• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Positive und negative Regulatoren der Haematopoese" (22.05.1992)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Positive und negative Regulatoren der Haematopoese" (22.05.1992)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Positive und negative Regulatoren

der Haematopoese

Rudolf Gross

1. Aktivatoren und Inhibitoren

Die Erforschung der Zytokine, das heißt von Rezeptoren erkannter Glykoproteine, hoch- oder niedermolekularer Peptide mit spezifischer Wirkung auf Wachstum, Differenzierung, Stoff- wechsel und Interaktion der meisten Körperzel- len, gehört zu den wesentlichen Fortschritten der modernen Medizin: In der Diagnostik, in der Therapie, im Verständnis vor allem der Hämato- logie, Onkologie, der Infektionskrankheiten, der Autoimmunerkrankungen und vieler anderer mehr.

Dabei war es schon früh klar, daß auch hier ein kompliziertes System von Stimulation und Inhibition vorliegen muß, das allein das regulati- ve Gleichgewicht zu gewährleisten vermag. Man- che Zytokine wirken sogar dosisabhängig prota- gonistisch und antagonistisch oder an verschie- denen Zellen verschieden (Pleiotropie), andere nur zusammen mit anderen Zytokinen (einer Art von eingebautem Sicherungsmechanismus), an- dere (ähnlich den parakrinen Hormonen des Magen-Darm-Kanals) nur in ihrer Nachbar- schaft („Environment"). Grundsätzlich existie- ren in den meisten Geweben (besonders gut er- forscht in den blutbildenden Organen) relativ wenige, undifferenzierte Stammzellen, die im Bedarfsfall aktiviert werden zu verlängertem Überleben — zum Übertritt in die Proliferation — A1-1958 (58) Dt. Ärztebl. 89, Heft 21, 22. Mai 1992

zur Einleitung einer Differenzierung — zur Stei- gerung der funktionellen Aktivität der ausgereif- ten Elemente (4). Dies ist zum Beispiel für einen Stimulator, das (hier nicht näher zu besprechen- de) Erythropoietin, umfassend untersucht wor- den.

Einige Aktivatoren wie GM-CSF (Granu- lozyten-Monozyten-Koloniebildung-stimulieren- der Faktor) beziehungsweise BPA (Burst Pro- moting Activity), CFU-GEMM (koloniebilden- der Faktor der Granulozytopoese, Erythrozyto- poese, Megakariozytopoese, Monozytopoese) haben in den Kliniken bereits breite Anwendung gefunden oder sind Gegenstand von Phase-Il- und Phase-III-Studien, auch in Kombination mit zytostatischer oder immunsuppressiver Chemo- therapie.

Inhibitoren können wirksam werden:

Über lösliche Rezeptoren, die im Blut oder in Gewebsflüssigkeiten den Aktivator schon

„aufnehmen" und damit verhindern, daß er zu seinem Zielorgan gelangt;

© durch die Besetzung und Blockierung ses- siler Rezeptoren an den Zielzellen, zum Beispiel bestimmten Lymphozyten;

C) als echte, biochemisch verändernde Ant- agonisten;

® durch Interferenz und „Richtungsände- rung" in Verbindung mit anderen Wirkstoffen.

(2)

®

durch Fragmente von Aktivatoren, die in- teressanterweise häufig inhibitorisch wirken, be- sonders im sogenannten „Microenvironment", also in der Nähe ihrer primären Wirkung.

Zu den bisher bekannten Inhibitoren zählt Broxmeyer (2):

C) Die Zytokine Lactoferrin, H-Ferritin, Prostaglandin E 1, die drei Interferone, die Tu- mornekrosefaktoren (TNF) a und ß, den trans- formierenden Wachstumsfaktor ß (TGF-(3), die Interleukine (I1) 1, 2, 4, 6 und 10, das Makropha- gen-Entzündungsprotein (MIP la);

C) synthetische niedermolekulare Peptide wie pyroGlu-Glu-Asp-Cyst-Lys (internationale Abkürzung: pEEDCK) N-acetyl-Ser-Asp-Lys- Pro (Ac-SDKP);

Lösliche Rezeptoren für II 1, 4, 6, Tumor- Nekrose-Faktor (TNF), GM-CSF, G-CSF, M- CSF, Erythropoetin;

® „den Transforming Growth Factor-13"

(TGF-(3);

(j) einige Oligodesoxynukleotide.

Zu den stärksten der genannten Inhibitoren gehören TGF-13, TNF-a, Interferon-gamma. Von den genannten Verbindungen, deren komplexe und zum Teil topisch- und dosisabhängige Wir- kungen bereits betont wurden, werden in dieser Ausgabe der neuerdings besonders gut unter- suchte Interleukin-1-Rezeptor und sein Antago- nist von Endres und Gröttrup eingehend be- schrieben.

