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Die Hexagon-Prothese

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Academic year: 2022

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1. Auflage 2008

© 2008 by Verlag: Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft Service GmbH, Gießen Printed in Germany

ISBN 978-3-939902-83-6

Verlag: DVG Service GmbH Friedrichstraße 17

35392 Gießen 0641/24466 geschaeftsstelle@dvg.net

www.dvg.net

(5)

Tierärztliche Hochschule Hannover – Klinik für Kleintiere –

Die Hexagon-Prothese:

Klinische und röntgenologische Ergebnisse nach Implantation einer neuen, zementfreien Schaftprothese

zum Hüftgelenkersatz des Hundes – eine prospektive Studie –

INAUGURAL – DISSERTATION Zur Erlangung des Grades eines Doktors der Veterinärmedizin

- Doctor medicinae veterinariae - ( Dr. med. vet. )

Vorgelegt von Tim Bonin

(Rostock)

Hannover 2008

(6)

Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. Michael Fehr

1. Gutachter: Prof. Dr. Michael Fehr

2. Gutachter: PD Dr. Carsten Staszyk

Tag der mündlichen Prüfung: 15. September 2008

(7)

„Je größer die Schwierigkeit, die man überwand, desto größer der Sieg.“

(Cicero)

Meiner Familie gewidmet, in Liebe und Dankbarkeit.

(8)
(9)

1 Einleitung ... 11

2 Literaturteil... 12

2.1 Rückblick... 12

2.2 Die Hüftendoprothetik in der Kleintiermedizin ... 14

2.3 Verankerungsprinzipien zementfreier Prothesenschäfte ... 15

2.3.1 Press – fit und Primärstabilität... 15

2.3.2 Die Sekundärfixation und ihre Begrifflichkeiten ... 16

2.4 Anforderungen an das Prothesendesign und biomechanische Aspekte .... 18

2.4.1 Das Stress – shielding – Phänomen ... 19

2.5 Häufig verwendete Werkstoffe ... 20

2.6 Hüftgelenkprothesen – assoziierte Komplikationen... 21

2.6.1 Aseptische Komplikationen ... 22

2.6.2 Die septische Lockerung... 32

2.7 Der Einsatz von Silber... 35

2.7.1 Der oligodynamische Effekt des Silbers... 35

2.7.2 Silber als neuer Werkstoff in der Alloarthroplastik... 36

2.8 Die Bedeutung der Röntgendiagnostik... 37

2.8.1 Beurteilung der Schaftstellung ... 38

2.8.2 Radioluzenz ... 38

2.8.3 Osteomyelitis... 40

2.8.4 Veränderungen an Kompakta und Spongiosa ... 40

2.9 Die Gruen – Kriterien als Grundlage der Lockerungsdiagnostik... 41

3 Material und Methoden ... 44

3.1 Die Prothese ... 45

3.1.1 Die Hybridprothese ... 45

3.1.2 Der Prothesenschaft ... 46

3.2 Das Patientengut... 46

3.2.1 Beaglepopulation (T – und A – Gruppe)... 46

3.2.2 Patientenpopulation (P – Gruppe)... 48

3.3 Die Operation ... 48

3.3.1 Präoperative Vorgehensweise ... 48

3.3.2 Operationsmethode... 50

3.4 Die Verlaufskontrollen ... 57

3.4.1 Beaglepopulation (T – Gruppe und A – Gruppe)... 57

3.4.2 Patientenpopulation (P – Gruppe)... 58

3.5 Klinische Befunderhebung ... 59

3.5.1 Beurteilung der Oberschenkelmuskulatur ... 59

3.5.2 Einteilung der Lahmheitsgrade... 60

3.5.3 Postoperatives Bewegungsausmaß des operierten Hüftgelenkes ... 60

3.6 Radiologische Evaluierung... 61

3.6.1 Messung der Prothesenabsenkung... 61

3.6.2 Messung der periprothetischen Radioluzenz ... 64

3.6.3 Bewertung der Schaftposition ... 65

3.6.4 Veränderungen an Kompakta und Periost ... 67

(10)

3.7 Statistische Auswertung ... 68

4 Eigene Untersuchungen: Ergebnisse... 69

4.1 Gruppeneinteilung und Allgemeines... 69

4.2 Präoperative Befunde... 70

4.3 Gruppenzusammensetzung bei den Kontrolluntersuchungen... 71

4.4 Mikrobiologie ... 73

4.5 Komplikationen... 74

4.5.1 TEP – assoziierte Komplikationen... 75

4.5.2 TEP – unabhängige Komplikationen ... 76

4.5.3 Häufigkeiten der Komplikationen und ihre Gruppenverteilung ... 76

4.5.4 Todesfälle während des Untersuchungszeitraumes... 77

4.6 Klinisch postoperative Resultate ... 77

4.6.1 Der postoperative Belastungszeitpunkt... 77

4.6.2 Ausprägung der Oberschenkelmuskulatur ... 79

4.6.3 Lahmheitsentwicklung... 83

4.6.4 Flexionsfähigkeit des Hüftgelenkes... 88

4.6.5 Extensionsfähigkeit des Hüftgelenkes... 89

4.6.6 Abduktionsfähigkeit des Hüftgelenkes ... 90

4.6.7 Adduktionsfähigkeit des Hüftgelenkes ... 91

4.7 Radiologisch postoperative Resultate ... 92

4.7.1 Prothesenabsenkung in der Titan – und Silber – Gruppe ... 92

4.7.2 Prothesenabsenkung in der Patienten – Gruppe ... 94

4.7.3 Die periprothetische Radioluzenz in der Titan – Gruppe... 96

4.7.4 Die periprothetische Radioluzenz in der Silber – Gruppe... 98

4.7.5 Die periprothetische Radioluzenz in der Patienten – Gruppe... 101

4.7.6 Bewertung der Schaftposition im kraniokaudalen Strahlengang ... 104

4.7.7 Bewertung der Schaftposition im mediolateralen Strahlengang ... 105

4.7.8 Bewertung des Periostes im mediolateralen Strahlengang... 106

4.7.9 Bewertung der Kompakta im mediolateralen Strahlengang ... 107

5 Diskussion ... 108

5.1 Klinisch postoperative Resultate ... 109

5.1.1 Lahmheit ... 109

5.1.2 Muskelatrophie... 110

5.1.3 Flexion, Extension, Abduktion und Adduktion des Hüftgelenkes... 111

5.2 Röntgenologisch postoperative Resultate ... 112

5.2.1 Prothesenabsenkung ... 113

5.2.2 Lockerungsbeurteilung... 115

5.2.3 Schaftposition... 117

5.3 Komplikationen... 118

5.3.1 Femurfissur ... 119

5.3.2 Ausbruchfragmente und Frakturen... 120

5.3.3 Luxationen ... 121

5.3.4 Infektionen und Wundkomplikationen ... 121

(11)

5.4 Die aseptische Lockerung ... 123

5.4.1 Primärstabilität ... 123

5.4.2 Osteointegration... 124

5.5 Resümee... 125

6 Zusammenfassung... 127

7 Summary ... 129

8 Literaturverzeichnis ... 131

9 Anhang ... 165

9.1 Untersuchungsprotokolle... 165

9.2 Tabellen ... 174

Danksagung ... 183

(12)

Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung

AP Alkalische Phosphatase

A. Arteria

Art. Articulatio

bzw. beziehungsweise

CO2 Kohlenstoffdioxid

cos a Cosinus alpha

deutl. deutlich

d.h. das heißt

EDTA Ethyldiamintetraacetat

EKG Elektrokardiogramm

et al. et alii

Fa. Firma

ggf. gegebenenfalls

ggr. geringgradig

Gr. Größe

HD Hüftgelenkdysplasie

hgr. hochgradig

inkl. inklusive

KGW Körpergewicht

LG Lahmheitsgrad

Lig. Ligamentum

M. Musculus

mgr. mittelgradig

MiBi Mikrobiologie

Mm. Musculi

Mon. Monat

n Anzahl

Nn. Nervi

(13)

OP Operation

O2 Sauerstoff

PMMA Polymethymetacrylat

sog. sogenannt(er/es)

S. Staphylococcus

Tab. Tabelle

TEP Totalendoprothese

u.a. unter anderem

V. Vena

Veränd. Veränderung

Vol. Volumen

vs. versus

Wo Woche

z.B. zum Beispiel

(14)
(15)

Einleitung 11

1 Einleitung

In der Veterinärchirurgie ist der totale Hüftgelenkersatz eine etablierte Methode, Hunden mit traumatischen oder degenerativen Hüftgelenkleiden ein beschwerdefrei- es Leben zu ermöglichen. Für den Eingriff stehen überwiegend zementierte Prothe- senmodelle zur Verfügung, deren Verankerung mit dem Werkstoff Polymethylmetha- crylat, kurz Knochenzement genannt, erfolgt. Obwohl die Implantation künstlicher Hüftgelenke in vielen Kliniken eine Routineoperation darstellt, kommen Implantat- assoziierte Komplikationen immer wieder vor. Die mit Abstand häufigsten Ursachen für ein Prothesenversagen des Hundes sind aseptische und septische Lockerungen.

Hervorgerufen werden sie entweder durch bakterielle Infektionen oder Alterungspro- zesse des Prothesenmaterials. Die zwingend notwendigen und invasiven Revisions- operationen erweisen sich insbesondere durch die Schwierigkeiten bei der Entfer- nung des den Prothesenschaft umgebenden Zementmantels innerhalb des Femur als kompliziert.

Vor diesem Hintergrund strebt die Kleintierorthopädie nach der Entwicklung zement- frei implantierbarer Modelle, deren Fixierung rein mechanisch erfolgt. Dabei werden eine erleichterte Implantation, niedrigere Infektionsraten und verlängerte Standzeiten angestrebt. Im Rahmen einer prospektiven Studie beteiligte sich die Klinik für Klein- tiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover in Kooperation mit der Westfäli- schen Wilhelms Universität Münster an einem Projekt, welches sich die Etablierung eines zementfrei implantierbaren Prothesenschaftes und die Minimierung septischer Lockerungen zur Aufgabe machte. Gänzlich neu waren hierbei sowohl das hexago- nale Prothesenschaftdesign als auch die Verwendung von Silber als Oberflächenma- terial, dessen antiinfektiven und osteoinduktiven Eigenschaften zeitgleich in einer weiteren Untersuchung eingehend geprüft wurden.

