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as erstes Jahrzehnt im Generika-Geschäft hat die Augsburger Beta- pharm Arzneimittel GmbH mit einem Knüller abgeschlos- sen: Die schnelle Einführung des Cholesterinsenkers Sim- vastatin alias „Simvabeta“ im Frühjahr 2003 trieb den Jahres- umsatz nach oben. Rund 105 Millionen Euro werden Ge- schäftsführer Peter Walter zu- folge nun erlöst – im Vorjahr waren es noch 75 Millionen Euro. Mit diesem Plus von mehr als 40 Prozent einerseits und hohen Ehren für das so- ziale Engagement der Firma andererseits im Rücken sagt Walter selbstbewusst: „Beta- pharm gilt in der Branche als Perle.“Simvabeta als Umsatzbringer Nummer eins
Wobei diese Perle, um im Bild zu bleiben, bald in einer neu- en Kette oder an einem neu- en Ring schimmern soll: Die Mehrheitseigner, zwei in der Branche bekannte Familien aus dem Süddeutschen, wol- len Betapharm verkaufen.
Schon in den nächsten Mona- ten, wie Walter im Gespräch mit dem Deutschen Ärzte- blatt ankündigt: „Es gibt viele Interessenten, ernsthafte Ver- handlungen laufen.“ Die in- zwischen rund 330 Beschäftig- ten müssten sich aber keine Sorgen machen: Betapharm, laut Walter auf Platz 5 im deutschen Generika-Markt, werde weiter wachsen und womöglich international ak- tiv werden. Denkbare Varian- te: Investoren kaufen, Beta- pharm expandiert ins eu- ropäische Ausland. Oder: Ein ausländischer Anbieter er- wirbt die Firma als deutsches Standbein.
Mit rund 130 Wirkstoffen und 270 Zulassungen präsen- tiert Betapharm ein breites Sortiment für diverse Indi- kationsgebiete. „Produktqua- lität und -vielfalt werden durch Dienstleistungen der Hexal AG sichergestellt“, erklärt Wal- ter. Fast alle Betapharm-Arz- neimittel werden von der Sa- lutas Pharma GmbH in Barle- ben produziert, einer Hexal-
Tochterfirma. Der große Part- ner spielte auch bei Simva- statin mit: Schon vor Patent- ablauf kamen „Simvahexal“
und eben „Simvabeta“ auf den deutschen Markt. Der so genannte early entry gelang mit Lizenzverträgen, die Gene- rika-Konkurrenz musste zwei wichtige Monate warten. Laut Walter ist Simvabeta schon jetzt Umsatzbringer Nummer eins für Betapharm. Wobei hohes Tempo und eine ver- lässliche Tiefpreis-Politik nicht
genügen, wie Walter betont – und aus Erfahrung weiß. Schon seit der Gründung 1993 steu- ert er das Unternehmen, er hat Konkurrenten verschwin- den und die Betapharm tau- meln sehen. Dann gelang die wohl entscheidende Differen- zierung: „In einem Markt aus- tauschbarer Produkte muss man Besonderheiten entwik- keln, die zu einem zentralen Bedürfnis des Kunden pas- sen“, sagt Walter.
Betapharm peilt seit rund fünf Jahren das bei Ärzten
und Apothekern vermutete Bedürfnis „soziale Verantwor- tung“ an. Es begann mit der Unterstützung der heute über- regional bekannten Nach- sorgeeinrichtung „Der bunte Kreis“ (erst vor wenigen Wo- chen mit dem „Rufzeichen Ge- sundheit“ geehrt). 1998 folgte die Gründung der Betapharm Nachsorgestiftung. Das Augs- burger Modell, chronisch und schwer kranke Kinder beim Übergang vom Krankenhaus ins Kinderzimmer zu beglei-
ten, wird seitdem weiterent- wickelt und verbreitet.
Das „Beta Institut für so- zialmedizinische Forschung und Entwicklung“ nahm 1999 die Arbeit auf. Heute be- schäftigt diese gemeinnützige GmbH nicht zuletzt dank ho- her Drittmittel rund 40 Men- schen in zahlreichen Projek- ten, wie Andreas Podeswik erklärt, der stellvertretende Institutsleiter. „Es ist ein Er- gebnis unserer Arbeit, dass ab 1. Januar 2004 deutschland- weit Nachsorge für Kinder
von den Krankenkassen über- nommen werden kann“, sagt er zufrieden. Für Ärzte und Apotheker bietet das Institut Informationsdienste an: un- ter anderem ein Nachschlage- werk über Sozialrecht und Selbsthilfegruppen sowie ei- ne Hotline zu Sozialfragen im Gesundheitswesen. Die- ses „Betafon“ kennen laut Firmenangaben mittlerweile rund zwei Drittel der Ärz- te und 80 Prozent der Apo- theker.
Gut zwei Prozent des Jah- resumsatzes lässt sich die Be- tapharm ihr soziales Engage- ment kosten. „Das ist kein kurzfristiger Marketing-Gag“, betont Geschäftsführer Wal- ter, „und das ist sehr schwer zu kopieren. Unsere Corpo- rate Citizenship ist authen- tisch, ein Teil der Unterneh- menskultur.“ 2002 gab es dafür aus der Hand von Bun- despräsident Johannes Rau den Preis „Freiheit und Ver- antwortung“ der gleichnami- gen Wirtschaftsinitiative.
Patentabläufe im Herz- Kreislauf-Bereich
Im gleichen Jahr zog die Be- tapharm-Zentrale in einen modernen Neubau um. Logo und Corporate Design sind inzwischen auch erneuert: Die Perle hat sich für die künfti- gen Eigner poliert. Als eine seiner wichtigsten Aufgaben sieht es der 63-jährige Chef jetzt an, seine Nachfolge zu klären: „Mit 70 werden Sie mich hier nicht mehr sehen, das würde dem Unterneh- men schaden“, sagt Walter.
An einer erfolgreichen Zu- kunft für Betapharm zweifelt er nicht: „Der Trend zu Gene- rika wird weitergehen“, sagt er. In den kommenden Jahren gebe es zwei Dutzend ablau- fende Patente – „und wir sind bei allen wesentlichen mit da- bei“. Allein 2004 würden vier große Präparate aus dem Herz-Kreislauf-Bereich frei, einem Schwerpunkt des Un- ternehmens. Die Schnellig- keit im Markt, sagt Walter voraus, werde auch hier wie- der über den Erfolg ent- scheiden. Thomas Hofinger V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1–25. Januar 2004 AA57
Betapharm
„Branchenperle“ bald mit neuer Fassung
Der Generika-Anbieter steht kurz vor dem Verkauf – dies kündigte Geschäftsführer Peter Walter an.
Wirtschaft
Das soziale Engagement der Betapharm Arzneimittel GmbH hat dazu beigetragen, dass die sozialmedizinische Nachsorge für Kin- der neu ins SGB V aufgenommen wurde.
Foto:Betapharm