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Archiv "Auf dem Wege zur Planwirtschaft?" (22.08.1974)

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Auf dem Wege zur Planwirtschaft?

Über die geplante Änderung des Kassenarztrechtes (Steue- rung der Niederlassung) schreibt Walter Kannengießer in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Auszug):

„Nur Illusionisten können glau- ben, mit Zulassungssperren, die das Grundrecht der freien Berufsausübung berühren, kön- ne die ärztliche Versorgung ver- bessert werden. Solange der Staat die Ärzte nicht zu Beam- ten machte, könnte er sie nicht zwingen, sich an Orten nieder- zulassen, in die sie nicht wollen.

Die Zulassungssperre würde vor allem die praktischen Ärzte tref- fen, denn hier ist der Mangel am größten. Was wird die Folge sein? Zunächst einmal werden die betroffenen Ärzte versuchen, in andere Zulassungsbezirke, wo es noch keine Sperre gibt, auszuweichen. In den unterver- sorgten Gebieten würde der

Mangel damit nur noch fühlba- rer. Schon bald müßte daher die Sperre auf das ganze Bundes- gebiet ausgeweitet werden. Den jungen Medizinern würde der Beruf des praktischen Arztes nur noch mehr verleidet. Sie ha- ben die Wahl, am Krankenhaus zu bleiben oder sich nach weite- rer Ausbildung als Facharzt nie- derzulassen. Für die ärztliche Versorgung wäre nichts gewon- nen, was nur die Erfahrung be- stätigen würde, daß ein bißchen Planung und ein bißchen Diri- gismus nichts hilft. Wer diesen Weg einschlägt, wird am Ende den ganzen Berufsstand verpla- nen, Schlüsselzahlen für prakti- sche Ärzte und Fachärzte, für Krankenhausärzte und nieder- gelassene Ärzte festlegen müs- sen. Am Ende stünde dann der staatliche Gesundheitsdienst.

Nicht nur die Ärzte, auch die Patienten wären dann schlech- ter dran."

Die Information:

Bericht und Meinung

Die „doppelte Dynamisierung"

Durch diese Patentformel soll die angebliche doppelte Dynamisie- rung der ärztlichen Einkommen vermieden und ausschließlich nach gesamtwirtschaftlichen und bun- desweiten, eindeutig definierten statistischen Daten orientiert wer- den (Produktivität, Einkommens- entwicklung). Die erforderlichen Informationen soll das Statistische Bundesamt liefern. Die Orientie- rungsdaten sollen flexibel in den

„Honorarverhandlungen" gehand- habt werden. „Doppelte Dynamisie- rung" der ärztlichen Einkommen nennt der Ausschuß den Effekt, daß sowohl die Werte der Gebüh- renordnung linear oder strukturell angehoben werden als auch Pro- duktivitätssteigerungen (durch Ra- tionalisierungsinvestitionen und durch Mehrarbeit!) in der ärztli- chen Praxis erzielt werden, mit de- ren Hilfe eine ständig wachsende Zahl von Behandlungsfällen und von Leistungen je Einzelfall bewäl- tigt werden können. Solche Pro- duktivitätssteigerung habe indes- sen außer der technischen Moder- nisierung vor allem den vermehrten Einsatz von ärztlichem Hilfsperso- nal zur Voraussetzung gehabt.

II> Daß die Mehreinkommen auch durch eine Ausdehnung der Ar- beitszeit in vielen Fällen erzielt worden sind (die durchschnittliche Wochenarbeitszeit des Kassenarz- tes betrug nach jüngsten Ermittlun- gen 60,7 Stunden), will der Aus- schuß nicht gelten lassen. Zudem blieb unerwähnt, daß in fast allen Kassenarztbereichen die Zahl der Behandlungsfälle in den letzten Jahren ständig gestiegen ist.

Dies geht eindeutig aus zahlrei- chen Strukturanalysen der Kassen- ärztlichen Vereinigungen hervor.

Die von dem Ausschuß beklagte Steigerung des Leistungsumfanges ist also in erster Linie durch die gestiegene Morbidität der Patien- ten und die häufigere Inanspruch- nahme des Arztes — also durch die Notwendigkeit echter Mehrlei- stungen — begründet.

Die Auswirkungen der von dem Ausschuß anvisierten Honorarpoli- tik liegen auf der Hand: Würden sich dessen Absichten durchset- zen, so wäre die ärztliche Honorar- politik weitgehend der Selbstver- waltung von Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen entzogen.

Aufhebung der Tarifautonomie in dieser höchst einseitigen ho- norarpolitischen Orientierungsre- gel wurde von den ärztlichen Gut- achtern denn auch mit Recht eine einseitige Benachteiligung der Ärz- teschaft erblickt, zumal dann, wenn die allgemeine Lohnpolitik nicht an denselben straffen Zügel genom- men würde.

Zudem würden die honorarpoliti- schen Vorstellungen — die im übri- gen auffallend ideeverwandt mit dem „Reformpapier" der Orts- und Betriebskrankenkassen sind — nicht zu übersehende Fernwirkun- gen haben: Die sonst so hochge- haltene Tarifautonomie, die Selb- ständigkeit von Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigun- gen, die soziale Selbstverwaltung und nicht zuletzt die Gliederung des gesamten Systems sozialer Si- cherung würden leichtfertig aufs Spiel gesetzt oder gar über Bord geworfen. Damit wäre aber keinem gedient, weder den Krankenkas- sen noch den Gewerkschaften, noch den Arbeitgebern, noch den Ärzten, am wenigsten aber den Pa- tienten. Dr. rer. pol. Harald Clade

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 34 vom 22. August 1974

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