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Länger leben dank Statinen?

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ARS MEDICI 21 2010

S T U D I E R E F E R I E R T

In einer neuen Metaanalyse fand sich kein relevanter Überlebens- vorteil durch Statine bei Personen mit hohem kardiovaskulärem Risiko, die (noch) keine entspre- chenden Erkrankungen aufwiesen.

A N N A L S O F I N T E R N A L M E D I C I N E

Statine haben mittlerweile einen festen Platz in der Verhütung weiterer kardio- vaskulärer Komplikationen bei Patienten mit manifester koronarer Herzkrankheit.

Ob sie in der Primärprävention genauso sinnvoll sind, also bei Personen, die zwar kardiovaskuläre Risikofaktoren, aber (noch) keine KHK aufweisen, ist nach wie vor umstritten. Eine kürzlich in den «Annals of Internal Medicine» publi- zierte Studie spricht dagegen.

Studienauswahl

Ray K. Kausik von der Universität Cam- bridge und seine Kollegen aus London, Glasgow und Leiden durchforsteten die Literatur nach entsprechenden prospek- tiven, randomisierten und kontrollierten Studien, die zwischen Januar 1970 und Mai 2009 publiziert worden waren. Für die Metaanalyse kamen alle Studien in- frage, bei denen Statine gegen Plazebo (auch) bei KHK-freien Personen mit hohem kardiovaskulärem Risiko getestet wurden und die Daten zur Gesamtmor- talität für diese Patienten verfügbar waren (auch unpublizierte Originalda- ten, die bei den jeweiligen Studienleitern

erfragt wurden). Letztlich fanden sich 65 229 Teilnehmer aus 11 Studien mit den Akronymen JUPITER, ALLHAT, ASCOT, MEGA, AFCAPS, WOSCOPS, PROSPER, CARDS, ASPEN, PREVEND IT und HYRIM. Rechnerisch ergab dies 224 000 Personenjahre (die Zeit, die alle Proban- den insgesamt in den Studien verbrach- ten) mit insgesamt 2793 Todesfällen.

Resultate

Der Gebrauch von Statinen brachte den Personen mit hohem kardiovaskulärem Risiko, aber ohne KHK, keinen statistisch relevanten Überlebensvorteil: Das Risiko, im Studienzeitraum zu sterben, war im Durchschnitt mit Statin etwa 9 Prozent niedriger als ohne, dieser Unterschied könnte aber auch nur Zufall gewesen sein, denn er war nicht statistisch signi- fikant (RR 0,91; 95%-Konfidenzintervall:

0,83–1,01).

Die Mortalitätsrate in den einzelnen Stu- dien variierte je nach dem Alter der Pro- banden beträchtlich. Bei den Probanden mit Plazebo waren es 3,6 bis 26 Todes- fälle pro 1000 Personenjahre (Durch- schnitt 11,4), für alle mit Statin 2,4 bis 27,2 pro 1000 Personenjahre (Durch- schnitt 10,7). Anders ausgedrückt: Mit Statinen zählte man 7 Todesfälle weniger in 10 000 Personenjahren.

Die durchschnittlichen Baseline-LDL- Werte reichten in den 11 Studien von 2,8 mmol/l (108 mg/dl) bis 5 mmol/l (192 mg/dl); der Durchschnittswert be- trug 3,6 mmol/l (138 mg/dl). Für die Mortalitätsrate spielte der LDL-Aus- gangswert keine Rolle. Personen mit be- sonders hohen LDL-Werten profitierten in Bezug auf das Sterberisiko demnach nicht in grösserem Masse von Statinen als diejenigen mit moderat erhöhtem LDL.

Diabetes gilt per se als kardiovaskuläres Risiko, sodass man hier einen grösseren Nutzen der Statine hätte erwarten dür- fen. In 2 der 11 für die Metaanalyse berücksichtigten Studien wurden aus- schliesslich Diabetiker eingeschlossen.

Die separate Analyse dieser Studien ergab keinen Überlebensvorteil durch Statine bei Diabetikern ohne KHK.

