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Archiv "Probleme 1976: Gesetz über Kassenarztrecht und Eindämmung der Kosten (Teil 1)" (01.01.1976)

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Die Information:

Bericht und Meinung DOKUMENTATION

In einer überaus intensiven Weise haben sich die parlamentarische und die allgemeine Öffentlichkeit auch im Zusammenhang mit der so- genannten Kostenexplosion in die- sem Jahr mit der Gesundheits- und der Sozialpolitik in unserem Lande beschäftigt. Wer sich dabei vor Au- gen führt, in welchem Umfange da- bei Fragestellungen und Probleme eine Rolle gespielt haben, die die Berufstätigkeit des einzelnen Arz- tes, die Rechtsstellung des Kas- senarztes im System unserer sozia- len Krankenversicherung, die wirt- schaftliche Lage des Kassenarztes und die Tätigkeit der KVen als Ga- rantieträger für die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung betreffen, der wird ermessen kön- nen, daß die Schwierigkeiten bei meinem heutigen Bericht nicht etwa darin liegen, all diese Ereig- nisse und Probleme zusammenzu- tragen, sondern darin, eine Aus- wahl zu treffen, um die wichtigsten Entwicklungen und Entwicklungs- tendenzen sowie unsere Stellung- nahme hierzu vor Ihnen darzule- gen.

Wollte ich auch nur halbwegs er- schöpfend über all das berichten, was sich seit unserer letzten Sit- zung und dem Deutschen Ärztetag 1975 in Hamburg zugetragen hat, dann müßte ich Ihre Aufmerksam- keit für viele Stunden in Anspruch nehmen.

Ich erbitte daher Ihr Verständnis dafür, daß ich mich in meinem Be-

richt vornehmlich auf zwei große Problemkreise beschränken möchte:

O die Vorgänge auf dem Sektor der Weiterentwicklung des Kassen- arztrechts;

© die Frage der Kostenentwick- lung in der sozialen Sicherung im allgemeinen und in der sozialen Krankenversicherung im besonde- ren.

Nach mehrjährigen Auseinander- setzungen in der allgemeinen öf- fentlichen Diskussion ist jetzt die eigentliche politisch-parlamentari- sche Debatte um die zukünftige Regelung der Beziehungen zwi- schen den Trägern der Kranken- versicherung und den Ärzten auf der Grundlage von Gesetzentwür- fen der Bundesregierung und des Bundesrates zur Weiterentwicklung des Kassenarztrechts in ein ent- scheidendes Stadium getreten.

Auf dem Deutschen Ärztetag in Hamburg habe ich dargelegt, wel- che Stellung die Kassenärztliche Bundesvereinigung, darüber hinaus aber auch die organisierte deut- sche Ärzteschaft, zu den Grundbe- standteilen der beiden Gesetzent- würfe einnimmt. Diese grundsätzli- che Stellungnahme, die in den be- kannten 10 Punkten zusammenge- faßt ist, hat auch heute unverändert Gültigkeit. In den vor uns liegen- den Wochen und Monaten wird sie die maßgebende Leitlinie für unse- re Tätigkeit im Zuge der Beratun-

gen der Gesetzentwürfe in den zu- ständigen Ausschüssen des Bun- destages sein.

Zwei wesentliche Ereignisse aus der jüngsten Vergangenheit lassen Sie mich herausholen, nämlich

> die teilweise rasanten Entwick- lungen bei den Beratungen des so- genannten Haushaltsstrukturgeset- zes und

I> die Anhörung von Sachverstän- digen durch den Bundestagsaus- schuß für Arbeit und Sozialordnung zu den Vorschriften der beiden Ge- setzentwürfe.

Von der ärztlichen und der sonsti- gen Öffentlichkeit war bis in die er- sten Tage des Novembers hinein der von der Bundesregierung ein- gebrachte Entwurf eines sogenann- ten Haushaltsstrukturgesetzes ent- sprechend seinem Inhalt so regi- striert worden, daß es sich um ein Gesetz handeln sollte, durch das eine der allgemeinen Wirtschafts- lage entsprechende gleichartige Struktur der Bundes- und der Lan- deshaushalte in Anlage und Durch- führung gewährleistet werden soll- te.

Von der Öffentlichkeit und selbst manchen Parlamentariern weit- gehend unbemerkt, wurde die- ser Gesetzentwurf schon beim so- genannten ersten Durchlauf im Deutschen Bundesrat, aber wenig später auch bei den Beratungen des Haushaltsausschusses des Bundestages durch ihrem Umfang nach zwar kleine, ihrer Wirkung nach jedoch schwerwiegende Zu- fügungen so wesentlich verändert, daß plötzlich existentielle Bestand- teile der Wahrnehmung von Selbst- verwaltungsaufgaben, speziell Auf- gaben der kassenärztlichen Selbst- verwaltung, potentiell stark und in verfassungsrechtlich äußerst be- denklicher Form gefährdet wurden.

