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Das Opfer nach der Straftat - seine Erwartungen und Perspektiven

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Academic year: 2021

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(1)

Michael C. Baurmann

Wolfram Schädler

Das Opfer

nach der Straftat

-seine Erwartungen und Perspektiven

Mit weiteren Beiträgen von

Margarete Mitscherlich

sowie

Rolf Guntermann und Inge Möbus

(2)

Das Opfer

nach der Straftat

(3)

BKA-Forschungsreihe

herausgegeben vom Bundeskriminalamt Kriminalistisches Institut Band 22 Beirat:

Prof. Dr. Hans-Jürgen Kerner

Direktor des Instituts für Kriminologie der Universität Tübingen Wolfgang Sielaif

Leiter des Landeskriminalamtes Hamburg Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Klaus Tiedemann

Direktor des Instituts fur Kriminologie und Wirtschaftsstraf recht der Universität Freiburg i. Br.

Klaus Jürgen Timm

(4)

Michael 0. Baurmann

Wolfram Schädler

Das Opfer

nach der Straftat

-seine Erwartungen und Perspektiven

Eine Befragung von Betroffenen zu

Opferschutz und Opferunterstützung

sowie ein Bericht über

vergleichbare Untersuchungen

Mit weiteren Beiträgen von

Margarete Mitscherlich

sowie

Rolf Guntermann und Inge Möbus

Bundeskriminalamt Wiesbaden 1991; redaktionell korrigierter Nachdruck 1999

(5)

An dieser Untersuchung haben mitgearbeitet: Dipl.-Pädagogin Silvia Baumgart

Dipl.-Psychologe Dr. Michael 0. Baurmann Dipl.-Pädagogin Ingrid Dufner

Rechtsreferendarin Susanne Knab Dipl.-Pädagogin Stephanie Gottron Sozialpädagoge Rolf Guntermann Dipi.-Pädagogin Annette Grün Dipl.-Pädagogin Gudrun Haunz Dipl.-Pädagoge Jürgen Hilger Rechtsreferendarin Susanne Hippler Rechtsreferendarin Dorothea Klumpen Sozialarbeiterin Inge Möbus

Dipl.-Pädagogin Ute Rücker

Leitender Oberstaatsanwalt Dr. Wolfram Schädler Rechtsreferendarin Dorothea Sinner

Dipl.-Pädagogin Ruth Stalter

Kriminalhauptkommissar Hartwig Taube

ISSN 01 74-5433

Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit Quellenangabe und mit Genehmigung des Bundeskriminalamtes

Satzherstellung: Layoutsatz B. Knecht GmbH, Ockenheim Herstellung: dk köthen GmbH, Köthen

(6)

Vorwort

Seit nahezu 15 Jahren besteht in der Kriminalistisch-kriminologischen Forschungsgruppe des Bundeskriminalamtes der Forschungsschwerpunkt ,,Viktimologie", also Opferforschung.

Zu verschiedenen viktimologischen Fragestellungen hat das Bundeskri-minalamt schon einige wegweisende Untersuchungen' durchgeführt oder gefördert. Da sind nur beispielhaft die Bereiche Š,Dunkelfeldforschung",

,,Sicherheitsgefühl" und ,,Kriminalitätsfurcht", ‹Eigensicherung von Poli-zeibeamten", ‹Opfer von sexueller Gewalt" sowie ‹alltägliche Gewalt" zu

nennen.

Die leidvollen Erfahrungen im ‹Dritten Reich" - und auch die Erfahrun-gen in der DDR nach dem Zweiten Weltkrieg -haben uns in Deutschland gelehrt, daß der rechtsstaatliche Schutz der Beschuldigten von großer Bedeutung ist für das Funktionieren der Demokratie.

Historisch betrachtet gerieten bei dem Bestreben, Tatverdächtigen, Be-schuldigten und Angeklagten einen fairen Prozeß zu sichern, allerdings die Rechte des Opfers immer wieder in den Hintergrund. Es muß unser Bemühen in einer modernen Demokratie sein, die Rechte des Opfers wiederherzustellen und gleichzeitig die Rechte des Angeklagten zu wah-ren - sofern solche Rechte nicht systematisch mißbraucht werden.

Aus polizeilicher Sicht gibt es drei gute Argumente, sich intensiv für die Rechte und die Bedürfnisse von Kriminalitätsopfern einzusetzen:

Es ist erstens aus ethischer Sicht unerträglich, wenn Opfer von Straftaten Gefahr laufen, durch die Strafverfolgung und den Strafprozeß noch ein-mal zusätzlich geschädigt zu werden. Sie wurden bereits durch die Straf-tat verletzt und sollten deshalb unseren besonderen Schutz genießen. Zweitens beansprucht der moderne Rechtsstaat das Gewaltmonopol in der Gesellschaft für sich und garantiert im Gegenzug den Schutz des Bürgers. Damit soll u. a. erreicht werden, daß auf private Formen der Vergeltung verzichtet wird. Nach moderner Rechtsauffassung bedeutet dies aber 1 Zusammenfassende Darstellung s. Baurmann 1991la und Baurmann/Bernhardt 1996.

(7)

auch, daß in dem Falle, in dem der Bürger trotzdem Opfer einer Straftat wird -der Staat also den Schutz im Einzelfall nicht gewährleisten konnte -dieser dann dazu verpflichtet ist, zum einen zusätzliche Opferschäden, die im Rahmen der staatlichen Strafverfolgung geschehen können, so gering wie möglich zu halten und zum andern dem Opfer bei seiner Schadensverarbeitung, seiner Heilung zu unterstützen.

In der Bundesrepublik Deutschland wurden -im Vergleich zum Ausland -relativ früh Gesetze verabschiedet, z. B. das Opferentschädigungsgesetz (OEG) und das Erste Opferschutzgesetz, mit denen die Situation der Op-fer bei uns verbessert werden sollte. Diese Regelungen können als erste Schritte in Richtung weiterer notwendiger Verbesserungen gesehen wer-den.

Zusätzlich gibt es drittens ein pragmatisches Argument.

Wir wissen heute, daß fast alle polizeilichen Ermittlungen in Strafsachen nur deshalb in Gang kommen, weil ein Opfer bzw. ein Zeuge diesen Fall bei der Polizei anzeigt. Die Polizei und die Justiz sind also bei ihrer Auf-gabenerfüllung in besonders hohem Maße auf eine gute Zusammenarbeit mit Opfern und Zeugen angewiesen. Die Qualität der Aussagen dieser Tatzeugen ist direkt abhängig von der Behandlung, die diese Zeugen durch Vertreter der Strafverfolgungsbehörden erfahren. Wenn Polizei und Justiz an einwandfreien Zeugenaussagen interessiert sind, dann müssen sie vor allem die psychischen Bedürfnisse von Zeugen und Opfern ernst nehmen.

Mit der vorliegenden Untersuchung wurden - erstmals in Deutschland -Kriminalitätsopfer direkt nach der Anzeige mit Hilfe von wissenschaftli-chen Methoden bezüglich ihrer Bedürfnisse und Erwartungen befragt. Wir hoffen, daß diese Untersuchung dazu beitragen wird, die Situation der Kriminalitätsopfer weiter zu verbessern.

Hans-Ludwig Zachert

(8)

Vorwort zum Nachdruck

Die erste Auflage dieses Buches war relativ schnell vergriffen. In vielen Polizeidienststellen in den Bundesländern wurden inzwischen umfangrei-che Projekte aufgelegt, um den Umgang der Polizei mit Opfern und Zeu-gen von Straftaten im Sinne von Serviceverhalten zu professionalisieren. Auslöser für diese Aktivitäten waren sowohl der vorliegende For-schungsband, weiterhin die Umsetzung dieses Forschungsbandes in einen Lehrfilm für Polizeibeamte samt einem Begleitheft (Bundeskriminalamnt (Hg.): Opfer nach der Straftat (Videofilm). Bundeskriminalamt Wiesba-den 1995) und schließlich die vom Bundeskriminalamt speziell zu vikti-mologischen Fragestellungen in Wiesbaden durchgeführte Arbeitstagung vom 14. bis 17. November 1995, deren Ergebnisse in Band 36 der BKA -Forschungsreihe veröffentlicht wurden (Bundeskriminalamt (Hg.): Das Opfer und die Kriminalitätsbekämpfung. Vorträge und Diskussionen der Arbeitstagung des Bundeskriminalamts. Wiesbaden 1996). In diesem Tagungsband von 1996 sind u. a. die gesamten viktimologischen For-schungen des BKA zusammenfassend dargestellt (Baurmann und Bern-hardt: Über 20 Jahre viktimologische Forschung im Bundeskriminalamt, 5. 7 - 30) und es wurden weiterhin spätere und Anschlußuntersuchungen zum hier vorliegenden Forschungsband dargestellt (Baurmann und Schädler: Opferbedürfnisse und Opfererwartungen, 5. 67 - 101). Vor allem in der letztgenannten Veröffentlichungen wurden neuere Untersu-chungen mit den hier vorliegenden Forschungsergebnissen verglichen und im Literaturanhang des genannten Aufsatzes finden sich auch die Quellenangaben zu diesen neueren Untersuchungen. Die Forderung auf der BKA-Tagung, Polizei und Justiz müßten ihr Serviceverhalten gegen-über Kriminalitätsopfern und Zeugen professionalisieren fiel auf frucht-baren Boden. In vielen Bundesländern entstanden bei der Polizei Initiati-ven und umfangreiche Projekte zur Verbesserung der Lage.

Die oben genannten Aktivitäten haben dazu geführt, daß dieser For-schungsband immer noch nachgefragt wird und so wurde die Entschei-dung getroffen, einen Nachdruck zu besorgen.

