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Dienstag (Vormittag), 18. März 2014 Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion 20 2013.1049 Motion 203-2013 Haas (Bern, FDP) Änderung der Vorschriften betreffend Nachweise im Wettbewerbswesen

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Sitzungstitel7 2013.1049 1

Der Grosse Rat des Kantons Bern

Le Grand Conseil du canton de Berne

Dienstag (Vormittag), 18. März 2014

Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion

20 2013.1049 Motion 203-2013 Haas (Bern, FDP)

Änderung der Vorschriften betreffend Nachweise im Wettbewerbswesen

Parlamentarischer Vorstoss. Antwort des Regierungsrates

Vorstoss-Nr.: 203-2013

Vorstossart: Motion

Richtlinienmotion:

Geschäftsnummer: 2013.1049 Eingereicht am: 16.08.2013 Fraktionsvorstoss: Nein Kommissionsvorstoss: Nein

Eingereicht von: Haas (Bern, FDP) (Sprecher/in) Sommer (Wynigen, FDP) Weitere Unterschriften: 0

Dringlichkeit verlangt: Ja

Dringlichkeit gewährt: Nein 05.09.2013 RRB-Nr.: 1748/2013 vom 17. März 2014 Direktion: Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion Klassifizierung: Nicht klassifiziert

Antrag Regierungsrat: Ablehnung

Änderung der Vorschriften betreffend Nachweise im Wettbewerbswesen

Der Regierungsrat wird aufgefordert, dem Grossen Rat eine Vorlage zur Revision des öffentlichen Beschaffungsrechts zu unterbreiten, die es ermöglicht, von den Teilnehmern an Planungs- oder Gesamtleistungswettbewerben zunächst bloss eine Selbstdeklaration hinsichtlich der Erfüllung der Pflichten gegenüber der öffentlichen Hand, den Sozialversicherungen sowie den Arbeitnehmenden zu verlangen. Nach Wettbewerbsabschluss soll dann bloss der Gewinner innert einer vorgegeben Frist sämtliche geforderten Nachweise erbringen.

Begründung:

Die Stadt Bern und wohl auch andere Gemeinden verlangen seit Jahren bei Wettbewerben von allen Teilnehmern umfangreiche Nachweise zur Erfüllung der Pflichten gegenüber der öffentlichen Hand, den Sozialversicherungen sowie den Arbeitnehmenden. So beispielsweise auch im abge- schlossenen, offenen Verfahren «Projektwettbewerb Wohn- und Geschäftsüberbauung Tramdepot Burgernziel».

Relevant werden gesetzlich vorgeschriebene Nachweise erst dann, wenn der Zuschlag an den Ge- winner nach dem Wettbewerb erfolgt. Oft wird aber zwischen der Teilnahme an einem Wettbewerb und der Vergabe eines Auftrags nicht differenziert. Die Wettbewerbskommission des SIA setzt sich

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langen ist, mit der diese bestätigen, in der Lage zu sein, die Nachweise innerhalb einer angemes- senen Frist zu erbringen. Diese Selbstdeklaration wird von vielen Auftraggebern, die dem öffentli- chen Beschaffungsrecht unterstellt sind, seit langem so praktiziert.

Auch die Bundesverwaltung (BBL) hat eine entsprechende Weisung erlassen und für viele Kantone und grössere Schweizer Städte ist dies gelebte Praxis.

Eine Anfrage an die Stadt Bern (vgl. beiliegendes Antwortschreiben vom 27. Juni 2013) hat erge- ben, dass zur Erfüllung des Anliegens eine Änderung des kantonalen Rechts notwendig ist.

Antwort des Regierungsrats

Bei der vorliegenden Motion handelt es sich um eine Motion im abschliessenden Zuständigkeitsbe- reich des Regierungsrates (Richtlinienmotion). Der Regierungsrat hat bei Richtlinienmotionen einen relativ grossen Spielraum hinsichtlich des Grades der Zielerreichung, der einzusetzenden Mittel und der weiteren Modalitäten bei der Erfüllung des Auftrages. Die Entscheidverantwortung bleibt beim Regierungsrat.

