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Archiv "Depression und Suizidalität: Verringern Antidepressiva das Risiko für Selbsttötung?" (28.10.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 43

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28. Oktober 2011 A 2283

STUDIEN IM FOKUS

Die European Society of Parenteral and Enteral Nutrition empfiehlt, bei Intensivpatienten, die enteral nicht ausreichend ernährt werden kön- nen, innerhalb von 2 Tagen eine pa- renterale Ernährung zu beginnen, während nach US-amerikanischen und kanadischen Leitlinien damit eine Woche gewartet werden sollte.

In der belgischen EPaNIC-Studie wurden Vor- und Nachteile beider Vorgehensweisen untersucht.

In der teilweise von der Firma Baxter finanziell unterstützten ran- domisierten, offenen Studie wur- den 2 312 Patienten innerhalb von 48 Stunden und 2 328 Patienten frühestens 8 Tage nach Aufnahme auf die Intensivstation parenteral ernährt. Bei allen wurde früh auch eine enterale Ernährung begonnen und Insulin infundiert, um sie nor- moglykämisch zu halten. Primärer Endpunkt war die Zeitdauer, in der die Patienten intensivpflichtig wa- ren und die Zeit, bis sie die Inten- sivstation verlassen konnten. Im Median waren die Patienten der späten Gruppe einen Tag kürzer auf der Intensivstation als die der frühen Gruppe. Die Wahrschein- lichkeit, die Intensivstation früher verlassen zu können, war in der späten Gruppe um 6,3 % höher (p = 0,04; Grafik). Auch traten in der späten Gruppe weniger neue Infektionen auf, Beatmung und Nierenersatztherapie waren weni- ger erforderlich als bei früh begon- nener parenteraler Ernährung. Spät parenteral ernährte Patienten litten zwar etwas häufiger unter Hypo- glykämien, waren insgesamt je- doch 2 Tage kürzer stationär als bei frühzeitiger parenteraler Er- nährung.

Fazit: Die EPaNIC-Studie hat erge- ben, dass bei schwer kranken Pa- tienten mit einem Risiko für Man- gelernährung eine nach 8 Tagen einsetzende parenterale Ernährung

mit einer rascheren Genesung der Patienten bei weniger Komplikatio- nen einhergeht als eine innerhalb von 48 Stunden beginnende Ernäh- rung. Als Schwäche der Studie wird im begleitenden Editorial (2) das – notwendigerweise – offene Design bezeichnet. Zudem seien die Dosie- rungen der Aminosäuren niedriger gewesen als in den Leitlinien emp- fohlen. Die Studienautoren weisen allerdings darauf hin, dass eine in der klinischen Praxis übliche Er- nährung angewandt wurde.

Dr. rer. nat. Susanne Heinzl

1. Casaer MP, Mesotten D, Hermans G, Wou- ters PJ et al.: Early versus late parenteral nutrition in critically ill patients. NEJM 2011; 365: 506–17.

2. Ziegler T: Nutrition support in critical ill- ness–—bridging the evidence gap. NEJM 2011; 365: 562–4.

INTENSIVPATIENTEN

Wann soll eine parenterale Ernährung beginnen?

Depressive Störungen erhöhen das Suizidrisiko, aber in den letzten Jahren wurden auch Antidepressiva verdächtigt, die Suizidneigung zu fördern. Nun haben US-amerikani- sche Psychiater die Langzeitresul - tate der unter Praxisbedingungen durchgeführten Collaborative De- pression Study vorgelegt. 757 Pa- tienten mit depressiven Störungen wurden zwischen 1979 und 1982 in fünf US-Universitätskliniken wäh- rend einer Episode von Manie, De- pression oder schizoaffektiver Stö- rung eingeschlossen. Im Gegensatz zu Populationen in kontrollierten Studien konnten sie an weiteren (auch psychiatrischen) Komorbidi- täten leiden und entweder akute oder Erhaltungstherapie, Polyphar- mazie oder gar keine psychophar- makologische Behandlung erhalten.