Seit dem Erscheinen der ersten Auflage ist auch der Gesetzgeber hin-sichtlich des weiteren Schutzes der Opfer von Straftaten nicht untätig geblieben. Nach dem sogenannten Ersten Opferschutzgesetz aus dem Jahr

(9)

1986 sind eine Reihe kleinerer Gesetzesänderungen auf den Weg ge-bracht worden, die vor allem den Schutz des Opfers als Zeuge einer Straftat im Auge hatte:

So wurde durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rausch-gifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kri-minalität (Org. KG) am 15. Juli 1992 unter anderem in

§

68 StPO vorgesehen, daß das Gericht einem besonders gefährdetem Zeugen gestatten kann, keine näheren Angaben über seinen Aufenthaltsort zu machen oder sogar Angaben zu seiner Person zu unterlassen (BGBl. 1, 5. 1302).

Im sogenannten Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994 wurde in

§

46a StGB der Täter-Opfer-Ausgleich nunmehr auch

im Strafrecht für Erwachsene als Diversions- oder Strafmilderungs-möglichkeit vorgesehen (BGBl. 1, 5. 3186).

Vor allem aber mit dem erst vor kurzem, nämlich am 1. Dezember 1998, in Kraft getretenen Zeugenschutzgesetz (BGBl. 1, 5. 820) wur-de die Viwur-deotechnologie zum Schutz insbesonwur-dere von kindlichen Opfern als Zeugen im deutschen Strafverfahren eingeführt. Die geän-derten

§§

58a, 168e, 247a und 255a StPO bezwecken neben der

ab-gesetzten und durch Bild- und Tonaufzeichnung übertragenen Ver-nehmung auch - bei Zeugen unter 16 Jahren -in der gerichtlichen Hauptverhandlung die Bild- und Tonaufzeichnung seiner früheren richterlichen Vernehmung aus dem Ermittlungsverfahren vorzufüh-ren und hierdurch zumindest wesentliche Teile der mündlichen Ver-nehmung in der Hauptverhandlung für kindliche Verletzte entbehr-lich zu machen.

Eine wichtige Neuerung ist auch der gemäß

§

68b StPO neu einge-führte Opfer- oder auch Zeugenanwalt auf Staatskosten, der für die Dauer der Vernehmung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft allen Zeugen beigeordnet werden kann, die nicht in der Lage sind, ihre Be-fugnisse selbst wahrzunehmen. Bei Verbrechen, Sexualstraftaten oder Mißhandlungen von Schutzbefohlenen ist eine solche Beiord-nung zwingend vorgeschrieben, falls Zeuge oder Staatsanwalt dies beantragen.

(10)

Im § 397a StPO schließlich ist nunmehr auch der sogenannten

Op-feranwalt auf Staatskosten vorgesehen. Unabhängig vom Einkommen des Opfers -also anders als bisher bei der Gewährung von Prozeßko-stenhilfe -ist die Beiordnung eines Anwalts als Beistand vorgesehen, wenn die Befugnis, sich als Nebenklägerin oder als Nebenkläger an-zuschließen, auf einer Sexualstraftat oder auf einem Tötungsdelikt beruht und diese Tat ein Verbrechen ist. Bei Kindern und Jugendli-chen unter 16 Jahren ist der Anwendungsbereich auch auf Vergehen im Bereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und der Mißhandlung von Schutzbefohlenen erweitert.

Es bleibt zu hoffen, daß sich diese Neuerungen, dabei insbesondere die Einführung der Videotechnologie in das deutsche Strafverfahren, bewäh-ren. Gleichwohl ist hervorzuheben, daß mit der Einführung eines soge-nannten Opferanwaltes eine der zentralen Forderungen der Opferschut-zorganisationen verwirklicht worden ist.

Wiesbaden, im April 1999 Michael C. Baurmann und Wolfram Schädler

(11)

Inhaltsverzeichnis

1 Opferschutz und Opferunterstützung in Deutschland .... 19

1.1 Opfer, Opferwerdung, Opferschutz und Opferunter-stützung -Begriffsklärungen...19

1.1.1 Opferwerdung, Viktimisierung, Viktimisation... 19

1.1.2 Primäre, sekundäre und tertiäre Viktimisation ... 19

1.1.3 Erläuterungen zum Opferbegriff ... 2 3 1.1.3.1 Kriminalitätsopfer, Verbrechensopfer ... 25

1.1.3.2 Perzipiertes Opfer, deklariertes Opfer ... 26

1.1.4 Opferschutz, Opferhilfe, Opferunterstützung... 28

1.2 Opferschutz und Opferunterstützung -Bilanz zur Rechts-lage in der Bundesrepublik Deutschland ... 30

1.2.1 Opferschutz im Strafverfahren - eine kurze Bilanz nach dem Ersten Opferschutzgesetz ... 30

1.2.2 Der Schutz des Opfers im Strafverfahren... 33

1.2.2.1 Das Strafgesetzbuch und das Opfer ... 33

1.2.2.2 Die Strafprozeßordnung und das Opfer (vor Inkrafttreten des Opferschutzgesetzes) ... 34

1.2.2.3 Änderungen infolge des Opferschutzgesetzes ... 36

1.2.2.4 Zwischenbilanz ... 38

1.2.3 Die Schadenswiedergutmachung für das Opfer... 39

1.2.3.1 Strafgesetzbuch und Schadenswiedergutmachung (vor Inkrafttreten des Opferschutzgesetzes) ... 40

1.2.3.2 Strafprozeßordnung und Schadenswiedergutmachung (vor Inkrafttreten des Opferschutzgesetzes)... 41

1.2.3.3 Opferschutzgesetz und Schadenswiedergutmachung ... 41

(12)

2 Die Untersuchung... 43

2.1 Die Ausgangslage... 43

2.1.1 Vorüberlegungen... 43

2.1.2 Welche Opfer sollten wie befragt werden?9 .... . . .59

2.1.3 Zusätzliche Erkenntnisse von Opfern aus dem Dunkel-feld ... 67

2.1.4 Welche Gesprächsform ist angemessen?9 .... . . ..67

2.1.5 Forschungsleitende Fragestellungen in Form von Arbeitshypothesen... 67

2.1.6 Zusammensetzung der interdisziplinären Arbeitsgruppe .... 72

2.2 Das Ablaufschema bei Durchführung und Auswertung der Untersuchung sowie eine beunruhigende Erfahrung beim Kodieren der Antworten ... 74

2.2.1 Das Ablaufschema... 74

2.2.2 Beunruhigende methodische Erfahrungen bei der Kodierung der Antworten, die sich aus der offenen Frageform ergeben hatten ... 76

2.3 Die Darstellung der Ergebnisse ... 82

2.3.1 Selektion der Fälle... 82

2.3.2 Einige Sozialdaten zu den befragten Kriminalitätsopfern....89

2.3.2.1 Geschlecht der befragten Opfer und der Interviewer ... 90

2.3.2.2 Alter der befragten Opfer zur Zeit der Tat...93

2.3.2.3 Nationalität der Tatbeteiligten...95

2.3.2.4 Anmerkungen zum sozio-ökonomischen Status der befragten Opfer ... 95

2.3.2.5 Platz, an dem die befragten Opfer ihre Viktimisierung erlebten... 97

2.3.3 Die Anzeige ... 99

2.3.3.1 Zeitraum zwischen Tat bzw. Tatentdeckung und Zeitpunkt der Anzeigenerstattung ... 99

(13)

2.3.3.2 Anzeigemotiv und Vorstellung der Verletzten darüber, wie ihr Fall weiter behandelt werden sollte... 101 2.3.4 Der Wissensstand der befragten Verletzten über den

weiteren Ablauf des Strafverfahrens...104 2.3.5 Bewertung des Verhaltens der Beamten von Polizei und

Justiz durch die befragten Opfer... 105 2.3.6 Die Schäden und Verletzungen bei den befragten Opfern ... 110 2.3.7 Zur viktimisierungsbedingten emotionalen Lage der

befragten Opfer ... 116 2.3.7.1 Allgemeine emotionale Lage der befragten Opfer und

ihre Gefühle gegenüber ‹ihrem" Täter bzw. Tatverdächtigen ... 117 2.3.7.2 Mitschuld-Gefühle bei den befragten Verletzten... 123 2.3.8 Das Strafbedürfnis der befragten Verletzten... 127 2.3.9 Bedürfnis nach Wiedergutmachung und

Täter-Opfer-Ausgleich ... 132 2.3.10 Art der Problembewältigung - eigenständig oder mit

Unterstützung anderer...141 2.3.11 Die Bedürfnisse nach Unterstützung bei den befragten

Opfern ... 147 2.3.12 Von wem wünschten die befragten Kriminalitätsopfer

Unterstützung? ... . . . 154 2.3.13 Wie wünschen sich die befragten Kriminalitätsopfer die

Kontaktaufnahme mit der Opferunterstützungs-Stelle? (Angebotsform versus Aufsuchende Arbeit)... 156 2.4 Zusammenfassender Vergleich zwischen

viktimolo-gischen Forschungsergebnissen und Erfahrungen aus der praktischen Opferunterstützung in der ‹Hanauer Hilfe" ... 172 2.4.1 Die viktimologische Erfahrung von Opferbedürfnissen

im Vergleich zu den Erfahrungen aus der Praktischen Opferarbeit...172

(14)

2.4.2 Rolf Guntermann und Inge Mobus: Austausch von Erfahrungen zwischen der wissenschaftlichen

Opfer-befragung und unserer praktischen Opferarbeit

-eine zusammenfassende Darstellung... 173

2.4.2.1 Methodische Vorbemnerkungen - Stichprobe der Befragung im Vergleich zur Klientel bei der praktischen Opferunterstützung... 174

