoidfiOQ) und Josephus (QaSifioqa), mit d ist einmal die am
frühesten bezeugte. Es ist diess auch die Orthographie der ein¬
heimischen Denkmäler ■); und „Tadmor" würde demnach aus der
Sprache derselben, aus dem Syrischen zu erklären sein. Hier
findet sich nun aber das Wort selbst als Appellativ nicht vor;
man müsste es etwa mit ]2ia^92, dem ganz gewöhnlichen Aus¬
drucke für Wunder, identisch setzen. Ja, wenn die Stad^ etwa
an Einem Tage, oder wenn sie wirklich, wie das Märchen will,
von den Dschinnen gebaut worden wäre ! Aber als man sie baute
und benannte, war sie noch kein Wunderwerk, und in der Folge
wurde sie es nicht für ihre Bürger, die an ihren täglichen An¬
blick gewöhnt waren. Mit grösserem Rechte desshalb, als z. B.
für den Namen Damask, hat man sich wegen Tadmors, da Abul¬
feda die Stadt als eine der syrischen Wüste in seiner Beschrei¬
hung Arabiens mitauffUhrt um eine arabische Etymologie um¬
gesehen; in der Hoffnung diess, zwei Fliegen zu treffen mit
Einem Schlage, nämlich aucb dem griechisch-römischen Namen
der Stadt, Palmyra, auf die Spur zu kommen. Nach dem Vor¬
gange von A. Schullens meint aucb Gesenius "löin werde für
mnn locus palmarum ferax geschrieben sein. Darauf führe die
>}o -
Form f welche passim apud Arabes ohvia; ferner die grie¬
chische und lateinische IlaXfivgä, Palmyra; endlich, was er als
Thatsache giebt, dass die Araber Spaniens die zwischen Cordova
und Sevilla gelegene Stadt Palma nach Aussage Casiri's (1, 372 f )
jfjtJJi nennen. Auch Rommel a. a. 0. urtheilt, mit dem Namen
jtjlj wie mit demjenigen Palmyra scheine ad palmam , quae hic
laete viget, allusum esse, setzt aber vorsichtig hinzu: dummodo
hoc quidem (der Name Palmyra) non a Graecis Macedonibusqne,
sed a Romanis repetendum sit. Gewöhnlich wird diese Unter¬
scheidung vergessen.
W«nn Gesenius zunäcbst auf „den andern Namen der Stadt",
mn, sich beruft, so fällt für uns dieser Beweisgrund auf die
iSeite; und wenn der Name Palmyra theilweise die Form des Wor¬
tes Tatmor nachzuahmen scheinen soll , so werden wir am besten
thun, diesen Einfall seinem Urheber, A. Schullens *), in Urschrift
1) Swinton in den Philos. transactions Tom. XLVlIl, p. 753.
2) S. z. B. Rommel , Aliulfedea Arabiae descr. etc. p. 98.
3) Thesaur. p. 345 b.
4) Im index geographicus.
HUzig , drei Slädte in Syrien, 225
zuriickzugebeu. Aucli den spanischen Reiter: Palma =^jkjj
räumen wir sofurt aus dem Wege. Dieses j*.<Jüi ist nicht ^O^i,
noch weniger und nicht ^«Jü, sondern eine andere spa¬
nische Stadt sollen wie Tadmor die Dämonen dem Salomo ge¬
baut baben ' ). Auch vermuthet Casiri bloss seinem Satze : Tadmir
Latine sonat Palmiferam, zulieb, und der gewöhnlichen Meinung
entgegen, werde Palma sein, und vermuthet falsch; denn
^JO" lag von Cordova gen Osten also unmöglich zwischen
Cordova und Sevilla. Die Stadt kommt wiederbolt bei Casiri zur
Sprache; übrigens soll mau dem angeführten lex. geogr. zufolge
^A/«Jkj' aussprecben; wäbrend Casiri Todmir, Tudemir einen
Personennamen ausspricht. Es ist deutlich dasselbe Wort, als.