Die Vereinfachung des Beschaffungswesens ist ein wichtiges Dauerthema und der Regierungsrat anerkennt, dass Wettbewerbsverfahren für die Beteiligten sehr aufwändig sind.

Seit dem 1. Januar 2003 müssen die Anbieter bei öffentlichen Beschaffungen per Selbstdeklaration nachweisen, dass sie ihre Pflichten gegenüber der öffentlichen Hand, der Sozialversicherung sowie den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erfüllen (Artikel 20 der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen [ÖBV]). Das Gewerbe hat die Vorteile der Neuerung seinerzeit rasch erkannt, weil sie vor Anbietern schützt, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Konkret regelt Artikel 20 ÖBV die Nachweispflicht so, dass die Nachweise dem Angebot oder dem Antrag auf Teilnahme (bei selektiven Verfahren) beizulegen sind. Bei Wettbewerben müssen sie demnach bereits dem Antrag auf Teilnahme beigelegt werden.

Um das Verfahren zu vereinfachen, wurde per Januar 2012 die Möglichkeit der Zertifizierung einge- führt. Seitdem können Anbieter beim Generalsekretariat der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion ein Zertifikat über das Erbringen der gebräuchlichsten Nachweise beziehen, das ein Jahr gültig ist und die Einzelnachweise gemäss Artikel 20 ÖBV ersetzt. Die Zertifikatsmöglichkeit wird rege ge- nutzt und hat sich sehr gut bewährt.

Die Forderung des Motionärs, künftig bei Wettbewerben die Nachweise erst nach Wettbewerbs- schluss und nur vom Gewinner ein zu verlangen, erachtet der Regierungsrat aus den folgenden Gründen nicht als sinnvoll:

– Für die Anbieter ist es heute eine Selbstverständlichkeit, dass die Nachweise gemäss Artikel 20 ÖBV bereits bei der Offertstellung beizubringen ist. Eine Sonderregelung für die Anbieter in Wettbewerbsverfahren würde die generelle Nachweispflicht relativieren und damit deren Akzep- tanz beeinträchtigen.

– Es wäre sehr ineffizient, wenn sich erst nach einem durchgeführten Wettbewerb zeigen würde, dass der erstplatzierte Anbieter die erforderlichen Nachweise nicht erbringen kann. Weil in der Praxis häufig nur das erstplatzierte Angebot konkret umsetzbar ist, müssten ganze Wettbe- werbsverfahren wiederholt werden, was mit enormen Mehrkosten verbunden wäre.

– Der Aufwand von maximal rund 2 Stunden, für die Bestellung der Nachweise gemäss Artikel 20 ÖBV, ist im Vergleich zum Aufwand eines Planungsbüros für einen Architektenwettbewerb mar- ginal. Und bereits heute haben diejenigen Wettbewerbsteilnehmer überhaupt keinen Aufwand, die über ein gültiges Zertifikat verfügen. Es wäre demnach völlig unverhältnismässig, die Nachteile der Neuerung in Kauf zu nehmen.

Der Regierungsrat lehnt die Motion daher ab.

Der Regierungsrat beantragt:

Ablehnung

Adrian Haas, Bern (FDP). (Der Präsident läutet die Glocke.) Was will die Motion? Sie will, dass man im öffentlichen Beschaffungsrecht eine Unterscheidung zwischen einem normalen Auftrag und dem Planungs- und Gesamtleistungswettbewerb, also dem Wettbewerbsverfahren, macht. Klar ist, dass man die Nachweise über die Pflichten, die man gegenüber der öffentlichen Hand, den Sozial- versicherungen sowie den Arbeitnehmenden hat, erbringen muss, wenn man mit einem Auftrag zum Handkuss kommt. Das ist absolut unbestritten. Im Unterscheid zum Bund und zu anderen Kan- tonen, zum Beispiel St. Gallen, behandelt der Kanton Bern alle Bereiche genau gleich, also auch die Gemeinden. Das führt dazu, dass bei einem Architekturwettbewerb an die hundert Eingaben

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von verschiedenen Büros aus der Schweiz, aber auch aus Europa kommen, wenn ein solcher Pla- nungswettbewerb zu irgendeinem Areal durchgeführt wird, zum Beispiel irgendwo in der Stadt Bern.

