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Archiv "Arzneimittelkommission und unabhängige Arzneimittelinformation" (24.10.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

THEMEN DER ZEIT

Eine objektive und unabhängige Arzneimittelinformation hat zur Voraussetzung, daß Informations- quellen existieren, die materiell desinteressiert sind. Der Arznei- mittelhersteller trägt zwar die vol- le Verantwortung für sein Produkt und wird seine Informationen ent- sprechend formulieren und ge- stalten. Er wird aber auch immer—

zumindest indirekt — eine Werbe- aussage unterzubringen versu- chen.

Durch die staatliche Zulassung nach dem neuen Arzneimittelge- setz wird die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimit- tels bestätigt. Auch wird in letzter Zeit zunehmend der Versuch gemacht, für bereits zugelasse- ne Arzneimittel Indikationsein- schränkungen anzuordnen. Her- stellerinformation und staatliche Anordnungen reichen aber nicht aus, um in der konkreten Situation das geeignetste Arzneimittel aus- zuwählen. Der Arzt bleibt allein zwischen teilweise überschweng- licher Pharmawerbung (oft wun- dert man sich, daß es überhaupt noch Kranke gibt) einerseits und staatlicher Reglementierung an- dererseits (danach ist es wohl besser, gar nichts mehr einzuneh- men).

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft hat von je- her ihre Aufgabe zwischen diesen beiden Extremen gesehen, wobei selbstverständlich immer wieder versucht wird, sowohl die Werbe- aussagen der Industrie als auch die Reglementierung des Staates kommentierend und kritisierend zu beeinflussen oder zumindest zu modifizieren.

Alle wissen, daß es nicht leicht ist, Auswahlhilfen für ein Arzneimittel für eine konkrete Situation zu ge- ben. Wie schwer es tatsächlich ist, wird deutlich, wenn man erfährt, daß allein für eine Indikation — Hy- pertonie — von einem Experten- gremium (der Hochdruckliga) über 100 verschiedene Fertigarz- neimittel vorgeschlagen werden.

— Es ist nichts Neues, wenn man auf das Arzneimittel-Überangebot in der Bundesrepublik in be- stimmten Bereichen hinweist (so gibt es z. B. allein 53 verschiede- ne Beta-Rezeptoren-Blocker, mit insgesamt 17 Arzneistoffen).

In dieser Situation bleiben nur zwei Möglichkeiten:

• eine staatlich verordnete Be- grenzung oder

• eine Begrenzung, die sich der einzelne Arzt konsequent selbst auferlegt.

Wenn man jede Reglementierung ablehnt, wird vom Arzt mehr ver- langt werden:

I> Kenntnisse in der Klinischen Pharmakologie,

I> sorgfältige persönliche Erfah- rungen,

I> Beständigkeit und

I> ein gewisses Beharrungsver- mögen,

also Eigenschaften, die gegen- über überschäumenden Werbe- kampagnen der Pharmahersteller immun machen.

Die Ärzte werden aber ihre indivi- duelle Therapie nur bewahren

Zum Vor- sitzenden der Arz- neimittel- kommis- sion wie- derge- wählt:

Prof. Dr.

Fritz Scheler

Foto:

privat können, wenn sie gegenüber Neuerungen kritisch, zurückhal- tend und sorgfältig beobachtend- ihre Arzneitherapie auswählen.

Sie sollten das Überangebot als Chance betrachten und alles tun, daß ihnen diese Chance erhalten bleibt.

Wenn es nicht gelingt, den über- wiegenden Teil der Ärzteschaft zu dieser Haltung und Einstellung zu bewegen, dann darf man sich nicht wundern, wenn die Kranken- kassen oder gar der Staat zuneh- mend den Arzneimittelmarkt re- glementieren. Dann wird die Ne- gativliste nicht allein bleiben, und die Versuchung immer größer werden, diejenigen Länder nach- zuahmen, die dirigistisch in den Arzneimittelmarkt eingegriffen haben.

Es soll nicht auf die Auswirkungen auf die pharmazeutische Industrie (abnehmende Investitionen für Neuentwicklungen) eingegangen werden, sondern allein auf die Auswirkungen auf die individuelle Therapie. Da werden — wie jetzt schon geschehen — quasi über Nacht Arzneimittel eliminiert, die sich oft in langjähriger kritisch in- dizierter Anwendung bewährten.

Durch einen bürokratischen Fe- derstrich kann ein Vertrauensver- hältnis lädiert werden.

Das unabhängige Gremium der Arzneimittelkommission will in der Arzneimitteltherapie dem nie- dergelassenen Arzt Hilfestellung leisten. Ihre Mitglieder aus theore-

Arzneimittelkommission und unabhängige

Arzneimittelinformation

Fritz Scheler

3152 (32) Heft 43 vom 24. Oktober 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KURZBERICHT

. bemüht, die Informierung der verordnenden Ärzte zu verbessern

Gesamtsitzung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft tischer Wissenschaft, Klinik und

Praxis versuchen, von nicht im- mer gleichen Ausgangspositionen aus einen gemeinsamen Konsens zu finden, den sie als Empfehlung, Stellungnahme und Erläuterung an die Ärzteschaft weitergeben.