Ziel der Studie war es, den postoperativen klinisch-orthopädischen Verlauf unter Ein- beziehung der radiologischen Befunde aller zwischen 2005 und 2006 mit dieser Pro- these operierten Hunde zu dokumentieren und auszuwerten. Weiterhin sollte auf ei- ne Ursachenklärung für mögliche Komplikationen im Zusammenhang mit dem Pro- thesenkonzept hingearbeitet werden.

(16)

2 Literaturteil

2.1 Rückblick

Mit der Einführung des aus der Zahnheilkunde stammenden Polymethylmetacrylats (kurz PMMA, Knochenzement) durch CHARNLEY (1970) entwickelte sich der totale Hüftgelenkersatz zur etablierten Methode, um Menschen mit traumatischen oder de- generativen Hüftgelenkerkrankungen ein schmerzfreies Leben zu ermöglichen.

Durch die Vermischung zweier Komponenten härtet der Knochenzement in einer e- xothermen Reaktion aus und verleiht dem Implantat innerhalb des Knochens seine Stabilität (CHARNLEY 1970).

Doch obwohl der Siegeszug der Charnley-Prothese nicht aufzuhalten war, offenbarte das PMMA allmählich Schwachstellen. Mitunter erst 15 Jahre nach Implantation trat das Phänomen der aseptischen Lockerung auf, welches von Durchblutungsstörun- gen, Knochennekrosen, Resorptionsgranulomen und einem hochgradigen ossären Verlust entlang der Zement-Knochen-Grenzschicht begleitet wurde. Viele Autoren vermuteten einen Zusammenhang zwischen der zementierten Verankerung und dem Lockerungsphänomen. Sie sahen einen Alterungsprozess (Degradation) des PMMA, das wie alle Materialien mit zunehmender Zeit und Belastung Ermüdungskräften un- terliegt, als verantwortlich für das Prothesenversagen an (SCHULTE et al. 1993;

NEUMANN et al. 1994; CALLAGHAN et al. 2000; KEENER et al. 2003).

Anhand von 80 autoptischen Präparaten wies GÄCHTER (1983) bei über 70 Prozent Unzulänglichkeiten am Zementköcher nach. Er sah vor allem die mechanischen Ei- genschaften des PMMA als nachteilig an. So seien sowohl die Sprödigkeit als auch eine geringe Zugfestigkeit und Elastizität in Kombination mit geringer Bruchdeh- nungs- und Bruchermüdungsfestigkeit verantwortlich für ein Lockerungsgeschehen.

WILLERT und BUCHHORN (1987) hingegen beschrieben, dass vom PMMA eine gewisse Zelltoxizität ausgehe, welche für die beschriebenen Veränderungen am Im- plantatlager verantwortlich sei. Auch sie sahen die mechanischen Eigenschaften des

(17)

Literaturteil 13

ausgehärteten Werkstoffes als nachteilig an, wodurch ein Prothesenwechsel erheb- lich erschwert würde.

Nachdem der Zusammenhang zwischen Knochenzement und aseptischer Lockerung als erwiesen galt, wurde die Entwicklung zementfreier Verankerungsprinzipien vo- rangetrieben. PILIAR et al. (1979) postulierten, dass der Erfolg zementfreier Fixation von einer stabilen Grenzschicht zwischen Knochen und Implantat abhängig sei, die den physiologischen Zug-, Druck- und Scherkräften standzuhalten vermag. Dabei bezog er sich auf seine Experimente mit porösem Chrom-Kobalt und Versuchen mit Titan-„fibermetal“ (GALANTE et al. 1971).

Auf verschiedenen Wegen versuchte man, der Forderung nach einer stabilen Grenz- schicht zu entsprechen, wobei sich die Idee der prothetischen Oberflächenvergröße- rung durchsetzte. MITTELMEIER und SINGER (1956) vermuteten, dass das Pro- blem der Prothesenverankerung durch eine vergrößerte Oberfläche zu lösen sei, weil eine ausgedehnte Auflagefläche mit einer günstigeren Lastverteilung und Reduzie- rung der spezifischen Flächenlast einhergehe. Gemeinsam mit der Osteo AG ent- wickelte MITTELMEIER (1984) seine zementfrei fixierte Tragrippenprothese, die in ihrer ersten Version jedoch verworfen und in der Folgezeit durch eine endgültige Ver- sion ersetzt wurde.

Während JUDET et al. (1978) Porometall zur Vergrößerung der Prothesenoberfläche verwendeten, überzogen LORD und BANCEL (1983) ihre Madrepore-Endoprothese mit einer einlagigen Kugelschicht mit einem Kugeldurchmesser von jeweils 1,5mm (MITTELMEIER und HARMS 1982).

MORSCHER (1983) propagierte seinen Titan-Vanadium-Aluminium-legierten isoela- stischen Schaft mit tropfenförmiger Struktur. Das Material sollte eine ähnliche Elasti- zität wie der Femur aufweisen und dem Phänomen des Stress-shielding (siehe Kapi- tel 2.4.1) vorbeugen. WEBER und RETTIG (1980) hingegen schufen einen aus Koh- lenstoff bestehenden, zementfrei implantierbaren Prothesenschaft mit hoher Bio- kompatibilität sowie akzeptablen osteointegrativen Eigenschaften. Von 1980 bis 1983 wurden insgesamt 17 dieser Prothesen implantiert, jedoch verhinderte der enorme finanzielle Fertigungsaufwand eine weitere Verbreitung seines Prothesentyps (RET- TIG und WEBER 1983).

(18)

ALDINGER (1987) beschritt stattdessen neue Pfade und fertigte anhand präoperati- ver Röntgenaufnahmen sowie mit Hilfe der Computertomographie individuelle Pro- thesenschäfte. Solche auf die spezifischen Patientenbelange konfektionierten Schaftprothesen sollten den Weg zu einem idealen Implantatbett ebnen und lange Standzeiten garantieren (BARGAR 1989).

Die Humanorthopädie verfügt mittlerweile über eine Vielzahl verschiedener Prothe- sensysteme. Zu den häufig verwendeten Modellen gehören u.a. der Zweymüller- und Spotorno-Schaft, die von Mittelmeier entwickelte Autophor-Prothese sowie die ma- kroporös strukturierte ESKA-Schenkelhalsprothese. Doch trotz der enormen Fort- schritte in den zurückliegenden Dekaden darf angenommen werden, dass der ideale Prothesentyp noch nicht existiert (KUTSCHERA et al. 1993; ZENZ et al. 1995; WIL- HELM et al. 1998; KINNER et al. 1999; SIEBOLD et al. 2001).

2.2 Die Hüftendoprothetik in der Kleintiermedizin

Mit den Fortschritten in der Humanmedizin, wesentlich getragen von der Entdeckung des PMMA durch CHARNLEY (1970), eröffneten sich zugleich enorme Chancen für die Veterinärorthopädie. Besonders wegen der exponierten Stellung des Hundes als Sozialpartner im Familienverband gewann der totale Hüftgelenkersatz allmählich an Bedeutung. Seit den 1980er Jahren ist der Eingriff eine etablierte Methode, den Hund dauerhaft mit einem mechanisch intakten, schmerzfreien artifiziellen Hüftge- lenk zu versorgen (OLMSTEAD 1994).

Mit dem ersten für die Veterinärmedizin bestimmten, kommerziellen Prothesenmodell Richards Canine II Total Hip Prosthesis® (Fa. Richards Medical Company, Memphis, Tennessee, USA) gelang erstmalig der routinemäßige und erfolgreiche Eingriff beim Hund. Später folgende Modelle leiten sich mehr oder minder davon ab (HUTTER und GASPAR 1989; LINNMANN 1998).

(19)

Literaturteil 15

Seit jüngerer Zeit finden sich in der Kleintiermedizin zunehmend zementfrei fixierte Hüft-Totalendoprothesen, deren Ziel die Vermeidung der mit der Zementiertechnik in Verbindung gebrachten Nachteile ist. Die Vorteile der zementfreien Modelle liegen in der dauerhaften Fixation durch Osteointegration, welche durch eine Oberflächenver- größerung erreicht wird. Zielvorgabe ist es, Materialien und Legierungen zu entwic- keln, die der Elastizität des Femur entsprechen und eine ossäre Integration dauerhaft fördern (MONTGOMERY et al. 1992). Das derzeit am häufigsten implantierte modu- lare BioMedrix®-Hüftprothesensystem (Fa. BioMedrix, Allendale, USA) wurde 1990 eingeführt. Anfänglich bestand der Schaft noch aus einer Titanium-Legierung, die 1995 durch eine Cobalt-Chrom-Beschichtung ersetzt wurde. Weil sich Titan aber als äußerst verschleißarmes Material mit einer hohen Biokompatibilität erwies, fand man zu diesem Konzept bei der Spiron®- sowie der Zweymüller®-Prothese zurück (ZWEY- MÜLLER 1987). Weitere Modelle sind die Porous Coated Anatomic®-Hüftprothese (Fa. Howmedica, Rutherford, New Jersey, USA) sowie die von Montavon erschaffe- ne Zurich Cementless®-Totalendoprothese (HANSON et al. 2006).

2.3 Verankerungsprinzipien zementfreier Prothesenschäfte

2.3.1 Press – fit und Primärstabilität

Das Verankerungsprinzip der zementfreien Alloarthroplastik beruht überwiegend auf dem Press-fit-Verfahren. Durch ein im Verhältnis zum Prothesenschaft geringfügig kleineres Implantatlager verankert sich die Prothese durch konische Verklemmung innerhalb des Oberschenkelknochens. Gleichzeitig wird ein großflächiger Form- schluss zwischen Implantatlager und Prothese angestrebt (KIM et al. 1995; WIDMER et al. 1997). Für das erfolgreiche Gelingen der Schaftimplantation spielt deshalb die exakte Vorbereitung des Femurmarkraumes eine wichtige Rolle. Mittels speziell ge- formter Markraumraspeln, die dem Design der zu implantierenden Prothese entspre- chen, werden Implantat und Implantatbett bei der Präparation aufeinander abge-

(20)

stimmt. Das schrittweise Einschlagen in das mit Untermaß präparierte Implantatlager bedingt eine Verkantung des Prothesenkörpers im Bereich des Schenkelhalses und in der Region zwischen Trochanter major und Trochanter minor und verleiht ihm die sog. Primärstabilität. Versagen diese Mechanismen, wird eine permanente Veranke- rung durch knöcherne Integration unmöglich gemacht.