Und alle diese Büros müssen diese Nachweise erbringen. Von diesen hundert Büros wird letztlich eines den Wettbewerb gewinnen. Und bei diesem einen Büro würde das effektiv relevant, da die übrigen bekanntlich nicht zum Handkuss kommen. Deshalb ist auch der Schweizerische Architek- turverband der Meinung, man müsse eine Differenzierung zwischen der Auftragserteilung und dem Wettbewerb machen.

Der Vorschlag der SIA lautet wie folgt: «Die Teilnehmer bestätigen in ihrer Selbstdeklaration rechts- verbindlich, im Falle einer Auftragserteilung die erforderlichen Nachweise innert Frist, zum Beispiel innert zehn Tagen, einzureichen. Der Entscheid eines Preisgerichts an sich ist ja noch keine Auf- tragserteilung und stellt lediglich die Grundlage für eine entsprechende Verfügung dar. Die für die Beauftragung notwendigen Nachweise werden erst nach dem Wettbewerb vom Gewinner er- bracht.» Die Idee ist also eine Selbstdeklaration, und der Gewinner muss die Nachweise innerhalb einer Frist von vielleicht zehn Tagen erbringen. Das ist absolut praktikabel. Wie gesagt, gibt es das beim Bund bereits, ebenso in anderen Kantonen. Der Regierungsrat verweist auf das Zertifikatsver- fahren. Das heisst, Unternehmen können beim Kanton ein Zertifikat erwerben, wenn sie die Nach- weise schon vorgängig einreichen. Das ist etwas Gutes, löst jedoch das Problem bei den Wettbe- werben nicht, denn dort gibt sehr viele internationale Teilnehmer oder solche, die einmal an einem Wettbewerb teilnehmen und nicht dauernd kantonale Aufträge wollen. Deshalb werden sie auch nicht über ein solches Zertifikat verfügen. Aus diesem Grund wären wir dankbar, wenn der Vorstoss überwiesen und das bernische Beschaffungsrecht entsprechend angepasst würde. Das würde zu einer Verfahrensvereinfachung führen und administrativen Leerlauf verhindern.

Reto Müller, Langenthal (SP). An und für sich klingt der Vorstoss der Grossräte Haas und Som- mer attraktiv und schon fast ein wenig sexy: weniger Bürokratie und mehr Eigenverantwortung für Unternehmen bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand für Planungs- oder Gesamtleistungswett- bewerbe mittels Selbstdeklarationen. Das klingt schon fast wie ein Wahlspruch der FDP. Und genau daher kommt der Vorschlag auch. Die SP-JUSO-PSA-Fraktion will sich jedoch nicht zur Vorstoss- motivation näher auslassen, sondern zum Inhalt. Hätten wir auf unserer schönen Welt nur Unter- nehmerinnen und Unternehmer, die Gutmenschen sind, egal ob sie von links oder von rechts kom- men, wären es also lauter nette Menschen, die selbstverständlich für eine solche Vorprüfung alle nötigen Nachweise auch per Selbstdeklaration gut und richtig erbringen, wäre die SP-JUSO-PSA- Fraktion sogar für den Vorstoss zu haben. Die Erfahrung zeigt allerdings: Die Schlitzohrigkeit eini- ger weniger Unternehmungen führt in einem solchen Fall dazu, dass auch missbräuchliche Selbst- deklarationen eingereicht würden – zum Beispiel von in- und ausländischen Billigstanbietern mit entsprechenden Einbussen hinsichtlich der Erfüllung ihrer Pflichten gegenüber der öffentlichen Hand, den Sozialversicherungen oder auch gegenüber den Arbeitnehmenden –, und der bürokrati- sche Aufwand, den man damit verringern will, wäre um ein Vielfaches grösser.

