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Untersuchung zum Vorkommen von Yersinia-enterocolitica-Infektionen während der Ferkelaufzuchtphase

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(1)

Tierärztliche Hochschule Hannover

Untersuchung zum Vorkommen von

Yersinia-enterocolitica-Infektionen während der Ferkelaufzuchtphase

INAUGURAL – DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer Doktorin

der Veterinärmedizin

- Doctor medicinae veterinariae - (Dr. med. vet.)

vorgelegt von Friederike Bothe

Hannover

Hannover 2015

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Karl-Heinz Waldmann

Klinik für kleine Klauentiere und forensische Medizin und Ambulatorische Klinik der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. med. vet. Karl-Heinz Waldmann Klinik für kleine Klauentiere und forensische Medizin und Ambulatorische Klinik der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

2. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. med. vet. Günter Klein

Institut für Lebensmittelqualität und –sicherheit der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Tag der mündlichen Prüfung: 12.05.2015

(3)

Meiner Familie –

Annemarie und Friedrich, Margret, Anneliese und Cord

(4)
(5)

1. Einleitung... 11

2. Literaturübersicht...13

2.1 Geschichte und Taxonomie ... 13

2.2 Systematik und Eigenschaften ...15

2.3 Biovar und Serotyp ... 18

2.4 Pathogenitätsfaktoren... 22

2.4.1 Pathogeneseüberblick ... 22

2.4.2 Chromosomalkodierte Pathogenitätsfaktoren... 23

2.4.3 Plasmidkodierte Pathogenitätsfaktoren ... 25

2.5 Nachweis von Y. enterocolitica...27

2.5.1 Bakteriologische Nachweisverfahren... 27

2.5.1.1 Voranreicherung ... 28

2.5.1.2 Feste Nährmedien ... 30

2.5.1.3. Biochemische und serologische Differenzierung ... 31

2.5.1.4. Bio- und Serotypisierung... 32

2.5.1.5. Biochemische Pathogenitätstests ... 32

2.5.2 Molekularbiologische Nachweisverfahren: Diagnostik mittels PCR ... 33

2.6 Serologische Nachweisverfahren ...38

2.7 Infektion und Krankheitsbild... 41

2.7.1 Krankheitsbild beim Menschen...41

2.7.2 Epidemiologie der humanen Infektion ... 44

2.7.3 Zusammenhang zwischen humaner und porziner Infektion... 46

7.2.4 Verbreitung des Erregers über das Lebensmittel ...48

2.7.5 Krankheitsbild beim Schwein...50

3. Eigene Untersuchungen ... 55

3.1 Material... 55

3.1.1 Betrieb ...55

3.1.2 Probennahme ... 56

3.1.3 Aufbereitung und Konservierung der Proben... 57

3.2 Methode... 57

3.2.1 Bakteriologische Untersuchung ...57

(6)

3.2.2 Serologische Untersuchung...62

3.2.3 Statistische Untersuchungen ...63

4. Ergebnisse... 64

4.1 Bakteriologie...64

4.1.1 Untersuchungsergebnisse der Sauen ... 64

4.1.2 Untersuchungsergebnisse der Ferkel... 64

4.1.3 Statistischer Vergleich der bakteriologischen Ergebnisse ... 67

4.2 Serologie ...68

4.2.1 Untersuchungsergebnisse der Sauen ... 68

4.2.2 Untersuchungsergebnisse der Ferkel... 68

4.2.3 Statistische Auswertung der serologischen Untersuchungsergebnisse...70

4.3 Vergleich der serologischen und bakteriologischen Ergebnisse... 71

4.4 Einfluss des serologischen Status der Sauen auf die Ferkel ... 73

5. Diskussion ... 75

5.1 Diskussion von Material und Methode... 75

5.1.1 Auswahl des Bestandes ... 75

5.1.2 Auswahl des Beprobungszeitraums ... 75

5.1.3 Auswahl des Probenmaterials ...76

5.1.3.1 Serumproben ... 76

5.1.3.2 Tonsillentupfer und Kottupfer ... 77

5.1.4 Auswahl der Methoden... 79

5.1.4.1 Serologie... 79

5.1.4.2 Bakteriologie ... 80

5.2 Diskussion der Ergebnisse ... 82

5.2.1 Bakteriologische und serologische Ergebnisse der Ferkel ... 82

5.2.2 Infektionsquellen, Einflussfaktoren und Bedeutung der Sauen... 89

5.3 Schlussfolgerungen ... 94

6. Zusammenfassung ... 96

7. Summary ... 98

8. Literaturverzeichnis... 100

9. Anhang ... 128

9.1. Tabellenverzeichnis... 128

(7)

10. Danksagung ...131

(8)

16s Untereinheit eines Ribosoms Abb. Abbildung

Ail attachment-invasion locus

bp Basenpaar

CASO Caseinpepton-Sojamehlpepton-Bouillon CIN Cefsulodin-Irgasan-Novobiocin

CRMOX Congo-Red-Magnesium-Oxalat-Agar

Da Dalton

DIN EN ISO Deutsches Institut für Normung Europäische Normung International Standards Organisation

DNA desoxyribonucleic acid

EFSA European Food Savety Authority EHEC enterohämorrhagische Escherichia coli ELISA Enzyme Linked Immunosorbent Assay et al. et alii

Fa. Firma

GALT gut associated lymphoid tissue H-Antigen Geißel-Antigen

IfSG Infektionsschutzgesetz

Ig Immunglobulin

Inv Invasin

ITC Irgasan-Ticarcillin-Kaliumchlorat

kb Kilobasen

KbE Koloniebildende Einheit KBR Komplementbindungsreaktion kDA Kilodalton

LcrV Yersinia low-Ca2+ response V antigen LPS Lipopolysaccharid

MRB Modifizierte Rappaportbouillon n Anzahl der Proben

nm Nanometer

Nr. Nummer

(9)

O-Antigen Oberflächenantigen OD optische Dichte p. inf. post infectionem

PBS Phosphate Buffered Saline PCR Polymerase Chain Reaction p. n. post natum

p. p. post partum

pYV Plasmid für Yersinia-Virulenz rRNA ribosomale Ribonukleinsäure

sp. Spezies

spp. Subspezies

SSDC Salmonella-Shigella-Desoxylat-Citrat-Agar Tab. Tabelle

Taq Thermus aquaticus

Tris-EDTA tris(hydroxymethyl)aminomethane ethylenediaminetetraacetic acid VYE virulent Yersinia enterocolitica

Y. Yersinia

Yad Yersinia adhesin Yop Yersinia outer protein

(10)

Bothe, F., von Altrock, A., Roesler, U., Strotmann, C., Klein, G., Waldmann, K.-H.

(2008):

Study of the seroconversion of Yersinia enterocolitica in different aged pigs in a German farrow-to-feeder herd. 20th Int. Pig Vet. Soc. Congress, 22.-26.06.2008, Durban, Südafrika

Bothe, F., von Altrock, A., Roesler, U., Strotmann, C., Klein, G., Waldmann, K.-H.

(2008):

Untersuchung zum Nachweis von Yersinia-enterocolitica-Infektionen während der Ferkelaufzuchtphase. 1st national conference of Yersinia, 25.-26.07.2008, Braunschweig

(11)

1. Einleitung

In der Europäischen Union wurden im Jahr 2011 insgesamt 7017 bestätigte Fälle von Yersiniose gemeldet. Die Yersiniose ist damit nach der Campylobacteriose, Salmonellose und EHEC-Infektionen die vierthäufigste lebensmittelassoziierte Zoonose in Deutschland und der EU und wird hauptsächlich durch Yersinia enterocolitica ausgelöst (EFSA 2013).

Die klinischen Erscheinungen reichen beim Menschen von selbstlimitierenden Enteritiden bis zu schwerwiegenden Krankheitsverläufen mit Septikämie und auch sekundäre Erscheinungen, wie reaktive Arthritis, sind beschrieben (BOCKEMÜHL u.

WONG 2003, BOCKEMUHL u. ROGGENTIN 2004). Als Hauptinfektionsquelle gelten kontaminierte Lebensmittel, in erster Linie rohes oder unzureichend erhitztes Schweinefleisch oder Innereien (TAUXE et al. 1987, KAPPERUD et al. 1995). Ein Erregernachweis gelingt beim Schwein häufig aus Tonsillenmaterial und Kot (KAPPERUD 1991, FREDRIKSSON-AHOMAA et al. 2000a, VAN DAMME et al.

2014). Schweine sind deshalb in der Regel als symptomlose Träger das Primärreservoir für die humanpathogenen Serotypen O:3, O:9 und O:5,27 (NEUBAUER et al. 2001b).

Die Epidemiologie der Yersinia-enterocolitica-Infektion gilt als komplex und oft schlecht verstanden (FREDRIKSSON-AHOMAA u. KORKEALA 2003). Trotz intensiver Studien über das Vorkommen von Yersinia enterocolitica in Schweineherden, die potentielle Verbreitung und die Kontaminationswege bei der Schlachtung sowie der Entwicklung neuer, sensitiverer und schnellerer Untersuchungsmethoden ist das Wissen um den Ablauf der Infektion immer noch lückenhaft. Um die Infektionsgefahr für den Menschen zu minimieren, bedarf es jedoch der Kontrolle der Erregerausbreitung bereits im Schweine haltenden Betrieb, wofür ein umfassendes Verständnis des Infektionsgeschehens unabdingbar ist.

Der Beginn der Infektion beim Schwein ist für ein frühzeitiges Eingreifen von besonderem Interesse. Die vorliegende Arbeit soll deshalb einen Beitrag zur Frage des Infektionszeitpunktes und des Infektionsablaufs beim Ferkel leisten. In diesem Zusammenhang wird der Frage der Infektionsquelle und damit des oft vermuteten

(12)

Einflusses infizierter und potentiell als Erregerreservoir dienender Muttersauen nachgegangen und eine mögliche Erregerübertragung von der Muttersau auf die zugehörigen Ferkel untersucht. Gleichzeitig wird der Nachweis von Yersinia enterocolitica aus Tonsillentupfern des lebenden Tieres geprüft und mit dem üblichen Nachweisverfahren aus dem Kot verglichen.