2.4.2.1.1 Unsere Beratungsfälle -Zeitraum und Anzahl ... 174

2.4.2.1.2 Verteilung Hell-/Dunkelfeld und Motive zum Aufsuchen unserer Beratungsstelle ... 174

2.4.2.2 Erkenntnisse zu den Opferbedürfnissen... 176

2.4.2.2.1 Aufteilung nach Deliktsgruppen ... 176

2.4.2.2.2 Geschlecht und Alter...177

2.4.2.2.3 Subjektiv empfundene Schädigungen ... 177

2.4.2.2.4 Anzeigemotiv... 182

2.4.2.2.5 Reaktionen der Umwelt -Anteilnahme und Mitschuld-zuweisungen...184

2.4.2.2.6 Die Einstellung der Geschädigten zu ‹ihrem" Täter, zum Strafbedürfnis und zu einer eventuellen Schadens-wiedergutmachung ... 187

2.4.2.2.7 Umfang und Art der gewünschten Unterstützung... 190

,2.4.2.2.8 Wer sollte die Opferunterstützung leisten?9 .... . . 197

2.4.2.3 Anregungen aus den Untersuchungsergebnissen für die konzeptionelle Fortentwicklung der Opfer- und Zeugen-beratungsstelle ‹Hanauer Hilfe". ... 205

3 Margarete Mitscherlich: Der irrationale Umgang der Gesellschaft mit ihren Opfern. Frauen und Minder-heiten als Opfer krimineller Gewalt... 211

4 Forschungsergebnisse zu Bedürfnissen von Krimina-litätsopfern aus anderen Untersuchungen ... 225

(15)

4.1.1 Die Untersuchung von Joanna Shapland u. a...225

4.1.1.1 Aufbau der Untersuchung... 225

4.1.1.2 Anzeigeerstattung...226

4.1.1.3 Reaktionszeiten der Polizei ... 227

4.1.1.4 Erste Vernehmung des Opfers... 228

4.1.1.5 Information des Opfers über Stand und Fortgang des Verfahrens... 229

4.1.1.6 Die Situation der Opferzeugen vor Gericht... 230

4.1.1.7 Strafbedürfnisse der Opfer und Zufriedenheit mit dem Urteil ... 231

4.1.1.8 Opferschäden ... 233

4.1.1.9 Die Bedeutung der Opferhilfe-Einrichtungen... 236

4.1.2 Die Untersuchung von Maguire und Corbett... 238

4.1.2.1 Aufbau der Untersuchung... 238

4.1.2.2 Grad der Beeinträchtigung der Opfer durch die Straftaten .. 240

4.1.2.3 Art und Anzahl der Viktimisierungen in Hell- und Dunkelfeld ... 244

4.1.2.4 Sozialdaten zu den Opfern mit schwerwiegenderen Ver-letzungen... 246

4.1.2.5 Art der schwerwiegenderen Schäden bei den Kriminali-tätsopfern ... 247

4.1.2.6 Kurzzeitige praktische Probleme als Folge der Straftat....251

4.1.2.7 Auswirkungen des Zeitablaufs auf den Prozeß der Ver-arbeitung (coping) ... 252

4.1.2.8 Anteil der Opfer, die private oder professionelle Hilfe wünschen ... 258

4.1.2.9 Unterstützung für Frauen, die sexuelle Gewalt erlebt haben ... 261

4.1.2.10 Einstellung zu Wiedergutmachung und Strafe ... 264

4.2 Untersuchungsergebnisse aus dem deutschen Sprach-raum...265

(16)

4.2.1 Die Untersuchung von Sessar, Beurskens und Boers . ... 265

4.2.1.1 Aufbau der Untersuchung... 266

4.2.1.2 Bedürfnisse von potentiellen und tatsächlichen Opfern....267

4.2.1.3 Kriminalitätsangst und punitive Einstellung... 269

4.2.2 Die Untersuchung von Hanak, Steinert und Stehr als Teil des Forschungsprojekts ‹Die Bedeutung for-meller und inforfor-meller Sanktionen im Rahmen der alltäglichen Konfliktverarbeitung". ... 271

4.2.3 Die Untersuchung von Voß u. a ... 278

4.2.3.1 Aufbau der Untersuchung... 278

4.2.3.2. Ergebnisse der Untersuchung ... 280

4.2.3.2.1 Motiv für Anzeige... 280

4.2.3.2.2 Gewünschte Sanktionsformen... 282

4.2.3.3 Schlußfolgerungen...285

5 Deutsche Zusammenfassung... 287

5.1 Zur Methode der Untersuchung ... 287

5.2 Empirische Ergebnisse aus den verschiedenen Unter-suchungen zur Überprüfung der forschungsleitenden Hypothesen ... 288

5.3 Zusammenfassung unserer wesentlichen Ergebnisse und kriminalpolitische Folgerungen ... 298

6 English Summery: Victims of Reported Crime - their Expectations, Needs, and Perspectives. An Inquiry of Crime Victims Concerning Victim Protection, Vietim Support, Reconciliation and Mediation ... 307

6.1 Starting Point for the Present Study... 307

6.2 The Inquiry ... 311

(17)

6.3.1 Motives for Reporting the Crime and how the Victims

thought their Case should further be Dealt with... 313

6.3.2 Evaluation of the Behavior of the Police Officers when Investigating ... 315

6.3.3 Material Damages and Emotional Injuries of the Victims Interviewed...316

6.3.4 Desire for Punishment of the Offender... 319

6.3.5 Restitution, Compensation, and Mediation... 320

6.3.6 Desire for Support ... 322

6.3.7 How Should Contact between Victims and Victim Assistance Services be Established? ... . . . ..325

6.4 Summary and Conclusions... 327

7 Anhang...331

Anhang 1: Interviewleitfaden - Zur Befragung von Kriminalitätsopfem direkt nach der Anzeige... 332

Anhang 2: Interviewleitfaden - Zur Befragung von Kriminalitätsopfern nach der Gerichtsverhandlung ... 339

Anhang 3: Merkblatt über die Rechte und Befugnisse von Verletzten im Strafverfahren ... 348

Anhang 4: Merkblatt über Rechte von Verletzten und Geschädigten in Strafverfahren... 349

8 Literaturverzeichnis... 351

9 Personenverzeichnis... 383

(18)

1 Opferschutz und Opferunterstützung in Deutschland

1.1 Opfer, Opferwerdung, Opferschutz und

Opferunter-stützung -Begriffsklärungen

Wenn man von ‹Opferwerdung" .. ‹.Viktimisierung" oder ‹Viktimisation", von ‹Opfer", von ,,Opferschutz", von ‹Opferunterstützung" oder ‹Opfer-hilfe" spricht, dann gehen die meisten Fachleute davon aus, daß es sich dabei um eindeutige Begriffe handelt. Dies trifft allerdings nicht zu.2

1.1.1 Opferwerdung, Viktimisierung, Viktimisation

Der Begriff ‹Opferwerdung" -ein Prozeß, durch den ein Mensch

3ge-schädigt, also zu Opfer wird -ist eine eher ungelenke Eindeutschung des englischen Begriffs ,,victimization". Dieser englische Begriff wird häufig in latinisierter Form als ,,Viktimisierung" oder ,,Victimisation" ins Deut-sche übertragen. Diese beiden eingedeutschten Begriffe werden heute teilweise synonym benutzt, teil weise auch unterschiedlich in der Weise, wie es Kirchhoff und Sessar vorgeschlagen haben. Danach wird mit

‹Viktimisation" eher das abstrakte Phänomen (Beispiel: Frauen und

Kinder erleben die gewalttätige Viktimisation vor allem in ihrem sozia-len Nahraum.) und mit ‹Viktimisierung" eher das konkrete Erlebnis (Beispiel: Diese Viktimisierung, geschehen durch die Schlägerei, ver-letzte den Mann nicht nur physisch, sondern auch psychisch.) verstan-den.4 In dieser Weise sollen die beiden Begriffe im vorliegenden Text auch unterschiedlich benützt werden.

1.1.2 Primäre, sekundäre und tertiäre Viktimisation

Ganz offensichtlich gibt es Opfer, die durch eine Handlung - beispiels-weise eine Straftat - nicht nur direkt, sondemn auch indirekt geschädigt werden. Solche indirekten Schädigungen können beispielsweise durch zusätzlich belastendes, unsensibles Verhalten von Bekannten und

Ver-2 So beschrieben auch Kirchhoff und Sessar schon 1979 die mangelnde terminologische Klarheit in der Viktimologie, vor allem, wenn englische in deutsche Fachbegriffe übersetzt oder diese gar vermischt gebraucht werden (S. 7 ff.).

3 Weiter unten wird angesprochen, daß nach Meinung einiger Viktimologen auch eine Institution und sogar Strukturen, Regeln, Gesetze -ganz abgesehen von Sachen und/oder Tieren -geschädigt bzw. beschädigt, also zu Opfern werden können.

(19)

wandten des Opfers und Einstellungen und Reaktionsweisen von profes-sionell handelnden Personen entstehen. Angehörige von helfenden und strafverfolgenden Institutionen, die mit Opfern zu tun haben, geraten mit Ihren Einstellungen und Verhaltensweisen gegenüber Kriminalitätsopfern vor allem deshalb immer wieder in die Kritik, weil von Ihnen - zu Recht -erwartet wird, daß sie besonders schonend, fürsorglich und umsichtig mit den Betroffenen, die doch bei Ihnen Hilfe und Unterstützung suchen, umgehen sollten. Verhalten sich - beispielsweise -die genannten Perso-nengruppe gegenüber dem Kriminalitätsopfer in einer Weise, daß zusätz-liche Belastungen oder Schädigungen entstehen oder der beginnende Heilungsprozeß gestört wird, dann spricht man von einer ‹indirekten

Viktimisation". Diese indirekte Viktimisation wird in der Fachliteratur

meist mit ‹sekundärer Viktimisation" bezeichnet in Abgrenzung zur

"primären Viktimisation", die die direkt durch die Tat verursachten

Schäden und Verletzungen meint.

