Cartoon: Reinh
„Jetzt haben wir ihn gerade eine Wo- che — und schon spuckt er seine erste Krankmeldung aus!"
fragen Beistand fordern konn- ten, lagen die Dinge im umge- kehrten Falle anders. Jede Neu- einstellung war mit der Furcht verbunden, es könnten die Pok- ken in die Familie einge- schleppt werden. Wer sich nicht auf das Zeugnis des vorherigen Arbeitgebers und sorgfältiges Befragen im Bekanntenkreis der Angestellten verlassen woll- te, ließ inokulieren. Dr. Kitchiner empfahl dies unbedingt, und der Herzog von Bedford ließ je- den Neuzugang an Haushalts- personal impfen, ob er wollte oder nicht. Die persönliche Ver- antwortung für die Gesundheit der Angestellten galt den be- sonderen Bedingungen des 18.
und 19. Jahrhunderts gemäß als
Personal-Sorgen
Dr. William Kitchiner, mit einer ärztlichen Zulassung in Glas- gow, befaßte sich 1811 ausführ- lich mit den Fragen des Haus- personals in Großbritannien.
Damals war eine Lady noch eine Lady. Auf ihrem Sterbebett nahm eine solche den Hausan- gestellten das Versprechen ab, sich nicht niederzusetzen, be- vor der Arzt sie für absolut tot erklärt habe. Da es damit etwas dauerte, mußten Arzt, Butler, Kammerfrau, Köchin und Zim- mermädchen eine gehörige Weile auf den Beinen bleiben.
Von einer routinierten Haushäl- terin wurde erwartet, daß sie sich nicht nur mit der Ersten Hil- fe auskannte, sondern auch Heilwässer und Lakritzbonbons herstellen konnte. Gegen Hüh- neraugen der Hausherrin mußte das Mädchen Bohnen zerkauen.
Der Brei wurde mit einem Pfla- ster aufgetragen. Melancholie- anfällen, Darmkrämpfen und Hundebissen rückte man mit
„Dr. Stephens Berühmter Tink- tur" zu Leibe, einem Sud aus Körnern des Ölmohns.
War es für die Arbeitgeber eine Selbstverständlichkeit, daß sie vom Personal in Gesundheits-
Bürde, zumindest als Risiko.
Nach zwölf Beschäftigungsmo- naten mußte der Arbeitgeber die Arztrechnung bezahlen, worauf man dazu überging, im elften Monat die Entlassung auszusprechen und nach eini- gen Tagen die Person neu ein- zustellen.
1783 schrieb Horace Walpole, der adelige Historiker, einer Freundin: „Sie mögen über mein Pech lachen. Aber es ist nicht einfach, wenn man eine al- te Köchin einstellte, die so gelb wie ein Staublappen ist, die vom Kutscher verführt wird, eine Fehlgeburt hatte und die Fall- sucht zurückbehielt. Wer von
meinen Bediensteten über- haupt was taugt, kriegt dauernd Kinder, so daß ich mehr ein La- zarett als einen Haushalt, mehr ein Waisenhaus als einen Land- sitz führe." Die Verwalter der Ar- beitshäuser der Kirchspiele leb- ten in ständiger Sorge, sieches Personal oder vaterlose Kinder zugewiesen zu bekommen. Sie empfahlen, eine „Penny-Versi- cherung" abzuschließen, und waren stets erlöst, wenn sie beim Empfang eines kaum lebensfähi- gen Säuglings von der Mutter er- fuhren: „Macht euch nichts draus, ich bin mit ihm Mitglied in zwei Sterbekassen." AR
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
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2146 (94) Heft 28/29 vom 12. Juli 1985 82. Jahrgang Ausgabe A