In der Nachbeobachtungszeit bis zu 27 (median 20) Jahren wurden ins- gesamt 6 716 Episoden identifiziert, während derer die Patienten entwe- der Antidepressiva erhielten oder

nicht. Da es keine Randomisierung gab, verwendeten die Statistiker ein Propensity-Score-Modell, um den Einfluss von Variablen kontrollie- ren zu können. Dabei zeigte sich, dass Antidepressiva zwar signifi- kant häufiger eingesetzt wurden, wenn die Symptome gravierender waren (Odds Ratio 1,16, 95-%-KI 1,12–1,21; p < 0,002) oder sich ver- schlechterten (OR 1,69, 95-%-KI 1,50–1,89; p < 0,001). Dennoch war während der Einnahme der Medika- mente das Risiko für versuchte oder vollendete Suizide um 20 % redu- ziert (Hazard Ratio 0,80, 95-%-KI 0,68–0,95; p = 0,011).

Fazit: Obwohl die Antidepressiva- Einnahme mit der Schwere der af- fektiven Symptomatik zunahm, war suizidales Verhalten unter dieser Behandlung seltener. „Eine interes- sante Studie mit einem wichtigen Ergebnis“, so Prof. Dr. Hans Förstl, München. Allerdings seien die Zusammenhänge kompliziert: Häu- DEPRESSION UND SUIZIDALITÄT

Verringern Antidepressiva das Risiko für Selbsttötung?

GRAFIK

Aufenthalt auf der Intensivstation von Schwerkranken bei Beginn der parenteralen Ernährung nach zwei oder acht Tagen

Von Intensivstation entlassen

Zeit (Tage nach Randomisierung) Patienten unter Risiko

Später Beginn Früher Beginn

Später Beginn

Früher Beginn

modifiziert nach: NEJM 2011; 365: 506–17

M E D I Z I N R E P O R T

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A 2284 Deutsches Ärzteblatt

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28. Oktober 2011 figere und schwerere depressive

Episoden führten zu häufigerer, län- gerer und höher dosierter Antide- pressiva-Einnahme; es wäre daher schwierig gewesen, eine eindeutig erhöhte Suizidalität statistisch dem ein oder anderen zuzuweisen. Auf deutsche Verhältnisse seien die Er- gebnisse mit Vorsicht zu übertra- gen: Während die latente Gewaltbe- reitschaft und Verfügbarkeit von Handfeuerwaffen in den USA eher Suizide durch Erschießen erwarten lasse, seien bei uns Medikamente die Gefahr. „In kaum einem ande- ren Land (außer in der Dritten und

Vierten Welt) werden so viele veral- tete und gefährliche Antidepressiva verschrieben wie bei uns, mit denen man sich leicht vom Leben zum To- de befördern kann!“ In der Praxis immer zu beachten sei, dass zu Be- ginn einer Antidepressiva-Behand- lung der Antrieb schneller ansteigen könne als die Stimmung. Vorsicht, Aufklärung und Aufmerksamkeit seien darum dringend geboten.

Josef Gulden

Leon AC, et al.: Antidepressants and risk of suicide and suicide attempts: A 27-year ob- servational study. J Clin Psychiatry 2011; 72:

580–6.

Seit längerem wird für die Erhal- tungs-Immunsuppression nach Nie- rentransplantation nach Alternati- ven zu Calcineurininhibitoren (CNI) gesucht: CNI sind für ihre Nephrotoxizität bekannt. Ziel der Zeus-Studie war zu prüfen, ob sich von einer initial CNI-basierten Be- handlung auf eine CNI-freie um- stellen lässt, bei vergleichbarer Ef- fektivität und Sicherheit, aber bes- serer Organerhaltung (1). Die Stu- die war prospektiv, randomisiert und open-label (von Novartis finan- ziert). 300 in Deutschland und der Schweiz untersuchte Patienten er- füllten die Einschlusskriterien und wurden 4,5 Monate nach Trans- plantation und initialer Standard- therapie in zwei Studienarme (1 : 1) randomisiert: Im Standardarm wur- de eine Kombination von Cyclo- sporin, Mycophenolatmofetil und Steroiden beibehalten, in der Prüf- gruppe Cyclosporin stufenweise in maximal 4 Wochen durch Everoli- mus ersetzt. Die Empfänger waren im Durchschnitt 47 Jahre alt, die Spender ebenfalls. Für > 80 % der Empfänger war es die erste Trans- plantation, 26 vs. 27 % (CNI/Ever- olimus) hatten Lebendspender.