Wie auch der Regierungsrat in seiner Antwort schreibt, wäre es ein unhaltbarer Zustand für die öf- fentliche Hand, wenn bei einem Wettbewerbsgewinner nach Abschluss des Wettbewerbs festge- stellt würde, dass er die erforderlichen Nachweise nicht erbringen kann oder nicht erbringen will.

Darüber, ob anschliessend der Wettbewerb neu ausgeschrieben werden müsste oder ob automa- tisch der Zweit- oder der Drittplatzierte zum Zug käme, schweigen sich die Motionäre aus. Es wäre auch etwas seltsam, den Zweiplatzierten zu berücksichtigen, denn dieser möchte den Auftrag viel- leicht gar nicht übernehmen, weil ein anderer gewonnen hat, und so weiter. Die Erbringung des Nachweises ist für Anbieter heute in allen Bereichen eine Selbstverständlichkeit: Sie machen das.

Es ist auch kein Müssen, an einem solchen Wettbewerb teilzunehmen; sie nehmen freiwillig an die- sen Wettbewerben teil und sollen demnach diese Nachweise vorher erbringen. Es ist auch nicht ganz einichtig, weshalb eine Sonderregelung für die Anbieter im Wettbewerbsverfahren verlangt wird, während man bei den normalen Vergabungen die üblichen Nachweise beibehalten will. Zudem ist es, gemessen am Gesamtaufwand, den jemand betreiben muss, um wirklich an einem Architek- turwettbewerbe teilzunehmen, ein sehr geringer Aufwand, alle notwendigen Nachweise für die Teil- nahme zu erbringen. Der SP-JUSO-PSA-Fraktion ist es zudem ein grundsätzliches Anliegen, dass die von der öffentlichen Hand berücksichtigten Unternehmen bei allen Ausschreibungen, Vergaben und Wettbewerben sämtliche Auflagen sowohl hinsichtlich der Einhaltung des Sozialversicherungs- gesetzes als auch der Wahrnehmung der Pflichten gegenüber ihren eigenen Arbeitnehmenden er- füllen. Wir akzeptieren keine Schwächung des Schutzes von Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mern, auch nicht unter dem Deckmantel der Abschaffung von Bürokratie. Somit hätte ich zum

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Schluss unseren Wahlslogan auch noch untergebracht; und es ist deshalb nicht überraschend, dass die SP-JUSO-PSA-Fraktion diesen Vorstoss klar ablehnt.

Markus Wenger, Spiez (EVP). Für die EVP ist die Vereinfachung von Verfahren sehr wichtig. Ge- rade gestern konnten wir das im Bereich des Baubewilligungsverfahrens entsprechend demonstrie- ren. Die vorliegende Motion, die fordert, dass man mit einer Selbstdeklaration einsteigt und dass am Schluss des Prozederes mit einem Ausschlusskriterium das Ganze noch einmal geprüft wird, ist jedoch ein absolutes No-go. Entweder weichen wir das Verfahren auf und sagen, die Selbstdeklara- tion sei genügend und bleibe bis zum Schluss bestehen, oder wir fordern die Papiere am Anfang ein. Es kann und darf nicht sein, dass jemand einen Wettbewerb gewinnt, der auch für die Behör- den und für die Begleitjury mit einem sehr grossen Aufwand verbunden war, und man am Schluss sagen muss, es sei halt nichts gewesen. Darum werden wir die Motion ablehnen. Wenn man im ganzen Bereich von Wettbewerben und öffentlichen Aufträgen tätig ist, wäre es sinnvoll, das Zertifi- kat zu erwerben und die Papiere bereit zu haben. Bei uns macht das einmal pro Jahr die Lehrtoch- ter: Sie benötigt etwa zwei Stunden, um diese Unterlagen zu aktualisieren. Das Dossier, das man eingeben kann, liegt damit vor. Die Sache ist nur halb so problematisch, wie sie oft dargestellt wird.

Wenn es eine Vereinfachung gibt, dann Ja, aber am Schluss ein Killerkriterium einzubauen, kann nicht der Weg sein.

