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rstmals seit der Islami- schen Revolution im Jahr 1979 befinden sich 180 kostbare Leihgaben aus dem Iranischen Nationalmuseum und dem Reza Abbasi-Mu- seum in Teheran auf einer in- ternationalen Ausstellungs- tournee. Zunächst in Wien mit großem Erfolg präsen- tiert, sind sie derzeit in Bonn in der Kunst- und Ausstel- lungshalle der Bundesrepu- blik Deutschland zu be- wundern. Die hochkarätigen Zeitzeugen aus sieben Jahr- tausenden gewähren einen eindrucksvollen Einblick in die wichtigsten Entwicklungs- phasen der vorislamischen Kultur Irans. In Anbetracht des gewaltigen Zeitrahmens, der immensen geographi- schen Regionen mit ihren verschiedenen Völkern, der vielfältigen Epochen und der Auswahlmöglichkeit aus mehrals 300 000 Ausgra- bungsschätzen, die das Nationalmuseum in Teheran beher- bergt, war dieses Projekt eine große Herausforderung für die Organisatoren.
Die Ausstellung er- hebt nicht den An- spruch einer umfassen- den Darstellung der Kul- turgeschichte Irans; sie will vielmehr das Interesse und die Begeisterung für das anti- ke Persien wecken, auf des- sen Boden die griechisch-rö- mische Tradition entstanden ist.
Es sei vorweggesagt: Sich in 7000 Jahren persischer Kulturgeschichte, denen sich die Ausstellung widmet, zu- rechtzufinden, dürfte den meisten Besuchern nicht leicht fallen. Hilfe bietet hier- bei das im Museum unent- geltlich erhältliche Zeitkar- ten-Leporello, eine achtseiti- ge, farbig illustrierte Publika- tion des Pädagogischen Dien- stes, das zeitvergleichend an- gibt, was an anderen Orten der Welt geschah.
Der gewaltige kulturhisto- rische Rahmen der Ausstel- lung beginnt mit der Prähisto- rischen Zeit (6500–800 v.
Chr.). Zwei Tonfigurinen aus dem siebten und sechsten vorchristlichen Jahrtausend markieren die „neo- lithische Revolu- tion“, in deren Verlauf stein- zeitliche Jäger und Sammler sesshaft wurden und Ackerbau und Viehzucht betrie- ben. Die sich anschließende
Bronze- und Ei- senzeit sind durch Bron-
zen, Edelmetall- und El- fenbeinfunde repräsentiert.
558– 330 v. Chr. war die Zeit der achaimenidischen Groß- könige. Der wohl bekannte- ste, Kyros der Große, erober- te ganz Iran, Afghanistan, große Teile Zentralasiens, Anatoliens und Babyloniens.
Er schuf damit die Funda- mente für das erste Weltreich der Geschichte. Die Nachfol- ger Kambyses, Darius der Große und Xerxes konnten die Grenzen sogar zeitweise bis Nubien, Thrakien, bis zur Ägäis und nach Nordwestin- dien ausdehnen. Ein ausge- dehntes Wegenetz diente der Erschließung des Landes.
Eigenständige Provinzen und eine straffe Verwaltung ermöglichten die Regierbar- keit eines Vielvölkerstaates.
Hierzu gehörte auch eine große religiöse und kulturelle Toleranz. Die Hauptstädte Persepolis, Susa und Pasar-
gadae stehen für „sagenhafte“
Reichtümer. Aus dieser Epo- che stammen prunkvolle Ge- fäße, die das Können der da- maligen Gold- und Silber- schmiede beweisen. Sie zählen mit zu den Höhepunkten der Ausstellung. Die Truppen Alexanders des Großen setz- ten der Achaimeniden- herrschaft 331 v. Chr. ein Ende. Seit dieser Zeit stand das künstlerische Schaffen auch der nachfolgenden Peri- oden der Seleukiden (305 –125 v. Chr.) und der Parther (247 v.
Chr.–224 n. Chr.) un- ter zunehmendem grie- chischem Einfluss, wäh- rend unter den Sasaniden (224–651 n. Chr.) achai- menidische Traditionen eine Renaissance erlebten. Eine Auswahl typischer Artefakte, darunter Skulpturen, Glas und Keramik, vertreten diese vielfältigen kunstgeschichtli- chen Perioden. Kleinodien der Silberschmiedekunst stam- men aus der Zeit der Sasa- niden. Die letzte Objektgrup- pe der Ausstellung, darunter kostbare Silber-, Glas- und Keramikobjekte, steht für die Frühislamische Zeit ab 651 n.
Chr. Sie lässt sasanidische Tra- ditionen erkennen, zeigt aber auch bereits neue Elemente der Form und des Dekors, die zu einer eigenständigen Bil- dersprache führten.
Zwanzig großformatige Luftfotografien von Georg Gerster, einem der anerkann- testen Flugbildfotografen, sind exklusiv in die Bonner Ausstellung integriert. Sie nehmen Bezug auf die ar- chäologischen Fundstellen der ausgestellten Objekte.
Ausstellungsbesucher sollten sich unbedingt den die Aus- stellung begleitenden sehens- werten Film mit seinen vielen erklärenden Hinweisen an- schauen.
Dr. med. Stephanie Krannich V A R I A
7000 Jahre persische Kunst
Hochkarätige Zeitzeugen
Meisterwerke aus dem Iranischen Nationalmuseum in Teheran werden zurzeit in Bonn präsentiert.
Die Ausstellung „7000 Jahre persische Kunst“ ist noch bis zum 6. Januar 2002 in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn zu sehen. Öffnungszeiten: dienstags und mittwochs von 10 bis 21 Uhr, donners- tags bis sonntags von 10 bis 19 Uhr, montags geschlossen. Heiligabend und Silvester geschlossen. Weitere Informationen: Telefon: 02 28/91 71-2 00, Internet: www.bundeskunsthalle.de
Feuilleton
Löwenrhyton, Ekbatana (Hama- dan, westlicher Zentraliran), 500–
450 v. Chr., Gold
Schale mit Musikantinnen, Mazandaran (Nord-Iran), 8. Jh. n.
Chr., Silber, Nielloeinlagen
Fotos: Kunst- und Ausstellungshalle der Bundes- republik Deutschland
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A2898 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 44½½½½2. November 2001