Tierexperimentelle Studien beweisen, dass Grenzflächenrelativbewegungen über 150µm hinaus die Bildung von Bindegewebe nach sich ziehen können und das An- wachsverhalten des Knochens an die Prothesenoberfläche unterbinden (PILIAR et al. 1979). Um die elementare Anforderung an eine hohe Pimärstabilität erfüllen zu können, wandte sich Montavon bei seiner Zurich Cementless®-Totalendoprothese vom Prinzip der konventionellen Press-fit-Verankerung ab und fixierte stattdessen den Prothesenschaft mittels Schrauben im Femur (HANSON et al. 2006).

2.3.2 Die Sekundärfixation und ihre Begrifflichkeiten

Eine langfristig stabile Fixation zementfreier Schaftprothesen kann nur durch ossäre Integration (Sekundärfixation) erfolgen. In diesem Zusammenhang ist der Begriff Osteointegration näher zu beleuchten:

Mit dem Terminus Osteointegration war ursprünglich das Einwachsverhalten eines Implantates in den Knochen gemeint. Jedoch erwiesen sich ältere Methoden für eine exakte Beurteilung als ungenau. So ist es beispielsweise schwer, anhand konventio- nell gefertigter Röntgenbilder Grenzflächenmikrobewegungen zwischen Implantat und mineralisiertem Knochengewebe nachzuweisen, die als Indikator für ein bevor- stehendes Lockerungsgeschehen gelten (BRANEMARK 1977; ALBREKTSSON und JOHANSSON 2001).

Gegenwärtige Verfahren orientieren sich deshalb an der Radiostereometrie. Sie stellt eine sichere und genaue Methode zur Auswertung von sehr kleinen, makroskopisch nicht wahrnehmbaren Bewegungen dar und basiert auf der radiologischen Untersu- chung von mit Markern besetzten Skelettabschnitten. Die präzise Messung von Röntgenbildern und die computergestützte Berechnung ermöglichen eine dreidimen-

(21)

Literaturteil 17

sionale Mikrobewegungsanalyse entlang der Kontaktfläche zwischen Knochen und Metall. Die Genauigkeit liegt dabei im Bereich von 100µm, so dass heute eine ent- sprechend genaue Differenzierung zwischen den Termini Osteoinduktion, Osteointe- gration und Osteokonduktion erfolgt.

Die Osteoinduktion beschreibt die Aktivierung und Heranbildung knochenproduzie- render Zellen, den sog. Osteoblasten. Die Initiierung dieses Prozesses findet bei je- der Frakturheilung statt.

Bei der Osteointegration handelt es sich um die knöcherne Inkorporation eines Im- plantates, wobei der direkte Knochen-Metallkontakt mehr als 60 % seiner Oberfläche ausmacht. Sie definiert sich ferner durch eine maximale Grenzflächenbewegung von 150µm. Im Unterschied dazu charakterisiert die Osteokonduktion das Überwachsen eines Fremdkörpers, ohne das dabei ausreichender Kontakt hergestellt wird. Eine dauerhafte Verfestigung im Sinne der Sekundärstabilität kann so über Jahre nicht gewährleistet werden. Folglich kommt es zu einer Implantatwanderungen im Kno- cheninneren, wodurch die Prothese zwangsläufig auslockert (ALBREKTSSON und JOHANSSON 2001).

Beim Einschlagen eines zementfreien Metallimplantates entsteht direkter Kontakt zwischen den Zellen der knöchernen Spongiosa und der Metalloberfläche. Folgt dar- aufhin die verstärkte Teilung von Osteoblasten und eine erhöhte Aktivität des Kno- chenstoffwechsels, ist davon auszugehen, dass die Osteointegration durch das Me- tall nicht behindert wird. Anderenfalls kommt es über längere Zeit zum Verlust des beim Einschlagen erzeugten Kontaktes, so dass die Prothese durch die Lastwechsel zwischen Stand und Gang auslockert.

Die dauerhafte Implantatbindung im Sinne der Sekundärstabilität kann nur bei völli- ger Inkorporation des eingebrachten Werkstoffes stattfinden. Der Vorgang der knö- chernen Integration entspricht dem Prinzip der Defektheilung nach Frakturen. Erfor- derliche Kriterien dafür sind der direkte Kontakt zwischen Knochen und Implantat sowie minimierte Grenzflächenbewegungen, was die Bedeutsamkeit des Press-fit und der Primärstabilität einmal mehr hervorhebt. Allein das Vorhandensein einer lüc-

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kenlosen Knochen-Implantatfläche ohne jegliche Zwischenschicht ist Ausdruck völli- ger Stabilität (HERREN et al. 1987).

Die Überlegungen hinsichtlich der Kontaktflächenvergrößerung für eine verbesserte Osteointegration sind vielgestaltig. Neben den Versuchen von MORSCHER (1974), JUDET et al. (1978), MITTELMEIER und HARMS (1982) als auch LORD und BAN- CEL (1983), eine Oberflächenvergrößerung durch unterschiedliche Methoden zu be- wirken (siehe Kapitel 2.1), hoben andere Autoren die Bedeutung der Porengröße an der Implantatoberfläche stärker hervor. Eine Spannweite zwischen 50µm und 400µm gilt für die dauerhafte Knochenapposition als optimal. Werte jenseits davon bleiben ohne Knochenkontakt (HULBERT et al. 1970; PREDECKI et al. 1972; KLAWITTER et al. 1976; BOBYN et al. 1980; HARRIS et al. 1983; COOK et al. 1985).

2.4 Anforderungen an das Prothesendesign und biomechanische Aspekte

Die mechanischen Wechselwirkungen zwischen Knochen und Implantat werden hauptsächlich vom Design der Schaftprothese beeinflusst. Um eine dauerhafte Stabi- lität und Fixation zu gewährleisten, müssen sämtliche auf die Prothese einwirkenden Kräfte in Form von Druck auf den Knochen übertragen werden. Dabei sollten die Kräfte stets rechtwinklig zur Implantatoberfläche auftreffen, was jedoch nicht zuletzt wegen der Bewegungsfunktion, die eine Endoprothese leisten muss, unmöglich ist.

Deswegen ist es das Ziel, die von den Scherkräften verursachten Relativbewegun- gen zwischen Metallimplantat und Knochengewebe durch Erhöhung der Reibung und Erzeugung einer Druckvorlast auszuschalten. Das Press-fit-Verfahren bedient sich dieses Wirkprinzips und kompensiert so die schädlichen Scherkräfte (MOR- SCHER 1995).

Das biomechanische Prinzip der proximalen Krafteinleitung orientiert sich an den Kraftübertragungsverhältnissen im physiologisch intakten Femur und beugt einer Entlastungsatrophie, hervorgerufen durch das sog. Stress-shielding-Phänomen (sie- he Kapitel 2.4.1), vor. Eine Übertragung der Kräfte im proximalen Bereich ist aber nur dann garantiert, wenn der Prothesenschaft distal nicht knöchern fixiert ist. Bei ze-

(23)

Literaturteil 19

mentfreier Endoprothesenfixation sollte die proximale Krafteinleitung erzwungen werden. Einerseits kann dies über verschiedene Methoden der Prothesenfixation, wie der Verwendung eines Kragens, durch Strukturierung der Oberfläche und in Form von Press-fit erreicht werden. Andererseits ist die bewusste Verhinderung di- staler Schaftfixation mittels partiell fehlender Oberflächenstrukturierung auf der Pro- these möglich, um das Anwachsen von Knochengewebe zu verhindern (MOR- SCHER 1995).

Die Anforderungen an die Formgebung eines zementfreien Implantates sind also vielgestaltig und werden maßgeblich von den anatomischen Variationen des Femur bestimmt. Bisher war es unmöglich, sämtliche Ansprüche anhand eines einzigen Modells zu verwirklichen (NOBLE et al. 1988). Deshalb wurde sowohl die Verwen- dung verschiedener Designs als auch modularer Systeme oder maßgeschneiderter Endoprothesen in Erwägung gezogen.

Eine Möglichkeit, das Implantat der Innenform des proximalen Femur anzupassen, besteht in der Verwendung von Metall- oder Kunststoffkeilen. Sie werden zwischen Prothese und Kortikalis gepresst, um den notwendigen Anpressdruck zu erzeugen (z.B. Press-fit-Gleitschaft, Pegasus-Prothese). Inwiefern sich individuell gefertigte Prothesenschäfte behaupten, ist aufgrund der Fertigungskosten und der bisherigen experimentellen und klinischen Erfahrungen fraglich. GEBAUER et al. (1989, 1990) fanden in ihren Untersuchungen zur Primärstabilität individuell gefertigter Prothesen- schäfte keine Vorteile gegenüber den konventionellen Schaftprothesen. THOMAS et al. (1986) wiesen sogar auf ein gehäuftes Vorkommen proximaler Femuratrophien hin.

2.4.1 Das Stress – shielding – Phänomen

Stress-shielding (Druckabschirmung) stellt ein erhebliches Problem in der zement- freien Hüftprothetik dar. Es vermindert die Langlebigkeit des Implantates und führt zu fatalen Veränderungen des anpassungsfähigen Knochens. Ein physiologisch intakter Femur trägt die auf ihn wirkende Last allein. Nach Implantation eines zementfreien

(24)

Prothesenschaftes in den Oberschenkel verändern sich jedoch die Kraft- und Lastsi- tuation erheblich. Die Kräfte verteilen sich sowohl über den Knochen als auch über die Schaftkomponente, wodurch es zur Entlastung des Femur kommt. Der die Pro- these umgebende Oberschenkelanteil passt sich der veränderten Situation an und reagiert mit einem substanziellen Masseverlust, d.h. der Knochen wird poröser und dünner. Diese Atrophie führt langfristig zu einem Implantatversagen und erschwert notwendige Wechseloperationen (ENGH et al. 1990; KONTTINEN 2005).