Diskussion

und Schlussfolgerungen

Der präventive Effekt von Statinen für Personen mit kardiovaskulären Risiken, aber (noch) ohne KHK, scheint allenfalls gering zu sein.

Frühere Metaanalysen, die für einen pri- märpräventiven Nutzen sprechen, ent- hielten immer auch einen gewissen An- teil an KHK-Patienten, wodurch der tat- sächliche Effekt für diejenigen ohne KHK überschätzt worden sei, schreiben Kausik und seine Ko-Autoren. Als Bei- spiel nennen sie eine im letzten Jahr publizierte Metaanalyse mit rund 90 000 Probanden, in welcher ein statistisch signifikantes, um 12 Prozent reduziertes Mortalitätsrisiko mit Statinen in der Pri- märprävention errechnet wurde (HR 0,88;

95%-Konfidenzintervall 0,84–0,91). Da- mals seien jedoch Probanden mit bereits bestehender KHK nicht konsequent ge - nug ausgeschlossen worden, so Kausik.

Länger leben dank Statinen?

Der Nutzen für Risikopatienten (noch) ohne kardiovaskuläre Erkrankungen ist fraglich

Merksätze

In der vorliegenden Metaanalyse brachten Statine innert vier Jahren keinen Über - lebensvorteil für Personen mit hohem kar- diovaskulärem Risiko, aber (noch) ohne KHK.

In früheren Studien mit anderslautenden

Resultaten wurde der primärpräventive Ef-

fekt der Statine bezüglich der Mortalität

möglicherweise überschätzt, weil Perso-

nen mit manifester KHK nicht konsequent

genug ausgeschlossen beziehungsweise

Studien vorzeitig abgebrochen wurden.

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In der vor zwei Jahren publizierten Jupi- ter-Studie mit ausschliesslich KHK-freien Probanden sei der Einfluss der Statine hingegen überschätzt worden, weil diese Studie frühzeitig beendet wurde. Dies sei ein Effekt, wie er häufig bei vorzeitig abge brochenen Studien vorkomme, so die Autoren der neuen Metaanalyse.

Das Follow-up in den in der Metaanalyse berücksichtigten Studien reichte von 2,2 bis 5,2 Jahren, im Durchschnitt aller 11 Studien waren es 3,7 Jahre. Insofern wird nicht ausgeschlossen, dass ein all- fälliger Überlebensvorteil mit Statinen nach einem längeren Zeitraum doch noch nachweisbar wäre. Auch sei zu

bedenken, dass der absolute Nutzen einer Statintherapie sehr stark vom Aus- gangsrisiko der jeweiligen Patienten - population abhängig sei. Die verfüg - baren Daten ermöglichten jedoch keine Subgruppenanalysen. Insbesondere für jüngere, relativ gesunde Personen sei nach wie vor unklar, ob die Primärprä- vention mit Statinen wirklich etwas bringe.

Als für die Statine positives Nebenresul- tat vermerken die Autoren, dass Statine bei KHK-freien Personen mit hohem kardiovaskulärem Risiko die Mortalität nicht erhöhten. Sie erwähnen in diesem Zusammenhang eine vor drei Jahren pu-

blizierte Metaanalyse für die triglyzerid- senkenden Fibrate, bei der zwar eine verminderte Anzahl nicht tödlicher Herzinfarkte, aber gleichzeitig eine um 7 Prozent erhöhte Gesamtmortalität fest-

gestellt wurde.

Renate Bonifer

Kausik KR et al.: Statins and All-Cause Mortality in High-Risk Primary Prevention. Arch Int Med 2010; 170(12): 1024—1032.

Interessenlage: Für die Metaanalyse wird kein Sponsor genannt.

Die Autoren geben an, in anderen Zusammenhängen von prak- tisch allen Lipidsenker-Herstellern Honorare für Vorträge und Tätigkeiten in Advisory Boards oder Forschungsgelder erhalten zu haben.

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