(13)

2. Literaturübersicht

2.1 Geschichte und Taxonomie

Die Gattung Yersinia wurde durch VAN LOGHEM (1944) nach dem Schweizer Tropenarzt Alexandre Emile Jean Yersin (1863-1943) benannt, dem es 1894 im Rahmen von Forschungsarbeiten des französischen Medizinkorps in Hongkong erstmals gelang, den Erreger der menschlichen Pest (ehemals Pasteurella pestis, heute Yersinia pestis) zu isolieren.

Eine Beschreibung des heute als Yersinia (Y.) enterocolitica bekannten Erregers fand erstmals 1934 durch MCIVER und PIKE in den USA statt. Sie berichteten von einem gramnegativen Kokkobazillus unter dem Namen Flavobacterium pseudomallei Whitmore, den sie aus den Gesichtsabzessen eines 53jährigen Farmarbeiters isolierten. Die Zervikallymphknoten waren ebenfalls betroffen und, da die Infektion mit einer Beteiligung der Stirnhöhlen einherging, vermuteten die Autoren Aktinomykose, Rotz oder Tuberkulose, doch konnten biochemisch keine Übereinstimmungen mit den Erregern dieser Krankheiten gefunden werden.

Daraufhin schlossen MCIVER und PIKE (1934), dass sie es mit einer neuen Bakterienspezies zu tun hätten oder, wahrscheinlicher, mit einer atypischen Form eines bereits bekannten Erregers.

Fünf Jahre später fand das Isolat durch zwei Mitarbeiter des Gesundheitsamtes des Staates New York, SCHLEIFSTEIN und COLEMAN (1939), weitere Beachtung, als sie vier als Actinobacillus-lignieresii- und Pasteurella-pseudotuberculosis-ähnlich beschriebene Erreger untersuchten. Da sich die fünf Isolate durch ihre Eigenschaften ausreichend von diesen Spezies unterschieden und drei der Isolate aus Darminhalt stammten, schlugen sie den Namen Bacterium enterocoliticum vor.

In den darauf folgenden Jahren waren aufgrund der Ähnlichkeit mit Pasteurellen verschiedene Bezeichnungen wie Pasteurella pseudotuberculosis rodentium (HÄSSIG et al. 1949), Pasteurella X (KNAPP u. THAL 1963), Pasteurella Type B oder Keim X (PUTZKER et al. 2001) bei ähnlichen Isolaten geläufig. Erst im Jahr 1964 schlug FREDERIKSEN nach vergleichenden Untersuchungen von 55

(14)

Stämmen, darunter auch Stämme von SCHLEIFSTEIN und COLEMAN und HÄSSIG, vor allem aufgrund biochemischer Unterschiede die Einführung einer separaten Spezies vor. Damit wurde Y. enterocolitica innerhalb der Familie der Enterobacteriaceae etabliert.

Auch diese neue Spezies war sehr heterolog. Bei biochemischen und DNA- Untersuchungen von Y. enterocolitica traten vier Verwandtschaftsgruppen auf (BRENNER et al. 1976), was schließlich zur Unterteilung in Y. enterocolitica und vormals als „atypische Yersinia enterocolitica“ oder „Yersinia enterocolitica-like“

bezeichneten Stämme führte. Diese wurden nun zu den eigenständigen Spezies Y. intermedia (BRENNER et al. 1980), Y. kristensenii (BERCOVIER et al. 1980), Y. frederiksenii (URSING et al. 1980), Y. aldovae (BERCOVIER et al. 1984), Y. rohdei (ALEKSIC et al. 1987), Y. mollaretii und Y. bercovieri (WAUTERS et al.

1988b). 2005 wurde aus Y. kristensenii die Spezies Y. aleksiciae sp. nov.

(SPRAGUE u. NEUBAUER) aufgrund phänotypischer und genetischer Eigenschaften ausgegliedert. Außerdem wurden 2008 zwei weitere neue Mitglieder der Familie Yersinia identifiziert: Y. similis, vormals der Spezies Y. pseudotuberculosis zugeordnet (SPRAGUE et al.), und Y. massiliensis, ein aus Wasser stammendes Isolat (MERHEJ et al. 2008). In 2011 folgten drei weitere Spezies: Y. entomophaga sp. nov., Y. nurmii sp. nov. und Y. pekkanenii sp. nov.

(HURST et al. 2011, MURROS-KONTIAINEN et al. 2011a, MURROS-KONTIAINEN et al. 2011b).

Innerhalb der Spezies Y. enterocolitica kam es durch weitere Untersuchungen, die Sequenzunterschiede am 16S rRNA-Gen aufzeigten, zunächst zu einer Unterteilung in amerikanische und europäische Stämme (IBRAHIM 1995, NEUBAUER et al.

1999) in Anlehnung an ihren Isolierungsort. Später schlugen NEUBAUER et al.

(2000a) eine Einteilung in zwei Subspezies vor, da nach der Isolierung eines europäischen Stamms in den USA diese Einteilung nicht mehr sinnvoll erschien:

Y. enterocolitica ssp. enterocolitica für den ATCC-9610-Stammtyp, ehemals

„American strains“, und Y. enterocolitica ssp. palearctica für die Y-711-Typen, ehemals Isolate europäischen Ursprungs.

(15)

2.2 Systematik und Eigenschaften

Die Gattung Yersinia gehört zu den gramnegativen fakultativ anaeroben Stäbchenbakterien und darin zur Familie der Enterobacteriaceae (ALEKSIC u.

BOCKEMÜHL 1990).

Yersinia ssp. sind gramnegative, kokkoide bis pleomorphe, sporenlose Kurzstäbchen mit einer Breite von 0,8-1 μm und einer Länge von 1-3 μm. Sie wachsen aerob, fakultativ anaerob ohne besondere Ansprüche an Nährböden, sind alkalistabil, Oxidase-negativ und Katalase-positiv. Bis auf Y. bercovieri, Y. pestis und Y. ruckeri sind sie überdies Urease-positiv (HOLT 1994). Unter Säurebildung fermentieren Yersinien Kohlenhydrate ohne oder mit nur geringer Gasbildung. Außerdem reduzieren sie Nitrat zu Nitrit. Ihre DNA zeigt einen Guanin-Cytosin-Gehalt zwischen 46,0 und 48,5 mol % (BERCOVIER u. MOLLARET 1984). Sie sind psychrotolerant, wobei ihr Wachstumsoptimum bei 28 bis 30 °C liegt. Mit Ausnahme von Y. pestis und einigen Stämmen von Y. ruckeri (HOLT 1994) sind Yersinien bei 22-28 °C aufgrund peritricher Geißeln beweglich. Die Ausbildung der Geißeln ist jedoch temperaturabhängig. Da sie bei höheren Temperaturen nicht mehr ausgebildet werden, geht die Beweglichkeit bei 37 °C verloren (NEUBAUER et al. 2001a, SELBITZ 2002).

Zurzeit gehören zum Genus folgende 18 Spezies (ALEKSIC u. BOCKEMÜHL 1990, CARNIEL 2003, SPRAGUE u. NEUBAUER 2005, MERHEJ et al. 2008, SPRAGUE et al. 2008, HURST et al. 2011, MURROS-KONTIAINEN et al. 2011a, MURROS- KONTIAINEN et al. 2011b, SAVIN et al. 2014):

1. Yersinia pestis

2. Yersinia pseudotuberculosis

- Yersinia pseudotuberculosis ssp. pestis

- Yersinia pseudotuberculosis ssp. pseudotuberculosis 3. Yersinia enterocolitica

- Yersinia enterocolitica ssp. enterocolitica - Yersinia enterocolitica ssp. palearctica

(16)

4. Yersinia intermedia 5. Yersinia kristensenii 6. Yersinia frederiksenii 7. Yersinia aldovae 8. Yersinia rohdei 9. Yersinia mollaretii 10. Yersinia bercovieri 11. Yersinia ruckeri 12. Yersinia aleksiciae 13. Yersinia similis 14. Yersinia massiliensis 15. Yersinia entomophaga 16. Yersinia nurmii

17. Yersinia pekkanenii 18. Yersinia wautersi

Durch weitere Genomuntersuchungen sind allerdings Änderungen und Ergänzungen der bisherigen Genus- und Spezies-Einteilung zu erwarten. Vor allem der taxonomische Status der 1978 in das Genus eingliederten fischpathogenen Spezies Yersinia ruckeri (EWING et al.), die bei Salmoniden zur so genannten „enteric redmouth disease“ führt, ist aufgrund geringer DNA-Homologie unklar (HEESEMANN 1994, BOCKEMÜHL u. WONG 2003).

Als humanpathogen gelten die Spezies Y. pestis, Y. pseudotuberculosis und einige Serovare von Y. enterocolitica. Sie sind obligate Krankheitserreger des Menschen, während die übrigen zwar ebenfalls in klinischem Proben nachgewiesen werden, ihnen aber allenfalls eine opportunistische Bedeutung zukommt (BOCKEMÜHL u.

ROGGENTIN 2004). Die labordiagnostische Abgrenzung von apathogenen und pathogenen Yersinien erscheint deshalb besonders wichtig (BOCKEMÜHL u. WONG 2003).

(17)

Y. pestis ist der Erreger der Pest der Nagetiere und des Menschen. Eine Übertragung findet durch Arthropoden, hauptsächlich Flöhe, statt und führt beim Menschen zur Beulen- und Lungenpest. Naturherde gibt es heute noch in Teilen Asiens, Afrikas, Nord- und Südamerikas. Nach WHO-Angaben traten 2003 insgesamt 2118 Pestfälle auf, wovon 182 Fälle tödlich verliefen. Der Großteil der Erkrankungen ereignete sich in Afrika (SELBITZ 2007).