2.5 Häufig verwendete Werkstoffe

Ausgehend von praktischen Erfahrungen aus der Kieferorthopädie fanden Titan und Legierungen auf Titanbasis Einzug in die moderne, zementfreie Alloarthroplastik. Auf die Vorteile dieses werkstoffbezogenen osteointegrativen Verhaltens machten bereits ALBREKTSSON et al. (1981) aufmerksam. So besitzt Titan aufgrund seiner Mikro- struktur eine natürlich vergrößerte Oberfläche und begünstigt dadurch die Knochen- apposition. Hieraus resultiert ein direkter Kontakt zwischen Knochengewebe und Im- plantat (SCHENK und HERMANN 1983). Untersuchungen von LINTNER et al.

(1986, 1988, 1990, 1994, 1995) sowie BÖHM et al. (1989) bestätigten die vollständi- ge Osteointegration der verwendeten Werkstoffe. Neben der Oberflächenstruktur zeichnet sich Titan durch sein hypoallergenes Verhalten sowie hervorragende Bio- kompatibilität aus. Diese Eigenschaften sind dem Umstand geschuldet, dass Titan a priori von einer Oxydschicht mit bioinduktivem Charakter überzogen ist, wodurch die Anlagerung von körpereigenen Aminosäuren ermöglicht (Hydroxylierung) wird. Es entsteht eine körpereigene Adsorbatschicht, welche die Fremdkörperreaktionen des Abwehrsystems unterbindet und die kontinuierliche Osteointegration zwischen dem 3.-10. Monat nach Implantation fördert (LINTNER et al. 1994, 1995). Charakteristi- sches Merkmal ist der Anbau mineralisierten, reifen, lamellären Knochengewebes an der Metalloberfläche (LINTNER et al. 1986, 1987).

Ein ebenfalls verwendeter poröser Werkstoff ist Hydroxylapatitkeramik. MANDEL- KOW et al. (1990) wiesen einen positiven Einfluss auf die Knochenneubildung nach.

(25)

Literaturteil 21

Das von BETTIN et al. (1993) in einer Langzeituntersuchung getestete Proplast® konnte hingegen nicht überzeugen. Die Ergebnisse ihrer Follow-up-Studie zeigten, dass nach dem 11. Jahr lediglich noch eine Erfolgsrate von 55,1% bestand und Pro- plast® hinsichtlich des Einwachsverhaltens keine ausreichende Stabilität bot.

Darüber hinaus ist das Material der artikulierenden Gelenkanteile von besonderer Bedeutung. Am längsten ist die Gleitpaarung Polyethylen (Pfannenprothese) / Stahl (Kopfprothese) erprobt, obwohl sie aus tribologischer Sichtweise nicht die besten Voraussetzungen bietet. Seit einigen Jahren werden neuartige, einer speziellen Wärme- und Strahlenbehandlung unterzogene Polyethylene angeboten. Die höhere Vernetzung dieser „crosslink“-Polyethylene soll die tribologischen Eigenschaften er- heblich verbessern und sich positiv auf die Standzeiten der Endoprothesen auswir- ken (McKELLOP et al. 2005).

2.6 Hüftgelenkprothesen – assoziierte Komplikationen

Der totale Hüftgelenkersatz ist nach wie vor eine komplikationsträchtige Operation.

Die Differenzierung möglicher Schwierigkeiten kann unter verschiedenen Aspekten erfolgen. Überwiegend wird die Klassifizierung nach SCHNEIDER (1987) vorge- nommen, der zwischen aseptischen und septischen Komplikationen unterschied.

ENGELBRECHT und SIEGEL (1989) hingegen unterteilten nach prothesenspezifi- schen und nicht-prothesenspezifischen Komplikationen.

Wird ein Patient wegen anhaltender Lahmheit und Schmerzen nach Hüftgelenkersatz vorgestellt, sollte zunächst eine klinische und orthopädische Untersuchung erfolgen und durch die Bestimmung signifikanter Laborparameter komplettiert werden. Die röntgenologische Untersuchung ist die wichtigste diagnostische Hilfe und gibt Auf- schluss über das Vorliegen einer Lockerung ohne oder auch mit Beteiligung einer Infektion. Schmerzen im Ruhezustand sprechen für ein infektiöses Geschehen. Be- wegungsstörungen werden häufig durch mechanische Ursachen hervorgerufen (ENGELBRECHT und SIEGEL 1989).

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2.6.1 Aseptische Komplikationen

Aseptische TEP-assoziierte Komplikationen spielen sich ohne Beteiligung eines in- fektiösen Geschehens ab (LISKA 2004). Zu ihnen zählen die aseptische Prothesen- lockerung, periprothetische Femurfrakturen und -fissuren, Hüftgelenkluxationen, thrombembolische Komplikationen, neurologische und vaskuläre Schwierigkeiten sowie andere seltene Komplikationen.

2.6.1.1 Aseptische Prothesenlockerung

Die aseptische Prothesenlockerung stellt bis dato die zentrale Komplikation der En- doprothetik dar. Noch bis in die 1970er Jahre hinein nahm man an, dass die Locke- rungsursache ausschließlich auf die Verwendung des PMMA zurückzuführen sei, wodurch die Entwicklung zementfrei implantierbarer Prothesenmodelle forciert wur- de. Allerdings stellte sich bald heraus, dass selbst neuere Modelle keine verbesser- ten Langzeitergebnisse mit sich brachten. Gegenwärtig ist von einer multifaktoriellen Kasuistik die Rede, bei der neben der Zementzerrüttung Aspekte wie das Gewicht des Patienten, dessen Aktivität, sein Alter sowie die Qualität der Knochenstruktur eine wichtige Rolle spielen.

Der Grund für die aseptische Lockerung liegt im Verlust des mechanischen und bio- logischen Gleichgewichtes zwischen Prothese und Knochen (HUISKES 1993). In der zementfreien Endoprothetik ist die unvollständige oder ausbleibende Osteointegrati- on während der frühen postoperativen Phase häufigste Ursache des Lockerungspro- zesses. Die mechanisch bedingten Kausalitäten betreffen das Prothesendesign und dessen Einfluss auf die Biomechanik (siehe Kapitel 2.4) (POSS et al. 1988; PLITZ 1989; SPECTOR et al. 1990; AMSTUTZ et al. 1992; HUO et al. 1992).

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Literaturteil 23

Abb. 1: Rechter Femur eines Beagles (4 Jahre alt) im kraniokaudalen Strahlengang: aseptisch geloc- kerte Hexagon-Prothese (Gr. 1, silberbeschichtet) mit hgr. Ausweitung des Femurmarkraumes (1) und ausgedünnter Kompakta (2), Zustand 6 Monate post OP.

Charakterisieren lässt sich die erfolgreiche knöcherne Integration zementfreier Pro- thesenmodelle durch die Abwesenheit periprothetischer Radioluzenz und fehlende Migration der jeweiligen Komponenten (ENGH et al. 1990; MARCELLIN-LITTLE et al. 1999). Als radiologischer Beweis für eine Lockerung hingegen gelten persistie- rende radioluzente Linien mit zunehmender Länge und Breite, die ihrerseits mit einer veränderten Implantatposition korrespondieren (ZANGH et al. 2005).

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Die während des Lockerungsprozesses um das Implantat stattfindende Osteolyse wird durch Reaktionen des Immunsystems, erhöhten Druck und Botenstoffe des Knochenzellstoffwechsels herbeigeführt (JACOBS et al. 2001). Als verantwortlich wird die Reaktion des periprothetischen Gewebes auf Abriebpartikel des Implantates vermutet (MOHANTY 1996). Die Partikel stammen einerseits von der Grenzfläche der artikulierenden Gelenkflächen (Metall/Polyethylen) oder sind Produkt eines durch Mikrobewegungen hervorgerufenen vermehrten Metallabriebs zementfreier Prothe- senschäfte. Die Freisetzung der Abriebpartikel bewirkt eine Aktivierung der Ma- krophagen. Sie nehmen die Partikel auf, vermögen sie aber nicht abzubauen. Als Zeichen beginnender Dekompensation werden Mediatoren ausgeschüttet, die einen Knochenabbau bewirken (SANTAVIRTA et al. 1990). Histologisch finden sich an die- ser Stelle typische Veränderungen, zu denen eine bindegewebige Grenzflächen- membran zählt. In ihr lagern feine Abriebpartikel und verschiedene Zelltypen, welche die Aktivierung von Enzymen und Botenstoffen induzieren. Dadurch werden die kno- chenabbauenden Osteoklasten stimuliert, die eine Lyse des Prothesen umschlie- ßenden Knochengewebes bewirken (GOLDRING et al. 1983; HAYNES et al. 1993;

HORIKOSHI et al. 1994; YAO et al. 1995; REVELL et al. 1997; JONES et al. 1999;

TAKAGI et al. 2001).

Der Verlust der Prothesenintegrität äußert sich klinisch in Lockerungsschmerzen und röntgenologisch identifizierbaren Osteolysen (Abb. 1). Um den fortschreitenden Sub- stanzverlust zu vermeiden, in dessen Folge Femur- und Beckenfrakturen entstehen können, ist eine Revisionsoperation indiziert. Die supprimierte lokale Immunabwehr birgt hierbei ein besonders hohes Infektionsrisiko (SCHNEIDER 1987; BLATTER et al. 1989; ENGELBRECHT und SIEGEL 1989).

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Literaturteil 25

2.6.1.2 Periprothetische Femurfrakturen und – fissuren

Periprothetische Femurfrakturen werden anhand ihres Entstehungszeitraumes in in- tra- und postoperative Frakturen unterteilt. GROHER und LAMBRIS (1979) verwen- den synonym die Begriffe primäre und sekundäre Frakturen.

Fehler im technischen Ablauf der knöchernen Präparation oder Implantation der Pro- these sind die häufigste Ursache für das Auftreten intraoperativer Femurfrakturen.