Martin Schlup, Schüpfen (SVP). Wie gestern bei der Baubewilligung geht es auch hier um die Reduktion der Papierflut. Die Motion will, dass man das mit einer Selbstdeklaration vorher abklären kann und erst, wenn es zum Auftrag kommt, den Nachweis erbringen muss. Im Sinne der Verfah- rensvereinfachung ist dieser Vorstoss aus unserer Sicht zu begrüssen. Der Regierungsrat und auch mein Vorredner legten dar, es sei wenig praktikabel, wenn sich im Nachhinein herausstelle, dass ein Wettbewerbsgewinner die Anforderungen nicht erfüllt. Ich muss dem entgegenhalten, dass ein Planer gewiss nicht all die Planungsarbeit und die ganze «Büez» auf sich nimmt, wenn er nicht si- cher ist, ob er die Auflagen erfüllen kann. Von daher habe ich nicht den Eindruck, dass dies ein grosses Problem wäre. Die SVP unterstützt diesen Vorstoss mit einigen Enthaltungen.

Natalie Imboden, Bern (Grüne). Der vorliegende Vorstoss thematisiert etwas, über das wir uns wohl alle einig sind: Wenn ein Unternehmen öffentliche Aufträge erhält oder solche will, muss gesi- chert sein, dass dieses Unternehmen gegenüber dem Staat keine Schulden – also keine ausste- henden Steuerrechnungen – und auch gegenüber den Arbeitnehmenden keine Ausstände hat, zum Beispiel nicht bezahlte AHV-Abrechnungen. Ich glaube, damit geht auch Herr Haas einig. Eine Dif- ferenz besteht, wie Herr Haas selbst gesagt hat, bei der Frage, ob im Wettbewerbsverfahren Aus- nahmen gemacht werden sollen. Im Kanton Bern haben wir gemerkt, dass die Selbstdeklaration nicht reicht. Es ist betrüblich, dass es Einzelne gibt, die sich nicht an die Vorschriften halten. Die grüne Fraktion ist aber klar der Meinung, dass sie sich für ein faires Wettbewerbsverfahren einset- zen will. Fair heisst, dass für alle dieselben Spielregeln gelten müssen.

Vorhin wurde ausgeführt, was es auf der praktischen Ebene bedeuten würde, wenn jemand, der einen Wettbewerb gewinnt, öffentlich dasteht und prämiert wird und am Schluss den Auftrag nicht erhält, weil sich herausstellt, dass er die Selbstdeklaration nicht eingehalten hat. In gewissen Ver- fahren ist das auch mit medialer Begleitung kombiniert. Für die öffentliche Hand und für den gesam- ten Kanton wäre das wohl ein schlechtes Beispiel, wenn man feststellen müsste, dass ein Unter- nehmen zwar das beste ist, dass es jedoch für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die AHV- Beiträge nicht bezahlt hat und deshalb den Auftrag nicht bekommt. Das zeigt sehr deutlich, dass der vorgeschlagene Weg nicht im Interesse der öffentlichen Hand ist. Wie gesagt, lehnt die grüne Frak- tion den Vorstoss ab. Wir wollen ein faires Wettbewerbsverfahren, bei dem gewisse Spielregeln gelten. Das heisst: Transparenz. Genau denen gegenüber, die ehrlich sind, ihre Abgaben leisten und sich nichts zuschulden kommenlassen, ist es richtig, dass man nicht erst im Nachhinein merkt, wer sich nicht an die Spielregeln hält. Vielmehr sollen von Anfang an gleiche Spieleregeln für alle gelten. Deshalb bitten wir den Rat, die Motion abzulehnen.