Y. pseudotuberculosis und die pathogenen Biovar-Serovar-Kombinationen von Y. enterocolitica gehören zu den oral erworbenen, enteralen Yersinia-Infektionen und werden häufig unter dem Begriff Yersiniose zusammengefasst. Sie werden vornehmlich über Nahrungsmittel übertragen und die daraus resultierenden Erkrankungen deswegen den „foodborne diseases“, den durch Lebensmittel hervorgerufenen Erkrankungen, zugerechnet.

Yersiniosen verursachen beim Menschen in erster Linie gastrointestinale Erkrankungen (siehe Kapitel 2.7.1, Tabelle 4). Daneben können immunologisch bedingte Folgeerkrankungen, vor allem in Form reaktiver Arthritis, seltener Myokarditis, Glomerulonephritis, Thyreoiditis oder Erythema nodosum auftreten (BOCKEMÜHL u. WONG 2003, BOCKEMÜHL u. ROGGENTIN 2004). Im Gegensatz zu Y. enterocolitica ist Y. pseudotuberculosis vor allem tierpathogen und wird nur selten beim Menschen nachgewiesen (BOCKEMÜHL u. ROGGENTIN 2004). Der Erreger kommt bei zahlreichen Wild- und Haussäugetieren sowie Vögeln vor, wobei seuchenhafte Erkrankungen vor allem in größeren Nagetier-, Zootier-, Geflügel- und Stubenvogelhaltungen zu beobachten sind. Ansonsten stehen Einzeltiererkrankungen, die so genannte Pseudotuberkulose, und latente Infektionen im Vordergrund (ALEKSIC u. BOCKEMÜHL 1990). Bei einer Infektion des Menschen kann es, wenn auch eher selten, neben akut bis chronischen Enteritiden zu einem septisch-typhösen, teils tödlichen Verlauf kommen (DEDIÉ et al. 1993).

(18)

2.3 Biovar und Serotyp

Trotz Ausgliederung der ehemaligen Y. enterocolitica-like-Spezies blieb Y. enterocolitica eine heterogene Gruppe pathogener und apathogener Stämme, die sich in ihren biochemischen und antigenen Eigenschaften sowie ihrem Umweltverhalten teils stark unterschieden. Darum wurde eine Untergliederung in Biovare und Serotypen eingeführt.

Die Einteilung in 5 Biovare erfolgte erstmalig 1969 (NILEHN). Über die Jahre wurde diese Einteilung verändert und zu dem heute gültigen Biotypisierungsschema nach WAUTERS et al. (1987) erweitert. Dieses unterteilt Y. enterocolitica in 6 Biovare (1A, 1B, 2, 3, 4 und 5). Neben der Substratverwertung wird dabei auch die unterschiedliche Pathogenität berücksichtigt. Tabelle 1 zeigt die verschiedenen Reaktionen, von denen einige, wie die Verstoffwechselung verschiedener Zucker, die Voges-Proskauer-Reaktion und die Messung der Pyrazinamidase, auch bereits bei der Speziesdiagnostik Verwendung finden. Das Biovar 1A, das als einziges Äskulin und Salicin verstoffwechseln kann, galt hierbei lange als apathogener Umweltkeim und Saprophyt. Ihm fehlt die Letalität im Mäuseversuch, doch wird es zunehmend bei gastrointestinalen Infektionen gefunden. TENNANT et al. (2003) gliedern Vertreter dieser Gruppe deshalb in zwei Untergruppen: pathogene Stämme klinischen Ursprungs und apathogene Umweltisolate. Im Biovar 1B befinden sich humanpathogene Stämme, die vor allem in den USA isoliert werden. Die europäischen humanpathogenen Y. enterocolitica gehören zu den Biovaren 2, 3 und 4, während tierpathogene Stämme den Gruppen 3 und 5 zuzuordnen sind (ALEKSIC u. BOCKEMÜHL 1990).

(19)

Tabelle 1: Biovareinteilung von Y. enterocolitica nach WAUTERS et al. (1987)

Reaktion Biovar

1A 1B 2 3 4 5

Lipase + + - - - -

Äskulin + - - - - -

Salicin + - - - - -

Indol + + (+) - - -

Xylose + + + + - +/-

Trehalose + + + + + -

Pyrazinamidase + - - - - -

ß-Glucuronidase + - - - - -

Voges-Proskauer + + + + + (+)

Prolinpeptidase +/- - - -

Inkubation bei 28 °C über 48 h; + = positiv, (+) = schwach positiv, - = negativ, +/- = variabel

Die Einteilung in Serotypen erfolgt anhand verschiedener Antigene, von denen die der Oberfläche (O-Antigene, Bezeichnung mit arabischen Ziffern (SCHIEMANN 1989) und der Geißeln (H-Antigene, Benennung mit lateinischen Buchstaben) auch diagnostisch von Bedeutung sind. Im Gegensatz zu den O-Antigenen, die bei mehreren Yersinia-Arten vorkommen können, sind die H-Antigene speziesspezifisch und können damit gleichzeitig zur direkten Speziesidentifizierung herangezogen werden (ALEKSIC u. BOCKEMÜHL 1990).

Über die Jahre entwickelten sich Schemata mit insgesamt 60 O-Gruppen, von denen nur 28 Serogruppen zu Y. enterocolitica und die restlichen zu den ehemaligen Y. enterocolitica-like-Spezies Y. frederiksenii, Y. intermedia und Y. kristensenii gehören (ALEKSIC u. BOCKEMÜHL 1990). Außerdem wurden bislang 44 H- Antigenfaktoren gefunden, von denen 18 Y. enterocolitica zuzurechnen sind, so dass durch Kombinationen bisher 214 Yersinia-Serovare unterschieden werden konnten (ALEKSIC u. BOCKEMÜHL 1990). Zur Vereinfachung und um der klinischen Relevanz von Y. enterocolitica Rechnung zu tragen, wurde daraufhin ein Schema einzig für Serovare dieser Spezies vorgeschlagen (ALEKSIC u. BOCKEMÜHL 1984).

(20)

Bedeutung für die Diagnostik von Krankheitserregern bei Mensch und/oder Tier haben nur die in Tabelle 2 aufgeführten O-Antigene in Kombination mit verschiedenen H-Antigenen. Die Tabelle zeigt neben Antigenen und Biovaren Wirte und geographische Verbreitung der Stämme und veranschaulicht, dass in Europa vornehmlich den Serogruppen O:3, O:9 und O:5,27 eine Bedeutung bei Infektionen zukommt. Hingegen beobachtete man in den USA lange Zeit fast ausschließlich die Gruppen O:8, O:4,32, O:18, O:20 und O:21 des Biovar 1B (ALEKSIC u.

BOCKEMÜHL 1990), doch haben auch hier die O:3-Isolate bei Patienten stark zugenommen und übertreffen mittlerweile sogar die Biovar 1B-Isolate (HEESEMANN 1994). Umgekehrt konnte in Deutschland im Oktober 2001 erstmalig die Infektion eines Jungen mit dem „amerikanischen“ Stamm Y. enterocolitica O:8, Biovar 1B mit allen Virulenzeigenschaften des Erregers und einer Antikörperantwort auf Virulenzplasmid-assoziierte Antigene nachgewiesen werden (ROBERT-KOCH- INSTITUT 2002).

(21)

Tabelle 2: O- und H-Antigene, Biovarverfügbarkeit, Herkunft und geographische Verbreitung humanpathogener Y.-enterocolitica-Stämme nach DEDIÉ et al. (1993) O-Antigen H-Antigen Biovar Herkunft Vorkommen

1, 2a, 3 a, b, c 3 Chinchilla Europa, USA

2a, 2b, 3 b, c 5 Hase, Ziege,

Kaninchen, Affe Europa

3 a, b, c 4 Mensch, Schwein

a, b, c, v Hund, Katze, Ratte a, c

Europa, Südafrika, Kanada, Japan, USA, Südamerika,

Australien

c 4 Mensch, Schwein Deutschland,

Norwegen 4, 32 b, e, f, i 1B Mensch,

Lebensmittel USA

5, 27 a, b, c 2 od. 3 Mensch, Hund, Affe, Wildtiere, Milch b, c 2 od. 3 Milchprodukte,

Oberflächenwasser

Deutschland, Niederlande, USA, Kanada, Japan, Australien 8 b, e, f, i 1B Mensch, Schwein USA, Kanada

b, e, f, i, v Milch, Milchprodukte, Trinkwasser

9 a, b 2 Mensch, Schwein, Europa, Japan

a, b, c 2 Hund, Katze, Ratte a, b, c, v 3

a, c

13a, 13b a, b, i 1B Mensch, Affe, Milch USA

18 b, e, f, i 1B Mensch USA

20 b, e, f, i 1B Mensch, Hund, Ratte USA

21 b, e, f, i 1B Mensch USA

(22)

2.4 Pathogenitätsfaktoren 2.4.1 Pathogeneseüberblick

Um die Infektion eines Makroorganismus herbeizuführen, muss das Bakterium nach der Übertragung in den Körper eindringen, dort überleben und sich vermehren können. Dazu sind sowohl infektiöse Eigenschaften, wie zum Beispiel Kontagiosität, Tenazität oder Eindringvermögen, als auch die Fähigkeit, den Organismus zu schädigen, vonnöten. Für einen Enteritiserreger ist die Kolonisation des Darmtraktes das dringlichste Ziel, wozu Magen, Darmlumen, Mukusschicht und Epithelzellen durchquert werden müssen, um an der darunter liegenden Bürstensaummenbran anheften zu können. Erkenntnisse und Einblicke in den Infektionsablauf vermitteln dabei Untersuchungen an Infektionsmodellen, wie Maus, Ratte, Kaninchen (DEDIÉ et al. 1993) und Zelllinien.

