Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 106|
Heft 36|
4. September 2009 A 1735A
uf dem Titelbild des Kataloges ist das elfenbeinerne Skelett eines Hundes zu sehen, der einen Berg bunten Schmucks umklam- mert. Die 84,5 cm hohe Terrakotta- figur „Schatzbewacher“ von Caro- lein Smit steht für eine Ausstellung unter dem Titel „BIS ZULETZT“im Museum für Sepulkralkultur in Kassel.
Bis zuletzt hat sich der Wach- hund an seinen Schatz ge- klammert, den deshalb niemand rauben konnte. Vielleicht gar nicht rauben wollte, denn hätte ein Schatzräuber ihn nicht unter dem harmlosen Ske - lett am Ende hervor- ziehen können?
Der Wachhund steht für den Menschen, jedenfalls, wenn man der Interpretation des Samm- lers und Ausstellungsmachers, des Kölner Psychiaters und Psychothe-
Worten: BIS ZULETZT
– beopfern wir unsere Fetische – identifizieren wir uns/andere
mit Tieren
– suchen wir innere Wege – vertrauen wir auf die Macht
der Wandlung
– kämpfen wir mit unseren Ver- suchungen
– treiben Größenfantasien uns voran
– verdecken Masken unser Ge- sicht
– begleiten Kopffüßler unseren Lebensweg
BIS ZULETZT – die Liebe.
Eine wahrlich heterogene, eigen- willige Zusammenstellung. Wes- halb zum Beispiel Kopffüßler unse- ren Lebensweg begleiten, wird mancher erst wissen, wenn er sich mit Krafts Überlegungen vertraut gemacht hat. Der Sammler beschäf- tigt sich schon seit rund dreißig Jah- ren mit diesem künstlerischen Phä- nomen, das bei näherem Hinsehen gar nicht so selten, ja fast alltäglich ist. Kinder malen und zeichnen Kopffüßler in einer bestimmten Entwicklungsphase, und die zeitge- nössische Kunst ist reich an solchen Darstellungen; man denke etwa an Horst Antes oder Peter Gilles.
Der Besucher wird alsbald dazu verleitet, sich selbst ein Bild zu ma- chen, was den Menschen im Letz- ten bewegt und im stummen Ge- spräch mit den Objekten oder der Diskussion mit seiner Begleitung dann Kraft vielleicht widersprechen oder beipflichten. Und das macht ja schließlich eine gute Ausstellung aus: die Auseinandersetzung.
Kraft, der in diesen Tagen 60 wird, ist nicht nur Sammler, sondern auch der beste Deuter seiner Samm- lung. So interpretiert er regelmäßig ausgewählte Stücke im Deutschen Ärzteblatt. Viele Themen der Kas- seler Ausstellung kehren in Einzel- darstellungen wieder: so in „Die Kopffüßler“ (Stuttgart 1982), „Grö- ßenphantasien und Kreativität“
(Köln 1999), „Die Versuchung des Hl. Antonius“ (Köln 2004) und ins- gesamt in seinem wohl am weites- ten verbreiteten Buch „Grenzgän- ger zwischen Kunst und Psychia- trie“ (Köln, zuletzt 2005). ■ Norbert Jachertz rapeuten Dr. med. Hartmut Kraft
folgt. Bis zuletzt glauben und klam- mern wir Menschen uns an Dinge, Gedanken und Fantasien, die uns mal Trost, mal Ansporn sind. Man denke an Heiligenfiguren und Feti- sche oder an die große Idee, die uns ein Leben lang nicht loslässt, aber auch an die Größenfantasien, die Diktatoren wie Sportler an- und manchmal ins Unheil treiben.
Kraft zeigt, wie sehr das
„bis zuletzt“ bekannte Künstler, gerade auch
der Gegenwart, wie auch unbekannte
fremder Kulturen beschäftigt. Und nicht zuletzt Kraft selbst, der die Ob- jekte, die in Kassel zu sehen sind, thematisch so ungewöhnlich zusammen- gestellt hat.
Hartmut Kraft macht neun sol- cher „Zwischenräume für Kunst, Kultur und Religion“ aus, in seinen LETZTE DINGE
Glauben und klammern
Der Psychiater Hartmut Kraft zeigt in einer Ausstellung neun über - raschende „Zwischenräume für Kunst, Kultur und Religion“ auf.
Die Ausstellung im Museum für Sepulkralkultur, läuft bis zum 11. Oktober, geöffnet Di.–So. 10 bis 17 Uhr, Mi. 10 bis 20 Uhr, öffentliche Führung mittwochs 18 Uhr.
Anschrift: Weinberg- straße 25–27, 34117 Kassel.
Tel.: 05 61/91 89 30.
Website: www.sepul kralmuseum.de
Foto: Winnifred Limburg, Eberhard Hahne