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Archiv "Die Gesetze der Klassik vorgeformt" (10.12.1981)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

FEUILLETON

Die Gesetze der Klassik vorgeformt

Sonatinen für Cembalo

Tips für den Musikfreund: Carl Philipp Emanuel Bach

Als zweiter Sohn aus der Ehe Jo- hann Sebastian Bachs mit Maria Barbara, einer Cousine, wurde am achten März 1714 Carl Philipp Ema- nuel geboren.

Zentrale Musikerpersönlichkeit Als Komponist des Aufklärungszeit- alters, am Übergang von Barock zu Klassik, war er stark von politologi- schen Ideen durchdrungen. Als Mu- siktheoretiker ist er eine der zentra- len Musikerpersönlichkeiten seiner Epoche. Mit seinem „Versuch über die wahre Art, das Klavierspielen zu lernen" formulierte er die Ästhetik einer Generation „zwischen den Ge- nerationen". Er distanzierte sich von modischen Dingen, blieb zwar von seiner Zeit nicht unbeeinflußt, aber sie auch nicht von ihm. Wenn Schu- bart betont „alles Tändeln auf dem Klavicorde, alles Süßliche, geistent- nervende Wesen, alles barocke Ge- klingel der heutigen Tonmeister"

seien ihm, Carl Philipp Emanuel,

„ein Greuel gewesen", so belegt dies die großartige Selbständigkeit eines Mannes, der nachhaltig die Gesetze der Klassik vorzuformen verstand.

Musik als Sprache der Empfindung wurde gerade von diesem Bach- Sohn zu unerhört subtilen Aus- drucksfeldern geführt. Seine Bedeu- tung für die Musikgeschichte wurde erst von der Nachwelt richtig er- kannt und gedeutet.

Flötenkonzert in d-Moll

Seine Fähigkeit, sich als „singend- denkender Komponist" auszudrük- ken — nicht grundlos wurde er als

„Klopstock der Töne" bezeichnet — soll an ausgesuchten Werken leben- dig werden. Sein Flötenkonzert in d-

Moll liefert dazu den vielleicht gän- gigsten Beleg. Freilich trägt das ein- fühlsame Spiel von Eugenia Zuker- man in der Aufnahme mit dem Eng- lish Chamber Orchestra entschei- dend zu dem überzeugenden Ein- druck bei, besonders dann, wenn auf der gleichen Schallplatte noch Flötenkonzerte von Carl Stamitz und Antonio Vivaldi Einblick in zeitnahe und artgleiche Kompositionen er- möglichen. Dadurch gelingt dem Hörer eher das Erleben des phan- tasiebegabten Bachsohnes (CBS 76740).

Cellokonzert A-Dur

In der Mitte des 16. Jahrhunderts entstand das Violoncello. Ihm blieb lange Zeit nur die Funktion des Bas- so continuo. Auch als Antonio Stra- divari 1710 begann, selbst Cellos zu bauen, und dabei die heute gültige Mensur festlegte, änderte sich an der Praxis noch kaum etwas. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als das Interesse an Solokonzerten immer größer wurde, stieg das Inter- esse am Cello.

Michel Corette erwähnt in seiner theoretischen Schrift 1741 erstmals den „Daumenaufsatz", durch den die spielerischen Möglichkeiten er- heblich erweitert und die scheinbare Ungelenkigkeit des Instrumentes ab- gebaut wurde. Diese Technik wird auch in dem A-Dur Cellokonzert von Carl Philipp Emanuel Bach verlangt, das einen weiteren Beweis seiner scheinbar unbegrenzten Virtuosität liefert. Auch bei dieser Einspielung, die dem Cellisten Lynn Harrell mit dem English Chamber Orchestra vorzüglich gelingt, finden sich Kon- trastkompositionen von Vivaldi und Fran9ois Couperin und nennen da- mit zwei weitere, an der Einführung des Violoncellos maßgeblich betei- ligte Meister (EMI 06503930).

Der tiefgreifende Bezug Bachs zum Cembalo wird lebendig mit einer in der Serie „unbekannte Kostbarkei- ten" herausgegebenen Sonatinen- zusammenstellung für das auch heute noch so beliebte Instrument, das vom Kölner Kommerorchester unter Helmut Müller-Brühl begleitet wird. Roswitha Trimborn, Günther Fetz und Rudolf Schneidegger ver- sehen die Soliparts mit der überzeu- genden Brillanz, die den Komponi- sten kaum trefflicher charakterisie- ren könnte (Schwann VMS 1401).

Bachs Sinfonien

Um den Einblick in Bachs symphoni- sches Schaffen abzurunden, sollen schließlich noch seine sechs Sinfo- nien erwähnt werden. Als relativ kur- ze Werke mit Miniaturcharakter — ei- ner von Bach bevorzugten Komposi- tionstechnik, die den Hinweis auf seine hohe Tonempfindung nahe- legt — stammen sie aus dem Jahr 1773, als Auftragsarbeit des bemer- kenswerten Kunstkenners Gottfried von Swieten. Baoh drückte seine Verehrung für den Baron in der Wid- mung seiner späteren „Claviersona- ten für Kenner und Liebhaber" als Dank für die tatkräftige Förderung aus. Diese Werke können als typisch für die musikgeschichtliche Stellung Bachs bezeichnet werden, der ge- nau den Wendepunkt zweier Epo- chen erfaßt (DGA 2533449).

Mit dieser Werkauswahl sind keines- wegs alle Schwerpunkte Bachschen Schaffens dargestellt. Sie gibt viel- mehr punktuellen Einblick in die vielschichtigen Fähigkeiten eines Komponisten, der von sich aus die Musikgeschichte mitbestimmt hat.

Und der sozusagen „zusätzlich"

noch „einer der Bachsöhne" war.

Sich mit ihm vertraut zu machen kann für den Musikfreund ein loh- nendes Ziel sein.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Gerhard Homann Landsberger Straße 425/315 8000 München 60

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 50 vom 10. Dezember 1981

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