Y. enterocolitica findet man besonders im Bereich des terminalen Ileums und proximalen Kolons, von wo der Erreger über die M-Zellen weiter in die Peyerschen Platten vordringt (BOTTONE 1997). Anheftung und Eindringen in die M-Zellen, die die Peyerschen Platten umgeben, wird dabei über ein plasmidkodiertes Membranprotein, YadA, das auch die Haftung im Mukus vermittelt, und zwei so genannte „entry proteins“, Ail und Inv, beides chromosomalkodierte Genprodukte, initiiert (ISBERG u. FALKOW 1985, MILLER u. FALKOW 1988, ISBERG u. LEONG 1990). Danach erfolgt die Infiltration der Peyerschen Platten mit einer weitaus stärkeren Kolonisation als die der umliegenden Epithelien (HANSKI et al. 1989). Die pathogenen Stämme, vor allem die hochvirulenten amerikanischen Serovare, vermehren sich dort extrazellulär, zerstören die histologische Struktur des lymphatischen Gewebes, sind teils resistent gegenüber Phagozytose und streuen in andere Organe, wie Leber, Milz und mesenteriale Lymphknoten, wo es zur Abszessbildung und je nach Infektionsdosis zum Tod des Tieres kommen kann (HANSKI et al. 1989, HEESEMANN 1990, GRÜTZKAU et al. 1993). Apathogene Yersinien passieren zwar auch die M-Zellen, werden jedoch, ohne die Peyerschen Platten zu zerstören, eliminiert (BOTTONE 1997).

(23)

Für Initiation und Ausbruch einer Infektion sind demnach verschiedene pathogene Eigenschaften des Erregers nötig, die die einzelnen Phasen unterstützen und dem Bakterium das Eindringen, Überleben und die Vermehrung im Wirt ermöglichen.

Diese Pathogenitäts- oder Virulenzeigenschaften lassen sich bei Y. enterocolitica in chromosomal- und plasmidkodierte Faktoren unterteilen (HEESEMANN 1990).

2.4.2 Chromosomalkodierte Pathogenitätsfaktoren

Zu den wichtigsten chromosomalen Genen für die Pathogenität gehören die bereits oben genannten Genorte für die „entry proteins“: Das inv- und ail-Gen.

Das inv-Gen codiert für ein 103 kDa großes Membranprotein, Invasin, das das Eindringen in die M-Zellen des Epithels der Peyerschen Platten durch Bindung an Integrine ermöglicht und damit die Infektion einleitet (ISBERG u. LEONG 1990).

Erstaunlich ist dies, da das Protein bei 37 °C und einem neutralen pH-Wert nur gering exprimiert wird. Doch konnten PEPE et al. (1994) in ihren Versuchen zeigen, dass eine Absenkung des pH-Wertes auf ungefähres Dünndarmniveau (pH-Wert 6) wieder zu einer maximalen Expression führt. Das inv-Gen besitzen alle Y. enterocolitica. Es kommt jedoch nur bei pathogenen Stämmen zur Transkription und Expression.

Das ail (attachment invasion locus)-Gen kodiert für ein 17 kDa großes Oberflächenprotein, das neben Anheftung und Invasion in die Zelle auch an der bakteriellen Serumresistenz beteiligt ist (BLISKA u. FALKOW 1992, PIERSON u.

FALKOW 1993). Es verhindert neben YadA (siehe Kapitel 4.3), möglicherweise durch die Bindung an einen Serumfaktor oder eine Komplement-Komponente, die Bildung eines Angriffkomplexes. PEPE et al. (1995) zeigten im Mausmodell, dass ail- Deletionsmutanten zwar auch in die Mukosa eindringen, dort aber innerhalb von zwei Tagen eliminiert werden. Eine maximale Expression findet bei 37 °C statt (MILLER u.

FALKOW 1988).

Ein weiterer chromosomalkodierter Faktor ist das yst-Gen, das für das hitzestabile Enterotoxin Yst kodiert (HEESEMANN 1990). Seine Beteiligung am Druchfallgeschehen wird noch diskutiert, da seine Expression bei Temperaturen

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unter 30 °C stattfindet. MIKULSKIS et al. (1994) konnten allerdings zeigen, dass unter dem Ileum angepassten Bedingungen eine gute Synthese des Proteins erfolgt.

Eine genaue Klärung der Eigenschaften des yst-Gens bleibt abzuwarten. Das Gen besitzen pathogene Y. enterocolitica und einige Isolate von Y. kristensenii (DELOR et al. 1990).

Die Hauptkomponenten der Außenmembran gramnegativer Bakterien, die Lipopolysaccharide (LPS), sind ebenfalls chromosomal kodiert (HEESEMANN 1990).

Sie liegen je nach Temperatur in unterschiedlicher Struktur vor und gegen diese Strukturen werden Antikörper gebildet (BOTTONE 1997). Teile des LPS sind die bereits genannten und zur Serotypisierung verwendeten O-Antigene. Dieses sind Polysaccharidseitenketten, die für eine volle Virulenz des Erregers erforderlich und an der Resistenz gegenüber dem Abwehrsystems des Wirtes beteiligt sind (AL- HENDY et al. 1992).

Ein wichtiger Faktor bei der Vermehrung von Y. enterocolitica ist die Eisenversorgung. Die Aufnahme erfolgt über ein chromosomal kodiertes Eisenaufnahmesystem. Die Serotypen O:3, O:9, O: 5,27, O:1,2,3 und O:20 besitzen dafür einzig den membranständigen Rezeptor FyuA zur Aufnahme des Eisens (HEESEMANN 1990), während die hochpathogenen Stämme des Biovars 1B und der Serotypen O:8 und O:21 zusätzlich in der Lage sind, ein Siderophor bzw. ein Eisenkomplexon zu bilden. Dieses sogenannte Yersiniabactin wird sezerniert, bindet von eukaryontischen Molekülen gebundenes Eisen und wird über den Rezeptor wieder aufgenommen. Die hierfür verantwortliche Genregion scheint ein wichtiger Pathogenitätsfaktor der Biovar 1B-Stämme zu sein, denn der Gen-Transfer in weniger pathogene Stämme führt bei diesen zu einer starken Pathogenitätssteigerung (PELLUDAT et al. 2002).

Ein weiterer chromosomaler Genkomplex (ure) kodiert für das Enzym Urease (DE KONING-WARD et al. 1994). Dieses hydrolysiert Harnstoff zu Ammoniak und Kohlendioxid, wodurch es zum Anstieg des pH-Wertes und damit zur Alkalisierung und Erleichterung der Magenpassage kommt (DE KONING-WARD u. ROBINS- BROWNE 1995). Der pathogene Einfluss konnte durch eine Untersuchung am Nagermodell untermauert werden: GRIPENBERG-LERCHE et al. (2000)

(25)

beobachteten eine deutliche Virulenzabnahme bei Infektionen mit ureasenegativen Y.-enterocolitica-Mutanten.

2.4.3 Plasmidkodierte Pathogenitätsfaktoren

Weitere Gene für Virulenzfaktoren liegen auf einem ca. 70 kb großen Virulenzplasmid, pYV (plasmid for Yersinia virulence) (PORTNOY u. FALKOW 1981), dessen Verwandtschaftsgrad bei den verschiedenen Yersinia-Arten bei 50-90% liegt (HEESEMANN 1994). Es wurde bisher nur in pathogenen Yersinien gefunden.

Apathogene Y. enterocolitica und andere apathogene Yersinien besitzen kein Plasmid (SCHIEMANN u. DEVENISH 1982, SKURNIK et al. 1983, DEDIÉ et al.

1993). CORNELIS et al. (1998) konnten die Elimination der plasmidlosen Y. enterocolitica nachweisen. Bei der in-vitro-Vermehrung ist zu beachten, dass das Plasmid verloren gehen kann (BERCOVIER u. MOLLARET 1984, BOTTONE 1997).

Bedeutung hat dies vor allem für diagnostische Methoden, die auf plasmidkodierten Virulenzfaktoren beruhen.

pYV kodiert für eine Vielzahl löslicher Polypeptide, sogenannter „Yersinia outer proteins“ (Yops), und deren Typ III-Sekretionsapparat. Diesen Polypeptiden wird unter anderem Bedeutung bei der Phagozytose- und Serumresistenz sowie eine zytotoxische Funktion zugeschrieben (DEDIÉ et al. 1993). Die Transkription der Proteine ist temperatur- und calciumabhängig (37 °C, Calciumgehalt ≤10-4mol/l) (STRALEY et al. 1993).

Über das Sekretionssystem gelangen die Yops als Effektorproteine mit unterschiedlichen Funktionen in die Zelle und stören die Immunantwort des Wirtes (CORNELIS 2002a). Dies geschieht durch die Blockierung der Signalkaskaden in den Zielzellen. Dadurch wird die Reaktionsfähigkeit der Zelle gehemmt, Phagozytose und Antigenerkennung verhindert sowie die Apoptose der Abwehrzellen eingeleitet (CORNELIS 1998).

Zu den bislang entdeckten Yops gehören die vier Effektormoleküle YopE, YopH, YopO und YopT. Durch ihre Sezernierung ist eine Beeinträchtigung des Zytoskeletts infizierter Zellen nachgewiesen (CORNELIS 2002b). Dies führt zu einer starken

(26)

Phagozytoseresistenz der Yersinien gegenüber Makrophagen und polymorphkernigen Leukozyten (ROSQVIST et al. 1990, BLISKA u. BLACK 1995, VISSER et al. 1995, ANDERSON u. SCHNEEWIND 1999, GROSDENT et al. 2002).

Offensichtlich ist das Zusammenspiel dieser vier Yops entscheidend, denn bereits beim Fehlen nur eines Effektormoleküls ist eine weitaus wirkungsvollere Phagozytose der Bakterien durch die körpereigenen Abwehrzellen zu beobachten (GROSDENT et al. 2002).

