K VB FORUM 10/2018
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Die Landtagswahl – Grundsätze des Wahlverfahrens und Zu- sammensetzung des Landtags Mit der Landtagswahl am 14. Okto- ber werden die politischen Weichen neu gestellt, denn die stimmbe- rechtigten Bürger [1] sind aufge- fordert, mit ihrer Erst- und Zweit- stimme über die Verteilung der mindestens 180 Sitze [2] des Bay- erischen Landtags zu entscheiden.
Mit der Erststimme wird ein Direkt- kandidat aus dem Stimmkreis, das heißt aus dem Landkreis oder der kreisfreien Gemeinde gewählt. Die Zweitstimme wird an Listenkandi- daten aus dem Wahlkreis, das heißt dem Regierungsbezirk vergeben.
Hieraus resultieren grundsätzlich 91 Direktkandidaten aus den Stimm- kreisen sowie 89 Listenkandidaten, die sich auf die sieben Wahlkreise (Regierungsbezirke) verteilen.
Die Verteilung der Sitze im Landtag auf die Parteien erfolgt in Bayern nach dem Hare-Niemeyer-Verfah- ren [3]. Hierbei werden für jeden Wahlkreis die Erst- und Zweitstim- men für die jeweilige Partei addiert.
Sofern eine Partei die seit 1974 geltende „Fünf-Prozent-Hürde“ [4]
genommen hat, erfolgt sodann eine verhältnismäßige Vergabe [5] der Sitze an die Parteien, wobei der Sitzanteil einer Partei grundsätzlich ihrem Stimmenanteil entspricht.
Damit steht fest, wie viele Sitze jede Partei insgesamt für sich be- anspruchen kann. Von dieser Ge- samtsitzzahl einer Partei werden zunächst die Sitze für die Direkt- kandidaten abgezogen, die verblei- benden Sitze werden an die Listen- kandidaten, nach Maßgabe der er- reichten Stimmenzahl, verteilt.
Laut Berufsstatistik des Bayeri- schen Landtags sind aktuell vier freiberufliche Mediziner als Abge- ordnete vertreten.[6] Prozentual betrachtet entspricht dies annä- hernd den Verhältnissen im Deut- schen Bundestag der 18. Wahl- periode.[7]
Die Zahl der Ärztinnen und Ärzte, die am 14. Oktober auf den Wahl- listen stehen, ist demgegenüber größer: Nach Angaben der Bayeri- schen Landesärztekammer kandi-
dieren bei der Landtagswahl ins- gesamt 44 Ärztinnen und Ärzte.[8]
Das Gesetzgebungsverfahren im Landtag
Mit Blick auf das Gesetzgebungs- verfahren im Bayerischen Landtag und die hiermit verbundene politi- sche Willensbildung sowie Entschei- dungsfindung ist insbesondere auf die Rolle des ständigen Ausschus- ses für Gesundheit und Pflege [9]
(Gesundheitsausschuss) des Bay- erischen Landtags hinzuweisen.
Nach der ersten Lesung in der Vollversammlung des Landtags werden Gesetzesinitiativen mit inhaltlichen Bezügen zum Gesund- heitswesen im – hierfür federfüh- renden – Gesundheitsausschuss beraten. Anschließend kann die Initiative noch von weiteren Aus- schüssen behandelt werden (so- genannte Mitberatung).
Der Gesundheitsausschuss besteht aktuell aus 18 Mitgliedern und ist entsprechend der Sitzverteilung im Parlament mit Abgeordneten der verschiedenen Parteien be-
„Je weniger die Leute davon wissen, wie Würste und Gesetze gemacht werden, desto besser schlafen sie“, so Otto von Bismarck. Diese Diagnose kann für die heutigen kundigen Bürger einer Informationsgesell-
schaft selbstverständlich keine Geltung mehr beanspruchen. Der folgende Artikel erläutert deshalb anlässlich der bevorstehenden bayerischen Landtags- wahl die Grundsätze des Wahlverfahrens sowie insbesondere den Einfluss des Landtags auf die Gesundheitsversorgung im Freistaat.
GESUNDHEITSPOLITIK:
WELCHE ROLLE SPIELT DER LANDTAG?
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RECHT INTERESSANT setzt.[10] Mithin entsprechen die
Mehrheitsverhältnisse im Aus- schuss denjenigen im Parlament.
Unter den derzeit 18 Mitgliedern sind als Berufsträger mit Bezug zum Gesundheitswesen eine Ärztin, ein Zahnmediziner sowie ein Ortho- päde vertreten.[11] Aufgabe des Gesundheitsausschusses ist es, die Verhandlungen der Vollver- sammlung des Landtags über die Gesetzesinitiative (zweite und auf Antrag dritte Lesung) inhaltlich vorzubereiten sowie über Eingaben und Beschwerden zu entscheiden.
