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Interview mit Dr. med. Ernst Schrott

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Academic year: 2022

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AKTION INTERVIEW

84 DIE PTA IN DER APOTHEKE | April 2011

Ayurveda – mehr als nur Wellness

Was genau bedeutet Ayurveda?

Ayurveda ist Indiens traditionel- les Naturheilsystem, das laut der schriftlichen Überlieferungen vor Tausenden von Jahren von soge- nannten Maharishis, großen Se- hern und Weisen in tiefer Medi - tation geschaut, anfangs mündlich überliefert, später schriftlich aufge- zeichnet wurde. Übersetzt heißt Ay- urveda „Wissen oder Wissenschaft vom Leben“.

In welchen Ländern ist diese Heilkunde beheimatet?

Die geographische Heimat von Ayur- veda ist Indien und Sri Lanka.

Welchen Stellenwert hat sie dort heute?

Seit der wachsenden Akzeptanz und Wertschätzung im Westen und dem zunehmenden In teresse der Wis- senschaft hat Ayurveda in Indien wieder erhebliche Bedeutung: als traditionelles Naturheilsystem, als Wirtschaftsfaktor im Bereich Tou - rismus und beim Export ayurve - discher Produkte sowie bei der Ausbildung von Ärzten. Das Studium der Ayurveda-Medizin ist in Indien

seit einigen Jahren dem Studium der westlichen Medizin gleichgestellt.

Wie hat diese Heilkunst den Weg nach Europa gefunden?

Maßgebend war unbestritten die Initiative von Maharishi Mahesh Yogi, der in den sechziger Jahren im Westen vor allem durch die Transzendentale Meditation bekannt geworden ist, die er lehrte. Er hat Mitte der 1980er Jahre unter ande- rem einen internationalen Ayurveda- Kongress in Delhi organisiert und geleitet, zu dem die bekanntesten Experten der ayurvedischen Medizin auf ihren jeweiligen Gebieten gela- den waren. Er konnte sie dafür ge- winnen, unter seiner Führung und zusammen mit westlichen Wissen- schaftlern und Ärzten ein moder- nes und möglichst wieder vollstän - diges ayurvedisches Medizinsystem auf der Grundlage der klassischen Texte zu erarbeiten.

Dieses später als Maharishi Ayur- veda bezeichnete Naturheilsystem verbindet die traditionellen ayur - vedischen Ansätze mit weiteren ve - dischen Disziplinen und modernen medizinischen diagnostischen und therapeutischen Verfahren, soweit

diese natürlich und ohne Nebenwir- kungen sind.

Er hat über zwei Jahrzehnte in west- lichen Ländern Ärzteausbildung in ayurvedischer Medizin organisiert, dafür namhafte indische Ayurveda- Ärzte gewonnen, die Gründung mo- derner Ayurveda-Gesundheitszen- tren angeregt und den Ayurveda zu- sammen mit westlichen Ärzten und Wissenschaftlern in einer Sprache formuliert, die dem westlichen Den- ken und Wissenschaftsverständnis entgegenkam.

Der Maharishi Ayurveda hat sich dadurch vor allem im Westen etab- liert und weltweit starkes Interesse an der ayurvedischen Medizin geweckt.

Verschiedene neu eingeführte oder überarbeitete Behandlungsformen wurden dann in der Folgezeit dann auch von anderen Ausbildungsrich- tungen, vor allem in Europa, auf - gegriffen.

Parallel zu dieser Entwicklung gab es individuelle Ayurveda-Schulen, wie etwa die von Vasant Lad, einem in - dischen Arzt, der ein Lehrinstitut in New Mexico betreibt und durch Buchveröffentlichungen zum Ayur- veda bekannt wurde.

Dr. med. Ernst Schrott, Leiter der Deutschen Ayurveda

Akademie, beleuchtet, wie sich uralte östliche Heilkunst

und moderne westliche Medizin in fast vollkommener

Weise ergänzen.

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | April 2011 85 Ayurveda wird oft mit Well-

ness gleichgesetzt – steht dieser Aspekt bei Europäern eher im Fokus als die eigent - liche Ayurveda-Medizin?

Das wachsende Bedürfnis der Be - völkerung nach einer „sanften Me - dizin“ gegenüber der Schulmedizin, die vielfach als nebenwirkungs- reich und unpersönlich empfunden wird, hat sicher dazu beigetragen, dass bestimmte Ayurveda-Anwen- dungen durch die Medien in den Vordergrund gerückt wurden. Da- zu gehören die verschiedenen, sehr wohltuenden Massageformen, eine individuelle auf den Konstitutions- typ abgestimmte Ernährungsform, Phytopräparate, die ganzheitliche Betrachtung des Menschen bei die- ser Medizin oder die Aspekte von Yoga und Meditation. Das war zu- nächst ein Vorteil, denn dadurch wurde der Ayurveda populär. Aber diese Heilkunde ist weit mehr als

„nur“ Wellness. Sie ist herausra- gend in der Prävention und erstaun- lich wirksam gerade bei chroni- schen Krankheiten, also dort, wo

sich die westliche Medizin schwer tut.

Wie aufgeschlossen sind hierzulande Ärzte Ayurveda gegenüber?

Naturheilkundliche ausgerichtete Ärzte sind völlig offen, Schulmedizi- ner wie immer überwiegend skep- tisch bis abweisend. Das Interesse an einer fundierten Ausbildung ist groß.