Andere Yops, wie YopP und YopH, fördern das Überleben und die Ausbreitung der Yersinien durch ihre immunsuppressive Wirkung. Sie behindern die proinflammatorische Antwort in der Zielzelle, indem Produktion und Ausschüttung der Cytokine, Chemokine und Adhäsionsmoleküle vermindert werden (SCHULTE et al.

1996, BOLAND u. CORNELIS 1998, DENECKER et al. 2002).

Gemeinsam mit LcrV (Yersinia low-Ca2+ response V antigen), einem multifunktionellem Protein, sind YopB und YopD an der Ausbildung einer Pore und der Translokation der Effektormoleküle in die Zielzelle beteiligt (MARENNE et al.

2003, MUELLER et al. 2005).

Das ebenfalls plasmidcodierte YadA (Yersinia adhesion A) ist ein ca. 200 kDa großes Membranprotein, das wie die Yops nur bei 37 °C ausgebildet wird. Seine Expression ist allerdings calciumunabhängig. YadA spielt eine große Rolle als Adhäsin bei der Darmkolonisierung durch Bindung an den Bürstensaum der Darmzotten. Es ist aber schon vorab an der Adhärenz des Bakteriums im Mukus beteiligt (PAERREGAARD et al. 1991). Daneben trägt es zum Schutz vor dem Komplementbindungssystem und der Zerstörung durch neutrophile Granulozyten bei (RUCKDESCHEL et al. 1996). Im Mausmodell wurde nachgewiesen, dass die Ausschaltung von yadA zur Virulenzabnahme und zum Verlust der Phagozytoseresistenz und Überlebensfähigkeit im Serum führt (HEESEMANN 1990).

Die gleichfalls YadA-assoziierte Eigenschaft zur Autoagglutination wird gern zum einfachen Nachweis des Virulenzplasmids in der Diagnostik genutzt (LAIRD u.

CAVANAUGH 1980), genau wie die Fähigkeiten, Farbstoffe, wie Kongorot (PRPIC et al. 1983) und Kristallviolett (BHADURI et al. 1987), zu binden.

(27)

2.5 Nachweis von Y. enterocolitica

In der Literatur sind zahlreiche Nachweismethoden für Y. enterocolitica beschrieben, die sich grob in zwei Gruppen aufteilen lassen: Einerseits der klassische Nachweis mittels Kultur sowie die molekularbiologischen Verfahren zum direkten Nachweis, andererseits der indirekte Nachweis mittels serologischer Untersuchungen.

2.5.1 Bakteriologische Nachweisverfahren

Die vielfältigen bakteriologischen Nachweisverfahren beinhalten in der Regel ein Anreicherungsverfahren, anschließend den Ausstrich auf Selektivnährboden und eine folgende biochemische und pathogene Testung verdächtiger Kolonien. Diese aufwendige Vorgehensweise ist nötig, da je nach Untersuchungsmaterial häufig von einer starken Kontamination mit anderen Erregern auszugehen ist. Einzig bei Stuhlproben von Enteritispatienten ist ein Direktausstrich auf einen Selektivnährboden zumeist ausreichend (VAN NOYEN et al. 1987), wohingegen bei symptomlosen Ausscheidern und Rekonvaleszenten flüssige Anreicherungsverfahren empfohlen werden (ALEKSIC u. BOCKEMÜHL 1990).

ALDOVA et al. (1990) konnten in einer Vergleichsstudie zeigen, dass eine hinlängliche Sensitivität in der Routinediagnostik nur durch die Kombination verschiedener kultureller Isolierungsverfahren zu gewährleisten ist (OLSEN et al.

1995).

In der Bundesrepublik Deutschland existiert seit 2005 nach § 64 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) eine amtliche Methode für den Nachweis von Y. enterocolitica in Lebensmitteln. Hierzu wurde ein bereits länger in Europa etabliertes Verfahren als DIN EN ISO 10273:2003, „Horizontales Verfahren zum Nachweis von präsumtiv pathogenen Y. enterocolitica“ in die Amtliche Sammlung von Untersuchungsverfahren aufgenommen. Dieses Standardverfahren stellt jedoch für die Routinediagnostik eher eine nützliche Methodensammlung als eine Arbeitsanleitung dar, da die vielen einzelnen Arbeitsschritte sehr arbeits- und zeitaufwendig sind (NEUBAUER et al. 2001a).

(28)

2.5.1.1 Voranreicherung

Eine vorherige Anreicherung des Erregers ist gerade bei stark kontaminierten Untersuchungsmaterialien vom Tier, von Lebensmitteln oder Umweltmaterialien sinnvoll (ALEKSIC u. BOCKEMÜHL 1990), um die Ausgangskeimzahl auf eine nachweisbare Zahl zu erhöhen und die gegebenenfalls vorhandene Begleitflora zu minimieren. Bei einer dominanten Hintergrundflora ist der Nachweis von pathogenen Y. enterocolitica äußerst schwierig (SCHIEMANN 1982), gerade da im Lebensmittel zumeist nur von einer geringen Keimzahl des Bakteriums auszugehen ist. Deshalb stehen zu diesem Zweck verschiedene nicht-selektive und selektive Anreicherungsmedien zur Verfügung.

Das meistgenutzte nicht-selektive Medium ist die phosphatgepufferte Kochsalzlösung (PBS, phosphate buffered saline), die sowohl bei der Kälteanreicherung als auch in der DIN EN ISO 10273:2003 Verwendung findet.

Probenmaterial wird in PBS zwei bis drei Tage zur Anreicherung vor dem folgenden Ausstrich auf einen Selektivnährboden bei 22 bis 25 °C inkubiert.

Bei der Kälteanreicherung nutzt man die Psychrotoleranz der Yersinia ssp. aus. Über einen Zeitraum von drei bis vier Wochen wird das Probenmaterial bei +4 °C in PBS (pH 7,4; 0,15 mol/l) inkubiert und wöchentlich auf Cefsulodin-Irgasan-Novobiocin- Agar (CIN-Agar) ausgestrichen. Die Methode ist dadurch sehr langwierig, doch können sich Stämme von Y. enterocolitica im Gegensatz zur Begleitflora, deren Wachstum durch die zugesetzten Antibiotika gehemmt wird, gut vermehren. Für die Kotprobendiagnostik ist diese Vorgehensweise aufgrund der häufigen Überwucherung pathogener durch apathogene Yersinia-Isolate allerdings weniger geeignet (VAN NOYEN et al. 1980). Gleichwohl kann bei einem Teil der Patienten sowie symptomlosen Ausscheidern eventuell nur dieses Verfahren zur Isolierung führen (ALDOVA et al. 1990), da der Erreger im Laufe der Infektion vermehrt die mesenterialen Lymphknoten besiedelt und nur in geringer Zahl im Darmlumen zu finden ist (LARSEN 1991). Bei symptomlosen Patienten konnte mit dieser Methode bei 52% eine Infektion nachgewiesen werden (HUSSEIN et al. 2001). Auch ATANASSOVA et al. (2003) konnten in einer Untersuchung von Tonsillenmaterial

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des Schweins zeigen, dass die Kälteanreicherung der Warmanreicherung überlegen war. Infolgedessen sollte bei epidemiologischen Untersuchungen und in der Hygieneüberwachung nicht auf die Kälteanreicherung verzichtet werden (NEUBAUER et al. 2001a).

Neben der PBS gibt es noch weitere nicht-selektive Medien, wie die Brain-Heart- Infusion (BHI) oder die Caseinpepton-Sojamehlpepton–Bouillon (CASO), die jedoch alle keine Unterdrückung der Begleitflora erzielen. Dazu sind nur selektive Anreicherungsmedien in der Lage (FREDRIKSSON-AHOMAA u. KORKEALA 2003).

Durch die Voranreicherung in einem Selektivmedium kann die Nachweisrate deutlich erhöht werden (WAUTERS et al. 1988a, HUSSEIN et al. 2001, FREDRIKSSON- AHOMAA u. KORKEALA 2003). Die Supplementierung verschiedener Antibiotika, wie Carbenicillin, Irgasan und Ticarcillin, wirken dem unerwünschten Wachstum anderer Keime entgegen, und so ist es auch in stark kontaminierten Proben möglich, Y. enterocolitica nachzuweisen (ALEKSIC u. BOCKEMÜHL 1990). Von großer Bedeutung sind dabei sowohl die modifizierte Rappaport-Bouillon (MRB) als auch die Irgasan-Ticarcillin-Kaliumchlorat-Bouillon (ITC) (FREDRIKSSON-AHOMAA u.

KORKEALA 2003).

Die MRB (WAUTERS 1973) ist eine Weiterentwicklung des in der Salmonellendiagnostik verwendeten Rappaportmediums mit Carbencillin und wird bei 22-29 °C für 48 Stunden zur Voranreicherung Yersinia-verdächtiger Proben inkubiert. Bei der ITC–Bouillon (WAUTERS et al. 1988a) handelt es sich um das zweite Anreicherungsmedium neben PBS im Standardverfahren nach § 64 LFGB mit einer Inkubationszeit von 48 Stunden bei 25 °C.

Neben den Anreicherungsmedien gibt es ein weiteres Verfahren, die Begleitflora zu minimieren. AULISIO et al. (1980) zeigten, dass eine Behandlung mit verdünnter Kalilauge (0,25-0,5%) vor dem Ausstrich auf den Nährboden die Isolierungsrate häufig erhöhen kann. Durch die Alkalibehandlung wird die Begleitflora unterdrückt, Y. enterocolitica selbst ist jedoch relativ alkalistabil. Nach der DIN EN ISO 10273:2003 werden 0,5 ml der Anreicherungskultur nach der Inkubation mit 4,5 ml der Kalilauge für 20 Sekunden gemischt und anschließend auf einen Selektivboden ausgestrichen. Um der Gefahr vorzubeugen, auch die Yersinien drastisch zu

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reduzieren und so den Nachweis gegebenenfalls unmöglich zu machen, sollte jeweils vor und nach der Alkalibehandlung ein Ausstrich gemacht werden (SCHIEMANN 1989, LOGUE et al. 1996).

