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Die Bedeutung der Röntgendiagnostik

Im Dokument Die Hexagon-Prothese (Seite 41-45)

2 Literaturteil

2.8 Die Bedeutung der Röntgendiagnostik

Neben der klinischen Untersuchung und der Labordiagnostik sind Röntgenbilder ein wesentlicher Bestandteil der Lockerungsdiagnostik. Mit der Radiostereometrie steht heute ein hochsensitives Diagnostikum zur Verfügung, um kleinste Bewegungen ent-lang der Knochen-Implantat-Kontaktfläche nachzuweisen und damit die Möglichkeit eines bevorstehenden Lockerungsgeschehens zu evaluieren. Aber auch die konven-tionelle Röntgendiagnostik ist nach wie vor bedeutsam. Anhand typischer Verände-rungen des prothesenumschließenden Knochengewebes in Verbindung mit klini-schen Beschwerden ist die Prothesenlockerung sicher nachzuweisen. Deshalb soll-ten alle mit einer Totalendoprothese versorgsoll-ten Patiensoll-ten in periodischen Intervallen klinisch und radiologisch untersucht werden. Für eine korrekte Interpretation müssen sie nach Möglichkeit identisch gelagert sowie unter gleichwertigen Bedingungen un-tersucht werden (SCHNEIDER 1987; HUTTER und GASPAR 1989; SPECTOR et al.

1990).

Routinemäßig erfolgen zwei Aufnahmen von Becken und Femur im mediolateralen und kraniokaudalen Strahlengang (HOHN et al. 1986). Zur Beurteilung der Prothe-senfestigkeit werden sowohl die Parameter Sitz und Position des Implantates als auch periprothetische knöcherne Veränderungen herangezogen. Wegen der nur schwer realisierbaren Standardisierung der Aufnahmetechnik und -kriterien wird die Befundinterpretation allerdings erschwert (MASSET 1995).

2.8.1 Beurteilung der Schaftstellung

In beiden Röntgenprojektionen sollte der Prothesenschaft eine zentrale Lage im Markraum einnehmen. Während sich auf der kraniokaudalen Aufnahme Stellungsan-omalien (Varus- oder Valgusstellung) differenzieren lassen, sind anhand der medio-lateralen Aufnahme ebenso Prothesenhals und -kopf beurteilbar. Als optimal gilt da-bei eine neutrale bis leicht antevertierte Position. Zu starke Abweichungen begünsti-gen die kraniodorsale bzw. kaudoventrale Luxation (KONDE et al. 1982; PARKER 1984; MASSET und VASSEUR 1994).

2.8.2 Radioluzenz

Bei unzureichendem Knochen-Prothesen-Kontakt entsteht eine strahlendurchlässige Zone, die sog. „radiolucent line“. Dieser feine Saumstreifen kann in Form einer durchgehenden oder unterbrochenen Linie entlang der Prothesengrenzfläche auftre-ten. Um als Normalbefund zu gelten, darf er beim Hund nicht breiter als 1mm sein und muss im Verlauf der Kontrolluntersuchungen unverändert bleiben (KONDE et al.

1982; PARKER 1984; OLMSTEAD 1987; HUTTER und GASPAR 1989; MASSET 1995). Für den Menschen wird ein nicht fortschreitender Saum bis zu 2mm als tole-rierbarer Befund beschrieben (MITTELMEIER et al. 1984; SEW HOY et al. 1981;

HERREN et al. 1987). Dabei ist zu beachten, dass durch Röntgenaufnahmen unter-schiedlicher Härte ein Saumstreifen vorgetäuscht werden kann (SCHNEIDER 1987).

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Obwohl die Autoren mehrheitlich die Anwesenheit von Radioluzenz auch ohne klini-sche Beschwerden mit beginnender Lockerung gleichsetzen, ist ihre Abwesenheit kein sicherer Hinweis für eine intakte Knochen-Implantat-Matrix (AMSTUTZ et al.

1992; MILLER et al. 1992). Allerdings wird das plötzliche Auftreten von Radioluzenz mit progredientem Verlauf als sicheres Lockerungsindiz gewertet. Saumbreiten von mehr als 1,5mm um das gesamte Implantat mit Beteiligung klinischer Symptome, werden als Protheseninstabilität gedeutet, an die sich in der Regel eine Lockerung anschließt (SCHNEIDER 1987; HUTTER und GASPAR 1989; SPECTOR et al.

1990).

