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Archiv "Konventionelles oder alternatives Sitzen?: 2 Widersprüchliche Behauptungen" (15.07.1991)

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mekatalog entnommene Bild zeigt, ist die Benutzung der Rückenlehne beim Schreiben praktisch unmöglich;

die Kniegelenke tragen die Last. Die in Norwegen entwickelten Sitzmöbel entsprechen der deutschen Sitznorm nicht, obwohl man gut darauf sitzt."

Dieser von der Firma Stokke vertrie- bene Sitz mit dem Namen Oposit bietet tatsächlich die Möglichkeit, seine Knie auf zwei Kniestützen zeit- weise abzustützen. Die Abbildung stellt eine Momentaufnahme dar. Im nächsten Moment kann der in der vorderen Sitzposition sitzende Büro- angestellte auch ein Bein oder beide Beine abstellen und dann wie auf ei- nem Hocker sitzen, er kann auch, wenn er sich müde fühlt, seinen Hin- tern nach hinten schieben, sich nach rückwärts lehnen und sich zeitweise von der angebotenen Lenden-Kreuz- Stütze verwöhnen und entlasten las- sen. Damit das möglich ist, ist der Stuhl nicht starr gebaut, sondern kann auf den runden Kufen nach hinten pendeln.

Die Sitzwissenschaftler sind sich, so bin ich informiert, darin ei- nig, daß dynamisches Sitzen das Sit- zen der Zukunft sein wird, weil es

„gesund" ist. Ein Sitzgefühl, auf dem man seine Position dauernd wech- seln kann, ist doch das, was gesucht wird. Um so weniger verstehe ich die Argumentation von Prof. Berquet.

Flexibel sitzen setzt voraus, daß man auch flexibel denkt. Leute, die sich einen solchen Stuhl kaufen, haben sich sicherlich vor dem Stuhlkauf ei- niges zum Thema Sitzen überlegt.

Ich denke, daß der mit dem richtigen Sitzbewußtsein Ausgestattete nach der Sitzschule seinen Sitz richtig be- sitzt. Ich stimme Herrn Prof. Ber- quet aber darin zu, daß in Denk- und Verhaltensweise genormte Men- schen auf einem solchen Sitzgerät keinen Platz haben. Ideologisch fest- gefahrene Stuhlbesitzer werden das von der Schule her übernommene Sitzbewußtsein ins Büro mit über- nehmen und dort in vorderer, mittle- rer und hinterer Sitzhaltung einra- sten und rosten — leider zu Kosten der Beitragszahler der Krankenkas- sen. Meine persönliche Meinung:

Ein beweglicher Stuhl, zum Bei- spiel ein Balansstuhl, ist das erste Trainingsgerät, das sie für Ihre

„Turnhalle" Büro mit gutem Gewis- sen anschaffen können.

Dr. med. Bernd Reinhardt Arzt für Orthopädie Sportmedizin —

Badearzt — Chirotherapie Rosenheimer Straße 53 W-8202 Bad Aibling

Mehrere dänische Untersuchun- gen haben gezeigt, daß 55 bis 60 Pro- zent von 16jährigen Schülern an Rückenschmerzen leiden. Die Schü- ler meinen selbst, daß dieses von schlechten ISO-Norm-Schulmöbeln verursacht ist. Besonders die vorge- neigte Schreib- und Lesestellung ist ein Problem, weil die Schüler mehre- re Stunden jeden Tag gezwungen sind, mit total kyphotischem Rücken zu sitzen. Professor Berquet schrieb, daß auch eine gemäße Kyphose „auf die Dauer absolut schädigend ist"

(1985). Während der letzten 50 Jah- re ist die durchschnittliche Größe von Schülern fast 10 cm höher ge- worden. Im gleichen Zeitraum ist die Tischhöhe 10 bis 20 cm niedriger ge- worden. Die Kinder werden dadurch gezwungen, die Rücken viel mehr zu beugen, um die Augen in einen opti- malen Abstand (20 bis 40 cm) zu den Büchern zu bringen.

Die Höhe von deutschen Schul- möbeln ist in DIN-Normen festge- legt. In 1979 wurden die DIN-Nor- men auch als Internationale Normen

— ISO — akzeptiert. Professor Ber- quet ist verantwortlich für diese Nor- men und damit auch für die Gestal- tung der Schulmöbel und Arbeitstel- lungen der Schüler in einem großen Teil der Welt. Berquet hat selbst ei- ne Multimoment-Foto-Untersuchung mit Zwei-Minuten-Intervall von der Schreibstellung eines jungen Schü- lers auf genau angepaßten ISO- Schulmöbeln publiziert (1971, 1989).