Allerdings fällt auch bei diesem Begriffen in der Fachliteratur auf, daß Uneinigkeit bezüglich des Gebrauchs dieser Terminologie besteht. Während Thorsten Sellin und Marvin E. Wolfgang diese Begriffe 1964 noch zur Beschreibung von Opfertypen festlegten , wurden sie später benutzt zur Beschreibung der Kausalität, der zeitlichen Fortentwicklung und der Intensität der Viktimisation.

Sellin und Wolfgang sprachen von primärer Viktimisation, wenn ein individuelles Opfer als Person unmittelbar bedroht oder angegriffen bzw. dessen Eigentum gestohlen oder beschädigt wird. 6

Als sekundäre Viktimisation bezeichneten sie, wenn Institutionen,

Ge-schäfte, Firmen usw. zu unpersönlichen, kollektiven Opfer werden. Schließlich beschrieben sie die tertiäre Viktimisation als Verletzung der öffentlichen Ordnung bzw. - allgemeiner - als eher abstrakte Verstöße gegen Gesetze, Regeln und Normen. Daneben legten sie noch ‹mutual

victimization " und ,,no victimization " fest, die hier nicht weiter

beschrie-ben werden sollen.7

5 SellinfWolfgang 1964, 5. 150 ff.

6 Bezüglich dieses Begriffs besteht in der Viktimologie auch heute noch weitgehende Einig-keit.

7 Vgl. SellinlWolfgang 1964, 5. 150 ff.; s. auch Schneider 1975, 5. 55 und Kirchhoff 1991, 5. 39.

(20)

Kirchhoff nennt diese Einteilung die einzige Opfer-Typologie, die die Gütekriterien für sozialwissenschaftliche Typologien erfülle. 8

Ansonsten und ausdrücklich unabhängig von dieser Typologie von Sellin und Wolfgang beschreibt Kirchhoff wie die meisten anderen modernen Viktimologen ein ‹Konzept" bzw. Prozesse von primärer und sekundärer Viktimisation. Dabei wird primäre Viktimisation verstanden als alle direkten, tatgebundenen Schädigungen und Verletzungen durch den Tä-ter, während sekundäre Viktimisation durch die Reaktionen der sozialen Umwelt des Opfers infolge der Tat auf das Opfer schädigend einwirken. 9 Insbesondere Kiefl und Lamnek haben nun versucht, das Konzept von der primären und sekundären Viktimisation um die Begriffe der ‹tertiären

Viktimisierung"10 zu erweitern: ‹Die tertiäre Viktimisierung ist das

Er-gebnis von Erlebnissen und Zuschreibungs- bzw. Etikettierungsprozessen aufgrund vorangegangener primärer und/oder sekundärer Viktimisierun-gen."

Im weiteren Verlauf ihrer Beschreibungen zur tertiären Viktimisation wird deutlich, daß sie diese offensichtlich verstehen a) als einen Prozeß von Zuschreibungl 2Š b) als einen Prozeß von Selbstdefinition als Opfer

durch das Opfer im Sinne eines Michael Kohlhaas 13 und gleichzeitig c)

14

als besonders resistente Langzeitschäden

Im Zusammenhang mit Punkt a) rücken die Autoren diesen Begriff in die Nähe der ‹strukturellen Viktimisierung"15 (Menschen werden durch

8 Kirchhoff beschreibt 1991 als Mindestanforderungen an solche Typologien: 1. klare Definition der Kategorien, 2. Trennschärfe zwischen diesen Kategorien, 3. Möglichkeit der erschöpfenden Zuordnung aller praktischen Einzelfälle und 4. theoretische Konsistenz der gesamten Typologie (Kirchhoff 199 1, 5. 3S8f.).

9 Kirchhoff 1991, 5. 41; Schneider 1975, 5. 32; Kirchhoff/Sessar 1979, 5. 9.

10 Sie sprechen dabei von ‹Viktimisierung" (KiefllLamnek 1986, 5. 28 ff., 132 ff. und 272

ff.), wir würden hier den Begriff ‹Viktimisation" gebrauchen. 1 1 Ebd., S. 128.

12 Ebd. 13 Ebd.

14 "Bevor wir uns mit der tertiären Viktimisierung als langfristigen Auswirkungen der primä-ren und/oder sekundäprimä-ren Viktimisierung auf das Selbstbild beschäftigen .... (Ebd., 5. 272).

(21)

Strukturen zu Opfern gemacht) und schließlich verbinden sie ihr Konzept zusätzlich mit dem Versuch einer ,,Opfertypologie nach Viktimisierungs-stfe" 6, idesiactbw- genau genommen -zehn Opfertypen be-schreiben, von denen allerdings nur vier praktische Relevanz besitzen. 17

Die von Kiefl und Lamnek aufgestellte Typologie erfüllt nicht die von Kirchhoff genannten Gütekriterien 18

und es wird bei kritischer Betrach-tung deutlich, daß die als ‹tertiär" beschriebene Opferwerdung noch weitgehend dem Bereich der ‹sekundären Viktimisation" zuzuordnen ist. Ein nach der Tat durch andere Personen (als dem Opfer) zugeschriebener oder ein (durch das Opfer) selbst so definierter Schaden ist eben vorwie-gend ein indirekter. Ein besonders langandauernder Schaden beim Opfer kann aber durchaus ein direkter, also eine Folge der primären Viktimisa-tion sein.

Baurmann beschrieb 1983 als ‹tertiäre Viktimisation" hingegen den (grob) fahrlässigen Umgang von Wissenschaftlern (z. B. Opferforscher) von Funktionären (z. B. aus der Opfer-Lobby) sowie von Helfern (z. B. von Opferhelfern) mit individuellen und kollektiven Opfern, der bei die-sen -in Verbindung mit einer erlebten Tat oder auch unabhängig davon -zu (weiteren) Schädigungen führen kann. 1 9

Um einer in diesem Sinn verstandenen tertiären Viktimisation von poten-tiellen, tatsächlichen, befragten und betreuten Opfern vorzubeugen, wur-den bei der vorliegenwur-den Untersuchung zum einen einige opferschützende Sicherheiten eingebaut (methodische und ethische Seite) und zum ande-ren dient die Fragestellung dieser Studie fast ausschließlich dem Zweck, (zusätzliche) Schädigungen und Instrumentalisierungen von Opfern durch Opferhelfer so weitgehend zu vermeiden helfen, wie dies irgendwie möglich ist (Forschungsziel' inhaltliche Seite).

16 Ebd., S. 129 ff.

17 So auch die Bewertung durch die Autoren selbst. (Ebd., S. 130) Diese aufgestellte Typolo-gie ist in sich sehr widersprüchlich; so fällt es schwer, den 4. Typ (‹falsche Opfer") als unterschiedlich zu erkennen vom 8. Typ (‹unwissentliches Opfer"). Ähnlich verhält es sich mit dem Typ 5a (‹Opfer hat Viktimisierung nicht wahrgenommen"). Dar-über hinaus scheint diese Beschreibung nicht ganz frei zu sein von Einstellungen, die man herkömmli-cherweise als ‹opferfeindlich" oder als ,,schuldzuschreibend" bewertet.

i8 S. o., Anmr. 8.

(22)

1.1.3 Erläuterungen zu Opferbegriff

Auch die Bezeichnung ‹Opfer" wird aus theologischer, aus juristischer 2 0 und aus psychologischer Sicht unterschiedlich verstanden. So können Diskussionen dadurch erschwert werden, daß nur scheinbar ein begriff-licher Konsens besteht, wenn nicht zuvor der Opferbegriff abgeklärt wurde.

Bisher bestehen noch nicht einmal eindeutige Vereinbarungen darüber, wie weit die Viktimologie -also die Wissenschaft, die sich mit dem Opfer befaßt -definiert werden soll, nämlich als Lehre vom Kriminalitätsopfer oder weitergehend als Lehre vom Opfer allgemein, also beispielsweise auch Schicksalsschläge, Unfälle, Naturkatastrophen und politische

Ver-folgung zum Thema haben soll.2 1

Dieser Streit schien vor einigen Jahren zugunsten einer engeren Definiti-on, die nur das Kriminalitätsopfer einbezog, entschieden.

Neuerdings lebt dieser Konflikt wieder auf, beispielsweise durch die Dis-kussion über ‹strukturelle Gewalt" bzw. ,,gewaltfördernde Strukturen"2 2 die sich vor allem gegen Kinder, gegen Frauen, gegen Alte richten kön-nen, also wenn sich beispielsweise Frauen solchen Bedrohungen oder Gewalttätigkeiten ausgesetzt fühlen, die strafrechtlich nicht als ‹Gewalt"

23

definiert sind . Die Definition des Opferstatus mit Hilfe des Strafrechts greift in solchen Fällen also offensichtlich zu kurz.