Peter Sommer, Wynigen (FDP). Das Ziel der Gesetzgebung im öffentlichen Beschaffungswesen ist ein fairer und wirksamer Wettbewerb. Nach dem Prinzip der gleich langen Spiesse muss ein transparentes Vergabeverfahren die Gleichstellung aller Anbieter gewährleisten. Zu diesem Zweck müssen, wie bereits gesagt wurde, sämtliche Anbieter nachweisen, dass sie Steuern und Sozialver- sicherungen zahlen und die einschlägigen Bestimmungen der Gesamtarbeitsverträge und der Ar-

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beitssicherheit einhalten. Die Motion will das nicht aufweichen. Das muss ich hier in aller Deutlich- keit sagen. Die Motion will eine Vereinfachung dieses ganzen Prozesses. Bei den «normalen» Be- schaffungsprozessen müssen die Anbieter so genannte Selbstdeklarationen ausfüllen und die An- gaben mit entsprechenden Nachweisen belegen, wobei die Belege nicht älter sein dürfen als ein Jahr. Nach heutiger Praxis müssen alle Unternehmer, die an einem Angebotsverfahren teilnehmen, ungeachtet der Grösse des Objekts und der Teilnehmenden diese Belege jedes Mal beilegen oder sie, wie ebenfalls erwähnt wurde, mit einem Zertifikat, das der Kanton ausstellt, nachweisen. Die vorliegende Motion fordert nun eine Vereinfachung, und zwar nur bei den Planungs- und Gesamt- leistungswettbewerben. Der wesentlichste Unterschied zu den anderen Beschaffungen besteht dar- in, dass die Teilnehmer von Architekturwettbewerben deutlich weniger häufig an öffentlichen Aus- schreibungen teilnehmen. Damit wäre es unverhältnismässig, sie gleich zu behandeln wie die ande- ren Bewerber, sodass die Nachweise nicht jedes Mal verlangt werden müssten. Zudem zieht sich dieser Teilnehmerkreis bei Planungswettbewerben deutlich weiter, oft über die Kantons- oder sogar die Landesgrenzen hinaus.

Bisher wurde nur vom Aufwand der Anbieter gesprochen. Selbstverständlich entsteht auch Aufwand für diejenigen, die das Ganze kontrollieren müssen. Die Vergabestellen müssen jedes Dossier mit den entsprechenden Belegen seriös prüfen. Betrachtet man internationale Anbieter, ist diese Prü- fung, wenn es um die Konformität oder die Gleichwertigkeit von Nachweisen geht, sei es bei Sozial- versicherungen oder bei Gesamtarbeitsverträgen, nicht ganz so einfach, wie es klingt. Es geht, wie gesagt, weder um eine Schwächung noch um eine Aushebelung des Wettbewerbsrechts. Es geht auch nicht darum, dass man nur eine Selbstdeklaration abgeben soll, sondern darum, dass zu ei- nem späteren Zeitpunkt die Nachweise erbracht werden müssen, dass jedoch nicht jeder Teilneh- mer das ganze Dossier von Anfang an einreichen und entsprechend kontrolliert werden muss. Die FDP-Fraktion unterstützt die Motion einstimmig.

Jan Gnägi, Jens (BDP). Die BDP-Fraktion schliesst sich bei der Schlussfolgerung der Haltung des Regierungsrats an und lehnt die Motion mehrheitlich ab. Dafür hat vor allem die Sicht derjenigen Seite, die ein solches Verfahren durchführt, den Ausschlag gegeben. Wir teilen die Meinung der Regierung, dass es ineffizient wäre, wenn sich nach einem durchgeführten Wettbewerb zeigen wür- de, dass der Gewinner die Nachweise nicht erbringen kann. Die Fraktion hält zudem den Aufwand für die Erbringung dieser Nachweise für vertretbar. Eine klare Mehrheit lehnt deshalb die Motion ab.

Ein Postulat würde mehrheitlich zwar ebenfalls abgelehnt, jedoch von einigen Fraktionsmitgliedern unterstützt.

Sabine Kronenberg, Biel (glp). Man kann mit dem Aspekt der Vereinfachung in dieser Motion sympathisieren. Wie auch die Regierungsratsantwort sagt, ist jedoch der administrative Mehrauf- wand vernachlässigbar. Ich habe selbst schon öfter solche Wettbewerbe konzeptuell begleitet: Die Erbringung diese Nachweise ist für Profis eine Routinesache und eine reine Formalität. Ich verweise auch noch einmal auf die Schlitzohrigkeit des Vorstosses. Hier ist die Vereinfachung schlicht nicht so hoch zu loben und daher nicht zielführend. Sonst müssten die Wettbewerbsbedingungen umfas- send neu diskutiert und ausgehandelt werden. Der Eingriff in diesem spezifischen Detailbereich scheint uns nicht sinnvoll, da man auf Bewerber, die den Auflagen entsprechen, angewiesen ist. Wir stehen für die Eigenverantwortung aufseiten der Bewerber ein. Wir lehnen den Vorstoss mehrheit- lich ab.