Das Kind sitzt aber die ganze Zeit mit Totalkyphose, und die Beckensi- cherung hat natürlich überhaupt kei- nen Einfluß bei der Arbeit in vor- geneigter Haltung. Auch auf allen anderen Fotos von Schülern bei Schreib- und Lesearbeit, die Berquet

publiziert hat, sitzen alle mit Total- kyphosen. Trotz seiner Verantwort- lichkeit für die sehr niedrigen ISO- Normen behauptet er auch, daß die alte Rettig-Bank gerade ideal war.

„Mir persönlich wäre es am liebsten, wir hätten die Rettig-Bank wieder.

Dann hätten wir sehr viel weniger Probleme" (1989). Berquet schreibt auch: „Praktisch kehrt er (Mandal) damit zur Anpassung der alten Ret- tig-Bank zurück." (1991)! Die Ret- tig-Bank war aber um 20 cm höher als die ISO-Möbel. Er stellt auch fest: „Beim Schreiben sollte der Sitz nach vorne geneigt sein" (1991). Es gibt keine wissenschaftliche Grund- lage für die ISO-Normen, und alle seine Behauptungen sind durchaus widersprüchlich.

Alle Kinder wissen aber, daß man viel bequemer über dem Tisch arbeitet, wenn man auf den vorderen Beinen des Stuhls wippt. Mit unge- fähr 30° Neigung der Oberschenkel kann man mit der maximal mögli- chen Hüftgelenk-Flexion von 60° mit einem geraden Rücken schreiben und lesen. Deshalb haben wir seit 1967 Schul- und Bürostühlen mit nach vorn und zurück wippenden Sitzen in Dänemark verwendet. Be- sonders die Leute mit Rücken- schmerzen verstehen augenblicklich, daß es viel bequemer ist.

Um genügend Vorwärtsneigung der Oberschenkel zu erzielen, muß man viel höhere Möbel verwenden.

Deshalb haben wir in Dänemark und Schweden seit vielen Jahren unge- fähr 20 cm höhere Schulmöbel vor- gezogen. Der Sitz und die Tischplat- te sind um 10 bis 17 Grad gegenein- ander geneigt. Die Schüler sitzen au- tomatisch mit einer viel mehr auf- rechten Haltung, und bei 90 Prozent sind die Rückenschmerzen vermin- dert. Mit Reibungslack vermeidet man leicht ein Abrutschen. Die neueren Modelle sind ganz einfach und preiswert. Diese Möbel sind schon jetzt so erfolgreich geworden, daß viele Gemeinden in Dänemark und Schweden versuchen, möglichst schnell alle alten ISO-Schulmöbel gegen die neuen viel höheren Möbel auszutauschen. Die Vereinigung von Dänischen Schulärzten und Schwe- dischen Schullehrern fördern jetzt höhere Schulmöbel und haben beide

111 2 Widersprüchliche Behauptungen

A-2494 (62) Dt. Ärztebl. 88, Heft 28/29, 15. Juli 1991

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vor den Rückenschäden, die von ISO-Norm-Schulmöbeln verursacht werden, gewarnt (1991 und 1990).

Professor Berquet begründet nur die bekannten, schlechten Ar- beitstellungen in den deutschen Schulen mit schlechter Anpassung.

Trotz genauer Anpassung zeigen sei- ne eigenen Fotos von schreibenden Schülern doch immer Totalkypho- sen. Berquet kennt die Gebrauchs- anweisung für meine Möbel. Trotz- dem bringt er zwei Fotos mit ganz falsch angepaßten Schülern (1991).

Beim Schreiben muß man natürlich beide Füße am Boden halten, um ei- ne ausreichende Schrägstellung der Oberschenkel zu erzielen. In Abbil- dung 7 a sitzt der Junge, aufgestützt mit beiden Füßen auf einer ungefähr 15 cm hohen Fußstütze unter dem Stuhl. Die Abbildung 7 b zeigt einen sehr großen Jungen auf einem unge- fähr 15 cm zu niedrigen Stuhl und Tisch. Berquet hat leider vergessen zu erzählen, daß der Schüler an ei- nem thorakalen Scheuermann leidet.

Trotzdem sitzen die beiden viel mehr aufrecht, als die schreibenden Schü- ler Berquet gewöhnlich auf ISO-Mö- beln zeigt. Abbildung 9 zeigt eine gu- te, aufrechte Sitzhaltung auf vorge- neigtem Sitz (Hephaistos). Berquet bezeichnet auch diese als Totalky- phose!

Professor Berquet ist nicht im- stande, nur eine einzige Schulklasse mit guten Schreib-/Lesehaltungen in Deutschland vorzuweisen.

A. C. Mandal, M. D.

Oberarzt

Taarbaek Strandvej 49

DK-2930 Klampenborg, Dänemark

3 Richtigstellung

Der Artikel basiert auf: 0 feh- lerhafter Anwendung der BackUp- Möbel, 0 Mißachtung der Ge- brauchsanweisung, 0 und total feh- lender Kenntnis über die BackUp- Produkte.