20 Zu den Begriffen ‹Opfern" und ‹Verletzte(r)" aus juristischer Sicht s. u. 1.2.1, 1.2.2 und insbes. 1.2.2.2.

21 So umfassend wollte z. B. Mendelsohn 1956 die Viktomologie verstanden wissen (s. auch Mendelsohn 1963). Schneider verwendet 1975 dafür den Begriff",Viktimologie im weite-ren Sinn" (5. 11 ff.) und gweite-renzte ihn ab von der Š,Viktimologie im engeweite-ren Sinn". Vgl. hierzu den vermittelnden Standpunkt von Weis, 1979, 5. 15 -37, der die Viktimologie eher als besondere Perspektive und weniger als eigenständige Wissenschaft betrachtet. 22 Siehe hierzu insbes. Galtung 1975 (Strukturelle Gewalt. Beiträge zur Friedens- und

Kon-fliktforschung); Neidhardt lehnt diesen Ansatz ab (z. B. in Neidhardt 1986, 5. 129 ff.) und nennt ihn im Anschluß an Waschkuhn (1985, 5. 286) eine ,,catch-all"-Kategorie. Zu poli-zeirelevanten Aspekten bei der Auseinandersetzung mit dem Gewaltbegrnff' s. Baurmnann, Plare und Störzer 1988.

(23)

Bei der unterstützenden Arbeit mit Betroffenen, die sich als Opfer emp-finden, ist auffällig, daß bei den entsprechenden Einrichtungen auch im-mer wieder Menschen anklopfen, die im strafrechtlichen Sinne keine Kriminalitätsopfer sind, sich aber dennoch als vergleichbare Opfer, näm-lich als Opfer von Unrecht oder Willkür empfinden und sich so beschrei-ben.

Schließlich bringt es die weltweite Zusammenarbeit -beispielsweise im Rahmen der World Society of Victimology 2 4 _ miit sich, daß Menschen,

die in einzelnen Ländern unter Rassismus, Sexismus oder der Verfolgung aus religiösen oder politischen Gründen leiden, sich im internationalen

Vergleich allerdings als Opfer von Unrecht empfinden, selbst wenn das

jeweilige nationale Recht diesen Opferstatus nicht so definiert. Ein Rück-zug auf einen am jeweiligen nationalen Recht orientierten Opferbegriff erscheint im internationalen Rahmen unter menschenrechtlichem Aspekt wenig überzeugend. Diese internationale Diskussion zur Eingrenzung oder Ausdehnung der Zielgruppe "Opfer" kam beim Fünften Internatio-nalen Symposium zu Viktimologie 1985 in Zagreb (Jugoslawien) voll zum Tragen. So faßten Geis, Chappell und Agopian eine weitverbreitete Tendenz bei dem Symposium in Zagreb zu einer Ausdehnung des Opfer-begriffs folgendermaßen zusammen: ‹Die im dreijährigen Rhythmus stattfindenden Tagungen des Internationalen Symposiums zur Viktimolo-gie haben sich beharrlich immer wieder aufgespalten im Hinblick auf eine angemessene Beschreibung ihres Untersuchungsgegenstandes. Expansio-nisten drängen auf eine umfassende Zuständigkeit: Sie würden gerne beispielsweise allen Formen von Viktimisierungs-Katastrophen, Benach-teiligungen, Krankheiten, krimineller Unterdrückung, Deformation und Unglück ihre Aufmerksamkeit schenken. Diese Gruppe plädiert ebenso wie Mendelsohn, einem Israeli, in seinen wegbereitenden Schriften zu Viktimologie (1963) dafür, sich für alle einzusetzen, die unter Unglück leiden und Unterstützung benötigen. Was soll überhaupt das Ziel wissen-schaftlicher Anstrengungen sein, wenn nicht das, der Menschheit zu hel-fen? Und warum -so fragen Expansionisten .- soll eine Gruppe von Op-24 Die ‹Word Society of Victimology" (WSV) wurde auf dem Third International Symposi-um on Victimology in Münster 1979 gegründet. Zu Aktivitäten der WSV siehe beispiels-weise Schneider 1985.

Der ‹Word Society of Victimology Newsletter" wird von Generalsekretär der WSV her-ausgegeben. (Prof. Dr. Ferdinand Kirchhoff' Fachhochschule Niederrhein, Ph Sozialwe-sen, Richard-Wagner-Str. 101, 41065 Mönchengladbach).

(24)

fern besondere Beachtung finden, während andere, die ebenso oder mehr leiden, wegen definitorischer Festlegungen oder Launen übersehen wer-den?"

1.1.3.1 Kriminalitätsopfer, Verbrechensopfer

Zweifellos interessiert aus polizeilicher und juristischer Sicht in Deutschland zunächst einmal vordringlich das Opfer von Verbrechen und Vergehen; es wird hier also von einem engeren Opferbegriff ausgegan-gen. Dafür hat sich in den Bereichen der Kriminologie und der Oferhilfe dann vereinfachend der Begriff ‹Verbrechensopfer" eingebürgert.6 Mit dem Begriff ‹Verbrechensopfer" werden also üblicherweise nicht nur Opfer von Verbrechen (rechtswidrige Taten mit Freiheitsstrafen von i.d.R. einem Jahr oder darüber), sondern -nicht sehr zutreffend - auch Opfer sonstiger Delikte, also auch Opfer von Vergehen (rechtswidrige Taten mit Freiheitsstrafen unter einem Jahr oder Geldstrafen) beschrie-ben.2 Insofern ist der Begriff "Kriminalitätsopfer" vorzuziehen, weil mit dem Gebrauch des Begriffs "Verbrechensopfer" die Gefahr einhergeht, daß von einer zahlenmäßig kleinen Opfergruppe ausgehend verallgemei-nert und damit bewußt oder unbewußt der Status des Opfers skandalisiert wird.

Weiterhin mußten wir bei unseren Befragungen feststellen, daß der

Be-griff "Opfer" von den Betroffenen selbst aus mehreren Gründen als

pro-blematisch empfunden wurde, daß sie oftmals Begriffe wie ‹Geschädig-te(r)" oder ‹Verletz‹Geschädig-te(r)" eher annehmen konnten. 2

25 Geis u. a. beschrieben in ihrem Rapporteur's Report über das Symposium ausführlich den hier angesprochenen Konflikt zwischen den Expansionisten und Vertretern einer eher re-striktiven Position. (Geis, Chappell und Agopian 1985, 5. 84; Übersetzung durch Baur-mann)

So brachte Drapkin beispielsweise im Sinne dieser Expansionisten eine Resolution gegen die nukleare Überrüstung in das Plenum dieses Symposiums ein (Drapkin 1985) und Ray-an/Maude eine Resolution zu ,,Crimes against Humanity" (RayRay-an/Maude 1985).

26 Siehe beispielsweise Kaiser 1976, 5. 109 und 1983, 5. 96 ff.; Kirchhoff/Sessar (Hg.): Das Verbrechensopfer. 1979; Schneider: Viktimologie -Wissenschaft vom Verbrechensopfer, 1975.

27 Zur Unterscheidung zwischen Verbrechen und Vergehen im Sinne des Strafgesetzbuches vgl. § 12 StGB.

28 Der Opferbegriff ist daneben auch noch aus psychologischer und politischer Sicht proble-matisch und schillernd, wie Margarete Mitscherlich in ihrem Beitrag weiter unten ausführt.

(25)

1.1.3.2 Perzipiertes Opfer, deklariertes Opfer

Schließlich wird der Opferbegriff in den Medien, in Kriminologie, Vikti-mologie, Kriminalstatistik sowie bei der Strafverfolgung und bei der

Op-ferarbeit in einer anderen Weise undifferenziert gebraucht. Während auf der Täterseite zwischen Verdächtigen, Beschuldigten, Angeschuldigten, Angeklagten, Verurteilten und Strafgefangenen unterschieden wird, gibt es auf der Opferseite keine analoge Differenzierung. Eine

Unterschei-dung zwischen lediglich vermuteten, vorgeblichen, tatsächlichen und anderen Opfern ist aber notwendig, weil es sonst allzu voreilig zu

Opfer-Etikettierungen kommt, entsprechend dem Labeling auf Täterseite.29 Wir legen in der kriminalpolitischen Diskussion Wert darauf, daß ein Mensch erst als ‹Täter" bezeichnet werden darf, wenn auch eine Verurteilung, also ein Nachweis seiner Täterschaft vorliegt. Deshalb sprechen wir in der Kriminalstatistik auch von ,,Tatverdächtigen",30 und von Š"angezeigten Fällen"31, weil diese Fälle aus unterschiedlichen Gründen nicht alle zur Verurteilung kommen. Viele der angezeigten Fälle kommen aber gar nicht zur Anklage, einige Angeklagte werden freigesprochen u. ä. und manche Delikte werden im Rahmen des Strafprozesses strafrechtlich anders klassifiziert. Deshalb ist es unpräzise, die aufgeführten Opferzah-len in der Kriminalstatistik so zu behandeln, als handele es sich um Opfer von bereits so verurteilten Fällen.

29 Ausführliches zum Opfer-Labeling siehe Baurmann 1983, 5. 25 ff. und 5. 28 f.

30 ,Šatverdächtig ist jeder, der nach dem polizeilichen Ermittlungsergebnis aufgrund zurei-chender tatsächlicher Anhaltspunkte verdächtig ist, eine rechtswidrige (Straf-)Tat began-gen zu hahen. Dazu zählen auch Mittäter, Anstifter und Gehilfen." (Bundeskriminalamt (Hg.): Polizeiliche Kriminalstatistik 1988. 1989, 5. 7). Es war nicht zu klären, weshalb es offiziell ,ŠTatverdächtiger" und nicht ,ŠTatverdächtigter" heißt.