Ernst Tanner, Ranflüh (EDU). Der EDU-Fraktion reicht eine Selbstdeklaration der Unternehmer.

Der Gewinner soll anschliessend die geforderten Nachweise erbringen. Deshalb sind wir einstimmig für Annahme der Motion.

Daniel Hügli, Biel/Bienne (SP). Nur eine kurze Ergänzung und eine Meinungsäusserung zu den Selbstdeklarationen: Es ist interessant dass dies ausgerechnet von Seiten der Arbeitgeber kommt.

Ich möchte diese Arbeitgeber nun fragen: Wenn sich jemand bei euch für eine Stelle bewerben würde, würdet ihr eine Selbstdeklaration akzeptieren? Keine Diplome, keine Arbeitszeugnisse, kei- ne Referenzen: Würde euch das genügen? Diese Angaben könnte man ja auch später einholen – oder etwa nicht? Mir sind schon Beispiele von Selbstdeklarationen zu Ohren gekommen, die anga- ben, ein Unternehmen bilde Lernende aus. Nachher stellte sich heraus, dass dies nicht ganz der Fall war. Es gibt Leute, welche die Selbstdeklarationen als «Lugiblatt» bezeichnen. Leider ist es so, dass es einzelne Unternehmen gibt, welche die Selbstdeklaration missbrauchen. Diejenigen Arbeit-

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geber, die sich korrekt verhalten, müssen ganz klar geschützt werden. Deshalb ist es wichtig, diese Unterlagen schon von vornherein zu haben und nicht erst nachgeliefert zu bekommen.

Urs Muntwyler, Bern (Grüne). Im Volksmund sagt man, man solle etwas nur flicken, wenn es ka- putt ist. Und ich denke, in diesem Fall ist gar nichts kaputt. Es geht lediglich darum, dass Arbeitge- ber ein Formular einreichen. Solche, die kompetitiv gut aufgestellt sind, werden dazu doch wohl in der Lage sein. Mit dieser Motion wird eine gut funktionierende Lösung infrage gestellt. Stellen wir uns einmal vor, wir führen einen Architekturwettbewerb für den Campus der Berner Fachhochschule Biel durch. Das wird vom kommenden Jahr an aktuell. Rein im Planungsbereich geht es dabei um mehr als 25 Mio. Franken. Der Gewinner des Wettbewerbs schafft den Nachweis nicht. Der Wett- bewerb wird wiederholt, die Kosten trägt der Kanton. Es kommt zu einer grossen Bauverzögerung, die wiederum Kosten generiert. Und es stellt sich die Frage, wer für den Schaden aufkommt. Und dann wird man sagen, das war halt Bestandteil des Verfahrens. Das ist wirklich am falschen Ort gespart. Da wird eine unnötige Vereinfachung versucht. Wer den Nachweis nicht schafft, soll sich doch anderen Märkten zuwenden. Die Motion ist abzulehnen.

