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Archiv "Bereitschaftsdienste: Der Stand der Dinge" (05.11.2004)

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A3060 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 455. November 2004

S T A T U S

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m 22. September hat die EU-Kommission einen Vorschlag zur Ände- rung der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG unterbreitet. Die Zustimmung des Rates und des Parlaments stehen noch aus. Die deutschen Arbeitsge- richte und der Europäische Gerichtshof (EuGH) waren wiederholt mit der Umset- zung der noch geltenden Ar- beitszeitrichtlinie beschäftigt.

Das deutsche Arbeitszeitge- setz (ArbZG) kennt neben der Normalarbeitszeit drei weitere Begriffe: Bereitschaftsdienst, Arbeitsbereitschaft und Ruf- bereitschaft. Bereitschafts- dienstliegt vor, wenn der Ar- beitnehmer sich vertragsge- mäß an einem vom Arbeitge- ber bestimmten Ort aufzuhal- ten hat, um, sobald notwendig, seine Arbeit aufzunehmen, oh- ne sich im Zustand wacher Achtsamkeit zu befinden.Ar- beitsbereitschaft ist die Zeit wacher Achtsamkeit im Zu- stand der Entspannung. Der Arbeitnehmer muss dem Ar- beitgeber am Arbeitsplatz zur Verfügung stehen und sich ständig bereithalten, in den Arbeitsprozess einzugreifen.

Die Rufbereitschaft unter- scheidet sich vom Bereit- schaftsdienst dadurch, dass der Arbeitnehmer in der Wahl sei- nes Aufenthaltsortes frei ist.

Bis Ende 2003 zählte in Deutschland nur Arbeitsbe- reitschaft voll zur Arbeitszeit.

Bereitschaftsdienst und Ruf- bereitschaft wurden als Ruhe- zeit behandelt, ausgenommen der Zeitanteile, in denen der

Arbeitnehmer tatsächlich sei- ner arbeitsvertraglich geregel- ten Tätigkeit nachgekommen ist. Der EuGH hat allerdings bezüglich des Bereitschafts- dienstes wiederholt entschie- den, dass dieser nicht zur Ru- hezeit, sondern zur Arbeitszeit gehört. In der Folge kam es in Deutschland deshalb zu einer Neufassung der §§ 5 Abs. 3, 7 ArbZG. Der Bereitschafts- dienst ist nunmehr voll um- fänglich als Arbeitszeit anzu- sehen, die 48 Wochenstunden nicht überschreiten darf. Eine Ausnahme von der wöchentli- chen Höchstarbeitszeit sieht

§ 7 ArbZG vor, wenn in er- heblichem Umfang Arbeitsbe- reitschaft oder Bereitschafts- dienst anfallen. § 7 ArbZG setzt allerdings eine kollektive Regelung (Tarifvertrag, Be- triebs- oder Dienstvereinba- rung) voraus, die die Verlänge- rung der Arbeitszeit mit oder ohne Zeitausgleich vorsieht.

Der EuGH vertritt bezüg- lich einer von der gesetzlich

vorgesehenen Höchstarbeits- zeit abweichenden Arbeitszeit eine sehr restriktive Auffas- sung, indem er verlangt, dass die Zustimmung der einzelnen Arbeitnehmer zu einer Über- schreitung der Höchstarbeits- zeit nur individuell erfolgen und nicht durch kollektive Re- gelungen ersetzt werden kann.

In einer aktuellen Entschei- dung vom 5. Oktober hat der EuGH diese engere Ausle- gung des Art. 6 der geltenden Arbeitszeitrichtlinie bestätigt.

Die Überschreitung der in der Richtlinie vorgesehenen wöchentlichen Höchstarbeits- zeit von 48 Stunden sei nur bei ausdrücklicher und freier Zustimmung des einzelnen Arbeitnehmers („individuel- les Opt-Out“) wirksam (Az.:

C-397/01 bis C-403/01).

