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Archiv "Ärztemangel: Eigene Lebenserfahrung" (31.10.2003)

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Die Behauptung, dass durch diese Mitteilung Ärzte und Patienten verunsichert würden, entbehrt des Belegs.

Der AkdÄ liegen keine ent- sprechenden Hinweise vor.

Hätte freilich der Hersteller in eigener Verantwortung die deutsche Ärzteschaft über die US-amerikanische Situation informiert, hätte sich eine Warnung durch die AkdÄ ver- mutlich erübrigt.

„Straßenabhängige“ wer- den ihr Verhalten schwerlich durch Lektüre des Deutschen Ärzteblattes beeinflussen las- sen; dass jedoch Drogen-Mo- den aus den USA die Tendenz haben, auch nach Europa hin- einzudiffundieren, dürfte be- kannt sein. Die praktische Konsequenz von Pharmakovi- gilanz ist „Risikoabwehr“.

Prof. Dr. B. Müller-Oerlinghausen, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

Ärztemangel

Zu dem Beitrag „Der Nachwuchs bricht weg“ von Sabine Rieser in Heft 36/2003:

Weiterbildungszirkus ersetzen

Der Bericht nennt wesentliche Gründe für den sich ausbrei- tenden Ärztemangel, blendet andere Ursachen jedoch aus:

die Bedingungen der fachärztlichen Weiterbildung.

Während andere Staaten seit Jahrzehnten „Komplettpro- gramme“ mit vorab festste- henden Klinikrotationen an- bieten, sodass ein qualifizier- ter Bewerber in seiner Le- bens- und Familienplanung auf sicheren Beinen steht, ist hier der Jungarzt eher der Dumme: Jeder weiß, welche Mühen erforderlich sind, etwa das Weiterbildungscurriculum zum Allgemeinmediziner zu- sammenzubekommen. Und die Anforderungen steigen im- mer weiter, wie etwa die neue fünfjährige Weiterbildungs- ordnung für die Allgemeinme- dizin eindrucksvoll zeigt. Chir- urgische Assistenzärzte müs- sen jahrelang zittern, ihre OP- Kataloge vollzubekommen,

und mehrjährige Verzögerun- gen bis zur Zulassung zur Facharztprüfung sind möglich.

Die Sahnehaube bildet dann die große Menge an außer- dienstlichen Kursen (80 Stun- den, 240 Stunden, über 500 Stunden – je nach dem), die insbesondere in den psychoso- zialen Fachgebieten absolviert werden müssen. Sie nehmen teilweise das Volumen einer zweiten Teilzeitanstellung an – nur mit dem Unterschied, dass diese nicht nur kein Geld ein- bringt, sondern teuer bezahlt werden muss.

Da ist es nicht verwunderlich, dass sich viele Kollegen nach Alternativen umsehen. An- statt – wie der Artikel es vor- macht – nur mit dem Finger auf die Politik zu zeigen, könn- te hier die Selbstverwaltung die Not der Stunde nutzen, in- dem sie nicht nur Subventio- nen für weiterbildungswillige Arztpraxen ausschüttet, son- dern den jetzigen „Weiterbil- dungszirkus“ durch intelligen- te und vernetzte Strukturen ersetzt, die für Ärzte in der Weiterbildung ein Mindest- maß an Verlässlichkeit und Arbeitsqualität offeriert. Da- von würden nicht zuletzt auch die Patienten profitieren.

Dr. med. Arne Schäffler, Sollner Straße 53, 81479 München

Von außen betrachtet

Leidet Ihr denn an kollekti- vem Gedächtnisschwund?

Nicht lange ist es her, da wur- de der ärztliche Nachwuchs mit Füßen getreten wie in kaum einem anderen Berufs- zweig. Unter dem Applaus der Ärzteschaft wurde eine Hürde nach der anderen auf- gestellt: Medizinertest, immer neue Studienprüfungen mit bewusst hohen Durchfallquo- ten (Skandalphysikum Ende der 80er), Einführung des AiP, Abschaffung des prakti- schen Arztes, ständige Ver- schärfungen der Weiterbil- dungskataloge oder Be- schränkungen der Niederlas- sungsfreiheit dienten vorder- gründig der verbesserten Qualität. Ihr eigentliches Ziel aber war die Sicherung der ei-

genen Pfründe gegenüber dem Schreckgespenst einer angeblichen Ärzteschwemme.