Niemals erhebt sie einen Absolut- heitsanspruch, sie will vielmehr Ratschläge geben, die vor allem nachdenklich machen sollen.

Fruchtbar wird unsere Arbeit erst durch den ständigen Kontakt zur Praxis. Mehr als bisher sollten die Ärzte dieses Angebot nutzen, vor allem auch dadurch, daß ihre Er- fahrungen, positive wie negative (z. B. unerwünschte Wirkungen) an die Geschäftsstelle der Arznei- mittelkommission der deutschen Ärzteschaft berichten, um da- durch bürokratisch gelenkten Nachfragen zuvorzukommen.

Der Verzicht auf ein persönliches Arzneirepertoire und die Flucht in verordnete Positivlisten würden die ärztliche Tätigkeit degenerie- ren. Aus Ärzten würden Erfül- lungsgehilfen des Gesundheits- wesens mit allen Konsequenzen.

Dieselben Gruppen in unserer Ge- sellschaft, die die persönlichen Freiheiten um jeden Preis bewah- ren wollen, haben keine Beden- ken, aus dem Kranken eine Num- mer zu machen, der eine Einheits- arznei verordnet wird.

Nur die Ärzte sind in der Lage, dies abzuwehren; allerdings nicht durch Deklamationen und laute Proteste, sondern allein durch kri- tisches und verständiges Han- deln.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Fritz Scheler Vorsitzender

der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Medizinische Klinik und Poliklinik Robert-Koch-Straße 40

3400 Göttingen

• Ein Bericht über die diesjährige Gesamtsitzung der Arzneimittel- kommission nebenstehend und auf der nachfolgenden Seite.

Die 15. Auflage der „Arzneiverord- nungen", jüngst herausgegeben von den Mitgliedern der Arznei- mittelkommission der deutschen Ärzteschaft, paßt in die besten Traditionen dieses 1925 erstmals erschienenen Buches, eines in der Ärzteschaft, in Praxis und Kli- nik, aber auch bereits in der Stu- dentenschaft hochgeschätzten Ratgebers für sachgerechte und wirksame Arzneitherapie. Dies un- terstrichen Prof. Dr. Fritz Scheler und Dr. Karsten Vilmar bei der Er- öffnung der diesjährigen Gesamt- sitzung der Arzneimittelkommis- sion im Hause der Bundesärzte- kammer in Köln. Nichts ist aber so gut, als daß es nicht noch verbes- sert werden könnte: Die Kommis- sionsmitglieder wurden daher aufgerufen, die sie betreffenden Kapitel kritisch durchzusehen und Verbesserungsvorschläge für die nächste Auflage zu machen. Die Arzneimittelkommission hofft auf einen festen Zweijahre-Rhythmus der Neuauflagen.

Wenigstens gleichzeitig mit der Öffentlichkeit

Sachgerechte Information über Arzneitherapie ist der eine Schwerpunkt der Kommissionsar- beit, Erfassung und Bewertung unerwünschter Arzneimittelwir- kungen der andere. Beide wurden in der Gesamtsitzung eingehend behandelt, sowohl im Rückblick auf das seit der vorangegangenen Gesamtsitzung abgelaufene Jahr als auch im Hinblick auf ganz ak- tuelle Probleme der Arzneithera- pie.

Die Mitglieder beschäftigt immer wieder die Frage, wie die Informie- rung der verordnenden Ärzte über

Maßnahmen des Bundesgesund- heitsamtes verbessert werden könne. In einem Fall, zum Beispiel bei den Maßnahmen des Bundes- gesundheitsamtes (BGA) zu den Pyrazolonen, ist es in diesem Jahr dank einer mit dem Bundesge- sundheitsministerium und dem Bundesgesundheitsamt getroffe- nen Vereinbarung gelungen, die Ärzte hinreichend fachlich gleich- zeitig mit der Öffentlichkeit zu in- formieren. Dies ist bereits ein aner- kennenswerter Fortschritt gegen- über früheren Gelegenheiten, bei denen das BGA kurzerhand die Presse unterrichtete, welche dann die Maßnahmen und deren Be- gründungen in Stundeneile mehr oder weniger „verkürzt" darstellte, während die Fachzeitschriften mit naturgemäß längeren Herstel- lungs- und Vertriebszeiten den Arzt erst hinterher fachlich korrekt unterrichten konnten. In einem an- deren wichtigen Fall dieses Jahres hat das System gleichzeitiger (fachlicher) Informierung der Ärzte und der Öffentlichkeit nicht ge- klappt, so daß die Frage nach Ver- besserungsmöglichkeiten nach wie vor berechtigt erscheint.

E> Prinzipiell hat sich aber die Zu- sammenarbeit der Arzneimittel- kommission mit dem Bundesge- sundheitsministerium und dessen Oberbehörde, dem Bundesge- sundheitsamt, seit dem Gespräch mit Minister Dr. Heiner Geißler (im Januar 1984 in der Bundesärzte- kammer) bemerkenswert verbes- sert, wie Prof. Scheler ausdrück- lich anerkannte.

Über die Mitwirkung der Arznei- mittelkommission im Rahmen des amtlichen Stufenplanes zur Ver- besserung der Arzneimittelsicher- heit berichteten aus der Sicht der Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 43 vom 24. Oktober 1984 (35) 3153

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