Die EU-Kommission will nun eine „inaktive Zeit wäh- rend des Bereitschaftsdien- stes“einführen. Damit ist jene Zeit gemeint, in der der Ar- beitnehmer Bereitschaftsdienst leistet, von seinem Arbeitge- ber aber nicht zur Ausübung seiner Tätigkeit aufgefordert wird. Diese „inaktive Zeit“

zählte dann nicht zur Arbeits-

zeit, sofern nicht in der jeweili- gen Umsetzung im Mitglied- staat oder tarifvertraglich et- was anderes vorgesehen ist.

Die Möglichkeit eines indi- viduellen Opt-Outs will die Kommission beibehalten – al- lerdings nur unter strengen Voraussetzungen: grundsätz- lich soll eine tarifvertragliche Regelung oder eine andere Kollektivvereinbarung erfor- derlich sein. Nur dann, wenn kein Tarifvertrag Geltung be- ansprucht und auch keine Arbeitnehmervertretung zum Abschluss einer Kollektiv- vereinbarung existiert, sollen Opt-Outs zwischen Arbeitge- bern und Arbeitnehmern in- dividuell verhandelt werden können. Eine Koppelung der schriftlich zu erfolgenden Zu- stimmungserklärung des Ar- beitnehmers mit dem Ab- schluss des Arbeitsvertrages wäre verboten. Der Arbeit- nehmer könnte seine Zustim- mung nur für den Zeitraum eines Jahres (mit der Möglich- keit einer Verlängerung) er- klären. Darüber hinaus be- stünde für die zuständige Ar- beitsschutzbehörde die Mög- lichkeit, das Opt-Out zu ver- bieten oder einzuschränken.

Aus der Arbeitszeitgrenze von höchstens 48 Stunden pro Woche lassen sich übrigens keine Vergütungsansprüche für längere Bereitschaftsdien- ste ableiten. Das Bundesar- beitsgericht entschied am 14.

Oktober, dass es in solchen Fällen Sache der Tarifvertrags- parteien sei, die Vergütung neu zu regeln (Az.: 6 AZR 535/03).

Sabine Schwarz CBH Rechtsanwälte, Köln

Kurzfristig stellt die Einnahmenschwäche der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eine große Herausforderung dar. Mittel- und langfristig wird die GKV aber in erster Linie ein Ausgabenproblem zu bewältigen haben, weil das Zu- sammenspiel aus demographischer Entwick-

lung und medizinisch-technischem Fortschritt selbst bei Ausschöpfung aller Wirtschaftlich-

keitsreserven zu einem erheblichen Ausgabenschub führen wird. Daher droht langfristig ein Anstieg der Sozialab- gaben von derzeit 42 Prozent auf über 60 Prozent. Da dies verheerende Wachstums- und Beschäftigungseffekte hät- te, muss eine tragfähige Reform den Teufelskreis aus stei- genden Sozialbeiträgen, steigenden Arbeitskosten und

steigender Arbeitslosigkeit durchbrechen. Die Bürgerversi- cherung wird dieser Aufgabe nicht gerecht, denn ihre Bei- träge würden in allen diskutierten Varianten zu mehr als 90 Prozent aus Löhnen, Gehältern und Renten stammen.

Sie zerschlägt das funktionierende System der privaten Krankenversicherung (PKV), ohne da- mit die GKV zu entlasten und die Beiträge zu stabilisieren. Die PKV ist zwar gleichfalls reformbedürftig.

Sie ist aber mit ihren Alterungsrückstellungen erheblich besser auf die demographische Entwicklung vorbereitet als die GKV. Es macht daher keinen Sinn, die PKV zu zerschlagen, ohne die strukturellen Defizite der GKV zu

beseitigen. Andreas Storm MdB (CDU)

Pro PKV

S T A N D P U N K T

Bereitschaftsdienste

Der Stand der Dinge

Fotos:Peter Wirtz

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