DEUTSCHES
ÄRZTEBLATT Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
Lebensrettende Sofortmaßnahmen am Unfallort
ÜBERSICHTSAUFSATZ:
Lebensrettende Sofortmaßnahmen am Unfallort
Spezifische Antidote Niereninsuffizienz durch Phenacetin
NOTFALL IM
BEREITSCHAFTSDIENST:
Kardiogener Schock Notfallbegleitschein
FÜR SIE GELESEN
KONGRESS- NACHRICHTEN
KONGRESS-BERICHT:
Betablocker und das Zentralnervensystem
I. Teil: Wiederbelebung
Gholam Sehhati und Rudolf Frey*)
Lebensrettende Sofortmaßnahmen werden bei akuten lebensbedrohli- chen Erkrankungen, bei Unfallver- letzten und bei Vergiftungen mit Störungen der vitalen Funktionen (Atmung und Kreislauf) durchge- führt. Dabei ist es gleichgültig, wo im Einzelfall die Störung beginnt;
immer resultiert eine Verminderung oder gar Unterbrechung der Sauer- stoffzufuhr. Die Wiederbelebung muß daher in jedem Fall eine aus- reichende Sauerstoffversorgung anstreben.
Mit jeder verlorenen Sekunde wer- den wegen eintretender irreversi- bler Zellschäden infolge Sauer- stoffmangels die Überlebenschan- cen geringer.
Wenn die Sauerstoffzufuhr zum Ge- hirn für drei Minuten unterbrochen ist, dann ist in 75 Prozent der Fälle die Wiederbelebung ohne bleiben- de Schäden möglich. Nach vier Mi- nuten Unterbrechung sinkt diese Chance auf 50 Prozent und nach fünf Minuten auf 25 Prozent ab (Abbildung 1). Dabei muß aller- dings noch der Zustand der Hirn-
gefäße berücksichtigt werden, da sich mit zunehmendem Alter die angegebenen Zeiten verkürzen.
Während früher bei der Ersten Hil- fe die lokale Versorgung der Ver- letzung im Vordergrund stand, sind es heute die Wiederherstellung und Aufrechterhaltung des Kreislaufs und der Atmung. Bei einer ernst- haften Störung dieser beiden le- benswichtigen Funktionen kann die beste Versorgung von Wunden und Brüchen das Leben nicht retten.
Bei Atem- und Kreislaufstillstand spricht man vom klinischen Tod.
Die unwiderruflichen Zellschäden an den Organen treten erst etwa fünf Minuten nach dem klinischen Tod auf. Wenn in dieser Zeitspanne keine lebensrettenden Maßnahmen im Sinne der Wiederherstellung der Vitalfunktionen erfolgen, dann tritt der biologische Tod durch endgül- tige, nicht wieder rückgängig zu machende Veränderungen an den Zellen ein.
*) Mitglied des Wissenschaftlichen Beira- tes der Bundesärztekammer
Aus dem Institut für Anästhesiologie der Johannes Gutenberg Universität Mainz (Direktor: Professor Dr. med. Rudolf Frey)
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 21 vom 20. Mai 1976
1429Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
Lebensrettende Sofortmaßnahmen am Unfallort
100 ~
75 ~
50 ~
25 ~
0 %
o' Hin. 1
Abbildung 1: Minderung der Chancen nach Wiederbelebung
s' 9
Kreislauf und Atmung ermöglichen durch Antransport von Sauerstoff und energiehaltigen Substanzen und durch Abtransport von Schlak- ken und Kohlensäuregas den Stoff- wechsel der Zelle und somit das Leben. Die Wiederherstellung be- ziehungsweise die Erhaltung der Atmung und des Kreislaufes ist deshalb die vordringlichste Maß- nahme zur Vermeidung des biolo- gischen Todes. Dabei ist es zu- nächst völlig gleichgültig, ob ein Unfall, sei es im Verkehr, zu Hause oder im Betrieb vorliegt, ob es sich um akutes Ertrinken, einen schwe- ren Herzinfarkt, lebensbedrohliche interne Erkrankungen handelt oder ob ein anaphylaktischer Schock vorausgegangen ist.
Um bei der Wiederbelebung nicht wertvolle Sekunden durch Nervosi- tät und unzweckmäßige Maßnah- men zu verlieren, empfiehlt es sich, das folgende ABC der Wiederbele- bung bezeichnete Schema einzu- halten .
..,.. A = Atemwege freimachen (bei Bewußtlosigkeit)
..,.. B = Beatmung (bei Atemstill- stand)
..,.. C = Compression des Herzens (bei Kreislaufstillstand).
e
Textfortsetzung auf Seite 1434Abbildung 2a (links): Einfluß der Kopf- und Halshaltung auf die Luftwege. Die zurückgefallene Zunge und der Un- terkiefer verlegen bei gebeugtem Hals die oberen Luftwege- Abbildung 2b (rechts): Durch starkes Überstrecken des Halses werden die Luftwege frei