2.5.1.2 Feste Nährmedien

Anfänglich wurden zur Isolierung von Y. enterocolitica die aus der Enterobacteriaceae-Diagnostik bekannten Nährböden, wie MacConkey-Agar, Salmonella-Shigella-Agar oder Desoxychelat-Citrat-Agar, eingesetzt (DE BOER 1992). Aufgrund des wenig selektiven Wachstum war dabei jedoch eine Differenzierung zwischen Yersinia ssp. und anderen Keimen unmöglich. Zu diesem Zweck wurden neue Nährböden entwickelt bzw. die bekannten entsprechend supplementiert.

Der meistgenutzte Selektivnährboden ist der von SCHIEMANN (1979) entwickelte Cefsulodin-Irgasan-Novobiocin-Agar (CIN-Agar). Mittels zweier Antibiotika wird hier die Begleitflora unterdrückt: Irgasan wirkt gegen gramnegative Keime, wie Escherichia coli, Klebsiella pneumonia oder Proteus mirabilis. Cefsulodin hemmt Pseudomonas aeroginosa. Außerdem wird der zugesetzte Zucker Mannitol von Yersinien fermentiert. Durch die dabei entstehende Säure reagiert der Indikator Neutralrot und nach einer Bebrütung bei 28 °C über 24 bis 48 Stunden zeigt sich eine Yersinien-typische Koloniemorphologie: ca. 1 mm große glatte Kolonien mit einem roten Zentrum und einer schmaler Hämolysezone, die bei Schräglicht feingranuliert und nicht irisierend scheinen (NEUBAUER et al. 2001a). Enterobacter-, Aeromonas-, Proteus- und Citrobacter-Kolonien können aufgrund ihrer ähnlichen Koloniemorphologie jedoch fälschlich als Yersinien angesehen werden (DEBOER u.

SELDAM 1987). Außerdem ist eine Unterscheidung von pathogenen und apathogenen Stämmen nicht möglich.

Der Salmonella-Shigella-Agar mit Desoxycholat und Calciumchlorid (SSDC) macht sich die Toleranz von Y. enterocolitica gegenüber Natriumdesoxycholat zunutze (WAUTERS 1973). Durch die Zugabe von 1% dieses Natriumsalzes und Calcium wird ein spezifischer Erregernachweis auf dem Salmonella-Shigella-Agar erleichtert.

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Eine Unterscheidung pathogener und apathogener Y. enterocolitica gelingt mit dem Virulent-Yersinia-enterocolitica-Agar (VYE) (FUKUSHIMA 1987). Darin sorgen neben Cefsulodin und Irgasan Josamycin und Oleandomycin für eine hohe Selektivität.

Mannitol und Äskulin tragen zur Differenzierung bei. Durch deren Verstoffwechslung färben sich pathogene Y. enterocolitica rot, während sich apathogene Stämme und andere gramnegative Bakterien durch Äskulinhydrolyse dunkel färben. Angezüchtet wird bei 32 °C über 24 bis 48 Stunden.

2.5.1.3. Biochemische und serologische Differenzierung

Im Regelfall findet nach der Anzucht auf Selektivnährböden vor der weiterführenden Untersuchung eine Überimpfung verdächtiger Kolonien auf einen nichtselektiven Nährboden, wie zum Beispiel den nach § 64 LFGB genutzten Standard II-Agar, statt.

Dabei ist aufgrund der Gefahr des Plasmidverlustes eine Temperatur von 25 bis 30 °C zu empfehlen, falls später ein Plasmidnachweis erbracht werden soll (SCHIEMANN u. WAUTERS 1992). Für eine erste Orientierung eignen sich die Beimpfung des Kligler-Eisen-Agars mit diesen Reinkulturen, der Ureasenachweis mittels Harnstoff-Agar nach Christensen und der Oxidasenachweis. Danach erfolgt eine Identifizierung der Yersinia-verdächtigen Kulturen mittels biochemischer Untersuchungen. Dafür stehen neben der Möglichkeit aufwendiger Einzeltestung kommerzielle standardisierte Testsysteme zur Verfügung. Von diesen gilt der API® 20E (Fa. bioMérieux, Nürtingen) bis heute als Goldstandard und zeichnet sich neben seiner hohen Sensitivität auch durch ein gutes Preis-Leistungsverhältnis aus (NEUBAUER et al. 1998, ARNOLD et al. 2004). In einer Vergleichsstudie zwischen diesem Testsystem und der Durchführung der Einzelreaktionen konnte bei einer Bebrütungstemperatur von 28 °C gegenüber der Herstellerempfehlung von 37 °C eine Identifikationsrate von 93% für Y. enterocolitica erreicht werden (ALEKSIC u.

BOCKEMÜHL 1999).

(32)

2.5.1.4. Bio- und Serotypisierung

Nach Identifizierung der Spezies Y. enterocolitica kann eine weitere Differenzierung in Biovare und Serotypen erfolgen.

Die Biotypisierung richtet sich nach dem in Kapitel 3 beschriebenen Schema zur Biovareinteilung von Y. enterocolitica nach WAUTERS et al. (1987). Die amtlichen Verfahren prüfen die Verstoffwechslung von Lysin, Ornithin, Saccharose, Rhamnose, Trehalose, Xylose, Citrat und Tween-Esterase.

Die Serotypisierung erfolgt über die bereits in Kapitel 3 beschriebenen O-Antigene.

Sie kann schnell und einfach mittels Objektträgerschnellagglutination unter Verwendung serotypspezifischer Antikörper vorgenommen werden. Für die häufig nachgewiesenen europäischen O-Antigene stehen kommerzielle Agglutinationsseren zur Verfügung. Für eine eindeutige Typisierung sollten diese Tests bei Raumtemperatur durchgeführt werden, da die O-Antigene ansonsten von Adhäsinfibrillen überdeckt werden (HEESEMANN 1990). Eine Aussage über die Pathogenität der Kultur kann zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht gemacht werden, da O-Antigene nicht spezifisch sind (ALEKSIC u. BOCKEMÜHL 1990), doch ist beim Nachweis von Serotyp O:3, O:5,27 oder O:9 der Verdacht auf ein pathogenes Isolat erhärtet. Speziesspezifische Flagellen-Antigene und Phagen, die eine eindeutigere Zuordnung ermöglichen, sind bisher nicht kommerziell erhältlich (NEUBAUER et al. 2001a).

2.5.1.5. Biochemische Pathogenitätstests

Um die mutmaßliche Pathogenität der Isolate zu bestimmen, gibt es eine Reihe von biochemischen Reaktionen, die entweder auf chromosomal- oder plasmidkodierten Pathogenitätsfaktoren beruhen. Beim Nachweis von plasmidkodierten Faktoren ist zu bedenken, dass das Plasmid im Zuge der Subkultivierung verloren gehen kann (ZINK et al. 1980, SCHIEMANN 1989).

Nach DIN EN ISO 10273:2003 sind folgende vier Pathogenitätstests vorgesehen:

Äskulinhydrolyse, Salicinfermentation, Pyrazinamidaseaktivität und

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kalziumabhängiges Wachstum bei 37 °C. Apathogene Y. enterocolitica sind chromosomalkodiert zur Äskulinhydrolyse und Salicinfermentation in der Lage (SCHIEMANN u. DEVENISH 1982). Außerdem sind sie pyrazinamidasepositiv (KANDOLO u. WAUTERS 1985). Diese drei chromosomalen Faktoren werden auch bei der Biotypisierung verwendet.

Neben dem kalziumabhängigem Wachstum bei 37 °C (GEMSKI et al. 1980) binden pathogene Stämme den Farbstoff Kongorot (PRPIC et al. 1983). Durch diese zwei plasmidkodierten Eigenschaften können auf dem Congo-Red-Magnesium-Oxalat- (CRMOX-)Agar anhand der Koloniemorphologie plasmidtragende und plasmidlose Isolate unterschieden werden: Plasmidlose wachsen als große farblose Kolonien, plasmidtragende sind klein und rot (RILEY u. TOMA 1989). Ebenfalls plasmidvermittelt ist die Bindung von Kristallviolett bei 37 °C (BHADURI et al. 1987).

Außerdem dient die Autoagglutination im Voges-Proskauer-Medium bei Raumtemperatur und 37 °C dem Nachweis des plasmidkodierten Adhäsionsfaktors YadA (LAIRD u. CAVANAUGH 1980, SCHIEMANN u. DEVENISH 1982).

Damit stehen zwar zahlreiche Verfahren zur Verfügung, doch ist erst durch mehrere Tests eine Pathogenitätsabschätzung möglich. Zwei Studien zeigten, dass die Bindung von Kongorot oder Kristallviolett in Kombination mit kalziumabhängigem Wachstum und der Autoagglutination einen guten Hinweis auf ein pathogenes Isolat geben (PRPIC et al. 1985, KWAGA u. IVERSEN 1992). Ein einziger biochemischer Test zur Aussage über die Pathogenität steht bisher nicht zur Verfügung.

2.5.2 Molekularbiologische Nachweisverfahren: Diagnostik mittels PCR

Augrund des immensen Zeitaufwandes der oben genannten Tests wird der Pathogenitätsnachweis häufig mittels molekularbiologischer Methoden durchgeführt.

Im Vordergrund steht dabei die Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Doch auch andere Verfahren, wie die DNA-Hybridisierung, werden zur direkten Identifizierung eingesetzt (DURISIN et al. 1997).

Im Gegensatz zur biochemischen Pathogenitätsprüfung kann durch die DNA- Amplifikation sowohl ein direkter Spezies- als auch Pathogenitätsnachweis mit nur

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einem Test erfolgen. Dies gelingt über die Detektion spezifischer plasmid- oder chromosomalkodierter Gene verschiedener Virulenzfaktoren (NEUBAUER et al.

2001a). Sowohl Reinkulturen als auch Fleisch- oder Kotproben können auf diese Art untersucht werden (NEUBAUER 2001). Mittlerweile existieren eine ganze Reihe von konventionellen und Real-Time PCR-Methoden zum Nachweis von Y. enterocolitica.