Speziell bei der Implantation zementfreier Prothesenschäfte mittels Press-fit- Verfahren ist die Schaftsprengung eine gefürchtete Komplikation. Oft entstehen pri- mär unerkannte Fissuren, die erst mit zunehmender Belastungssteigerung die Frak- turierung des Knochens nach sich ziehen. Derartige Defekte werden zumeist nicht knöchern sondern vielmehr bindegewebig durchbaut, wodurch die Lockerungsgefahr der Prothese steigt (JASTY et al. 1992; GRUNER et al. 2004).

Postoperative Frakturen sind in erster Linie auf morphologische Veränderungen des Knochens zurückzuführen. Bei unzureichender Ausfüllung des Femurs mit der Schaftprothese, also ungenügendem Press-fit, erfährt der Schaft vermehrte Mikro- bewegungen. Das Lockerungsgeschehen wird durch die Anheftung einer bindege- webigen Membran zwischen Knochengewebe und Prothesenoberfläche vorangetrie- ben (PRYMKA und HASSENPFLUG 2003). Bedingt durch osteolytische Prozesse, die den Markraum ausweiten und den Knochen destabilisieren, kommt es zu Ermü- dungsbrüchen im Bereich der Prothesenspitze und der angrenzenden Femurkom- pakta. Ein Bagatelltrauma ist dann für die Entstehung einer Fraktur schon ausrei- chend. Quer- und kurze Schrägfrakturen entstehen vornehmlich im Bereich der Pro- thesenspitze, lange Schrägfrakturen im Gebiet des Prothesenstieles und Spiralfraktu- ren distal des Implantates (FREDIN et al. 1987; BLATTER et al. 1989; ENGEL- BRECHT und SIEGEL 1989; PEICHA et al. 2000; GRUNER 2004).

Erhöhte Risiken ergeben sich aus der verminderten Knochenqualität und veränder- ten Biomechanik bei Wechseloperationen (BERRY 1999). Osteolytische Schwach- stellen sind als Locus minoris resistentiae zu interpretieren und erhöhen die Gefahr von Brüchen. Natürlich haben ebenso echte Traumata, beispielsweise Autounfälle oder Sturz aus großer Höhe, ihren Anteil an der Entstehung periprothetischer Fraktu-

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ren. Zu den prädisponierenden knochenschwächenden Faktoren gehören orthopädi- sche und systemische Erkrankungen wie Osteoporose, rheumatoide Arthritis, Nieren- insuffizienz oder Diabetes mellitus. Eine dauerhafte Kortikoidtherapie muss als weite- rer Risikofaktor angesprochen werden (BERRY 1999; GRUNER et al. 2004; WICK et al. 2004).

Für die Versorgung periprothetischer Femurfrakturen gibt es unterschiedliche Mög- lichkeiten. Ihre Anwendung richtet sich nach Lokalisation und Verlauf der Fraktur, der Dislokation der Fragmente und der Festigkeit des Implantates (CALLAGHAN 1988;

BLATTER et al. 1989; MASSET 1995). Nicht-dislozierte Frakturen oder Fissuren sind am einfachsten mit einer Drahtcerclage zu versorgen, weil sowohl die Prothese als auch der Zementköcher eine unterstützende Funktion ausüben. Teilweise bleiben derartige Komplikationen bei Röntgenuntersuchungen unerkannt, sofern die Prothe- se den Defekt überlagert (OLMSTEAD 1987; JANTSCH et al. 1990; MASSET 1995).

In der Veterinärmedizin kommt der Plattenosteosynthese die größte Bedeutung zu.

Ziel ist hierbei die Umwandlung von Zug- und Scherkräften in eine axiale Kompressi- on der Frakturzone. Je nach Wahl des Implantates gelingt dies alternativ durch die Kombination von Zugschrauben mit Neutralisationsplatten oder Kompressionsplatten mit Plattenzugschrauben. Die betont sichere Verankerung der Schrauben ist hierbei unabdinglich. Vorzugsweise sollte eine bikortikale Platzierung von Kortikalisschrau- ben erfolgen, da Spongiosaschrauben im Prothesenlager keinen ausreichenden Halt finden. Je nach Lokalisation der Fraktur ist dies häufig nicht möglich, zumal die Aus- füllung des Femurschaftes mit der Prothese die geforderte Platzierung der Schrau- ben unmöglich macht. Der Nachteil der Plattenosteosynthesen liegt in der offen chir- urgischen Vorgehensweise, einhergehend mit entsprechendem Weichteiltrauma, Frakturdenudierung, Störungen der medullären und periostalen Durchblutung sowie einem erhöhten Infektionsrisiko (McELFRESH und COVENTRY 1974; ENGEL- BRECHT und SIEGEL 1989).

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Literaturteil 27

2.6.1.3 Hüftgelenkluxation

Die Luxation in der postoperativen Frühphase gilt als häufige TEP-assoziierte Kom- plikation (Abb. 2). Als postoperative Spätkomplikation tritt sie eher selten auf und ist dann auf traumatische Einflüsse zurückzuführen oder mit einer Pfannenlockerung assoziiert (OLMSTEAD 1987; ENGELBRECHT und SIEGEL 1989; TOMLINSON und McLAUGHLIN 1996). Im Zuge des Polyethylenabriebes der Pfannenkomponente kann sich eine Abflachung des Pfannenrandes einstellen und gleichfalls zu einer un- genügenden Artikulation führen.

Als ursächlich für die Frühluxation werden Implantationsfehler mit Schaftfehlstellun- gen und zu tief positioniertem Pfannenimplantat angesehen. Folglich bleibt eine op- timale Artikulation zwischen Prothesenkopf und -pfanne aus, wodurch die Gefahr einer Exartikulation wächst. Weitere Einflussfaktoren sind die geschwächte Muskula- tur, ein unzureichender Verschluss der Gelenkkapsel und die verfrühte Aktivität des Patienten (LEWIS 1980; OLMSTEAD 1980, 1987; ENGELBRECHT und SIEGEL 1989; MASSET 1995).

Tritt die Hüftgelenkluxation nach einer TEP-Implantation auf, ist die chirurgische In- tervention unumgänglich. Dabei gilt es nicht nur die Reposition herbeizuführen, son- dern ggf. auch Stellungskorrekturen der Implantatkomponenten vorzunehmen (Mc- LAUGHLIN et al. 1976; NUNAMKER und NEWTON 1985; OLMSTEAD 1987; WRO- BLEWSKI 1989; MILLER et al. 1992; TOMLINSON und McLAUGHLIN 1996). In vie- len Fällen genügt die Wahl eines speziellen Prothesenkopfes, durch dessen Einsatz eine Schafthalsverlängerung zustande kommt. Dadurch wird nach Reposition der Implantatkomponenten eine erhöhte Spannung im artifiziellen Gelenk erzeugt und die Gefahr einer erneuten Luxation minimiert. Mit der Triple-Beckenosteotomie emp- fiehlt BARDET (1997) eine invasivere Methode zur Behebung fehlerhaft implantierter Pfannen. Der Vorteil liegt im Erhalt des Zementmantels, zumal sich die Explantation zementierter Prothesenkomponenten als schwierig und komplikationsträchtig erwie- sen hat.

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Abb. 2: Linker Femur eines Beagles (4 Jahre alt) im kraniokaudalen Strahlengang: Exartikulation zwi- schen Prothesenkopf (1) und Acetabulum (2); Prothesenkopf und Schaftprothese (3) (Hexagon Gr. 1, silberbeschichtet) haben sich voneinander gelöst, Zustand 3. Tag post OP.

2.6.1.4 Thrombembolische Komplikationen

Die Verwendung von PMMA während der Implantation künstlicher Hüftgelenke führte beim Menschen zu einer erhöhten Rate intraoperativer und kardiovaskulärer Kompli- kationen (WENDA et al. 1990; KAHN et al. 1993; CHRISTIE et al. 1995a; KRA- TOCHWILL et al. 1995; WHITE et al. 1998; ELMARGHY et al. 1999). Aufgrund der vitalen Bedrohung zählt die Lungenembolie zu den schwerwiegendsten TEP- assoziierten Komplikationen und ist innerhalb des ersten postoperativen Monats ein häufiger Grund für die Rehospitalisierung des Patienten (SEAGROATT et al. 1991).

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Literaturteil 29

Auch beim Hund wurde mit Hilfe der transoesophagalen Echocardiographie ein Zu- sammenhang zwischen dem Vorgang der Zementapplikation und der Entstehung von Embolien nachgewiesen. Als verantwortlich gilt der Anstieg des intramedullären Druckes während und nach der Prothesenimplantation (OTTO und MATIS 1994).

Hervorgerufen werden thrombembolische Komplikationen von Blutgerinnseln, Fett- und Knochenmarksanteilen. Deren Ausschwemmung in die Blutbahn kann je nach Größe des Gerinnsels zum Verschluss eines Gefäßes führen. Der zementierten Hüft- endoprothetik kommt für die Entstehung thrombembolischer Komplikationen eine besondere Rolle zu, weil die Markraumpräparation und die Zementapplikation für die Embolisationsrate entscheidende Bedeutung besitzen (BECHTOL et al. 1974; DORR et al. 1979; BRAS und VERAART 1980; HOCHMEISTER et al. 1987; WOLF et al.

1993; BYRICK et al. 1994,1999; CHRISTIE et al. 1995b; BREUSCH et al. 1997, 1998, 1999, 2000; BJÖRGELL et al. 2000; EDMONDS et al. 2000; HEISEL et al.

2001; BHATTACHARYA et al. 2002; LIE et al. 2002).

DUSTMANN et al. (1972) vermuteten einen direkten Zusammenhang zwischen der femuralen Zementapplikation und der Entstehung thrombembolischer Komplikatio- nen. In einer tierexperimentellen Studie veranschaulichten sie die Relation zwischen Hypotension, zentralvenösem Druckanstieg und Veränderungen des EKG nach Ze- mentapplikation und anschließender Fettembolisation der Lunge (DUSTMANN et al.

1972; KIM et al. 2002). Als Folge des intramedullären Druckanstieges treten aus dem PMMA freigesetzte toxische Monomere und tertiäre Amine in die Blutbahn über, die als verantwortliche Faktoren für die Kreislaufdepression ausgemacht wurden (ALEX- ANDER und BARRON 1979; McCASKIE und GREGG 1994; MULLER et al. 2002).