Chefärzte warfen Bewer- bungsunterlagen ungelesen in den Müll, jungen Kollegen wurden unverhohlen Vollzeit- stellen bei Teilzeitbezahlung angeboten. Andere wurden weit unter Tarif in Landarzt- praxen ausgenommen oder arbeiteten jahrelang ganz um- sonst als Gastärzte, um wenig- stens den Hauch einer Chance auf eine Weiterbildung zu er- gattern. Die offene Miss- achtung bestehender Arbeits- zeitgesetze wurde als selbst- verständlich vorausgesetzt.

Nun fehlen Euch die Nachfol- ger für Eure Praxen. Kran- kenhäusern geht die Luft aus.

Würden nicht die Patienten darunter leiden, so müsste man den damals wie heute Verantwortlichen zurufen:

„Es sollte noch viel schlim- mer kommen! Ihr habt es nicht anders verdient!“

Dr. med. Nico Prümmer, Pützhag 12, B-4730 Raeren, Belgien

Eigene Lebenserfahrung

Das Studium habe ich für ge- schlagene drei Jahre unterbro- chen (unglaublich, was fällt dem ein!), um meine beiden kleinen Kinder zu erziehen und auch meiner Frau die Fortsetzung ihres Medizinstu- diums zu ermöglichen. Mit 30 befand ich mich am Ende des PJ, Wahlfach Neurologie, an Uniklinik, großes wissen- schaftliches Interesse, klinisch sehr engagiert, beim Chef durchaus beliebt. Schließlich Bewerbungsgespräch bei eben diesem: „Wie alt sind Sie denn?“ – „30 Jahre.“ – „Ah, das ist Ihr Handicap(!)“. Da- mit war das Thema AiP-Stelle erledigt.

Später AiP und Assistent an anderer Uniklinik. Der Chef dort setzt mich für sein Steckenpferd-Projekt ohne ir- gendeinen wissenschaftlichen Nutzen ein, was zweierlei zur Folge hat: Die älteren Assisten- ten halten sich vor Lachen die Bäuche oder reiben sich vor Mitleid die Augen: „Ach, jetzt bist du dran. Das macht er mit

jedem. Du Armer!“ Und: Kein Leiter einer wissenschaftlich interessanten Arbeitsgruppe lässt mich jetzt noch bei ihm mitmachen, da man ja den Chef nicht vor den Kopf stoßen (und sich selbst gefähr- den) will.

Weiterhin: wissenschaftliches Interesse ungebrochen, auch entsprechende Begabung, überdurchschnittliche experi- mentelle Dissertation. Weiter Bewerbungen an Uni-Klini- ken. Typische Reaktion: „Was, mit 34 noch ein operatives Fach beginnen? Da müssen Sie sich ja von besser ausgebil- deten Jüngeren was sagen las- sen. Das halten Sie doch nicht aus!“ Woher weiß der bloß nach einer halben Stunde, was ich so alles aushalte? Das sagt wohl über seine eigene Belast- barkeit mehr aus als über mei- ne.

Der ideale Kandidat: bei der Bundeswehr untauglich ge- mustert (was bedeutet schon Staatsbürgerpflicht?), mit 19 das Medizinstudium angefan- gen, mit 25 promovierter Arzt, mit 30 Facharzt, mit 33 Ordinarius und mit 40 inner- lich tot, dann auch nicht mehr sehr effektiv. Im positivsten Falle bricht sich das Leben in Form einer behandlungsbe- dürftigen und -fähigen De- pression Bahn, und es wird doch noch alles gut. Alle an- deren, durchaus auch sehr be- gabten Ärzte und Wissen- schaftler (die Mehrheit, die mit so lästigen Nebensachen wie Liebe, Familie, Kinder, Hobbys zu kämpfen hat), fal- len besser von vornherein hinten runter.