Einen Überblick über die verschiedenen Zielgene und Methoden bei der Untersuchung von Lebensmitteln und Kulturen gibt Tabelle 3.

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Tabelle 3: Überblick der PCR-Methoden zum Nachweis von Y. enterocolitica

PCR Gen Referenz

16S rRNA° NEUBAUER et al. (2000c)

yadA* KAPPERUD et al. (1993), NEUBAUER

et al. (2000b)

virF* WREN u. TABAQCHALI (1990),

yopT* ARNOLD et al. (2001), THISTED

LAMBERTZ et al. (2000)

yst° IBRAHIM et al. (1992), WANG et al.

(1997), DURISIN et al. (1998), ÖZBAS et al. (2000)

inv° RASMUSSEN et al. (1994)

Einfache PCR

ail° FENWICK u. MURRAY (1991), KWAGA

et al. (1992), RAMESH et al. (2002), THISTED LAMBERTZ et al. (2000) ail°, yadA* BLAIS u. PHILLIPE (1995), DICKINSON

et al. (1995), BOYAPALLE et al. (2001) ail°, virF* NAKAJIMA et al. (1992), KANEKO et al.

(1995), NILSSON et al. (1998), BHADURI u. COTTRELL (1998), BALAKRISHNA et al. (2010)

ail°, 16S rRNA° WANNET et al. (2001) ail°, yst°, virF* HARNETT et al. (1996) ail°, ystA°, inv°, yadA*,

virF*

THOERNER et al. (2003)

Konventionelle PCR Multiplex-PCR

ail°, virF*, rfbC°, yst° THISTED LAMBERTZ u. DANIELSSON- THAM (2005)

16S rRNA° KNUTSSON et al. (2002), WOLFFS et al. (2004, 2005)

Real-Time PCR

yadA* FUKUSHIMA et al. (2003), WOLFFS et al. (2005)

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yst° VISHNUBHATLA et al. (2000, 2001)

ail° JOURDAN et al. (2000), BOYAPALLE et

al. (2001), HARTMANN (2007), THISTED LAMBERTZ et al. (2008)

per° JACOBSEN et al. (2005)

(* = plasmidkodiert; ° = chromosomalkodiert)

Bei einer vergleichenden Untersuchung an Schlachtkörpern und Geschlingen von Schweinen ergab die Untersuchung mit einer yadA-basierten PCR eine deutlich höhere Prävalenz pathogener Y. enterocolitica als bei gleichzeitigen bakteriologischen Verfahren (FREDRIKSSON-AHOMAA et al. 2000b). Auch in Norwegen konnte aus Schweinefleischproben mittels einer PCR achtmal häufiger als durch kulturelle Methodik ein Erregernachweis geführt und damit eine höhere Sensitivität dieser Methode nachgewiesen werden (JOHANNESSEN et al. 2000).

Neben dem Nachweis eines einzelnen Zielgens gibt es sogenannte Multiplex-PCR- Untersuchungen, die gleichzeitig mehrere Gene detektieren. Dazu werden meist chromosomal- und plasmidkodierte Genabschnitte verschiedener Virulenzfaktoren kombiniert (NAKAJIMA et al. 1992, BLAIS u. PHILLIPPE 1995, NILSSON et al.

1998). Bei Methoden zum alleinigen Nachweis plasmidkodierter Zielgene besteht die Gefahr falsch-negativer Ergebnisse, da das Plasmid während der Subkultivierung, aber auch durch die Lagerung verloren gehen kann (BLAIS u. PHILLIPPE 1995, HARNETT et al. 1996, NEUBAUER et al. 2000c, THOERNER et al. 2003).

Die plasmidkodierten Gene virF und yadA sind zum Nachweis pathogener Stämme geeignet (NEUBAUER et al. 2000c, NEUBAUER et al. 2001a). Jedoch konnten HARNETT et al. (1996) das virF-Gen auch in Stämmen plasmidtragender Yersinia pseudotuberculosis, allerdings nicht in anderen Enterobacteriaceae detektieren. Mit der von ihnen entwickelten Multiplex-PCR ist der gleichzeitige Nachweis von virF sowie der plasmidkodierten Gene ail und yst aus Reinkultur, Bakteriensuspension, extrahierter DNA aus Rein- oder Mischkultur sowie Stuhlproben möglich. Durch das Verfahren können Y. pseudotuberculosis und Y. enterocolitica parallel identifiziert werden. Die Nachweisgrenze lag bei 5-10 KbE/ml Bakteriensuspension und bei 1 pg

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reiner DNA. Mit einer anderen Multiplex-PCR konnte die Kombination von plasmidkodiertem virF und des chromosomalkodiertem ail-Zielgens den Erreger direkt im Blut bis zu einer Konzentration von 500 Keimen/100μl Blut nachweisen (FENG et al. 1992). Die Nachweisgrenze einer virF-spezifischen PCR lag bei 50 KbE/ml Reinkultursuspension (WREN u. TABAQCHALI 1990). Eine yadA- spezifische Methode von KAPPERUD et al. (1993) detektierte ohne Voranreicherung bereits 10-30 KbE/g Fleisch, mit Voranreicherung allerdings schon 2 KbE/g Fleisch.

Die Untersuchung von Kot, Organen und Lymphknoten mittels einer hochspezifischen One-step-PCR zum Nachweis des plasmoidalen yopT-Gens führte nach Voranreicherung zum Nachweis von 102 Keimen/g Kot (ARNOLD et al. 2001).

Die chromosomalen Zielgene umfassen ail, yst und inv. Das ail-Gen wurde lange nur bei pathogenen Y.-enterocolitica-Stämmen gefunden, so dass seine Detektion sowohl als Spezies- als auch Pathogenitätsnachweis galt (KWAGA et al. 1992).

Mittlerweile wurde auch in verschiedenen Y.-enterocolitica-1A-Isolaten, u. a. den Serotypen O:10 und O:5, das ail-Gen nachgewiesen (FALCAO et al. 2006, CHEYNE et al. 2010), so dass von einer allein auf diesem Gen basierenden Methode zum Nachweis humanpathogener Yersinien abzuraten ist (SIHVONEN et al. 2011). Es sind Nachweisgrenzen von 102 Y. enterocolitica in Schweinehackfleisch bei einer Begleitflora von 105-106 Bakterien anderer Spezies bzw. Gattungen beschrieben (NILSSON et al. 1998). Bei Kotproben konnte nach Voranreicherung noch 1 KbE/ml Anreicherungsbouillon durch eine ail-spezifische Real-Time PCR gefunden werden (JOURDAN et al. 2000). Das ail-Gen wird auch häufig in Multiplex-PCRs genutzt.

Das inv-Gen ist zur Gattungsbestätigung geeignet, da es in allen Yersinien vorliegt (FALCAO et al. 2004).

Das yst-Gen kommt in pathogenen Y.-enterocolitica-Stämmen (BOTTONE 1999), jedoch auch in manchen Isolaten von Y. kristensenii vor (DELOR et al. 1990). Es kann der Differenzierung von Y. enterocolitica in Isolaten europäischen oder amerikanischen Ursprungs dienen (IBRAHIM et al. 1992).

Ebenfalls zur Unterscheidung in amerikanische und europäische Stämme führen verschiedene Untersuchungen am 16S rRNA-Gen (IBRAHIM 1995, NEUBAUER et al. 1999, NEUBAUER et al. 2000a). Die von NEUBAUER et al. (1999, 2000a)

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generierten Ergebnisse mündeten in die Unterteilung in zwei Subspezies, Y. enterocolitica ssp. enterocolitica und Y. enterocolitica ssp. palearctica, nachdem die geographische Unterteilung nicht mehr haltbar erschien.

2.6 Serologische Nachweisverfahren

Die klassischen serologischen Nachweismethoden für eine Yersinieninfektion sind der Widal-Agglutinationstest und die Komplementbindungsreaktion (KBR).

Vorhandene Antikörper binden bei diesen Verfahren an Vollzellpräparationen bzw.

bakterielles LPS als Antigene. Aufgrund ihrer eher geringen Sensitivität sind die Tests aber vornehmlich in der akuten Infektionsphase von Nutzen. Der Widal- Agglutinationstest weist zwar Antikörper gegen inaktivierte Oberflächenantigene der einzelnen Serovare nach und ist somit serovarspezifisch, doch auch wenig sensitiv (HEESEMANN et al. 1987). Untersuchungen an Patienten mit chronischer Yersinieninfektion zeigen, dass mit dieser Methode bereits nach drei Monaten keine Agglutinationstiter mehr nachweisbar sind (HOOGKAMP-KORSTANJE et al. 1988).

Eine Unterscheidung in die einzelnen Antikörperklassen ist nicht möglich. Außerdem bestehen Kreuzreaktionen, vor allem bei Y. enterocolitica O:9 mit Brucellen, E. coli O:157, Salmonellen und Vibrio cholerae (HEESEMANN u. KARCH 1995), die durch die Nutzung der Yops (siehe Kapitel 2.4.3) als Immunogene in moderneren Nachweisverfahren vermieden werden können.