Name von Personen das gothische Theodemir.
I ) u .
Wir wenden uns zu der angeblichen Form
Dass diese Schreibung sich passim finde, dafür verweist
Gesenius auf eben jenen Anzeiger des SchuUens, der aber nur ein
einmaliges Vorkommen von ^«äj aussagt. Er habe im geograph.
Wörterbuche Tadmor unter Jvj aufgesucht und nachgehends unter
(^4Ju) aufgefunden. Dieses von uns eben noch citirte Werk,
o y
eine Kürzerfassuug des grossen ^.,ljJuJI f^^f^^^ Jdqül's wird
gegenwärtig und ist bereits bis zum Buchstahen u5 hferausgege-
ben; und die Note JuynboU's p. 198 sagt uus, dass allerdings
in der grundschlechten ( s. p. VII ) Leidener Handschrift hinter
^jii.Uj mit noch vier Artikeln ^»äj folgt, „welche alle in der
Wiener richtig unter aufgeführt werden." Wie in der Ox¬
forder und in der Pariser gescbrieben stehe , weiss ich nicht zu
sagen ; aber auch im Moscbtarik ( p. 20 ed. Wüstenfeld ) bietet
Jdqüt jmXj • und icb habe überall , so weit mein Lesen reicht,
nur immer diese Schreibung gefunden *). Demnach wäre ^«äj
weiter nichts, als ein orthographischer Schnitzer; und es konnte
diese Frage und auch die Versippung mit „Palmyra" für abgetban
gelten, wäre nicht die Möglichkeit nocb offen, die unten bespro-
,ü ^
chen werden wird , dass ^«jvj gleichwohl aus eigentlichem j*XS
1) Kazwini, Kosm. II, .S44. 345.
2) Lex. geogr. , cui tilulus est g.Jl ^1äl_b"!ll iXfo\yA (ed. Juynboll.
Lugd. B.it. 1851 ff.) I, 200.
3) Köhler im prooemium zur Tab. .Syriae p. III vom Ende.
4) Z. B. Silv. de Sacy, ehr. Ar. III, 17. 18. 19. 28; Abulfed. hisl.
auleisl. p. 130; Hamza. Chron. p. 121.
VIII. Bd. 15
15«
226, HUzig, drei Slädle in Syrien,,
verdarb. Für diese Form eines Eigennamens müssten wir jj^^i
fAmrulkuis Moall. V. 59) uns gefallen lassen, obgleicb über die
Vokalausspracbe und uucb bier über das o, auf das es ankouuit,
gestritten wird '); und würdo dann bedeuten: (welche)
Datteln zu essen giebt, keineswegs, was als Name des Bau¬
mes passend: (welche) Datteln bringt oder trägt. Dasa die
Stadt aber nach ihren Datteln benannt worden, hat keine Wahr¬
scheinlichkeit. In der Nähe, bei Arak und Suchne, anch bei
Tadmor selbst gab es zwar Dattelhäume aber sie werden
nicbt etwa besonders betont, im Moscbtarik nicbt einmal erwähnt;
Tadmor ist nicht wie Chaibar, Ha^ar und Basra für seine Dat¬
teln sprichwörtlich ; und die Einwohner, ihres Zeichens Kaufleute,
handelten auch überhaupt nicht mit Landeserzeugnissen '). —
Da dem bisher Gesagten zufolge die Form ^Ȁj' als unberechtigt
erscheint; da sie das Wünschenswerthe, genau genommen, nicht
aussagt; da man nicht sieht, warum gerade Tadmor von den
Datteln benannt sein sollte, während z. B. Chaibar nicht: so
schneiden wir die versuchte Verbindung zwischen Tadmor nnd
Palma durch, in der Ueberzeugung, dass ein Band zwischen
ihnen von Anfang an nicht vorhanden war.