Andere Autoren wiederum postulierten den intramedullären Druckanstieg durch den Implantationsvorgang als alleinige Ursache für das Auftreten intra- und postoperati- ver Lungenembolien (BREED 1974; KALLOS et al. 1974; WENDA et al. 1993).

HOFMANN und HUEMER (1995) beschrieben die pathophysiologischen Vorgänge der Lungenembolisation. Die operative Manipulation ruft eine intraossäre Volumen- verschiebung und Druckerhöhung hervor, in deren Konsequenz massive Aus- schwemmungen von Knochenmarkbestandteilen und die Aktivierung der Gerin- nungskaskade auftreten. Ein Gemisch aus Makro- und Mikroemboli verlegt die pul-

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monalarterielle Strombahn und ruft das klinische Bild einer respiratorischen Insuffi- zienz hervor (JARDIN und MARGAIRAZ 1979; OVERTON und BOCKA 1988; MAX- EINER 1995; NORRIS et al. 2001).

Die Thromboseprophylaxe ist beim Menschen ein obligatorisches Mittel zu Verhinde- rung letaler thrombembolischer Komplikationen. Doch trotz des routinemäßigen Ein- satzes thrombolytischer Medikamente verbleibt ein Restrisiko (BOURNE 2000;

FREIBERG 2000; EISELE et al. 2004). Neben der intraoperativen Lagerung des Beines und der Implantationstechnik ist die Markraumspülung das effektivste Instru- ment zur Reduktion der Ausschwemmung von Markraumbestandteilen (PITTO et al.

2004). Postoperativ erscheinen eine verkürzte Immobilisationszeit und Krankengym- nastik sinnvoll (SALVATI et al. 2000; WARWICK 2004).

2.6.1.5 Neurologische und vaskuläre Komplikationen

Die intraoperative Schädigung größerer Gefäße ist selten. Kommt es dennoch zu Verletzungen, sind zumeist die A. iliaca externa und die A. femoralis betroffen (BAHRS et al. 2003). Eine Verletzung dieser Gefäße führt zu massiven Blutungen und schwerwiegenden Komplikationen (FLORDAL und NEANDER 1991; FEAGAN et al. 2001). Zugrunde liegen operationstechnische Fehler während der Darstellung des Hüftgelenkes und der Prothesenimplantation. Durch unvorsichtige Muskelretraktion mit dem spitzen Hohmannhebel und ausgehärtete scharfkantige Zementreste ent- steht ein Verletzungspotential.

Bei der Präparation des Implantatlagers treten nicht selten Blutungen der gut vasku- larisierten Spongiosa auf. Zu Komplikationen führen diese nur, soweit sie postopera- tiv anhalten. In der Regel tamponiert die Insertion des Zementes und der Prothese die Blutung. Bei unvorsichtiger Präparation des Acetabulums kann es leicht zu Durchbrüchen in den Beckeninnenraum kommen. Zementanteile treten durch diese Defekte hindurch und bedingen eine Adhäsion des PMMA an die A. iliaca externa. Im Falle einer Revision kann dies arterielle Lazerationen und lebensbedrohliche Blutun-

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Literaturteil 31

gen nach sich ziehen (BERGQUIST et al. 1983; ENGELBRECHT und SIEGEL 1989;

NACHBUR et al. 1989).

Die Schädigung nervaler Strukturen ist entweder durch unsachgemäße Vorgehens- weise oder die thermische Einwirkung des PMMA möglich. Zumeist sind die Nn. is- chiadicus und femoralis von einer nachhaltigen Irritation betroffen, die durch Über- dehnung oder Zerrung hervorgerufen werden kann. Die Abgabe von Polymerisati- onswärme bei der Aushärtung von Zementresten in der Beckenhöhle kann eine Is- chiadikusläsion bewirken. Sorgfältiges Spülen mindert die Hitzeentwicklung und beugt der Entstehung von Komplikationen vor. Mehrheitlich kommt es zur vollständi- gen Rekonvaleszenz (OLMSTEAD 1980, 1987; HOHN et al. 1986; ENGELBRECHT und SIEGEL 1989; MONTGOMERY et al. 1992; MASSET 1995; TOMLINSON 1996).

2.6.1.6 Andere aseptische Komplikationen

Einen weiteren Komplikationsfaktor stellen intraoperativ entstandene Muskelschäden dar. Nach intraoperativer Schädigung oder Ablösung von ihrem Ansatz heilen die Muskeln bindegewebig oder knöchern aus. Auch wenn die Patienten in der Folge keine Beeinträchtigung der normalen Bewegungsabläufe zeigen, weist die operierte Gliedmaße leichte Bewegungseinschränkungen auf (OLMSTEAD 1980; WRO- BLEWSKI 1989).

MARCELLIN-LITTLE et al. (1999) diskutieren die Entstehung von Osteosarkomen nach Versagen einer zementierten Hüftendoprothese. Ihrer Auffassung nach besteht eine Kausalität zwischen Medullainfarkten und der Tumorentwicklung.

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2.6.2 Die septische Lockerung

Die tiefe Infektion nach endoprothetischer Arthroplastik gilt als schwerwiegende Komplikation, die entweder in der frühen postoperativen Phase oder als Spätkompli- kation in Erscheinung tritt. Nach Diagnosestellung bedarf es einer schnellen und effi- zienten Behandlung, um die Erreger an einer systemischen Ausbreitung zu hindern.

Abhängig von individuellen Faktoren finden sich Infektionsraten von 5% bis 35%

(WAGNER 1989; RITSCHL et al. 1992; CAPANNA et al. 1994; SAFRAN et al. 1994;

MALAWER und CHOU 1995; WIRGANOWICZ und ECKARDT 1999; MITTERMAY- ER und KREPLER 2001).

Als prädisponierende Faktoren für die Frühinfektion gelten eine starke Gewebstrau- matisierung, lückenhafter Wundverschluss, ein unzureichend steriles Operationsfeld und die Vernachlässigung der prä- und postoperativen Antibiose. Lange Operations- zeiten erhöhen das Risiko der Wundinfektion durch kontaminierte Luft (MUHR et al.

1976; BECK 1977; FITZGERALD et al. 1977; GRISTINA und KOLKIN 1983;

SCHNEIDER 1987; ENGELBRECHT und SIEGEL 1989; MASSET 1995).

Röntgenologisch bestehen mangels deutlicher Anhaltspunkte kaum Möglichkeiten, eine frühe Infektion sicher nachzuweisen. Deshalb ist es umso wichtiger, die Kardi- nalsymptome einer Entzündung wie Rötung, Schwellung und Schmerz entsprechend zu interpretieren. Bei einer chronischen Entzündung der Weichteile und des Kno- chengewebes entwickelt sich eine schwer therapierbare Osteomyelitis. Sie ist kli- nisch stets auffällig und wird von schweren Bewegungseinschränkungen einschließ- lich starker Schmerzen begleitet. Radiologische Anhaltspunkte für das Vorliegen ei- ner septischen Lockerung sind radioluzente Zonen zwischen dem Protheseschaft und dem umschließenden Knochengewebe. Periostale Reaktionen und fortschrei- tende lytische Knochenzerstörung, die eine schnelle Prothesenlockerung bedingen, sind ebenso diagnostizierbar (Abb. 3) (BECK 1977; SCHNEIDER 1987; ENGEL- BRECHT und SIEGEL 1989).

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Literaturteil 33

Abb. 3: Rechter Femur eines Mischlingshundes (6 Jahre alt) im mediolateralen Strahlengang: septi- sche Lockerung einer zementfixierten Biomécanique-TEP mit deutlicher Radioluzenz (1), Lyse der Kompakta (2) und hgr. periostalen Reaktionen (3), Zustand 4 Monate post OP.

Im Zuge der Spätkomplikation wird die septische Lockerung initial von einem asepti- schen Lockerungsgeschehen eingeleitet. Ursächlich dafür sind Ermüdungs- und Ab- nutzungserscheinungen des Materials, in deren Folge hohe Mengen an Abriebparti- keln anfallen. Sie setzen einen Entzündungsprozess in Gang, der nach Dekompen-

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sation des Immunsystems zur Bildung von Granulomgewebe führt. Die lokale Ab- wehrschwäche begünstigt eine Infektion über den hämatogenen Weg. BERBARI et al. (1998) verdeutlichten, dass immunsupprimierende Faktoren als weitere Risikofak- toren anzusehen sind. Hierzu zählen maligne Grunderkrankungen, Diabetes mellitus und eine andauernde Steroidtherapie.

Mehrheitlich sind koagulasenegative Staphylokokken und Anaerobier an der infektiö- sen Prothesenlockerung beteiligt. Durch bakterielle Besiedlung der Implantatoberflä- che infolge eines Infektes oder über eine Eintrittspforte ist die Prothese Quelle wie- derholt auftretender Bakterienaussaat. Einhergehend mit der Bildung einer avitalen, prothesenumschließenden Gewebsschicht sind selbst extrem hoch konzentrierte An- tibiotika nicht befähigt, die auf der Implantatoberfläche anhaftenden Bakterien abzu- töten. Konservative und prothesenerhaltende Maßnahmen sind deshalb wenig Erfolg versprechend. Eine Revisionsoperation mit Explantation aller Prothesenanteile und Entfernung des geschädigten und infizierten Gewebes (Debridement) ist erforderlich.

Während der lang andauernden Therapie besteht weiterhin das Ausbreitungsrisiko bakterieller Toxine und die damit verbundene Gefahr einer lebensbedrohlichen Sep- sis (BERBARI et al. 1998; CROCKARELL und HANSSEN 1998; AURAS et al. 2002).

Für den Hund wird die ersatzlose Prothesenexplantation empfohlen. Die penible Ent- fernung des avitalen Gewebes inkl. sämtlicher Zementreste sowie eine intraoperative Antibiotikaspülung mit anschließender Langzeitantibiose sind unabdingbar. Die größ- te prophylaktische Bedeutung kommt jedoch dem Arbeiten unter sterilen Kautelen und der Infektionsprohylaxe zu (ANDREWS et al. 1981; NUNAMAKER 1985; OLM- STEAD 1987; HERZOG und MORSCHER 1995; MASSET 1995; TOMLINSON und McLAUGHLIN 1996).