Der Verlust der Knochen-Prothesen-Grenzfläche zieht eine Schaftwanderung inner-halb der femuralen Markhöhle nach sich und bewirkt ein Absenken der Schaftprothe-se. Verkantet sich diese, kann eine vorübergehende sekundäre Stabilität entstehen (ALDINGER 1987; MARONNA 1987; SCHNEIDER 1987).

In der Literatur werden verschiedene Ursachen für die Entstehung radioluzenter Lini-en verantwortlich gemacht. GRUEN et al. (1979), SCHNEIDER (1987) sowie WIL-LERT und LINTNER (1987) interpretieren sie als Bindegewebsmembran, die sich in der initialen Belastungsphase zum Ausgleich von Relativbewegungen und innerer Kraftübertragung bildet. Nach vollzogener Implantation entstehen lokale Fettgewebs- und Knochennekrosen sowie infolge mechanischer Traumatisierung hervorgerufene Mikrosequester. Im Zuge komplexer Reaktionen können sie sich in eine unterschied-lich dicke Bindegewebsmembran umwandeln. Bei der zementierten Verankerungs-technik scheint dabei die Polymerisationshitze mit Abgabe zytotoxischer Monomere eine bedeutende Rolle zu spielen (WILLERT et al. 1974; SALVATI et al. 1976; HER-REN et al. 1987). Die Nekrose des umschließenden Knochengewebes mit bindege-webiger Transformation verläuft bei der Schaftprothese im Vergleich zur Pfannenim-plantation wegen der besseren Wärmeableitung des Metalls in reduzierter Form ab.

SEW HOY et al. (1981) und HERREN et al. (1987) sehen in Blutresten im Implantat-bett die Entstehungsursache radioluzenter Linien. Nach Einsprossung von Blut-gefäßen und dem Einwandern von Fibroblasten würde hier ebenfalls eine bindege-webige Organisation stattfinden. Ferner seien Zementierungsfehler Auslöser für die Bildung der Saumstreifen. Beispielhaft werden dafür versehentliche

Implantatbewe-gungen während der Aushärtungsphase (PARKER et al. 1984; DeLEE und CHARN-LEY 1986) oder eine mangelhafte Verzahnung zwischen dem PMMA und den Spon-giosabälkchen in Folge von Revaskularisationsstörungen angeführt (SEW HOY et al.

1981).

2.8.3 Osteomyelitis

Die Entzündung von Knochengewebe äußert sich auf vielfältige Weise. Sie kann so-wohl lokal begrenzt als auch generalisiert auftreten. Eine aggressive Aufweitung ra-dioluzenter Zonen infolge von Osteolyse, lokaler Verlust der knöchernen Trabekel-zeichnung, ein abgehobenes Periost mit darunter liegender Knochenzubildung oder periostale Reaktionen sind eindeutige Indizien für das Bestehen einer manifesten Infektion (KONDE et al. 1982; HOHN et al. 1986; SCHNEIDER 1987; MASSET 1995).

2.8.4 Veränderungen an Kompakta und Spongiosa

Ossäre Veränderungen hängen maßgeblich vom Verhältnis der Eigenschaften des Prothesenmaterials zu denen des Knochens ab. Durch die Implantation des rigiden Prothesenschaftes verändern sich die biomechanischen Eigenschaften des Femur, so dass Umbauvorgänge seiner knöchernen Substanz eingeleitet werden.

Da die Kräfte eher durch den Prothesenstamm als durch den periprothetischen Kno-chen in den distalen Femurabschnitt geleitet werden, zeigt sich insbesondere bei Titanimplantaten eine proximale kortikale Atrophie (siehe Kapitel 2.4.1) und distale Hypertrophie als regelmäßiger Befund (JACOBS et al. 1993). Osteolytische Prozes-se in Form radioluzenter Linien entlang der Kompakta sind als Zeichen einer Locke-rung zu werten oder im Zusammenhang mit ossären AuflageLocke-rungen die Folge einer Osteomyelitis nach Infektion. Ferner sind intraoperativ unerkannt gebliebene femura-le Fissuren auf periostafemura-le Veränderungen zu beziehen (MUHR et al. 1976; SCHNEI-DER 1987; HUTTER und GASPAR 1989).

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Ebenso kann eine Verdickung der Femurkompakta entlang des Prothesenschaftes auftreten. Während die laterale Femurkompakta, bedingt durch die Biegebeanspru-chung der Prothese und der daraus resultierenden Druckveränderung entlang der Knochen-Implantat-Grenze, hypertrophisch reagiert, ist an der medialen Kompakta lediglich eine geringfügige Dickenzunahme der Wandstärke zu verzeichnen (KONDE et al. 1982; HOHN et al. 1986; SCHNEIDER 1987; MASSET 1995).

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