31 Die ‹angezeigten" Fälle werden in der Polizeilichen Kriminalstatistik offiziell unterschie-den nach ‹bekanntgeworunterschie-denen" und ‹aufgeklärten" Fällen. ‹Bekanntgeworunterschie-dener Fall ist jede im Straftatenkatalog aufgeführte rechtswidrige Tat einschließlich der mit Strafe be-drohten Versuche, der eine pulizeilich bearbeitete Anzeige zugmunde liegt." (Bundeskrims-nalamt (Hg.): Polizeiliche Kriminalstatistik 1988, 1989, 5. 6)

‹Aufgeklärter Fall ist die rechtswidrige (Straf-)Tat, für die nach dem polizeilichen Ermitt-lungsergebnis ein mindestens namentlich bekannter oder auf frischer Tat ergriffener Tat-verdächtiger festgenommen worden ist." (Ebd Š 5. 7)

Die sog Gesamtaufklärungsquote bezogen auf alle polizeilich bekanntgewordenen Fälle betrug 1988 45,9 %; d.h. weniger als die Hälfte von allen angezeigten Fällen werden von der Polizei überhaupt als aufgeklärt im obigen Sinne betrachtet. (Ebd. 5. 37) Bis zur Ver-urteilung wird dieser Anteil sogar noch einmal bedeutend geringer.

(26)

Diese Überlegungen führten auch zu dem Vorschlag, zwischen

,,perzi-pierten Opfern" (Menschen, die sich als Opfer empfinden) und ‹dekla-rierten Opfern" (Menschen, die durch eine Anzeige als Opfer bekannt

geworden sind, also Opfer im Hellfeld der angezeigten Kriminalität) zu unterscheiden. 32Der allgemeinere Begriff ‹Kriminalitätsopfer" sollte nur

verwendet werden, wenn es sich tatsächlich um Opfer von erwiesenen strafbaren Handlungen handelt. Es scheint selbstverständlich, daß -von einigen Ausnahmen abgesehen 33 -diese externe Rollenbeschreibung mit

dem Empfinden der betroffenen Person (Opfer-Perzeption) übereinstim-men sollte, ehe sie vorgenomübereinstim-men wird.

Personen, die sich selbst nicht als Kriminalitätsopfer empfinden, sollten nicht ohne weiteres von anderen Personen zu Opfern erklärt werden. 34

32 Erläuterungen zu den Begriffen ‹perzipiertes Opfer" sowie ‹selbst- oder intrinsisch dekla-riertes" und ‹fremd- oder extrinsisch deklariertes Opfer" s. Baurmann 1983, S. 25 ff. 33 Zu den Ausnahmen gehören individuelle, strukturelle und auch scheinbare Opfer aus dem

Bereich ‹Kriminalität ohne Opfer" (Schur 1965: Crimes without Victims). Beispiele: ‹Op-fer" von verbotenem Glücksspiel, Betrugsopfer (hier häufig Unfähigkeit des Opfers, seine Viktimisierung zu perzipieren -vgl. u. a. Poerting 1983, S. 30 ff.) oder gar betrogene Be-trüger als Opfer, Opfer psychischer Gewaltanwendung, beispielsweise bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder sexuelle Gewalttätigkeiten in der Ehe (hier fehlt die

rechtliche Opferdefinition -vgl. u. a. Helmuken 1979 und Baurmann 1990), Handlungen, die gegen die öffentliche Ordnung verstoßen, aber nicht unbedingt ein individuelles Opfer produzieren müssen (Betrunkenheit in der Öffentlichkeit, grober Unfug, exhibitionistische Handlungen (Kentler/Schorsch 1987), nach denen Zuschauer/innen sagen, das gezeigte Verhalten habe sie nicht gestört, sie wollten es aber vorsorglich anzeigen, Fahren ohne Führerschein, Überschreiten der Geschwindigkeitsbegrenzung, Verkauf geschmuggelter Ware, Vertreiben von Pornographie, Prostitution innerhalb/außerhalb des Sperrbezirks usw.) und weiterhin gibt es einen Bereich abweichenden Verhaltens, wobei das ‹Opfer" manchmal mit der Tat einverstanden ist (illegale Sterbehilfe, illegale Abtreibung, illegale Homosexualität (Böllinger 1987, Schmidt 1987, Kentler 1987), einvernehmliche Handlun-gen mit und sexuelle HandlunHandlun-gen vor Kindern im Bereich des ‹Sexuellen Mißbrauchs von Kindern" (Dannecker 1987), Drogengebrauch, Selbsttötung, Jugendsekten usw.). Zu ei-nem Anteil von Straftaten ohne Opfer im Bereich der sog. Sexualdelikte s. Lautmann 1984 bzw. 1987, Baurrmann 1983, 5. 42 ff. und 5. 409 ff., Jäger/Schorsch 1987, insbes. Jäger 1987 und Dannecker/Schorsch 1987; im Bereich der Wirtschaftskriminalität s. Poerting 1983, 5. 26 ff. Schneider lehnt den Begriff ",Strasftaten ohne Opfer" ab und spricht dafür von "abstrakten" und ‹kollektiven Opfern" (Schneider 1975, 5. 1 1).

(27)

1.1.4 Opferschutz, Opferhilfe, Opferunterstützung

Der Begriff ,,Opferschutz" wird weitgehend als eindeutig empfunden und beschreibt vor allem Bemühungen zum Schutz der Kriminalitätsopfer im Ermittlungs- und Strafverfahren. Insofern wird dieser Begriff vor al-lem für die Situation der Kriminalitätsopfer im Hellfeld gebraucht. Der Opferschutz kann mehr formal-rechtlich, also strafprozessual orientiert sein oder auch eher sozialpädagogisch im Sinne einer Begleitung, einer Betreuung oder eines Beistandes im Verfahren. Üblicherweise nicht zum Opferschutz zählen präventive Maßnahmen, die Menschen davor schüt-zen sollen, erst gar nicht (Kriminalitäts-)Opfer zuwre35gnuoe nig resozialisierende Maßnahmen am. Täter, die zukünftige Viktimisie-rungen verhindern helfen können.

Der Begriff "Opferunterstützung" ist in der Bundesrepublik Deutsch-land -im Gegensatz zum Begriff "Opferhilfe" -noch einigermaßen unge-bräuchlich und beschreibt im vorliegenden Zusammenhang die Unterstüt-zung von Kriminalitätsopfern, damit sie mit ihrer Opferwerdung, ihrer Viktimisierung, besser zurecht kommen und diese nach Möglichkeit so-gar im Sinne einer Heilung verarbeiten. Die Opferunterstützung versteht sich in der Regel als ein Angebot an Kriminalitätsopfer im Hell- und im Dunkelfeld. Sie soll helfen, damit beim Opfer keine zusätzlichen Verlet-zungen und Schäden (sekundäre Viktimisierungen) entstehen und die primäre Viktimisierung möglichst bald verarbeitet wird.

Zur Verhinderung sekundärer Schädigungen kann Opferunterstützung einerseits bedeuten, daß dem Kriminalitätsopfer geholfen wird, wenn es als O6pferzeuge ein Strafverfahren möglichst unbeschädigt überstehen will.3 Als Nebeneffekt bedeutet Opferunterstützung in dieser Phase oft-mals, daß der Opferzeuge oder die Opferzeugin emotional stabilisiert wird (beispielsweise durch Aufklärung über den Verfahrensablauf und durch eine beistehende Person im Verfahren) und sie somit -im Sinne der Rechtsfindung -zu ",besseren" Zeugen werden (höhere Aussagequalität,

35 Dazu ist anzumerken, daß es auch präventiv gemeinte Bemühungen gibt, die potentiellen und tatsächlichen Opfemn erheblichen Schaden zufügen können (vgl. Baurmann 1992). 36 Der Schutz des Opferzeugen im Strafverfahren vor sekundären Schäden wird manchmal

auch mehr als Opferschutz und weniger als Opferunterstützung gesehen. Hier handelt es sich offensichtlich um fließende Übergänge zwischen diesen beiden Arbeitsbereichen. (5. u.)

(28)

geringere Irritierbarkeit usw.). Bei einer Unterstützung gemäß den Be-dürfnissen der betroffenen Opfer (Opferorientierung) darf die Optimie-rung der Zeugenaussage allerdings nicht das wesentliche Motiv sein, sondern höchstens ein gewünschter oder akzeptierter Nebeneffekt. 3 7

Opferunterstützung heißt nämlich andererseits auch, daß das Opfer über die negativen Bedingungen in Ermittlungs- und Strafverfahren aufgeklärt wird und -falls das Opfer sich so entscheidet - ihm geholfen wird, wenn es ohne Erstattung einer Strafanzeige weiterleben möchte. Zu dieser Ent-scheidung gibt es innerhalb der Opfer-Bewegung unterschiedliche Stand-punkte (freie Entscheidung des Opfers versus Anzeige als Vorbedingung zur Opferunterstützung).

Zwischen den Opferhilfe-Einrichtungen besteht weitgehende Überein-stimmung, daß das möglichst weitgehende Geringhalten von zusätzlichen Schädigungen und die Heilung von Verletzungen bzw. die Wiedergutma-chung von Schäden Vorrang gegenüber der Strafverfolgung hat.

Bei den heute so aktuellen Wiedergutmachungs- und

Täter-Opfer-Ausgleichs-Modellen muß aus viktimologischer Sicht immer wieder geprüft werden, ob die Ausgleichsbemühungen tatsächlich im Interesse des betroffenen Opfers sind. Ansonsten tragen sie nicht zur Hilfe bzw. Unterstützung von Opfern bei. 3

Der Begriff "Opferhilfe" ist annähernd synonym zu verstehen mit ,,Op-ferunterstützung". Ersterer ist etablierter, letzterer drückt besser die Au-tonomie des Opfers bei der Verarbeitung der erlittenen Verletzungen aus. Bei der vorliegenden Untersuchung wird der Begriff "Opferunterstüt-zung" bevorzugt; "Opferhilfe" wird jedoch ebenfalls, und zwar synonym verwandt, vorwiegend jedoch, um den Text sprachlich variabler gestalten zu können. Dem Begriff "Unterstützung" wird jedoch der Vorzug gege-ben, weil damit ausgedrückt werden kann, daß Opfer bessere Chancen haben, wieder stark zu werden, wenn diese Kraft aus ihnen selbst heraus entwickelt wird (Hilfe zur Selbsthilfe, Unterstützen beim (Wieder-)Stark-Werden).