Barbara Egger-Jenzer, Bau-, Verkehrs- und Energiedirektorin. Ich kann nicht viel mehr zu dieser Motion sagen; die Antwort ist lang und ausführlich. Grossrat Sommer hat gesagt, dass das Gesetz eigentlich eine Garantie für einen fairen Wettbewerb sein sollte. Allerdings hat er aus meiner Sicht nicht den richtigen Schluss daraus gezogen. Das Gesetz muss sich in der Praxis von beiden Part- nern her bewähren. Wie Sie der Antwort entnehmen können, haben wir seit 2003 vom Verfahren her immer wieder Erleichterungen für das Gewerbe und für die Unternehmungen zugelassen. Wir müssen uns jedoch immer überlegen, warum es dieses Gesetz und diese Regelungen gibt: eben gerade, um einen fairen Wettbewerb unter den Anbietenden zu garantieren. Wenn sich jemand auf ein solches Wettbewerbsverfahren einlässt, weiss er, was er machen muss. Er weiss, dass er diese Nachweise beibringen muss. Das hat bisher noch nie zu Problemen geführt. Würden wir hingegen zulassen, dass die Nachweisformulare erst am Schluss eingereicht werden müssten, könnte es passieren, dass das ganze Verfahren wiederholt werden müsste. Dies umso mehr, als Grossrat Sommer selbst sagte, es gehe um Architektur- und Planungsbüros, die nicht jeden Tag eine solche Beschaffung machen und sich das nicht gewohnt sind; sie könnten durchaus etwas vergessen. Ich kann Ihnen sagen: Der Aufwand für eine solches Wettbewerbsverfahren ist für die Verwaltung, für den Beschaffer, immens. Lassen Sie doch die Regelung, die sich in den letzten Jahren bewährt und nie zu Problemen geführt hat, bestehen. Ich wiederhole: Es geht hier um Büros, die Beschaffungen nicht unbedingt gewohnt sind. Man muss verlangen, dass von Anfang an die Regeln eingehalten werden.

Adrian Haas, Bern (FDP). Ich möchte zuerst ein Missverständnis ausräumen. Es geht hier nicht um ein Arbeitgeberanliegen. Die ganze Idee kommt aus der Jury des Tramdepotwettbewerbs her- aus. Sie wird unterstützt von den Architekten, namentlich auch vom Geschäftsleiter dieses Wettbe- werbs, vom ehemaligen Grossrat Franz Biffiger, SP. Er unterstützt dieses Vorgehen, denn bei die- sem Wettbewerb mit rund hundert Teilnehmern haben wir entsprechende Erfahrung gemacht. Wir haben gesehen, dass es tatsächlich Verfahrensvereinfachungen gäbe, wenn man mit einer Selbst- deklaration fungieren würde. Eine Wettbewerbsteilnahme und eine Auftragserteilung sind eben nicht dasselbe. Es ist auch nicht so, dass es mit dem Vorgehen, das wir vorschlagen, keinen fairen Wett- bewerb gäbe. Der Bund hat das auch. Weshalb soll es also schlecht sein? Und weshalb soll die SIA für einen unfairen Wettbewerb eintreten? Das würde überhaupt keinen Sinn machen. Wir sind der Meinung, dass man das wirklich noch einmal seriös anschauen müsste. Wenn jemand an einem Planungswettbewerb teilnimmt, denke ich nicht, dass er das Risiko eingeht, die Nachweise nicht erbringen zu können, falls er den Wettbewerb gewinnt. Das wäre ein Megaimageschaden, den je- mand einfahren würde, wenn sich nachträglich öffentlich herausstellen würde, dass er diese Nach- weise nicht erbringen kann. Man kann durchaus darauf vertrauen, dass die Leute, die an Wettbe- werben teilnehmen, kein Interesse daran haben, öffentlich ins Messer zu laufen. Von daher ist die Gewähr geboten, dass das Verfahren funktioniert, zumal es, wie gesagt, in anderen Kantonen und beim Bund funktioniert. Ich nehme jedoch zur Kenntnis, dass gewisse kritische Bemerkungen ange- bracht wurden. Deshalb bin ich bereit, die Motion in ein Postulat zu wandeln. Damit kann die Ver- waltung die Geschichte noch einmal seriös prüfen. Vielleicht nimmt sie Kontakt mit dem SIA auf und kommt bei der nächsten Revision des Beschaffungsrechts zu einer guten Lösung.

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Präsident. Der Vorstoss wurde gewandelt, wir stimmen über das Postulat ab.

Abstimmung

Der Grosse Rat beschliesst:

Annahme

Ja 82

Nein 58

Enthalten 0

Präsident. Der Rat hat das Postulat angenommen.

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