Es stimmt nachdenklich, daß in dem Artikel ausschließlich ausländi- sche Schulmöbelhersteller kritisiert werden, die die Arbeitstellung von Schülern zu verbessern suchen. Es fällt schwer, Berquets wissenschaftli- che Motive für diesen Artikel zu er-

gründen, es ist ihm auf jeden Fall ge- lungen, Einkäufer und Beschlußträ- ger für Schulmöbel irrezuführen.

Des weiteren kann darauf ver- wiesen werden, daß Berquet zu kei- nem Zeitpunkt mit MH-Stälmobler in Kontakt getreten ist, weder, um ein Möbel zu erwerben, noch, um Broschüren- und Informationsmate- rial zugesandt zu bekommen.

1981 hat das dänische Schul- und Unterrichtsministerium eine Un- tersuchung von Schülern in 9. Klas- sen in die Wege geleitet, und es zeig- te sich, daß über 60 Prozent der Schüler über Schmerzen im Rücken, Schultern, Beinen und über Kopf- weh klagten.

MH-Stälmobler hat die letzten 40 Jahre damit verbracht, den Hauptanteil aller Schulmöbel in sämtlichen dänischen Schulen zu lie- fern. Trotz Lieferung von Tischen mit schrägstellbaren Platten seit 1972 hat dies allein zu keiner wesent- lichen Verbesserung der Sitzstellung im Unterricht geführt, weshalb auch konsequenterweise die BackUp- Schulmöbel-Serie entwickelt wurde, die endlich ganz entscheidende Ver- besserungen und eine ergonomische korrekte Sitzhaltung gebracht hat.

Dänische Schulärzte, Psycho- therapeuten und eine große Anzahl dänischer, deutscher und schwedi- scher Schulen, die in die BackUp-Se- rie investiert haben, haben sich in der Praxis davon überzeugen kön- nen, daß Back-Up-Möbel wirklich die Sitzhaltung der Schulkinder ver- bessern. Im Laufe der Zeit sind wir mit zahlreichen deutschen Schulen und öffentlichen Instanzen in Berüh- rung gekommen, und es ist unser Eindruck, daß viele Schulen, Schul- leiter, Schulämter und Gesundheits- ämter in ganz Deutschland große Anstrengungen unternehmen, um Haltungsschäden bei Schulkindern vorzubeugen.

Um eine objektive Grundlage zur Beurteilung der BackUp-Serie zu sichern, ist es notwendig, auf die gra- vierenden Fehler des obengenann- ten Artikels hinzuweisen.

Die Schrägstellung der Tisch- platte ist standardmäßig stufenlos re- gulierbar von 0 bis 16 Grad.

Berquet zeigt in Abbildung 6 a, welche Maße man verwenden soll,

um die richtigen BackUp-Möbelhö- hen zu finden. Es fehlen aber die Angaben dieser Meßpunkte und An- gaben über die Möbelhöhen für die Person auf den Abbildungen 7 a und 7 b. Der aufmerksame Leser kann selbst feststellen, daß die Möbelhöhe nicht zu der Person auf den Abbil- dungen paßt.

Es gibt keinen Zweifel darüber, daß Berquet über den korrekten Ge- brauch der Möbel informiert ist, da die Sitzinstruktion ein Teil des Ge- samtprospektes ist, aus dem die Ab- bildung 6 a stammt. Die Sitzinstruk- tionen für die beiden Sitzhaltungen auf den ergonomischen BackUp-Mö- beln sind wie folgt:

Das Kind sitzt in Arbeitsstellung auf der vorderen Hälfte der Sitzflä- che. Beide Füße müssen auf dem Fußboden aufgestützt sein — das ist wichtig. Die Rückenlehne ist nicht in Gebrauch. In Ruhestellung lehnt das Kind sich zurück gegen die schräge Rükkenlehne, die Füße sind auf der Fußstütze des Tisches oder des Stuh- les aufgestützt.

Wir sind gerne bereit, an einer Debatte über Schulmöbel und Mö- belkonstruktion teilzunehmen, wie man Haltungsschäden von Schulkin- dern vorbeugt — dies jedoch nur un- ter der Voraussetzung, daß die Dis- kussion seriös und sachlich geführt wird und daß damit eine objektive Grundlage erreicht wird, die Be- schlußträgern aus Schule, Gesund- heits- und Verwaltungsämtern in die Lage versetzt, sich ein eigenes kor- rektes Urteil über die wissenschaftli- chen und praktischen Hintergründe und Grundlagen zu bilden.

Grundsätzlich sind ja alle einig darüber, daß etwas getan werden muß, um Haltungsschäden vorzu- beugen.

Literatur beim Verfasser Peter H. Skjödt

MH Stälmobler A/S Lollandsvej 16

DK-5500 Middelfart, Dänemark

Schlußwort

Es ist bemerkenswert, daß man persönlich immer die zustimmenden Dt. Ärztebi. 88, Heft 28/29, 15. Juli 1991 (63) A-2495

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