Zwei blaue, runde, große Augen mit schwarzen Pupil- len schauen nach links. Der rote Mund läuft von rechts nach links spitz zu. Die Ohren sind zwei schwarze Noten- schlüssel. Die Gesichtskontu- ren auf dem beigefarbenen Papier bestehen aus zwei bis drei dicken Pinselstrichen mit hellblauer Wasserfarbe. Die Linie am Hals ist mit schwar- zer Farbe verstärkt. „Leonti- ne“ heißt das Aquarell von Paul Klee, das in der Ausstel- lung „Die Zeit der Reife“ in Mannheim hängt.
Auf das Wesentliche hat sich Klee bei dieser Zeich- nung konzentriert, und doch wirkt sie lebendig. „Wieviel Glück in ein paar Linien liegen kann“, schreibt er in einem Brief aus der Entstehungszeit.
Paul Klee ist mit sei- nen phantasievollen Ge- stalten und Formen be- kannt geworden. Bevor er 1914 auf seiner Tunis- reise die Farbe entdeck- te und anfing zu malen, arbeitete er als Zeichner.
Viele Elemente, wie Buchstaben, Zeichen und Symbole, sind in sei- nen Bildern vorhanden.
Walter Gropius rief Klee 1921 als Meister ans Bauhaus nach Wei- mar. Dort arbeitete er mit Itten und Kandinsky zu- sammen. In seinem theoreti- schen Unterricht lehrte er seine „Bildnerische Formen- lehre“. Nach zehn Jahren verließ er das Bauhaus, weil er sich „in erster Linie als produzierender Künstler“
verstand, und ging als Leh- rer an die Düsseldorfer Aka- demie. 1933 wurde er von den Nationalsozialisten als
„entarteter“ Künstler frist- los entlassen und emigrierte nach Bern.
In dieser schwierigen Si- tuation entstanden nur weni- ge Werke. Eine große Retro- spektive 1935 in Bern änderte
nichts an seiner Lage. Es ver- schlimmerte sich noch, als Klee im selben Jahr an pro- gressiver Sklerodermie er- krankte. Er hörte auf zu ma- len. Im darauffolgenden Jahr entstanden nur 25 Bilder.
1939, ein Jahr vor seinem Tod, steigerte er sich dann doch noch auf mehr als 1 200 Werke.
140 Gemälde
Aus dem Besitz der Fami- lie Klee stammen 140 Öl- gemälde, Aquarelle und Zeichnungen aus den 20er und 30er Jahren in der Aus- stellung. Im Anschluß wird
die gesamte Sammlung in Bern öffentlich zugängig ge- macht und wahrscheinlich da- nach nicht mehr außerhalb zu sehen sein.
Die Ausstellung ist bis zum 16. Juni 1996 in der Städ- tischen Kunsthalle Mann- heim, Moltkestraße 9, 68165 Mannheim, zu sehen. Der Katalog kostet 42 DM in der Ausstellung.
Lobenswert ist der dazu erschienene farbige Ausstel- lungsführer für Kinder aus dem Prestel-Verlag, der für 19,80 DM an der Museums- kasse erhältlich ist.
Christiane Paul A-1488 (70) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 22, 31. Mai 1996
V A R I A FEUILLETON
Paul-Klee-Ausstellung
Die letzte Reise
Figur im Garten, 1937, Pastell auf Lein- wand, 50 x 42,5 cm Abbildung: Prospekt