Sowohl bei Enteritispatienten als auch bei der Abklärung möglicher Spätfolgen der humanen Yersiniose gilt inzwischen der klassenspezifische Immunoblot auf Basis plasmidkodierter Yop-Proteine (YopM, YopH, YopD, YopE) als sicherster Nachweis von Yersinia-Antikörpern (HEESEMANN u. KARCH 1995). Die Methode zeichnet sich durch eine weitaus höhere Sensitivität und Spezifität gegenüber dem Widal- Agglutinationstest aus, ist einfach durchzuführen und für alle Serotypen einsetzbar (NEUBAUER et al. 2001a). Nach einer Erstinfektion bleiben teils über Jahre hinweg erhöhte spezifische IgG-, IgA- und IgM-Titer bestehen. Vermutlich liegt dies an dem für Y. enterocolitica typischen Rückzug in langlebiges Gewebe, wie dem GALT (gut associated lymphoid tissue), und der daraus resultierenden andauernden Stimulation

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(HOOGKAMP-KORSTANJE et al. 1992). In entsprechendem Biopsiematerial chronisch erkrankter Patienten konnten HOOGKAMP-KORSTANJE et al. (1988) durch monospezifische Antiseren und Immunfluoreszenz virulente, persistierende Antigene im lymphatischen Gewebe nachweisen, während weder Stuhlkultur noch Agglutinationstest positiv ausfielen. Einzig mittels Immunoblot gelang ein Antikörpernachweis plasmidkodierter Antigene bei allen 10 Patienten. Zahlreiche Untersuchungen beim Menschen bestätigen die Überlegenheit des Yop-basierten Immunoblots, sowohl bei akuten Enteritispatienten als auch bei der Untersuchung und Verfolgung potentieller chronischer Verläufe (HEESEMANN et al. 1987, STAHLBERG et al. 1987, STOLKENGELAAR u. HOOGKAMPKORSTANJE 1996).

Verlaufsuntersuchungen beim Tier gibt es vorwiegend im Kaninchen- und Nagermodell. Beim Kaninchen konnten bereits 10 Tage nach der Infektion mit Y. enterocolitica O:3 Reaktionen der IgA- und IgM-Antikörper, später der IgG- Antikörper gegen Yops nachgewiesen und ihr Absinken über Monate beobachtet werden. IgG-Antikörper waren noch 15 Monate später im Serum detektierbar (HEESEMANN et al. 1987). Bei der Infektion Arthritis-empfänglicher und –resistenter Ratten fanden GAEDE et al. (1992) mittels ELISA die schnellere und stärkere Immunantwort aller Antikörperklassen in den Arthritis-empfänglichen Tieren. Die genauere Differenzierung der IgG-Antwort mittels Immunoblot zeigte, dass die empfänglichen Ratten eine stärkere Antikörperbildung gegen YadA aufwiesen als die resistenten Tiere.

Beim Schaf führten ROBINS-BROWNE et al. (1993) nach experimenteller Infektion erfolgreich Antikörperuntersuchungen gegen Yops mittels Immunoblot durch.

Außerdem kann eine Yop-basierende Methode beim Ausschluss falsch-positiver Ergebnisse in der Brucellosediagnostik des Rindes helfen (KITTELBERGER et al.

1995), da bei Infektion mit Y. enterocolitica O:9 Kreuzreaktionen mit dem verwendeten Brucellenantigen gefunden wurden (LIMET et al. 1988, WEINER et al.

2013).

Beim Reservoirtier Schwein gibt es Studien zum Antikörpernachweis mit dem Enzyme Linked Immunosorbent Assay (ELISA). NIELSEN et al. (1996) stellten in ihrer Untersuchung an experimentell mit Y. enterocolitica O:3 infizierten Schweinen

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fest, dass ein indirekter ELISA unter Verwendung des O:3-spezifischen LPS eine schnelle und gute Alternative zur bakteriologischen Untersuchung ist, um eine Aussage über den Infektionsstatus der Herde machen zu können. Gleichzeitig konnte innerhalb des siebzigtägigen Versuchs der Antikörperverlauf dargestellt werden. Erste Antikörperaktivitäten waren bereits ab Tag 19 p. inf. detektierbar.

THIBODEAU et al. (2001) entwickelten einen indirekten ELISA zur Detektion der drei in Europa am häufigsten mit Humanerkrankungen in Verbindung gebrachten Serotypen (O:3, O:9, O:5,27), vornehmlich zur Diagnostik auf Herdenniveau.

Aufgrund der geringen Sensitivität wurde jedoch zu einer größeren Probenzahl oder, bei Fragestellungen im Hinblick auf das Einzeltier, zur Ergänzung durch kulturelle Untersuchungen geraten. Dieser ELISA erscheint somit für die Einzeltierdiagnostik wenig geeignet.

In Bayern wurden 1002 Fleischsaftproben von Schlachtschweinen aus 53 Betrieben mittels eines modifizerten humanen Westernblots auf die Antigene YopD, YopF, YopH, YopM und LcrV untersucht. Bei 45,4% der Bestände konnte dadurch ein mögliches Infektionsgeschehen nachgewiesen werden (HENSEL et al. 2004).

Untersuchungen mit einer weiterentwickelten Immunoblottechnik zur isotypspezifischen systemischen und lokalen Immunantwort bei experimentell mit Y.-enterocolitica-O:3-infizierten Schweinen zeigten die Antikörperantwort unterschiedlicher Yops in der frühen Infektionsphase (HASSEL 2008). Validierte Testsysteme wie in der Humanmedizin fehlen bislang jedoch.

Mittlerweile steht in Deutschland ein kommerzieller ELISA zum Nachweis von Antikörpern gegen pathogene Yersinien beim Schwein zur Verfügung (PIGTYPE® YOPSCREEN Pig ELISA, Labor Diagnostik Leipzig, Leipzig). Er basiert auf der Verwendung rekombinanter Yop-Antigene, die von allen Serotypen der pathogenen plasmidtragenden Stämme gebildet werden, so dass Kreuzreaktionen mit apathogenen Spezies und Enterobakterien ausgeschlossen werden. Verwendung finden die immunodominanten Yops YopH, YopE, YopD und LcrV. Durch die Quantifizierung von Antikörpern in Serum- oder Fleischsaftproben ist er sowohl zur Bestimmung des Infektionsstatus in Beständen als auch zur Quarantänekontrolle von Zukäufen geeignet.

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2.7 Infektion und Krankheitsbild 2.7.1 Krankheitsbild beim Menschen

Eine Infektion mit Y. enterocolitica äußert sich beim Menschen in erster Linie in Form von gastrointestinalen Symptomen, der Erreger neigt jedoch unter bestimmten Voraussetzungen zur Streuung im Wirt (BOTTONE 1999). Einen tabellarischen Überblick über das umfassende klinische Spektrum beim Menschen gibt Tabelle 4.

Bei einer gastrointestinalen Infektion kommt es, besonders bei Kindern unter drei Jahren, häufig zu einer akuten Enteritis mit Fieber und einem entzündlich bedingten, wässrigen, manchmal auch blutigen Durchfall (BOTTONE 1997). Ein blutiger Durchfall wird in erster Linie bei Erwachsenen beobachtet. Allgemein gelten Durchfall, kolikartiger Bauchschmerz durch mesenteriale Lymphadenitis, Pseudoappendizitis (v. a. bei Erwachsenen), terminale Ileitis, Fieber, Übelkeit und Vomitus als Hauptsymptome einer Yersinienerkrankung (NEUBAUER et al. 2001c, BOCKEMÜHL u. ROGGENTIN 2004). Die Inkubationszeit beträgt 4-7 Tage (NEUBAUER et al. 2001c). Klinische Erscheinungen können bei Kindern 3-28 Tage, bei Erwachsenen im Regelfall 1-2 Wochen andauern (BOTTONE 1997).

Normalerweise ist die Erkrankung selbstlimitierend und klingt nach einigen Tagen komplikationslos ab (DEDIÉ et al. 1993).

Eine Septikämie tritt selten und zumeist bei Patienten mit Vorschädigung und Immunsuppression auf, beispielsweise durch Grunderkrankungen, wie Diabetes mellitus, chronischer Hepatitis oder Neoplasien (DEDIÉ et al. 1993). Auch ein erhöhter Eisenspiegel im Blut kann Auslöser sein: Thalassämie, Sichelzellanämie oder eine aplastische Anämie begünstigen ebenso wie die therapeutische Gabe von Desferrioxamin bei Dialysepatienten das Wachstum des Erregers (CHIU et al. 1986, HEESEMANN et al. 1993). Infolge der Erregerausbreitung im Organismus kann es zu fokalen Abszessen in Leber, Niere, Milz und Lunge kommen. Pneumonien, Arthritis, Meningitis, Endokarditis und Osteomyelitis können durch metastatisch- abszedierende Infektionen auftreten (DEDIÉ et al. 1993, BOTTONE 1999). Klinisch werden Kopf- und Gliederschmerzen, Schüttelfrost, Übelkeit, Vomitus und

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remittierendes oder kontinuierliches Fieber beobachtet (DEDIÉ et al. 1993).

Besonders die Ansteckung über kontaminierte Bluttransfusionen führt häufig zu septikämischen Verläufen (STENHOUSE u. MILNER 1982, BOTTONE 1999).

Als postinfektiöse Folgeerkrankungen können, vor allem nach Infektionen durch die Serogruppen O:3 oder O:9, immunologisch bedingte extraintestinale Erkrankungen auftreten (BOTTONE 1999). In erster Linie handelt es sich dabei um eine reaktive Arthritis, seltener um Myokarditis, Glomerulonephritis, Thyreoiditis oder Erythema nodosum (BOCKEMÜHL u. ROGGENTIN 2004). Im Zuge der körpereigenen Immunantwort werden Antikörper gegen Yersinia-Antigene gebildet, die aufgrund großer Ähnlichkeiten zwischen den Antigenen und der Oberflächenstruktur von Gelenken und Schilddrüse zu autoimmunen Reaktionen gegen diese führen.

Arthritiden und Thyreoiditiden entstehen möglicherweise durch die Bildung dieser kreuzreagierenden Antikörper (TOIVANEN u. TOIVANEN 1994).

Bei Menschen mit dem Histokompatibilitätsantigen HLA-B27 scheint außerdem eine genetische Prädisposition vorzuliegen: 80% aller Patienten mit reaktiver Arthritis nach Yersinieninfektion waren HLA-B27 positiv (DEQUEKER et al. 1980).

Die Folgeerkrankungen sind in der Regel prognostisch günstig, können jedoch über Jahre bestehen bleiben (BOCKEMÜHL u. WONG 2003).

Referenzen

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