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Archiv "Gesundheitspolitisches Forum" (27.11.1998)

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as Vorschaltgesetz ist nach Ansicht von Bundesge- sundheitsministerin Fischer nötig, um

> die große Gesundheitsreform im nächsten Jahr in Ruhe angehen zu können und

> das Versprechen, gewisse Be- lastungen der Patienten und Versi- cherten zurückzuführen, einzulösen.

Sie halte es für ein Gebot der politischen Redlichkeit, das, was dem Wähler versprochen worden sei, nunmehr auch zu erfüllen, erklärte Frau Fi- scher beim gesundheitspoli- tischen Forum des Deut- schen Ärzteblattes und der Pharmazeutischen Zeitung.

Die Rückführung von Zu- zahlungen soll gegenfinan- ziert werden durch die Ein- beziehung der geringfügigen Beschäftigungen in die Sozi- alversicherungspflicht, nicht über die Budgetierungen, wie Fischer betonte. Hier hegten allerdings die Vertre- ter der Ärzte wie der Apo- theker ihre Zweifel. Und die konnten letztlich in der Dis- kussion nicht völlig ausgeräumt werden.

Sowohl Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe wie Dr. Winfried Schorre wa- ren der Meinung, das Vorschaltgesetz enthalte „mehr, als notwendig wäre, um das angestrebte Ziel zu errei- chen“ (Schorre). Es enthalte zudem Festlegungen, die die angestrebte

Strukturreform vorprägten (Hoppe).

Hermann Stefan Keller wies schließ- lich darauf hin, daß Rationalisie- rungseffekte zumindest im Arznei- mittelsektor „restlos aufgebraucht sind“ und die Budgetierung deshalb zu Rationierung führen müsse.

An der Budgetierung im Vor- schaltgesetz führt jedoch kein Weg vorbei – auch das ist eine Erkennt- nis aus dieser Diskussionsveranstal- tung. Modifikationen dürften in be-

schränktem Umfang freilich möglich sein. So könnten die Regelleistungs- volumina für die kassenärztliche Ver- gütung doch noch erhalten bleiben, allerdings im Rahmen der Budgets.

Insgesamt finden sich die Ver- treter der Heilberufe mit dem Vor- schaltgesetz ab, in der Hoffnung, bei der anstehenden Strukturreform ih-

re Argumente und ihre innerärztlich hoffentlich zuvor abgeklärten Vor- schläge einbringen zu können.

Es gibt auch positive Elemente im Vorschaltgesetz, darauf wies Hoppe hin, etwa die Förderung der allgemeinmedizinischen Weiterbil- dung mit (maximal) 216 Millionen DM. Auf einen weiteren positiven Zug machte Frau Fischer selbst auf- merksam: eine „Amnestie“ für die zurückliegenden Überschreitungen des Arzneimittelbudgets durch die Kassenärzte (auf diesen wenig bemerkten Aspekt hat das DÄ im letzten Heft gleichfalls hingewiesen).

Frau Fischer will das als „po- litische Botschaft“ verstan- den wissen, die Leistungser- bringer seien nämlich „nicht unsere Feinde“, man habe die Nöte der Kassenärzte in Sachen „rückwirkender Re- gresse“ durchaus erkannt.

Hier wird im übrigen der eigentliche Kern dieser Dis- kussion mit der neuen Mini- sterin deutlich erkennbar:

Frau Fischer sucht die Ko- operation, sie strebt sichtlich den offenen und fairen Dialog mit den Beteiligten im Gesundheitswe- sen, insbesondere auch mit den Lei- stungserbringern an. Es soll ein Dia- log ohne Vorbehalte sein. Sie habe keinerlei Verpflichtungen gegen- über einzelnen Gruppen des Ge- sundheitswesens, und sie habe „kei- ne Feindbilder in der Gesundheits- A-3035

P O L I T I K LEITARTIKEL

Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 48, 27. November 1998 (15)

Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer

„Ich habe keine Feindbilder in der Gesundheitspolitik“

Das Vorschaltgesetz sowie die geplante große Strukturreform waren Themen einer Diskussionsveranstaltung mit der neuen Bundesgesundheitsministerin. Ministerin

wie Vertreter der Heilberufe plädierten für einen offenen und fairen Dialog.

D

Gesundheitspolitisches Forum

Das Deutsche Ärzteblatt und die Pharmazeuti- sche Zeitung veranstalten seit nunmehr vier Jahren auf der Medica in Düsseldorf jeweils am Buß- und Bettag ihr gesundheitspolitisches Forum. In die- sem Jahr lautete das Generalthema „Gesundheits- politik nach der Bundestagswahl“. Mit der neuen Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer dis- kutierten Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe, Vizepräsident der Bundesärztekammer, Dr. med.

Winfried Schorre, Vorsitzender der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung, Hermann Stefan Keller, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes.

Die Moderation der Veranstaltung mit 250 Teil- nehmern lag bei Josef Maus, Deutsches Ärzteblatt, und Dr. Hartmut Morck, Pharmazeutische Zeitung.

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politik“, versicherte die Ministerin.

Deshalb, so warb sie, könne man mit ihr getrost auch im nächsten Jahr die große Gesundheitsreform wagen.

Von den Vertretern der Heilberu- fe auf dem Podium, vor allem den bei- den Ärztevertretern, wurde das Dia- logangebot vorbehaltlos angenom- men. Das heißt, einen Vorbehalt brachte Prof. Hoppe vor: Man dürfe in die Diskussion über die Gesund- heitsreform nicht mit der zwingenden Vorgabe „Globalbudget“ hineinge- hen. Hoppe formulierte diese Forde- rung als „Bitte an die Politik“.