Neben den unter (2) genannten, ursprüng- lich isolierten, heute gentechnisch oder chemisch hergestellten Tetra- beziehungsweise Pentapep- tiden hat der TGF-(3 besonderes Interesse gefun- den, da er auf die meisten Zellsysteme (aber nicht auf alle!) eine Hemmwirkung ausübt. Er kommt in mindestens fünf isomeren Formen mit unterschiedlichen Aktivitäten vor und hemmt zum Beispiel die Aktivität von Interleukin 1 (I1 1).

2. Funktionen

Neben den schon in den Kliniken benutzten Interleukinen und Interferonen gibt es gerade auch für Inhibitoren aussichtsreiche Ansätze:

C) Sie hemmnen hyperproliferative Zustän- de wie die seinerzeit von Dameshek unter den

„myeloproliferativen Störungen" zusammenge- faßten chronische myeloische Leukämie, essenti- elle Thrombozythämie und Polycythaemia vera;

© Obwohl in einigen Systemen experimen- tell eine Hemmung von Malignomen, besonders von Leukämien, beobachtet wurde, gibt es nach Broxmeyer (2) bis heute keinen Inhibitor, dessen Wirksamkeit in vivo gegen jede Art malignen Wachstums definitiv erwiesen wäre.

®

Durch passagere Blockierung von Stamm- zellen werden diese während einer intensiven Chemo- oder Radiotherapie besser geschützt und können (eventuell zeitgerecht unterstützt durch die bereits breit untersuchten „Aktivato- ren") die gefürchtete Neutropenie, Lymphozyto- penie vermeiden helfen und so weiter verkürzen.

® Überschießende und unerwünschte Re- aktionen bei entzündlichen Prozessen, Autoim- munerkrankungen, Abstoßungsreaktionen kön- nen besser unterdrückt werden.

3. Ausblick

In den Kliniken sind Stimulatoren und Inhi- bitoren aus dem bunten Spektrum der genann- ten Wirkstoffe schon in zum Teil jahrelanger Er- probung. Die Vielseitigkeit ihrer Wirkungen (ab- hängig unter anderem von Kombinationen, To- pik, Microenvironment), Molekülgröße, Sekun- där- oder Tertiärstruktur, Rezeptorenart und so weiter läßt — abgesehen von den Kosten — eine breite Anwendung solcher Präparate für die All- gemeinpraxis in nächster Zukunft kaum erwar- ten. Auf lange Sicht eröffnen sich aber hier — mit Hilfe gentechnischer Gewinnung oder chemi- scher Synthesen — ganz neue und trotz mancher Enttäuschungen aussichtsreiche therapeutische Ansätze.

Dt. Ärztebl. 89 (1992) A 1 -1958-1961 [Heft 21]

Literatur

1. Anagnostou, A.; Dainiak, N.; Najman, A. (Edit.): Negative Re- gulators of Hematopoiesis: Ann. New York Acad. Sci. Vol. 628 (1991). Darin 65 Beiträge mit weiterführender Literatur.

2. Broxmeyer, H. E., Daniak, N: u. a. bei (1), bes. S. 192.

3. Piez, K. A.; Sporn, M. B.; (Edit): Transforming Growth Fac- tor-f3s: Ann. New York Acad. Sci. Vol. 593 (1990). Darin 55 Bei- träge mit weiterführender Literatur.

4. Ruscetti W., u. a. bei (1), bes. S.194.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Rudolf Gross Herbert-Lewin-Straße 5

W-5000 Köln 41

Dt. Ärztebl. 89, Heft 21, 22. Mai 1992 (61) A1-1961

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

a) Viele der MASA-Mit- glieder sind Distriktärzte und als solche verantwortlich für die gesundheitliche Versor- gung der politisch Inhaftier- ten. Es wäre die Aufgabe der

Die vom Widerruf der Zulassung be- troffenen pharmazeutischen Unter- nehmer haben sich den Maßnahmen der anderen Hersteller phenylbuta- zon- und oxyphenbutazon-haltiger

Eine Vielzahl unterschiedlichster Kulturen (Viel- falt ist auch in der Natur Voraus- setzung für die Überlebensfähig- keitl, hochqualifizierte Spezialisten gepaart mit

Oder in Eugene Garfields eigenen Worten (4): „Es ist eine Sache, den Impact-Faktor für den Vergleich von Zeit- schriften heranzuziehen, aber eine ganz andere, ihn zu nutzen,

Dazu gehört freilich, daß sich der Arzt bereits bei der Ana- mnese in jedem Fall darüber infor- miert, ob sein Patient Kraftfahrzeuge fährt oder nicht; daß er sich über

Unterstützt wird die These, dass ein relatives Molekulargewicht von 43 kDa im SDS-Gel unter nicht reduzierenden Bedingungen das tatsächliche Molekulargewicht des FH(SCR1-7)

Der Abschlussbe- richt der Untersu- chungskommission offenbart ein Aus- maß systemati- schen Dopings im Radsport seit den 90er-Jahren, wie es bislang für west- deutsche Ärzte

Man kann erwarten, daß der jetzt in die klinische Prüfung gehende rhuTNF bei einem Teil der Tumorpatienten eine zytostatische oder zytotoxi- sche Wirkung entfalten wird..