Durch dieses Ergebniss sind die .Aktien „Palmyra's" herunter¬
gedrückt worden; allein sie haben, wenn anders der Name nicht
ursprünglich ein lateinischer, an sich keinen Werth. Man sollte
nun zum voraus denken , Kenntniss der Stadt und ihres Nnmens —
„ Palmyra", denn von „Tadmor" wissen weder Griechen noch
Römer — hätten Jene an die Letztern vermittelt, nicht umge¬
kehrt; und wofern Palmyra die richtige Schreibung, ist das Wort
schon wegen des y kein römisches. Josephus a. a. 0. sagt nicbt:
die Römer, sondern: die Hellenen nennen den Ort IlaX/ttijü. Nun
schreiben aber j^pptaf» , Piolemäus wiederholt und Steph. Byz. JluX-
(iVQtt; IlaXftvQTivög bieten die einheimischen Denkmäler <), und
IlalfivQu die Münze bei Ecithel (III, 26<>. ed. II.). Auch hei
PUnius ist jetzt von SUlig Palmyra, Palmyrene hergestellt, wie
man ebenfalls bei Treb. l'ollio und Vopiscus liest; so Anas Josephus
mit seiner Orthographie allein hieibt; wesshalb schon Havercamp
uucb bei ihm IlaXfivgüv vermuthet hat. Und es scheint somit:
Palmira ist nicht einmal gegenüber von TluXfivga die lateinische
Form des Namens, sondern überhaupt nur eine schlechte Variante.
Wäre aber auch Palmira Latein, su hätte das Wort doch mit
palma nichts zu Schäften; denn eine solche Eudung irus, a, um,
von Hauptwörtern etwa Adjective abzuleiten , existirt nicht. .So
1) S. Arnold'; Anmerk |i 7.
•2) Lex. geogr. I, 48. II, 1«. I, 900. vgl. Abolfedii bei Schulten.s u. a. 0.
'^) Appian. bell. riv. \. 9 4) Inseript. 4478. 449:).
Hüzig , drei Slädle in Syrien. 227
bliebe aber, freilicb in atiderein Sinne ricbtig, was Forbiger aus-
spricbt ')•• Der einbeiniiscbe Name bezeicbnet so gut wie der
griecbiscbe eine Palmeustadt !
lluXfivQu, kein lateinisches, schiene somit ein griechisches
Wort zu sein, nicht wie ulfivpn, oiZvQu ein Adjektiv, sondern
der Art wie 'E(pv(ju oder wie Ktgxvgu IVyvgu ^i^tvga; und wir
könnten nun der weitern Frage nach der Etymologie uns cnt¬
schlagen. Alleiq in der Reihe von Städten , welche seit .Seleukus
Nikator griechische oder macedonische Namen tragen, führt
Appian Palmyra nicht mit auf Es kehrt diessmal nicbt wie so
oft ein macedonischer oder hellenischer Ortsname «uf syrischem
Roden wieder; und den correspondirenden Personnamen /ZuX^t'^
trägt iiiad. 13, 792. ein Bundesgenosse der Troer uus Askauien.
Die Angabe, nuXftvQ König, zuerst beim Ephesier Hipponax,
sei ein lydisches Wort wird gewissermassen hierdurch be¬
stätigt. Es ist also wie an eine semitische, so nucb un eine
specifisch griechische Etymologie nicht zu denken, sondern nur
an eine indogermanische überhaupt; und leicht konnten, wenn
für Tadmor sich eine im Sanskrit finden sollte, „Tadmor" und
„ Palmyra" sicb wie „Ninive" und „Mespila" zu einander ver¬
halten.