Ich behaupte: Würde von den maßgeblichen Personen vor allem auf die Begabung und die Liebe zum Beruf der Be- werber geachtet und ihnen (auch) ein normales menschli- ches Leben zugestanden wer- den, ohne ständig verstaubte Akademiker-Vorurteile zu bemühen, dann verließen viel weniger Ärzte das Land oder gäben auf. Dass menschliche Reife des Arztes und Wissen- schaftlers letztlich dem Patien- ten zugute kommt, davon fan- gen wir lieber gar nicht erst an.

Ich finde es unerträglich, wie, A

A2856 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 4431. Oktober 2003

B R I E F E

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anstatt an den o. g. Dingen et- was zu ändern, ständig das deutsche System verantwort- lich und mehr und mehr schlecht gemacht wird, ein Sy- stem, in dem zum Beispiel auch jemand mit eher musi- scher Vorbildung (wie ich) und erst spät aufgekommenem In- teresse an Naturwissenschaft und Heilkunde Medizin stu- dieren darf. Daher: Bitte lasst die ZVS leben und übergebt nicht die ganze Auswahlhoheit den Unis!

Wir alle, Assistenten, Studen- ten, Ordinarien, Politiker sind aufgerufen, unser bewährtes System nicht kaputtzuverän- dern, sondern es im besten Sinne zu fordern und zu för- dern. Man sollte viel öfter die Vorteile der deutschen Medi- zin hervorheben und somit für diese werben.

Dr. med. Ulrich Schwerdtfeger, Am Schilken 38, 58285 Gevelsberg

Mangelnde Perspektiven nach der Weiterbildung

Wer glaubt, die Ursachen für den Ärztemangel nur in den schlechten Arbeitsbedingun- gen für junge Ärzte in den Kliniken suchen zu können, irrt.

Was potenzielle Studenten abhält und junge engagierte Ärzte in die Industrie, ins Ausland oder das Kranken- hausmanagement treibt, ist auch die mangelnde Perspek- tive nach der Krankenhaus- und Facharztweiterbildungs- zeit!

Die früheren Ärztegeneratio- nen, zu denen auch ich gehöre, hatten nach der „Durst- strecke“ Krankenhaus wenig- stens noch die Perspektive ei- ner zwar anstrengenden, aber freien Tätigkeit als selbstaus- beutender niedergelassener Arzt mit einem – dem enor-

men Aufwand wenigstens halbwegs angemessenen – Einkommen als Freiberufler.

Heute jedoch sehen die jun- gen Kollegen, was sie danach erwartet:

Die niedergelassenen Ärzte werden zu Geldeintreibern der Kassen (Praxisgebühr), zu Kopfgeldacquisiteuren für die Kassen (Risikostrukturaus- gleich – kombiniert mit Dis- ease Management) und durch Zwangsfortbildung, Qua- litätsmanagement etc. zu gegängelten Scheinselbststän- digen degradiert. Freiberuflich ist nur noch die persönliche Übernahme des kompletten wirtschaftlichen Risikos unter sich ständig wandelnden Dik- taten der Politik.

Zu allem Überfluss werden sie dann noch von Politikern, Ge- sundheitsökonomen und der Presse als inkompetente Beu- telschneider verunglimpft.

Wen wundert es also noch, dass Ärztemangel bei uns herrscht?

Dr. med. Helmut Kees, Kirschenweg 20, 72076 Tübingen

Zweifel

Im Allgemeinen bin ich ge- neigt, dem DÄ zu glauben.

Aber diesmal kann etwas nicht stimmen, und zwar der berichtete Ärztemangel. Von einem schon bestehenden Fehlbedarf an Ärzten ist da die Rede, der bis zum Jahr 2008 auf 18 000 ansteigen soll.

Wenn das auch nur annähernd zuträfe, würde die Kassenärzt- liche Vereinigung doch sicher nicht bewährte, arbeitsfreudi- ge Ärzte erbarmungslos von der Krankenversorgung aus- schließen, nur weil sie das 67.

Lebensjahr erreicht haben!

(Anmerkung der Redaktion:

B R I E F E

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