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Literaturteil 35

2.7 Der Einsatz von Silber

Als besonders gravierende Komplikationsquelle erweisen sich Infektionen mit multi- resistenten Staphylokokken, welche beim Hund in jüngerer Vergangenheit gehäuft isoliert wurden (HOEKSTRA und PAULTON 2002; HOWE und BOOTHE et al. 2006;

WEESE et al. 2007). Die Kontamination der Implantatoberfläche führt nach Vermeh- rung der bakteriellen Erreger zur Infektion des die Prothese umschließenden Kno- chens und setzt damit unweigerlich Lockerungsprozesse in Gang. Antibiotikatherapi- en bleiben erfolglos, so dass eine Revisionsoperation mit Entfernung der Prothese und des infizierten Gewebes (Debridement) als einzige Option verbleibt. In manchen Fällen ist der Anteil an resizierendem Gewebe zu hoch, um den Erhalt der Extremität zu gewährleisten. Folglich wird die Amputation der betroffenen Gliedmaße notwen- dig, um eine Ausbreitung des Infektes mit lebensbedrohlicher Sepsis, hohem Fieber und Multiorganversagen zu vermeiden (CROCKARELL und HANSSEN 1998; WIR- GANOWICZ und ECKARDT 1999). CAPANNA et al. (1994) berichten sogar, dass nach Revisionseingriff in 43% der Fälle eine erneute, lebensgefährdende Infektion stattfindet.

Darauf aufbauend erklären sich weitreichende Bestrebungen zur Minimierung dieser Risiken. Insbesondere sind sie mit der Fragestellung verbunden, inwiefern sich die unzureichende Wirkung von Antibiotika sinnvoll kompensieren lässt. Seit etlichen Jahren schon ist man sich der antiinfektiven Eigenschaften von Silber bewusst. Die- se gewachsene Erkenntnis ist keineswegs ungewöhnlich, bedenkt man, dass Silber als Schwermetall in höheren Konzentrationen einen toxischen Effekt auf lebende Or- ganismen ausübt.

2.7.1 Der oligodynamische Effekt des Silbers

Der Begriff Oligodynamie geht auf die Entdeckung des Botanikers NÄGELI (1883) zurück und beschreibt die schädigende Wirkung von Metall-Kationen auf lebende Zellen. Er beobachtete, dass in verdünnten oder konzentrierten Metallsalzlösungen

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unterschiedliche Absterbebilder von Algen zu beobachten sind. Bereits Herodot be- richtete über König Cyrus, dass er Wasser für seine Krieger in silbernen Krügen mit sich führte. Hosenfeld zitiert aus dem Sanskrit, dass Kupfer die Qualität des Wassers verbessere (HOSENFELD 1938). Silberfolien wurden im alten Ägypten zur Bedec- kung von Wunden genutzt (NEISSER und EICHBAUM 1932). MILLER (1989) folgte den Erkenntnissen von NÄGELI (1883) und bewies die Bakterizidie von Metallfolien gegen pathogene Keime. Seine Studien wurden von THIELE und WOLF (1899) fort- geführt.

Andere Metalle wie Gold, Molybdän, Kupfer und Thallium wirken ebenso oligodyna- misch. Silber jedoch ist das wirksamste und meistbenutzte Metall. Aus Metallen und metallischen Lösungen spalten sich in Abhängigkeit von Temperatur, Größe der Me- talloberfläche, Reinheit und Lösungstendenz des Metalls sowie den in der Lösung befindlichen Elektrolyten, dem pH-Wert, der Kohlensäure und dem gelösten Sauer- stoff freie Ionen ab. Mit technischen Verfahren (z.B. der Elektrolyse) lässt sich die Freisetzung der Ionen steuern und um ein Vielfaches erhöhen.

2.7.2 Silber als neuer Werkstoff in der Alloarthroplastik

Dank der gefestigten Erkenntnisse über seine antiinfektiven Eigenschaften erfolgte im Zuge einer tierexperimentellen Studie schließlich die Beschichtung einer Femur- prothese mit Silber (GOSHEGGER et al. 2002). In der Humanmedizin wird das Me- tall bereits zur Legierung von Harnableitkathetern, künstlicher Mitralklappen sowie zentraler Venen- und Gallengangskatheter eingesetzt (BUTANY et al. 2006; HANNA et al. 2006).

Dreißig weiße Neuseeländer Kaninchen erhielten eine mit Staphylococcus aureus infizierte Tumormegaprothese (15 Titan vs. 15 silberbeschichtete Mutars®- Endoprothesen), welche in der Humanmedizin bei Patienten Anwendung findet, de- ren Femur infolge einer Tumorerkrankung großzügig resiziert werden musste. So- wohl makroskopische als auch mikroskopische Analysen ergaben eine signifikant niedrigere Infektionsrate der silberbeschichteten Prothesen (7% vs. 47%) im Ver-

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Literaturteil 37

gleich zur Titangruppe (GOSHEGGER et al. 2002). Die Messung und Untersuchung von potentiellen Nebenwirkungen ließen keine Rückschlüsse hinsichtlich etwaiger Einsatzbeschränkungen von silberbeschichteten Tumorprothesen zu.

Hieran anknüpfend erfolgte die Implantation von 20 silberbeschichteten Tumorendo- prothesen an Patienten mit metastasiertem Tumorleiden. Erste Ergebnisse scheinen vielversprechend, da bislang keine Nebenwirkungen bei zusätzlichen prophylakti- schen, antiinfektiven Eigenschaften des Silbers zu finden sind. Infektionen traten bis- her nicht auf. Die in der Literatur publizierten Infektionsraten herkömmlicher Tumo- rendoprothesen von bis zu 26 % (RITSCHL et al. 1992; CAPANNA et al. 1994;

VOUTZOULIAS et al. 1997; WIRGANOWICZ und ECKARDT 1999; RENARD 2000;

ILYAS et al. 2002) ermutigen dazu, die gesamte Oberfläche der Prothese mit einer Silberschicht zu überziehen und so vor bakterieller Besiedlung zu schützen. Derzeit implantierte Prothesen sparen den im Knochen verankerten Schaft aus und bestehen weiterhin aus Titan.

2.8 Die Bedeutung der Röntgendiagnostik

Neben der klinischen Untersuchung und der Labordiagnostik sind Röntgenbilder ein wesentlicher Bestandteil der Lockerungsdiagnostik. Mit der Radiostereometrie steht heute ein hochsensitives Diagnostikum zur Verfügung, um kleinste Bewegungen ent- lang der Knochen-Implantat-Kontaktfläche nachzuweisen und damit die Möglichkeit eines bevorstehenden Lockerungsgeschehens zu evaluieren. Aber auch die konven- tionelle Röntgendiagnostik ist nach wie vor bedeutsam. Anhand typischer Verände- rungen des prothesenumschließenden Knochengewebes in Verbindung mit klini- schen Beschwerden ist die Prothesenlockerung sicher nachzuweisen. Deshalb soll- ten alle mit einer Totalendoprothese versorgten Patienten in periodischen Intervallen klinisch und radiologisch untersucht werden. Für eine korrekte Interpretation müssen sie nach Möglichkeit identisch gelagert sowie unter gleichwertigen Bedingungen un- tersucht werden (SCHNEIDER 1987; HUTTER und GASPAR 1989; SPECTOR et al.

1990).

(42)

Routinemäßig erfolgen zwei Aufnahmen von Becken und Femur im mediolateralen und kraniokaudalen Strahlengang (HOHN et al. 1986). Zur Beurteilung der Prothe- senfestigkeit werden sowohl die Parameter Sitz und Position des Implantates als auch periprothetische knöcherne Veränderungen herangezogen. Wegen der nur schwer realisierbaren Standardisierung der Aufnahmetechnik und -kriterien wird die Befundinterpretation allerdings erschwert (MASSET 1995).

2.8.1 Beurteilung der Schaftstellung

In beiden Röntgenprojektionen sollte der Prothesenschaft eine zentrale Lage im Markraum einnehmen. Während sich auf der kraniokaudalen Aufnahme Stellungsan- omalien (Varus- oder Valgusstellung) differenzieren lassen, sind anhand der medio- lateralen Aufnahme ebenso Prothesenhals und -kopf beurteilbar. Als optimal gilt da- bei eine neutrale bis leicht antevertierte Position. Zu starke Abweichungen begünsti- gen die kraniodorsale bzw. kaudoventrale Luxation (KONDE et al. 1982; PARKER 1984; MASSET und VASSEUR 1994).

2.8.2 Radioluzenz

Bei unzureichendem Knochen-Prothesen-Kontakt entsteht eine strahlendurchlässige Zone, die sog. „radiolucent line“. Dieser feine Saumstreifen kann in Form einer durchgehenden oder unterbrochenen Linie entlang der Prothesengrenzfläche auftre- ten. Um als Normalbefund zu gelten, darf er beim Hund nicht breiter als 1mm sein und muss im Verlauf der Kontrolluntersuchungen unverändert bleiben (KONDE et al.

1982; PARKER 1984; OLMSTEAD 1987; HUTTER und GASPAR 1989; MASSET 1995). Für den Menschen wird ein nicht fortschreitender Saum bis zu 2mm als tole- rierbarer Befund beschrieben (MITTELMEIER et al. 1984; SEW HOY et al. 1981;

HERREN et al. 1987). Dabei ist zu beachten, dass durch Röntgenaufnahmen unter- schiedlicher Härte ein Saumstreifen vorgetäuscht werden kann (SCHNEIDER 1987).

(43)

Literaturteil 39

Obwohl die Autoren mehrheitlich die Anwesenheit von Radioluzenz auch ohne klini- sche Beschwerden mit beginnender Lockerung gleichsetzen, ist ihre Abwesenheit kein sicherer Hinweis für eine intakte Knochen-Implantat-Matrix (AMSTUTZ et al.

1992; MILLER et al. 1992). Allerdings wird das plötzliche Auftreten von Radioluzenz mit progredientem Verlauf als sicheres Lockerungsindiz gewertet. Saumbreiten von mehr als 1,5mm um das gesamte Implantat mit Beteiligung klinischer Symptome, werden als Protheseninstabilität gedeutet, an die sich in der Regel eine Lockerung anschließt (SCHNEIDER 1987; HUTTER und GASPAR 1989; SPECTOR et al.

1990).