tlüXftvg einmal dürfte auf die sanskr. Wurzel päi — h e-
schützen, regieren zurückgehn , entspräche einem nach
Analogie gebildeten Adjektiv pälnu-s; und nachdem das Wort
eio Substantiv geworden , leitete sich iläXfiv^u neu davoo
ab, um die königliche, die Königsstadt zu bezeicbnen. Im
Sanskr. selbst bleibt hierfür die Analogie aus, sintemal die
Endungen ra und ura nur an die Wurzel und sacblichefl Sub¬
stantiv anknüpfen. Anlangend sodann Tadmor, so bat sich
eine Schreibung Tatmor im Arabischen nicht bestätigt ; und
gleichwohl könnte das d der semitischen Form aus t einer
fremden Sjtracbe entstanden sein. Pytna Creta's ist Pydna in
Macedouieo; was Siiuxjj am Tigris, heisst in Lycien Stduxtj;
und für jazata (Izates NPr.) sagt man im Neupersiscben Beides:
0 - *"
^^J^^irl O^;- • wenn das Wort in eine Sproche ganz
verscbiedenen Charakters übergeht, |iflegt der baucblose Laut,
und besonders t, seine schärfere Markirung einzubüsseo: wir
erinnern an das ägyptische Taif vut , später .^«(jpyai ; an die yjtg-
xtjiw; an den Fluss .dafiovQag, welcher auch nocb und richtiger
'l'ufirgat gescbrieben wird. Dieses Weges ist ferner aus dent
zend. khsa^ta Köni^ in Fergana geworden, was ich zu
1) Alte Geogr. II, 646.
2) Res Syr. c. 57.
3) Vgl. J.iblonsky, opiiseiila III, Ul f. Rabriiis ed. Laehmanii. p. 92.
99. 106.
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2'i8' ililzig , drei Städte in Syrien.
Silv. de Sacy, dir. Ar. II, 148 comni anmerke; und so könnte es
mit iJnn schliesslich gegangen sein wie mit pfeWT. Unter dieser
Voraussetzung scheint es möglich, das Wort zu deuten.
Im Sanskrit könnte dasselhe, zumal wenn wir die Schreibung
-nain auf der fiinften Inschrift in Rechnung bringen , kaum ändert
gelautet haben, als „Tatamüra". Ein sonst unbekanntes Wort
wenn wir aber ein so gegliedertes nach genauer Analogie bilden,
so erwächst uns schon daraus selber einige Berechtigung. Nun
giebt es ein Wort jäja^üka (z. B. Rämaj. II, 72, 15. 102, 5.),
eine Steigerungsform von jÄ^aka Opferer z. B. Rämäj. II, 76,
13.; und es wiirde so Tatamüra auf ein einfaches Tämara zurück¬
weisen, das im Wesentlichen gleicher Bedeutung sein müsste.
Dieses tämara existirt, bedeutet Wasser; und man wird jetzt
weiter nichts mehr fordern können, als dass Bewässerung Tadmor's
dargethan werde. Aber der „lieblichen Wasser" Palmyra's ge¬
denkt schon Plinius; und Ptolemäus weiss von einem Flusse bei
Palmyra der, wie jenes geograph. Wörterbuch (I, 200) an¬
giebt, die Palmliäume und die Gärten der Einwohner bewässert.
Fruchtbarer Boden und eine volkreiche Stadt inmitten einer Sand¬
wüste lassen sich ohne erklecklichen "Wasserreichthum schon gar
uicht denken; aber eben in der Oase, die er schafft, springt er
aucb um so mehr in die Augen und bestimmt er desto leichter
die Namengebung. Die Königsstadt wäre somit auch eine Was¬
serstadt: ein artiges Zusammentreffen mit Rabbat-Ammon 2 Sam.
c. 12. Die „Königsstadt" V. 26. heisst nämlich V. 27. die
Wasserstadt, weil der Stadttheil, den die königliche Burg aus¬
machte, am Wasser lag: — wie im Falle Palmyra's die Stadt
Uberhaupt.
