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Archiv "Arzneimittelpreise in der EU: Mehr Gerechtigkeit gefordert" (09.08.2010)

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A 1508 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 31–32

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9. August 2010

ARZNEIMITTELPREISE IN DER EU

Mehr Gerechtigkeit gefordert

Deutsche Patienten geben im Schnitt 20 Prozent mehr für Medikamente aus als andere EU-Bürger. Vertreter des Europäischen Parlaments regen daher an, die Arzneimittelpreise in der EU anzugleichen.

D

ie Vorschläge von Bundes - gesundheitsminister Philipp Rösler zur Neugestaltung der Preise von Arzneimitteln sind Wasser auf die Mühlen zahlreicher Europaab- geordneter. Denn den Mitgliedern des Straßburger Europaparlaments (EP) sind die vergleichsweise ho- hen Preise für Medikamente in Deutschland schon lange ein Dorn im Auge. Nicht zum ersten Mal for- dern sie daher, die Arzneimittelprei- se innerhalb der EU anzugleichen.

Eine Preisangleichung würde zu- dem den „unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten wenig sinnvollen“

Parallelhandel mit Medikamenten überflüssig machen, meinen die Be- fürworter einer Harmonisierung

Aus Sicht von EP-Mitgliedern wie Peter Liese (CDU) und Anja Weisgerber (CSU) sind die EU- weiten Preisunterschiede zudem zutiefst „unsozial“. Deutsche Pa- tienten und Krankenkassen zahlten nämlich selbst bei Medikamenten drauf, die nicht im eigenen Land hergestellt würden.

EU-Staaten regulieren Preise unterschiedlich

„Die Preise für die Behandlung mit lebensnotwendigen Medikamenten liegen in Deutschland teilweise um 70 Prozent höher als in Ländern wie Italien, Belgien, Griechenland oder Spanien“, moniert Liese, der zu- gleich gesundheitspolitischer Spre- cher der größten Fraktion im EP ist.

Im Schnitt seien es 20 Prozent mehr.

Grund hierfür sei, dass Phar- maunternehmen in Deutschland die Preise für ihre Innovationen bislang selbst festlegen konnten. So viel Freiheit genießen sonst nur noch die Hersteller in Dänemark und Malta.

In anderen europäischen Län- dern, darunter Österreich und Spa- nien, werden die Preise gesetzlich

festgeschrieben. Wieder anders re- geln es beispielsweise Italien, Frankreich, Irland und Ungarn:

Hier handeln Pharmaunternehmen und Großhändler die Preise mit dem Gesetzgeber aus. In Groß - britannien werden die Preise für Arzneimittel des staatlichen Ge- sundheitsdienstes NHS auf der Grundlage regelmäßig vereinbarter maximaler Gewinne bestimmt.

Das führt dazu, dass die Kran- kenkassen für das Mittel Betaferon zur Behandlung der multiplen Skle- rose in Deutschland nach Angaben der KKH-Allianz 1 429 Euro be- zahlen müssen, während die gleiche Packungsgröße in Italien lediglich 817 Euro kostet.

Das in der Krebstherapie einge- setzte Glivec® (400 mg) wiederum kostet die deutschen Kostenträger 7 806 Euro. In Griechenland schlägt es mit nur 6 914 Euro zu Buche.

Der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller kommt indes zu anderen Ergebnissen. „Die Arz- neimittelpreise in Deutschland lie- gen im europäischen Mittelfeld.

Laut einer Studie des norwegischen Gesundheitsministeriums vom Mai 2008 sind wir bei den Preisen der 200 meist verordneten Wirkstoffe auf gleicher Höhe wie Dänemark, Schweden und Österreich – weit hinter Belgien und Irland“, sagt die Hauptgeschäftsführerin des Verban- des, Cornelia Yzer.

Hinzu komme, dass Medikamen- te in Deutschland dem vollen Mehr- wertsteuersatz unterlägen, während in fast allen anderen europäischen Staaten keine oder nur ermäßigte Mehrwertsteuersätze gelten.

Um mehr Transparenz über die Preissituation in allen 27 EU-Mit- gliedstaaten zu bekommen, hat der Gesundheitsausschuss des EP un- längst eine wissenschaftliche Un-

tersuchung in Auftrag gegeben. Die Studie soll zugleich Ansatzpunkte für eine mögliche EU-weite Rege- lung liefern. Mit Ergebnissen ist frühestens im Herbst zu rechnen.

Denkbar wäre aus Sicht von Lie- se zum Beispiel ein Modell, bei dem eine einheitliche Preisgestaltung für auf dem europäischen Markt zu - gelassene Medikamente durch die in London ansässige Europäische Arzneimittelbehörde EMA erfolgen könnte.

Studie soll mehr Transparenz über Preissituation bringen

Die Idee, den europäischen Arznei- mittelmarkt weiter zu harmonisieren, dürfte bei der EU-Kommission auf offene Ohren stoßen. Immerhin lieb- äugelt die Brüsseler Behörde schon lange mit einem einheitlichen Bin- nenmarkt für Arzneimittel. Ein Be- leg hierfür ist das sogenannte Phar- mapaket, das in Teilen bereits verab- schiedet wurde und zu mehr Markt- transparenz, Wettbewerb und Sicher- heit von Arzneimitteln beitragen soll.

Wegbereiter dieser Entwicklung war übrigens der deutsche Politiker Martin Bangemann, der als Indus- triekommissar Anfang der 90er Jah- re in Brüssel erstmals einen runden Tisch für eine neue europäische Pharmapolitik einberufen hatte.

Einheitliche Arzneimittelpreise kämen aus Sicht der Gesundheits- experten im EP jedoch nicht nur den Patienten zugute, sondern wür- den auch die Industrie entlasten.

„Derzeit benötigen die Pharmafir- men ganze Stäbe von Mitarbeitern, um die unterschiedlichen Preisre- gulierungssysteme in den 27 Mit- gliedstaaten zu verstehen und zu bearbeiten. Diese Leute sollten bes- ser in der Forschung und Entwick- lung arbeiten“, meint Liese. ■

Petra Spielberg

P O L I T I K

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