In Sachen Gesundheitsreform machte Frau Fischer keine konkreten Zusagen, sie beschränkte sich auf eher allgemeine Hinweise. Einer davon verdient allerdings ausdrücklich her- vorgehoben zu werden: Auf betontes Nachfragen von Dr. Schorre bekräf- tigte die Gesundheitsministerin, daß das Vorschaltgesetz nur für ein Jahr, also für 1999, gelte. Sie habe die feste Absicht, während dieses Jahres den Prozeß der Gesundheitsreform (Fi- scher: „Die Reformwerkstatt“) in Gang zu setzen. Der Reformprozeß werde die Frage der Budgetierung

„sehr zentral diskutieren“, notfalls werde hier auch geändert. Frau Fi- scher forderte die Leistungserbringer auf, praktikable Gegenvorschläge vorzulegen. Sie ließ allerdings keinen Zweifel daran, daß auch für die neue Bundesregierung die Beitragssatzsta- bilität einen hohen Stellenwert hat.

Stabile Beitragssätze, das sei kein Fe- tisch, sondern ein wichtiger politi- scher Ansatz, nicht allein wegen des Arbeitsmarktes. Die Beitragshöhe werde in der Bevölkerung als sensi- bler Punkt angesehen; werde hier überzogen, dann könne „die Zustim- mung zu dem System kippen“.

Bei der Gesundheitsreform muß der Ministerin zufolge – und hier stimmten ihr die Ärzte grundsätzlich zu – ein Ausgleich zwischen den steigen- den Anforderungen an das Gesund- heitssystem und den begrenzten Finan- zierungsmöglichkeiten gefunden wer- den, wahrlich eine, so Fischer, Quadra- tur des Kreises. Ihr liegt offensichtlich daran, in einen solchen Ausgleich alle Gruppen gerecht einzubeziehen. Oder, um es umgekehrt zu formulieren:

„Nicht jede Gruppe darf darauf hoffen, ausschließlich der Gewinner sein zu können“ (Fischer). Norbert Jachertz

A-3036

P O L I T I K LEITARTIKEL/AKTUELL

(16) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 48, 27. November 1998

Gesundheitspolitisches Forum am 18. November in Düsseldorf, das Podium: Frau Fischer argumentiert.

Die Debatte um Rationierung von Gesundheitsleistungen muß auf eine objektive Grundlage gestellt werden. Das forderten Experten auf einem Symposium der „Internationa- len Gesellschaft für Gesundheitsöko- nomie e.V.“ in Mainz, dessen Be- richtsband soeben erschienen ist (bei Thieme, 19,80 DM).

Klarheit darüber, wann Ärzte im Einzelfall Leistungen vorenthalten, die eigentlich medizinisch notwendig gewesen wären, kann es nach über- einstimmender Auffassung der Teil- nehmer am Symposium nicht immer geben. Ihr Fazit: Den Ermessens- spielraum, wann ein Arzt Leistungen unterlassen darf, können nur objekti- vierte und allgemein akzeptierte Leit- linien bestimmen. „Wir müssen öf- fentlich darüber diskutieren, ob und

wenn ja auf welchem Niveau Ratio- nierung stattfinden soll“, forderte der Hauptgeschäftsführer der Bundes- ärztekammer, Professor Dr. Chri- stoph Fuchs. Die Ärzte sollten das Problem nicht allein auf ihren Schul- tern austragen müssen. Bislang über- wiegt indessen die Praxis, daß sich Ärzte im Einzelfall auf ihre persönli- che Erfahrung und medizinische In- tuition verlassen, wenn sie über eine notwendige und zweckmäßige Be- handlung entscheiden.

„Die von der Arbeitsgemein- schaft der Wissenschaftlichen Medizi- nischen Fachgesellschaften erarbeite- ten Leitlinien lesen mehr Juristen als Ärzte“, gab Professor Dr. Karl Wil- helm Lauterbach vom Institut für Ge- sundheitsökonomie und Gesellschaft in Köln zu bedenken. Allerdings sieht

Lauterbach in einer öffentlich geführ- ten Rationierungsdebatte die Gefahr, daß spektakuläre Einzelfälle die Dis- kussion bestimmen würden. „Solange noch keine empirischen Belege für die Effizienz von Behandlungsalternati- ven vorliegen, muß die wissenschaftli- che Evaluation Vorrang haben“, be- tonte er.

Als Vertreter der Krankenkassen zeigte Herbert Rebscher vom Ver- band der Angestellten-Krankenkas- sen Bereitschaft, gemeinsam mit den Ärzten wissenschaftliche Grundlagen zu erarbeiten. „Ich kann nur alle ein- laden, an Modellversuchen teilzuneh- men“, unterstrich er.

Bis konkrete Daten vorliegen, wird aber noch einige Zeit vergehen.

Damit der Ermessensspielraum für die Ärzte nicht zur Falle wird, riet der Mannheimer Rechtswissenschaftler Professor Dr. Jochen Taupitz dazu, Patienten sorgfältig darüber aufzu- klären, welche Alternativen bestehen und wer im Einzelfall für die Kosten aufkommen muß. Petra Spielberg

Rationierung im Gesundheitswesen

Ärzte nicht allein lassen

Foto: Johannes Aevermann, Köln

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