37 Zum Schutz der Opferzeugen s. Schädler 1989, 8. 4 ff. 38 Hierzu ausführlich Schädler 1990 b.

(29)

1.2 Opferschutz und Opferunterstutzung - Bilanz zur

Rechts-lage in der Bundesrepublik Deutschland 39

1.2.1 Opferschutz im Strafverfahren - eine kurze Bilanz nach

dem Ersten Opferschutzgesetz

Am 1. April 1987 ist das erste Gesetz zur Verbesserung der Stellung des Verletzten im Strafverfahren 4 0 - vom Gesetzgeber kurz und tendenziös

,,Opferschutzgesetz" genannt -in Kraft getreten.4

Ausgehend von der Diskussion des Deutschen Juristentages in Hamburg im Jahr 1984 sowie gestützt auf eine umfassende Bestandsaufnahme von

Rieß4 wurde damit ein ungewöhnlich zügiges Gesetzgebungsverfahren zu Ende gebracht. Damit hatte in der Bundesrepublik Deutschland die Diskussion über die verstärkte Berücksichtigung von Opferinteressen bei der Strafverfolgung einen ersten Höhepunkt erreicht. 4 3

Zusammengefaßt dargestellt beabsichtigt das Opferschutzgesetz,

- die Informationsrechte für Verletzte innerhalb des Strafverfahrens effektiver zu gestalten,

- den Schutz ihrer Persönlichkeit in der gerichtlichen Hauptverhandlung besser zu sichern und

- effektivere Möglichkeiten zu schaffen, aufgrund derer den Verletzten der Schaden, den sie durch die Straftat erlitten haben, wiedergutge-macht werden kann. 4 4

39 Zu historischen Aspekten der Opferrolle und des Opferschutzes siehe beispielsweise

Schneider 1975, 5. 20 ff. und Rössner 1990; s. a. oben S. 7 -9. 40 BGBl. 1, 5. 2496

41 Zum Begriff des Verletzten im Unterschied zu dem des Opfers s. o., 1.1.3 und unten 1.2.2.2.

42 Rieß 1984. 43 Kerner 1987, 5. 2.

44 Sozsalpädagogisch würde man die Schadenswiedergutmachung weniger dem Opferschutz und mehr der Opferunterstützung zurechnen. Danach wäre das Gesetz auch mehr als nur ein Gesetz ‹zum Schutz des Opfers".

(30)

Mit diesen Regelungen verfolgt der Gesetzgeber erklärtermaßen das Ziel, durch erste gesetzliche Maßnahmen die Rechtsstellung des Verletzten im Strafverfahren umfassend zu verbessern. 45 Durch das Gesetz sollen hier-bei die historisch gewachsenen Verteidigungsbefugnisse des Beschuldig-ten bewahrt werden und es soll weiter sichergestellt werden, daß die Strafjustiz aus ihrer Sicht nicht zusätzlich unvertretbar belastet wird.4 Bereits hier offenbart der Gesetzgeber den Zielkonflikt zwischen dem Schutz des Verletzten und den Inhalten des Strafprozesses: Der opfer-freundlichen Gestaltung des Ablaufs des Strafverfahrens steht der eben-falls wahrzunehmende Schutz des Täters entgegen. 47

Dieser Zielkonflikt bedeutet, daß innerhalb des Strafverfahrens dem um-fassenden Schutz des Verletzten Grenzen gesetzt sind. Dies könnte zur Konsequenz haben, daß es sich der Staat künftig mehr zur Aufgabe ma-chen müßte, außerhalb des Strafverfahrens unterstützende Maßnahmen für die Opfer von Straftaten vorzusehen, die geeignet wären, das zu lei-sten, was das Strafverfahren selbst nicht zu leisten vermag.

Bereits in der Begründung zum Opferschutzgesetz fällt auf, daß der Ge-setzgeber seine Erwägungen vorrangig mit den Interessen von Verletzten einer Vergewaltigung oder einer anderen Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung legitimiert; so beispielsweise bei der grundsätzlichen

48

Begründung für ein besonderes Regelungsbedürfnis für alle Verletzten der Einzelbegründung zur Änderung des

§

68a StPO49, der Neuregelung des Ausschlusses der Öffentlichkeit gemäß

§ 17 ib GVG

50 sowie bei der

Bestimmung des Kreises der nebenklageberechtigten Verletzten5 1. Die Beispiele zu diesem Punkt ließen sich innerhalb der Gesetzesbegründung fortsetzen.

45 Bundestagsdrucksache 19/5305, S. 1. 46 Ebd.

47 Hinzu kommt, daß der Gesetzgeber ausdrucklich verfahrensökonomische Erwägungen einbe-ziehen mußte. (Vgl. Bundestagsdrucksache 10/5305, S. 9 f.)

48 Bundestagsdrucksaebe 10/5305, S. 8. 49 Bundestagsdrucksacbe 10/5305, S. 10.

50 Bundestagsdrucksache 10/5305, S. 23.

(31)

Der Gesetzgeber konnte sich in seiner Begründung für diese Konzentrati-on auf eine spezielle Gruppe vKonzentrati-on Verletzten 5 2 auf die im Gesetzgebungs-verfahren zu Rate gezogenen Sachverständigen stützen, nicht aber die tatsächlichen Bedürfnisse von Verletzten sämtlicher Straftaten zugrunde legen. Dies hat seine Ursache darin, daß hinsichtlich der Bedürfnisse der Opfer von Straftaten in der Bundesrepublik Deutschland zum Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens keine einschlägigen Untersuchungen vorla-gen. Diese Lücke will die vorliegende Arbeit schließen. Zugleich sollen Anhaltspunkte für die notwendige Opferunterstützung außerhalb des Strafverfahrens angeboten werden.

Um das notwendige Spektrum der Unterstützung für Opfer von Straftaten umfassend beschreiben zu können, ist es in Übereinstimmung mit dem eingangs dargelegten Ansatz notwendig, einerseits die Position des

Ver-letzten innerhalb des Strafverfahrens genauer zu umreißen, um

anderer-seits hieraus das Ausmaß der notwendigen Hilfestellung außerhalb des Strafverfahrens näher bestimmen zu können. Die somit erforderliche Bestandsaufnahme zur Rechtsstellung des Verletzten im Strafverfahren soll daher im folgenden anhand der derzeit geltenden Vorschriften in der Strafprozeßordnung sowie im Strafgesetzbuch unter besonderer Berück-sichtigung des Opferschutzgesetzes vorgenommen werden.

Der Begriff ,,Opferschutz" enthält - bezogen auf das deutsche Strafver-fahren -zwei Aspekte:

- den eigentlichen Schutz des Opfers sowie - die Schadenswiedergutmachung.

Beide Aspekte finden sich im erwähnten Opferschutzgesetz vom 24. De-zember 1986 wieder. Die hier angestrebte Bestandsaufnahme ergibt sich daher aus einem Vergleich der gesetzlichen Situation vor Inkrafttreten des Opferschutzgesetzes mit der Situation seit Inkrafttreten des Opferschutz-gesetzes sowie den sich im Anschluß hieraus ergebenden Perspektiven, jeweils getrennt bezogen auf den Opferschutz und die

Schadenswieder-gutmachung.

52 Es sei hier kritisch gefragt, warum sieh das Opferschutzgesetz nicht ausgewogener um die Verletzten von sämtlichen schwerwiegenden Straftaten -hier sei nur z. B. an die Geschä-digten von Wohnungseinbrichen gedacht -bemüht hat.

(32)

1.2.2 Der Schutz des Opfers im Strafverfahren

Der Bundesgesetzgeber hat in den Gesetzesmaterialien zur Begründung für das Zustandekommen des Gesetzes festgestellt: ‹Das überkommene Straf- und Strafverfahrensrecht hat die Position des Verletzten vernach-lässigt."53

Dieses ‹Vernachlässigen" bedeutet aber nicht, daß der Gesetzgeber das Opfer vor Einrichten des Opferschutzgesetzes ‹übersehen" hatte. Viel-mehr kannte der Strafprozeß schon in einer Vielfalt von Vorschriften das Opfer. Es wird jedoch zu zeigen sein, daß sich in diesen Vorschriften das Opfer nicht in seiner Ganzheit widerspiegelte, sondern daß es gewisser-maßen nur in seiner Funktion innerhalb des Strafprozesses, d. h. als Zeu-ge instrumentalisiert wurde. Dies zeigt ein Überblick über die Gesetzes-vorschriften des Strafgesetzbuches und der Strafprozeßordnung.

1.2.2.1 Das Strafgesetzbuch und das Opfer

Zunächst ist im Strafgesetz bekannt, daß der Beschuldigte sich durch das Verhaltens des Opfers entlasten kann. Beispiele hierfür sind § 213 StGB, wonach der Täter durch das Verhalten des Opfers zum Zorn gereizt wor-den ist, § 226a StGB, wonach die Straftat entfällt, wenn das Opfer in eine ihm zugefügte Körperverletzung einwilligt oder aber auch § 32 StGB, der sogenannte ,,Notwehrparagraph", der maßgeblich auf einen entsprechen-den Angriff des Opfers abstellt, gegen entsprechen-den der Täter sich zur Wehr ge-setzt hat.