Zu diesem Zweck werden die Aus- schüsse von der Staatsregierung und Sachverständigen beraten.
Ferner kann die Anwesenheit jedes Mitglieds der Staatsregierung in einer Ausschusssitzung verlangt werden.[12] Weiterer maßgebli- cher Berater des Landtags bei ge- sundheitlichen Themen ist der Landesgesundheitsrat, der sich aus 30 – auf dem Gebiet des Ge- sundheitswesens erfahrenen Per- sonen – zusammensetzt.[13]
Landesgesetzgebung im Bereich des Gesundheitswesens – Kompetenzen und maßgebliche Gesetze
Für den Bereich des Gesundheits- wesens besitzt der Bund keine ge- nerelle Zuständigkeit für die Gesetz- gebung, vielmehr ist diese auf spezifische Teilbereiche beschränkt (vergleiche Artikel 74 Absatz 1 Nummer 19 Grundgesetz). Insbe- sondere das Arztrecht liegt, mit Ausnahme des Bereichs der Zulas- sung zur vertragsärztlichen Ver- sorgung, in der Zuständigkeit der Länder. Demnach fallen alle Fragen der Berufsausübung nach der Approbation, wie beispielsweise die Weiterbildung, das Kammer- recht, Standesrecht oder konkreter auch Werbeverbote, unter die Kom- petenz des Landesgesetzgebers.[14]
Im Folgenden sollen zwei der maß- geblichen bayerischen Landes-
gesetze aus diesem Bereich kurz dargestellt werden.
Bayerisches Heilberufe-Kammer- gesetz
Das Bayerische Heilberufe-Kammer- gesetz (HKaG) regelt die Berufs- ausübung, Berufsvertretung und die Berufsgerichtsbarkeit für die bayerischen Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker sowie Psycho- logischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsycho- therapeuten. Es enthält maßgebli- che Vorgaben für die Berufsaus- übung, die Weiterbildung sowie die Berufsaufsicht. Exemplarisch sei- en die Verpflichtungen des Arztes zur Teilnahme am Notdienst sowie zum Abschluss einer Berufshaft- pflichtversicherung genannt.[15]
In Artikel 1 HKaG wird festgelegt, dass die Berufsvertretung der Ärz- te durch die Landesärztekammer und ihre regionalen Verbände wahr- genommen wird.[16] Insbesondere die Regelung der ärztlichen Fort- bildung hat der Landesgesetz- geber der Landesärztekammer im Rahmen hoheitlicher Aufgaben- übertragung zugeordnet. Gemäß Artikel 2 Absatz 1 Satz 2 HKaG kann die Landesärztekammer im Bereich der ärztlichen Fortbildung in einer Satzung [17] unter ande- rem Regelungen treffen über die Anerkennung von Fortbildungs- maßnahmen, die Ausstellung eines Fortbildungszertifikats sowie die Vergabe und Erfassung von Fort- bildungspunkten.
Bayerisches Psychisch-Kranken- Hilfe-Gesetz
Jüngstes „Produkt“ der Landes- gesetzgebung im Gesundheitswesen ist das am 1. August 2018 in Kraft getretene Bayerische Psychisch- Kranken-Hilfe-Gesetz (BayPsych- KHG). Ziel des Gesetzes ist es, psychische Erkrankungen weiter zu entstigmatisieren sowie den
Menschen in psychischen Krisen Anlaufstellen für eine frühzeitige und wirksame Unterstützung zu bieten.[18] Konkret werden die Bezirke verpflichtet, Krisendienste einzurichten, die über eine Leit- stelle psychosoziale Beratungs- und Hilfsangebote bereitstellen.[19]
Laut Staatsministerin Melanie Huml stellt die Implementierung dieser Krisendienste das Kernelement des Gesetzes dar.[20] Daneben regelt das BayPsychKHG unter anderem die Voraussetzungen, Ziele und Grundsätze der öffentlich-rechtli- chen Unterbringung.[21] Verzichtet wurde auf die im Gesetzgebungs- verfahren von verschiedenen Ab- geordneten [22] und Interessen- vertretern kritisierte Unterbrin- gungsdatei. Nach Artikel 33 Ab- satz 1 BayPsychKHG ist nur noch die Erfassung in einem anonymi- sierten Melderegister vorgegeben.
Gerade diese Diskussion zeigt ex- emplarisch, dass es sich entgegen der eingangs zitierten Diagnose des Herrn von Bismarck lohnt, auf Schlaf zu verzichten und das Ge- setzgebungsverfahren im Bayeri- schen Landtag aktiv zu verfolgen sowie im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten mitzugestalten.
Christopher Geier (Rechtsabteilung der KVB)
Das Fußnotenverzeichnis zu diesem Artikel finden Sie unter www.kvb.de in der Rubrik Service/Mitglieder- Informationen/KVB FORUM/
Literaturverzeichnis.