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ine geradezu sensationel- le Ausstellung des Wer- kes des deutschen Malers Paul Klee (18. Dezember 1879 bis 29. Juni 1940) ist noch bis zum 7. Juni in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Rheinischen Landesmuseum Bonn (Landschaftsverband Rheinland) zu sehen: rund 130 Gemälde, Gouachen, Aquarelle und Zeichnungen aus fast allen Schaffensperi- oden des Künstlers, der rasch zur Weltgeltung gelangte. Das Besondere an der Bonner Ausstellung: Erstmals werdenan ausgewählten Exponaten die Beziehungen und Verbin- dungen Klees zum Rheinland exemplarisch aufgezeigt. Vie- le der Werke wurden erst in den letzten Jahren und durch seismographischen Spürsinn von wissenschaftlichen Bear- beitern wieder entdeckt und aus Privatbesitz oder großen Museen aus Übersee und dem europäischen Ausland für die Klee-Sammlung zu- sammengetragen.
Einige der Werke in der rheinischen Schaffensphase Klees von 1931 bis 1933 sind bis heute weder wissenschaft- lich aufgearbeitet worden noch jemals Thema einer Klee- Ausstellung oder einer Buch- veröffentlichung gewesen.
So wurden in Zusammen- arbeit mit der Paul-Klee-Stif- tung und der Familien-Nach- lass-Sammlung und Stiftung in Bern sowie mit Unter- stützung des Guggenheim- Museums New York der ART-Institute of Chicago, des Museum of Modern Art New York Leihgaben aus pri- vaten britischen, amerikani- schen, schweizerischen und japanischen Sammlungen in die Kunsthalle gebracht: eine
außergewöhnliche, gut orga- nisierte, übersichtliche Prä- sentation der Werke ist das Ergebnis.
Ein Teil der Arbeiten stammt aus Sammlungen, die sich vor Klees Übersiedlung von Des- sau nach Düsseldorf (1931) in rheinischem Privatbesitz befanden. Darunter sind Wer- ke unterschiedlicher Stilrich- tungen – eigenwillig, abstrakt bis hin zum Kubismus, so beispielsweise die ganz in Braunton gehaltene kubisti- sche Erfassung von Häuser- arealen und Stadtzentren sowie antigeometrische in- nenarchitekonische Impres-
sionen und Konstruktionen.
Ein Werk im Bauhausstil lässt Klee als Schöpfer nur erahnen.
Zwar besuchte Klee im November 1916 während sei- nes Militärdienstes in der Verwendung als Transport- führer erstmals das Rhein- land. Werke aus dieser Epo- che gibt es jedoch nicht.
Eine geradezu explosionsar- tige Vielfalt des Schaffens repräsentieren seine akri- bisch und minutiös ausgear- beiteten Malereien der Jahre 1931 bis 1933, als er an die Staatliche Kunstakademie auf Betreiben des damaligen Di-
rektors Dr. Walter Kaesbach als Professor für die Klasse Maltechnik berufen wurde und vom Bauhaus in Dessau an den Rhein übersiedelte.
Die Grundlage für Klees Kontakt zum Rheinland war vor allem seine Freundschaft zu August Macke, den er im September 1911 bei Louis René Moilliet in Gunten am Thuner See in der Schweiz kennen gelernt hatte. Mit Macke und Moilliet unter- nahm er im April 1914 die berühmt gewordene Reise nach Tunis, die für Klee den Durchbruch als unkonventio- nellen und stilprägenden Ma- ler brachte.
Macke hatte dann maßgeb- lichen Einfluss auf die Kon- zeption der internationalen Sonderbundausstellung im Sommer 1912. Dabei wurden auch zum ersten Mal Arbei- ten von Klee (vier Zeichnun- gen) im Rheinland vorgestellt.
Förderer und Sammler Große Verdienste bei der För- derung und Anerkennung des Werkes von Klee im Rhein- land hat sich der Düsseldorfer Kunstverein für Rheinland und Westfalen in Zusammen- arbeit mit der Galerie Alfred Flechtheim erworben.
Die künstlerische Präsenz Klees in rheinischen Samm- lungen und Ausstellungen ist auch dem Düsseldorfer Arzt von Paul Klee, Dr. med. Hans Koch, zu verdanken, der 1919 den Kunstsalon von Bergh be- gründete.Als weitere wichtige
rheinische Sammler der da- mals zeitgenössischen aktuel- len Kunst, die bei Klee 1933 darin gipfelte, dass sie als ent- artet diffamiert wurde, sind zu nennen: Dr. jur. Josef Hau- brich, Dr. Heinrich Stinnes, Alfred L. Tietz (der Kaufhof- Gründer) und der Unterneh- mer Werner Vowinckel aus Köln, Hermann Lange und Dr. Ernst Raemisch in Kre- feld, Johannes Geller in Neuss und Rudolf Ibach in Wupper- tal. Diese Kunstliebhaber und Mäzene sind denn auch mit- entscheidend für die Förde- rung und die Sammlung der Werke Klees. Sie beflügelten offenbar seinen unermüdli- chen Schaffensdrang Anfang der Dreißigerjahre. In einem Jahr schuf Klee fast 900 Wer- ke, die er stets durchnumme- rierte. Auch darüber gibt die Bonner Ausstellung beredtes Zeugnis. Das Œuvre von Paul Klee ist ebenso originell wie vielgestaltig und facetten- reich. Berühmt und ein Mar- kenzeichen Paul Klees ist der von ihm mitkreierte Stil des Pointillismus beziehungswei- se des Divisionismus. Einzel- ne großformatige Werke wie
„Athletenkopf“, 1930.11 – ein Aquarell und Bleistift auf Papier auf Karton, eine Leih- gabe des Metropolitan Mu- seum of Art, New York, oder
„Die Tänzerin“ – divisioni- stische Aquarelle und Ge- mälde – sind aus mehr als 3 000 Einzelelementen poin- tilliert worden. Harald Clade V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 182. Mai 2003 AA1211
Kunst- und Ausstellungshalle Bonn
Paul Klee im Rheinland
Feuilleton
Informationen: www.bundeskunsthalle.de Spielzeug 1931.167 (S 7), Aquarell auf Papier auf Karton, 44 x 63,5 cm
Tanz des trauernden Kindes 1922.11, Aquarell, Ölpause und Tinte auf Papier auf Karton, 29,2 x 27,3 cm Abb.:VG Bild-Kunst, Bonn 2003