Des weiteren sind die sogenannten Antragsdelikte hervorzuheben, die dem Opfer sozusagen die Rechtsmacht geben, die Verwirklichung des Strafanspruchs zu begründen oder aber zu verhindern, indem es den Strafantrag unterläßt bzw. zurückzieht (§§ 77 ff StGB)."4

Als Möglichkeit zum Schutz des Opfers weist § 56c Abs. 2 Satz 3 StGB eine Regelung auf, die dem Täter eine Kontaktaufnahme unter anderem auch zu dem Opfer verbieten kann, falls dieser zu einer Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt worden ist und eine solche Weisung an ihn hiermit verbunden wird.

53 Vgl. Drucksache des Deutschen Bundestages 10/5305, S. 8. 54 Rieß 1984,8S. 16.

(33)

Schließlich leitet bei bestimmten Delikten das Gesetz aus Folgen der Straftat für das Opfer jeweils Straferschwerungen oder Strafminderungen für den Täter ab. So werden Im Falle des Totes des Opfers regelmäßig die Vergewaltigung, die sexuelle Nötigung, der erpresserische Menschenraub und die Geiselnahme schwerer bestraft (vgl.

§§

177 Abs. 3, 178 Abs. 3, 239a Abs. 2, 239b Abs. 2 StGB). Ein geringerer Strafrahmen kann sich umgekehrt - selbst nach einer bereits vollendeten Tat -für einen Straftäter dann ergeben, wenn er in tätiger Reue das Opfer eines erpresserischen Menschenraubes oder einer Geiselnahme unter Verzicht auf die erpreßte Leistung wieder freiläßt

(§§

239a Abs. 3, 239b Abs. 2 StGB).

Daraus ergibt sich, daß verschiedene Regelungen des Strafgesetzbuches das Opfer zwar betreffen, aber dessen dort beschriebene Position nur auf dem Umweg über seine Behandlung durch den Täter in Betracht ziehen. Mit anderen Worten: Nicht das Opfer steht im Mittelpunkt dieser Vor-schriften, sondern nur die Bewertung dessen, wie der Täter mit dem Op-fer umgegangen ist.

1.2.2.2 Die Strafprozeßordnung und das Opfer (vor Inkrafttreten

des Opferschutzgesetzes)

Im Gegensatz zum Strafgesetzbuch verwendet die Strafprozeßordnung

nicht den Begriff des "Opfers" sondern spricht von ‹Verletzten". Es kann vermutet werden, daß diese sprachliche Unterscheidung nicht auf Zufäl-ligkeiten beruht. Verschiedentlich wird in der rechtswissenschaftlichen Diskussion der Begriff des Opfers problematisiert und als zu emotional besetzt empfunden:

‹Die Begriffe Verletzter und Opfer der Straftatausführung werden in der aktuellen rechtspolitischen Diskussion fast synonym verwandt, wobei das emotionale Wort Opfer bei der politischen Vermarktung gegenüber der stärker fachliche Assoziationen auslösenden Bezeichnung Verletzter die Überhand gewonnen hat. 55

Folgt man dieser Auffassung, so ist zu fragen, warum sich das Strafge-setzbuch einerseits des ‹emotionalen" Begriffs des Opfers bedient und andererseits die Strafprozeßordnung den "rationaleren" Begriff des

(34)

letzten wählt. Ohne einen entsprechenden Beleg in den Materialien des Gesetzgebers hierfür finden zu können, mag vermutet werden, daß -möglicherweise unbewußt -im Strafgesetzbuch der Umgang mit Emotio-nen im Zusammenhang mit der Strafbemessung nicht gescheut wird, in der Strafprozeßordnung hingegen der Verletzte in der Funktion beschrie-ben wird, die ihm im wesentlichen im Rahmen des Strafprozesses zuge-billigt wird, nämlich der des Zeugen. Diese Ausnahme wird durch einen Überblick über die Position bzw. Funktionen des Verletzten in der Straf-prozeßordnung gestützt.

Der Verletzte wurde vor dem Opferschutzgesetz wie folgt von der

Straf-prozeßordnung wahrgenommen: (

- Ihm kommt rechtliches Gehör zu

33 StPO).

- Er wird vor diskriminierenden Fragen geschützt

68a StPO).

- Er hat als Zeuge das Recht auf geschlossene Sachdarstellung

(§ 69

StPO).

- Die Staatsanwaltschaft kann bei ihm von der Verfolgung eines Delikts absehen, wegen dem er erpreßt wird

(§ 154c StPO).

-Er ist als Antragsteller von der Einstellung eines Strafverfahrens zu benachrichtigen

(§ 171 StPO).

- Ihm steht das Recht zu, eine staatsanwaltliche Anklage im sogenann-ten Klageerzwingungsverfahren zu erzwingen

(§§

172 ff. StPO). - Er hat das Recht, an ihn gestellte Fragen zu beanstanden und eine

Entscheidung des Gerichts herbeizuführen

(§§

238 Absatz 2, 242 StPO).

- Zum Schutz des Verletzten kann der Angeklagte aus dem Gerichtssaal entfernt werden, wenn die Befürchtung besteht, daß er in Gegenwart des Angeklagten nicht die Wahrheit sagen wird

247 StPO).

(35)

- Ihm steht das umfassende Recht der Nebenklage zu, die ihm eine herausgehobene, der Staatsanwaltschaft angenäherte Position inner-halb des Strafprozesses ermöglicht

(§§

397 ff. StPO).

Faßt man anhand dieses Überblicks die stafverfahrensrechtliche Position des Verletzten zusammen, so fällt auch hier auf, daß - mit Ausnahme der Nebenklageregelung -die Strafprozeßordnung den Verletzten nur soweit wahrgenommen hat, wie es im verfahrensrechtlichen Ablauf eines Straf-prozesses unverzichtbar ist. Zugleich ist allerdings damit offensichtlich das Bedürfnis verbunden gewesen, den Zeugen wenigstens notdürftig vor den größten Belastungen des Strafverfahrens zu schützen. Es bestätigt sich damit auch, daß der Gesetzgeber das Opfer nur als Zeuge und als Instrument des Strafprozesses wahrzunehmen bereit gewesen ist.

Dies änderte sich erstmals mit den vorbereitenden rechtspolitischen Er-örterungen im Vorfeld der Verabschiedung des Opferschutzgesetzes: ‹Das Neue der auf breiter Front angelaufene rechtswissenschaftlich ori-entierten, rechtspolitischen Diskussion liegt darin, daß sie erstmals um eine einigermaßen einheitliche Konzeption der Verletztenstellung be-müht, daß sie nicht die instrumentale Funktion des Verletzten, sondern seine eigenen Interessen in den Mittelpunkt stellt und daß sie bestrebt ist, daß Problemfeld Verletzter und Strafprozeß als ein zusammenhängendes Ganzes zu begreifen und die herkömmlichen Rechtsinstitute nicht isoliert zu sehen."57

1.2.2.3 Anderungen infolge des Opferschutzgesetzes

Es erhebt sich die Frage, ob durch das Opferschutzgesetz überhaupt der Schutz des Opfers verstärkt wurde. Eingangs ist rein formal zunächst einmal festzustellen, daß durch das Opferschutzgesetz keine Änderungen im Strafgesetzbuch bewirkt wurden, soweit der Opferschutz betroffen ist. Es geschahen lediglich Änderungen innerhalb der Strafprozeßordnung. In seiner Eigenschaft als Zeuge ist das Opfer dadurch in bestimmten Be-reichen nun besser geschützt:

(36)

- Fragen, die den persönlichen Lebensbereich des Opfers betreffen, sollen nur gestellt werden, wenn dies unerläßlich ist (§ 68a StPO). - Der Angeklagte kann nunmehr auch dann dem Sitzungssaal entfernt

werden, wenn Nachteile für die Gesundheit des Opfers zu befürchten sind

(§ 247 Satz 2 StPO).

- Die Öffentlichkeit kann bereits dann ausgeschlossen werden, wenn Umstände ans dem persönlichen Lebensbereich des Opferzeugen zur Sprache kommen und das Interesse an der öffentlichen Erörterung nicht überwiegt. Auch kann nicht gegen den Willen des Zeugen die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden

(§ 17 lb GVG).

Wichtiger ist noch die erweiterte Beteiligungsbefugnis des Opfers am Strafverfahren. Ihm stehen hier nunmehr drei Möglichkeiten offen: (a) Der eher offensive Weg der Nebenklage.

Dieses Institut war -wie oben beschrieben - vorher schon im Gesetz vor-gesehen. Es ist im wesentlichen beibehalten und nur das Revisionsrecht des Opfers eingeschränkt worden. Es beinhaltet jetzt vor allem das Recht des Opfers auf dauernde Anwesenheit im Prozeß, auf Fragen, auf Be-weisanträge und auf den Schlußvortrag. Damit schreibt das Opferschutz-gesetz wesentliche Mitwirkungsmöglichkeiten des Opfers im Strafverfah-ren fest

(§§

395, 397 StPO).

(b) Die mehr defensive Position mit Hilfe des besonderen

Verletzten-beistands

406g StPO).

Hier beschränkt sich der Verletzte im wesentlichen auf ein erweitertes Anwesenheitsrecht. Vor allem steht ihm -wie dem späteren Nebenkläger auch -schon im Vorverfahren bei richterlichen Untersuchungshandlungen ein anwaltlicher Beistand zu, der das Recht hat, bei sämtlichen richterli-chen Verhandlungen im Ermittlungsverfahren anwesend zu sein. Auch58 kommt seinem Rechtsbeistand ein umfassendes Akteneinsichtsrecht ZU.

58 Sowohl das Recht der Nebenklage alt auch die Möglichkeit, sich eines anwaltlichen Yerletztenbeistands zu bedienen, steht lediglich besonders schwer verletzten Opfern zu. Unter den Katalogdeiikten des § 395 StPO ist der Kreis der besonders schwer geschädig-ten bzw. der nach dem Gesetz besonders geschützgeschädig-ten Opfer abschließend aufgezählt.

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