Noch unverkennbarer, als bei Mabug und Damask, tritt beim
Namen Tadmor eigentliches Sanskrit zu Tage: was zu verwun¬
dern , wenn von Salomo die Stadt oder später zu einer Zeit ge¬
gründet worden wäre, da es in der Geschichte auch jener Ge¬
genden bereits heller wird. Allein die Leute am Orte selber
behaupteten ja, wie das „geograph. Wörterbuch" aussagt, sie
sei schon vor Salomo vorhanden gewesen. Und wenn dergestalt
auch noch sprachlich die Palmyrener von den semitischen Nach¬
barn sich abtrennten , so begreift sich das Stillschweigen über
Palmyra in den ältern Schriften Israel's desto leichter. Allerdings
trug die abgesonderte Lage mitten im Wüstensande das Ihrige
auch dazu hei ; wenn die Einwobner aber dem Appian Kaufleute
sind, welche den Waarenverkehr aus Persien nach dem Ahend-
lande vermitteln '), so erinnert dieser Umstand gnr sehr an jene
Inder von Hause aus, die arabisclien Banjanen. Freilich ist die
einheimische Sprache auf den Denkmälern Palmyra's die syrische;
1) Geogr. V, 15, §. 9.
■2) Bell. civ. V, 9.
Grolefend, Erläul. einiger Urkunden in babyl. Keilschrift. 229
und syrisch schreibt auch Zenobia an den Aurelian '). Diesen
Einwurf, welcher in ähnlicher Weise auch gegen unsere Ablei¬
tung von „Mabug" und „Damask" erhoben werden könnte, glaube ich durch die Erörterung über bis» und 2lnnuQ<t bereits erledigt
zu haben. Dass das indische Element vom semitischen zersetzt
und aufgesogen wurde, und letzteres mehr und mehr an des erste¬
ren Stelle trat, soll nicht geläugnet werden. Aber wie kommen —
nicht irgend Indogermanen, sondern — Sanskrit Sprechende, also
östliche Arier nach Tadmor und Mabug und bis nach Damask?
Wir werden nicht antworten: Genug, dass sie da sind! sondern
mit der Gegenfrage: Wer waren die Bani Tamur, auf welche in
Ne^d so viele Reste alter Gebäude von massiver Bauart und
grossen Umfanges zurückgeführt werden? ') Und haben wohl
arabiscbe Ziegenhirten, die unwissenden und armen, Babylon,
rohe Kurden Ninive gebaut? Der Name niQ möchte leicht das
Sanskritwort ,)bharata" sein; der „grosse Strom" findet sich auch
auf der indiscben Halbinsel, und nicbt so weit von ihm entfernt
uuch eine Sonnenstadt Sippara. Wäre die Karte zu Lossens Ind.
Altertbumskunde beute, den 9. Juli 185.3, bereits in meinen Händen, so würde ich die zweite dieser Fragen vielleicht nicht nur stellen,
sondern es auch versuchen mit einer Antwort.
Erläuterung einiger Urkunden in babylonischer
Keilschrift.
Vun
Scbulraih Dr. O. F. Cirotefend.
Damit man erkenne, wie die Keilscbrift mit der Zeit sich
so veränderte, duss die Zeit, in welcher eine Keilinschrift ver¬
fasst wurde, zum Theil schon nach deren Schreibungsweise be¬
urtheilt werden könne, füge icb meinen Erläuterungen älterer
Keilinschriften auch den Versuch einer EntziflFerung jüngerer ba¬
bylonischer Urkunden hinzu, und wähle für diesen diejenigen,
welche ich in den drei ersten Bänden von Lassen's Zeilschrift für
die Kunde des Morgenlandes bekannt gemacht und besprochen habe,
um so mehr, weil deren Ausfertigungszeit in ibren Unterschriften
genau bestimmt ist. Hiernacb sind vier Urkunden, welche ich
mit den Buchstahen A, B, C, D hezeichnet habe, zu entziffern,
wobei icb schon darum mit der Erläuterung der Unterschriften
beginne, weil vou der Urkunde B. nur diess erhalten ist, und
1) Vopiscus c. 27.
2) Burckhardt, Reisen in Arabien S. 696.