12 Monate nach Randomisierung gab es keinen Transplantatverlust.

Die mit der Nankivell-Formel ge- schätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) betrug 61,9 ml/min/1,73 m2

unter Cyclosporin und 71,8 ml/

min/1,73 m2 in der Everolimus- Gruppe, eine Differenz von 9,9 ml/

min/1,73 m2, die hochsignifikant war (p < 0,0001). Unter Cyclospo- rin hatten im Zeitraum bis 12 Mo- nate nach Transplantation 3 % in der Cyclosporin- und 10 % unter Everolimus eine akute, biopsiege - sicherte Abstoßung (p = 0,036).

Daten für die Zeit danach stellte Prof. Dr. med. Martin Zeier, Hei- delberg, bei der Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesell- schaft in Regensburg vor. Nach 24 Monaten bestand noch immer ein Unterschied bei der eGFR zuguns- ten von Everolimus von 7,8, und nach 36 Monaten von 7,6 ml/

min/1,73 m2. Die Rate der akuten Abstoßungen hatte sich nach 3 Jah- ren in der CNI-Gruppe auf 5,5 und im Everolimus-Arm auf 14,3 % er-

höht (p = 0,0122). In beiden Grup- pen waren jeweils 2 Transplantate verloren gegangen, in der Cyclo- sporingruppe 3 Patienten gestorben, im Everolimus-Arm ein Patient.

Von 275 Teilnehmern ohne Diabe- tes in der Anamnese hatten 22 ein Jahr später diese Erkrankung, ohne signifikante Differenz zwischen den Gruppen. In Sicherheit und Verträglichkeit waren beide Sub- stanzen vergleichbar; bei Everoli- mus traten häufiger Thrombozyto- penie (3,4 vs. 11,9 %) und Hypertri- glyceridämien (3,4 vs. 6,5 %) auf.

Fazit: Eine schrittweise Umstellung von Cyclosporin auf Everolimus beginnend 4,5 Monate nach Nieren- transplantation, ist vergleichbar si- cher und effektiv wie ein CNI-ba- siertes Regime, aber weniger neph- rotoxisch. „Wird eine Umstellung wegen abnehmender Nierenfunkti- on erwogen, sollte dies nicht erst bei fortgeschrittener Niereninsuffi- zienz erfolgen. In einem die Publi- kation begleitenden Editorial (2) wird darauf hingewiesen, dass die Studiengruppe vergleichsweise ge- ringe Komorbiditäten und Risiken aufwies und damit nicht jenen Teil der Patienten repräsentiere, der künftig immer größer werden wird:

die älteren, adipösen Patienten mit Diabetes mellitus und erhöhten Herz-Kreislauf-Risiken.

Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze 1. Budde K, Becker Th, Arns W, Sommerer C,

Reinke Pr, et al.: Everolimus-based, calci- neurin-inhibitor-free regimen in recipients of de-novo kidney transplants: an open-label , randomised, controlled trial.

Lancet 2011; 377: 837–47.

2. Flechner SM: Immunosuppression without calcineurin inhibition: by Zeus. Lancet 2011; 377: 788–9.

ABSTOSSUNGSPROPHYLAXE NACH TRANSPLANTATION

Bessere Nierenfunktion durch Therapie mit Everolimus

GRAFIK

Durchschnittliche glomeruläre Filtrationsrate (GFR nach Nankivell) bei Nieren - empfängern mit Cyclosporin oder Everolimus als Teil der Abstoßungsprophylaxe

GFR (in ml/min/1,73 m2)

Monate nach Transplantation

Everolimus Cyclosporin

modifiziert nach: Lancet 2011; 377: 837–47

M E D I Z I N R E P O R T

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