Der Verlust der Knochen-Prothesen-Grenzfläche zieht eine Schaftwanderung inner- halb der femuralen Markhöhle nach sich und bewirkt ein Absenken der Schaftprothe- se. Verkantet sich diese, kann eine vorübergehende sekundäre Stabilität entstehen (ALDINGER 1987; MARONNA 1987; SCHNEIDER 1987).

In der Literatur werden verschiedene Ursachen für die Entstehung radioluzenter Lini- en verantwortlich gemacht. GRUEN et al. (1979), SCHNEIDER (1987) sowie WIL- LERT und LINTNER (1987) interpretieren sie als Bindegewebsmembran, die sich in der initialen Belastungsphase zum Ausgleich von Relativbewegungen und innerer Kraftübertragung bildet. Nach vollzogener Implantation entstehen lokale Fettgewebs- und Knochennekrosen sowie infolge mechanischer Traumatisierung hervorgerufene Mikrosequester. Im Zuge komplexer Reaktionen können sie sich in eine unterschied- lich dicke Bindegewebsmembran umwandeln. Bei der zementierten Verankerungs- technik scheint dabei die Polymerisationshitze mit Abgabe zytotoxischer Monomere eine bedeutende Rolle zu spielen (WILLERT et al. 1974; SALVATI et al. 1976; HER- REN et al. 1987). Die Nekrose des umschließenden Knochengewebes mit bindege- webiger Transformation verläuft bei der Schaftprothese im Vergleich zur Pfannenim- plantation wegen der besseren Wärmeableitung des Metalls in reduzierter Form ab.

SEW HOY et al. (1981) und HERREN et al. (1987) sehen in Blutresten im Implantat- bett die Entstehungsursache radioluzenter Linien. Nach Einsprossung von Blut- gefäßen und dem Einwandern von Fibroblasten würde hier ebenfalls eine bindege- webige Organisation stattfinden. Ferner seien Zementierungsfehler Auslöser für die Bildung der Saumstreifen. Beispielhaft werden dafür versehentliche Implantatbewe-

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gungen während der Aushärtungsphase (PARKER et al. 1984; DeLEE und CHARN- LEY 1986) oder eine mangelhafte Verzahnung zwischen dem PMMA und den Spon- giosabälkchen in Folge von Revaskularisationsstörungen angeführt (SEW HOY et al.

1981).

2.8.3 Osteomyelitis

Die Entzündung von Knochengewebe äußert sich auf vielfältige Weise. Sie kann so- wohl lokal begrenzt als auch generalisiert auftreten. Eine aggressive Aufweitung ra- dioluzenter Zonen infolge von Osteolyse, lokaler Verlust der knöchernen Trabekel- zeichnung, ein abgehobenes Periost mit darunter liegender Knochenzubildung oder periostale Reaktionen sind eindeutige Indizien für das Bestehen einer manifesten Infektion (KONDE et al. 1982; HOHN et al. 1986; SCHNEIDER 1987; MASSET 1995).

2.8.4 Veränderungen an Kompakta und Spongiosa

Ossäre Veränderungen hängen maßgeblich vom Verhältnis der Eigenschaften des Prothesenmaterials zu denen des Knochens ab. Durch die Implantation des rigiden Prothesenschaftes verändern sich die biomechanischen Eigenschaften des Femur, so dass Umbauvorgänge seiner knöchernen Substanz eingeleitet werden.

Da die Kräfte eher durch den Prothesenstamm als durch den periprothetischen Kno- chen in den distalen Femurabschnitt geleitet werden, zeigt sich insbesondere bei Titanimplantaten eine proximale kortikale Atrophie (siehe Kapitel 2.4.1) und distale Hypertrophie als regelmäßiger Befund (JACOBS et al. 1993). Osteolytische Prozes- se in Form radioluzenter Linien entlang der Kompakta sind als Zeichen einer Locke- rung zu werten oder im Zusammenhang mit ossären Auflagerungen die Folge einer Osteomyelitis nach Infektion. Ferner sind intraoperativ unerkannt gebliebene femura- le Fissuren auf periostale Veränderungen zu beziehen (MUHR et al. 1976; SCHNEI- DER 1987; HUTTER und GASPAR 1989).

(45)

Literaturteil 41

Ebenso kann eine Verdickung der Femurkompakta entlang des Prothesenschaftes auftreten. Während die laterale Femurkompakta, bedingt durch die Biegebeanspru- chung der Prothese und der daraus resultierenden Druckveränderung entlang der Knochen-Implantat-Grenze, hypertrophisch reagiert, ist an der medialen Kompakta lediglich eine geringfügige Dickenzunahme der Wandstärke zu verzeichnen (KONDE et al. 1982; HOHN et al. 1986; SCHNEIDER 1987; MASSET 1995).

2.9 Die Gruen – Kriterien als Grundlage der Lockerungsdiagnostik

GRUEN et al. (1979) entwickelten für die Humanorthopädie eine Methode für zemen- tierte Prothesenschäfte, mit der sie anhand konventioneller Röntgenbilder ein beste- hendes Lockerungsgeschehen zuverlässig nachweisen konnten. Hierfür teilten sie die femurale Prothesenkomponente in sieben Zonen ein und definierten vier ver- schiedene Lockerungstypen (Abb. 4).

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Abb. 4: Darstellung der von GRUEN et al. (1979) definierten sieben Zonen zur Lockerungsbeurteilung von zementierten Schaftendoprothesen.

Typ Ia)

Die Prothese ist unvollständig mit Zement umhüllt oder weist einen Stabilitätsverlust im proximomedialen Bereich auf. Im weiteren Verlauf kommt es zur Dislokation der Prothesenspitze. Radioluzenz ist häufig in Zone 1 sichtbar und meistens mit einem Zementbruch im Bereich der Prothesenspitze assoziiert. Die unvollständige Zement- umhüllung im lateralen mittleren Schaftbereich ist ein regelmäßiger röntgenologi- scher Befund.

Typ Ib)

Eine insuffiziente Knochen-Zement-Verbindung infolge ungenügender mechanischer Verzahnung ist für diesen Lockerungstyp verantwortlich und führt zu radioluzenten Bereichen in allen sieben Zonen. Lokale Knochenreaktionen begleiten den Prozess.

(47)

Literaturteil 43

Typ II)

Diese Lockerung kann auf den Typ Ia zurückgeführt werden. Eine schwache proxi- momediale Zementverankerung sowie ungenügende Stabilität im distalen Drittel be- dingen die Dislokation des proximalen Schaftes nach medial und der distalen Pro- thesenspitze nach lateral. Infolgedessen kippt die gesamte Prothese innerhalb ihres Implantatlagers. Röntgenologische Befunde sind auffällige Radioluzenz in Zone 1 und in manchen Fällen ein Zementbruch im mittleren Schaftbereich.

Typ III)

Ist der Prothesenschaft im proximalen Bereich ausreichend konsolidiert, jedoch infol- ge fehlerhafter Implantation distal ungenügend von der stabilisierenden Zement- schicht umhüllt, bildet der mediale Femurhalsbereich den Drehpunkt für eine bevor- stehende Dislokation. Radioluzenz tritt dabei nicht auf.

Typ IV)

Für diesen Lockerungstyp ist eine ungenügende Zementverankerung im proximalen Drittel der Prothese bei gleichzeitig sicherer Stabilität im distalen Drittel verantwort- lich. Ein radioluzenter Saum findet sich regelmäßig in den Zonen 1 und 7.

Neben der Dislokation des proximalen Schaftanteils nach medial ist ein Schaftbruch im proximalen Drittel die regelmäßige Konsequenz (GRUEN et al. 1979; BANNI- STER 1988).

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3 Material und Methoden

Im Zuge der Kooperationsstudie zwischen der Westfälischen Wilhelms Universität in Münster und der Klinik für Kleintiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover wurden 28 Hunde operiert. Das Patientengut setzte sich aus 17 Versuchshunden der Rasse Beagle und 11 weiteren Hunden verschiedener Rassen zusammen. Die Tiere wurden randomisiert und in drei Gruppen aufgeteilt.

Die Versuchshundepopulation unterteilte sich in zwei Gruppen. Während die Tiere der T-Gruppe (T = Titan) eine reine Titanprothese erhielten, wurde denen der A- Gruppe (Ag = Silber) eine silberbeschichtete Titanprothese implantiert. Die T-Gruppe umfasste sieben Hunde, die der A-Gruppe zehn Hunde. Eine weitere Randomisie- rung entschied über die Implantation in den rechten oder linken Hinterlauf. Hierfür wurde ein handelsüblicher Würfel mit den Zahlen von 1 bis 6 verwendet, wobei die Entscheidung von gerader oder ungerader Zahl abhängig gemacht worden war. Ope- riert wurden zwei Tiere an einem Tag. Randomisiert wurde entschieden, ob zuerst ein Tier der Gruppe A oder der Gruppe T operiert werden sollte.

Die dritte Gruppe (P-Gruppe, P = Patienten) bestand aus 11 Patienten unterschied- licher Rassen. Die Implantation eines künstlichen Hüftgelenkes erfolgte aufgrund ei- ner klaren medizinischen Indikation, wobei die zu operierende Seite durch die Lokali- sation der Hüftgelenkerkrankung bestimmt wurde. Alle Patienten der P-Gruppe er- hielten die Titanprothese.

(49)

Material und Methoden 45

3.1 Die Prothese

Abb. 5: In der Studie verwendetes modulares Mehrkomponenten-System bestehend aus einer Poly- ethylenpfanne (1), dem hexagonalem Prothesenschaft (2) und dem Hüftgelenkkopf (3).

3.1.1 Die Hybridprothese

Das in der Studie verwendete Prothesenmodell ist ein modulares Mehrkomponenten- System, das sich aus einer zementiert einzubringenden Polyethylenpfanne (Fa. Bio- mécanique intégrée bioimplant, Bretigny sur Orge, Frankreich), einem speziellen, hexagonal geformten Prothesenschaft (Fa. Implantcast, Buxtehude, Deutschland) als zementfrei fixierbares Implantat sowie dem abschließend aufzubringenden Hüftkopf (Fa. Biomécanique intégrée bioimplant, Bretigny sur Orge, Frankreich) zusammen- setzt (Abb. 5).

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