Eine Postgraduate-Weiterbildung im Ayurveda wird seit Jahren in Ländern der westlichen Welt, vor allem in den USA und Europa an einzelnen Universitäten, von Fachgesellschaften und von privaten Institutionen an - geboten. Auch staatlich anerkannte Bachelor- und Masterstudiengänge, sowohl nach herkömmlicher Art (wie an den Ayurveda-Universitäten Indiens) als auch nach dem Kon- zept des Maharishi Ayurveda, sind seit Kurzem in England, Deutsch- land und der Schweiz möglich.

Die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) hat 2010 als erste deutsche Universität einen Lehr- stuhl für Ayurveda-Medizin er-

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VITA

Dr. med. Ernst Schrottist Arzt für Naturheilverfahren, seit 1984 nie- dergelassen in eigener Praxis in Regensburg. Nach dem Studium und der Promotion an der Ludwig- Maximilians-Universität in München im Jahr 1978 absolvierte er seine kli- nische Ausbildung mit Schwerpunkt Orthopädie und Rheumatologie.

Seine umfassende Ausbildung in ayurvedischer Medizin erhielt er bei führenden Ayurveda-Ärzten Indiens.

Er war jahrelang Leiter einer Tages- klinik für ayurvedische Medizin in Regensburg (1992 bis 1997).

Dr. Schrott arbeitet seit Jahren in- tensiv an der Verbreitung der Ayur- veda-Medizin. Hierzu hält er zahl- reiche Vorträge und Seminare im In- und Ausland und ist Gesprächs- partner in Rundfunk- und Fernseh- sendungen. Zudem ist er Autor zahlreicher Publikationen und Best- seller über Ayurveda und vedische Bewusstseinstechnologien.

Dr. Schrott ist Mitbegründer und Vorstand der Deutschen Gesell- schaft für Ayurveda und Leiter der zur Gesellschaft gehörenden Akade- mie, eine Einrichtung zur professio- nellen Ausbildung von Ärzten und medizinischen Heilberufen in ayur- vedischer Medizin.

© Dr. med. Ernst Schrott

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hal ten und bietet dort einen Master-Studiengang für Komple- mentäre Medizin an.

Sind Schulmedizin und Ayurveda vereinbar?

Die moderne Medizin erforscht die menschliche Natur mit dem Werk- zeug der objektiven Wissenschaft.

Sie erhält so ein detailliertes Wissen von den Gesetzen, die den Körper, die Psyche, die Zelle bewegen. Das ist ein Teil der Wahrheit vom Le- ben. Einen anderen Weg haben die Rishis, die Seher und Weisen der

alten ve dischen Zeit beschritten, als sie den Ayurveda, das heißt, das Wissen vom Leben, vom Gesund - erhalten und Heilen, erkannten. Das

Instrument ihrer Analyse war ihr Bewusstsein, ihre Fähigkeit, ganz- heitlich Naturzusammenhänge wahr- zunehmen und zu beschreiben.

Während die moderne Medizin also ein unglaublich reiches Wissen vom Detail gewonnen hat, besitzt der Ayurveda die geniale Zusammen- schau der Welt,des Menschen, sei- ner Organe, Zellen, Gewebe. Was der Schulmedizin fehlt, die Zusam-

menschau der Dinge, den Kranken als Ganzes zu sehen, das kann Ayur- veda, der wiederum von dem großen Wissen vom Detail profitiert.

Warum sollten auch PTA über Ayurveda und ayur- vedische Präparate gut informiert sein?

Die Nachfrage bei Patienten nach ayurvedischen Produkten ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Das liegt vor allem an einer Fülle popu- lärwissenschaftlicher Publikationen und Ratgeber zum Ayurveda. Außer- dem steigt die Zahl der Ärzte und

AKTION INTERVIEW

»Ayurveda und Schulmedizin begegnen sich in diesem Jahrtausend intensiv.«

© Stefan K. / www.panthermedia.net

Auch Gewürze spielen im Ayurveda eine große Rolle.

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Heilpraktiker, die Ayurveda anwen- den, stetig an. Für PTA ist es uner- lässlich, Grundlagen des ayurvedi- schen Lehrsystems zu verstehen, die verschiedenen Arzneiformen zu kennen, häufig vorkommende ayur- vedische Pflanzen einschätzen zu können, aber auch die Gefahren zu kennen, die von unsauber herge- stellten, potentiell toxischen ayur - vedischen Mitteln ausgehen kön- nen.

Wie können sich PTA dies- bezüglich weiterbilden?

Die Lehrakademie der Deutschen Gesellschaft für Ayurveda hat spe- zielle Kurse für Apotheker und PTA entwickelt, die alle für diese Berufs- gruppe erforderlichen Grundlagen vermittelt.

Auf was sollten Apotheken achten, die ayurvedische Produkte anbieten – Stichwort Qualitätskontrolle?

Die Produkte müssen den westlichen Qualitätsstandards entsprechen und entsprechende Zertifikate nach - weisen. Die Präparate müssen auch durch unabhängige Labors regel - mäßig geprüft werden. Die Apo- theke sollte sich diesbezüglich beim Importeur gewissenhaft informieren und die Nachweise einholen.

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Das Interview führte

Dr. Petra Kreuter

Deutsche Ayurveda Akademie Steyrerweg 11

93049 Regensburg

info@ayurveda-seminare.de www.ayurveda-seminare.de Deutsche Gesellschaft für Ayurveda e.V.

c/o Hufelandgesellschaft Chausseestr. 29

10115 Berlin

info@ayurveda-gesellschaft.de www.ayurveda.de

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