Schon die Tatsache, daß der Deut- sche Bundesrat die Einführung einer Vorschrift beschloß, durch die sich bei allen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts auf Bundes- und Lan- desebene — also auch bei Ärzte-

Probleme 1976:

Gesetz über Kassenarztrecht und Eindämmung der Kosten

Dr. Hans Wolf Muschallik,

Erster Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Wortlaut des Berichts zur Lage, erstattet

der Vertreterversammlung der KBV am 13. Dezember 1975 in Köln

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 1 vom 1.Januar 1976 5

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Die Information:

Bericht und Meinung Bericht zur Lage

kammern und bei den Kassenärztli- chen Vereinigungen - in Zukunft die Besoldungsverhältnisse aus- schließlich nach dem für Beamte jeweils geltenden Besoldungsrecht richten sollten, war bemerkens- wert. Von einer erheblichen, über die Bedeutung des Wortes "Haus- haltsstruktur" hinausgehenden strukturverändernden Wirkung mußten aber weitere Vorschritten sein, die quasi unter Ausschluß auch der zuständigen parlamenta- rischen Öffentlichkeit, das heißt der sachlich zuständigen Bundes- tagsausschüsse, vom Haushalts- ausschuß in den Gesetzentwurf eingebaut wurden. Sie betrafen die Aufstellung der Haushaltspläne der Krankenversicherungsträger und die Herstellung einer Abhängigkeit dieser Pläne von der Erfüllung eventueller Auflagen der Aufsichts- behörden.

Der Wortlaut dieser Vorschläge des Haushaltsausschusses wurde - und auch das scheint mir be- merkenswert - erst knapp 72 Stunden vor der 2. und 3. Lesung des Haushaltsstrukturgesetzes im Bundestag bekannt! Er beinhaltete die sachlich in keiner Weise be- gründete Gleichstellung des Haus- haltsrechts der Träger der Kran- kenversicherung mit dem Haus- haltsrecht der Bundesversiche- rungsanstalt für Angestellte. Dar- über hinaus sah er die nach unse- rer Auffassung weder sachlich noch verfassungsrechtlich haltbare Gleichstellung des Haushaltsrechts der Kassenärztlichen Vereinigungen mit dem Haushaltsrecht der Kran- ken- und damit der Rentenversi- cherungsträger vor. Ein Beispiel:

[> Für den Fall, daß Beanstandun- gen zum Haushaltsplan einer Kas- senärztlichen Vereinigung von der Vertreterversammlung dieser KV nicht gefolgt würde, sollte die je- weilige Aufsichtsbehörde das Recht haben, von sich aus den Haushaltsplan festzusetzen und so- mit einen "Zwangsetat" zu vollzie- hen.

Daß diese plötzliche Entwicklung und die daraus zu erkennenden

Zeichen unsere äußerste Aktivität auslösen mußten, ist selbstver- ständlich. ln Fernschreiben haben wir uns sofort an die Vorsitzenden der Fraktionen der im Bundestag vertretenen Parteien und gleichzei- tig mit einem Schreiben an alle Da- men und Herren Abgeordneten des Deutschen Bundestages gewandt.

Auf wesentliche Teile dieser unse- rer Eingabe möchte ich Bezug neh- men, um die Tragweite dessen, was hier beabsichtigt war, beson- ders zu verdeutlichen. Diese Einga- be ist gemeinsam mit den Zahnärz- ten gemacht worden, da das Ge- setz und all seine Fragen die Zahn- ärzte genauso betreffen. Ich las- se aber die Nennung der Kassen- zahnärztlichen Vereinigung im fol- genden einmal fort.

Aus dem KBV-Fernschreiben an die Abgeordneten

des Deutschen Bundestages Sinn und Ziel der Vorschriften des Ge- setzentwurfs in der Fassung der Be- schlüsse des Haushaltsausschusses ist es, die Kassenärztlichen Vereinigungen und Bundesvereinigung hinsichtlich ih- res Haushalts den gleichen Vorschrif- ten zu unterwerfen, wie sie derzeit für die Rentenversicherungsträger im allge- meinen und die Bundesversicherungs- anstalt für Angestellte im besonderen gelten.

..,.. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind keine Rentenversicherungsträger und auch keine Träger der Krankenver- sicherung! Ihre Haushalte bestehen nicht aus Versichertenmitteln!

Nach der geschichtlichen Entwicklung des Kassenarztrechts in Deutschland und in der Bundesrepublik ist es Aufga- be der Kassenärztlichen Vereinigungen, sowohl den Krankenkassen als auch ih- ren Verbänden gegenüber die ambulan- te ärztliche Versorgung ihrer Versicher- ten zu gewährleisten und - darauf kommt es in diesem Zusammenhang ganz besonders an - die Rechte der Kassenärzte gegenüber den Kranken- kassen wahrzunehmen.

Seide Aufgaben wurden bis zum Jahre 1932 durch einen freien Verband wahr- genommen, den die Ärzte zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen als so- genannten Leipziger Verband gegrün- det hatten. Nach 1932 wurden diese

6 Heft 1 vom 1. Januar 1976 DEUTSCHES ARZTEBLA'IT

Beziehungen zwischen Ärzten und Krankenkassen durch die Umgestaltung des freien Ärzteverbandes zu einer Kör- perschaft des öffentlichen Rechts in ein öffentliches Partnerschaftsverhältnis zwischen Krankenkassen und Kassen- ärzten umgewandelt. Den Schlußpunkt in dieser Entwicklung bildete das 1955 vom Deutschen Bundestag nahezu ein- stimmig verabschiedete Gesetz über Kassenarztrecht, dessen Inhalt sich kurz in folgenden grundsätzlichen Punkten zusammenfassen läßt:

Q) Gleichberechtigte Partnerschaft zwi- schen Krankenkassen und Kassenä,ztli- chen Vereinigungen, die als Körper- schaften des öffentlichen Rechts orga- nisiert sind.

@ Ausschluß eines "vertragslosen Zu- standes" zwischen Krankenkassen und Ärzten durch Einführung eines gesetzli- chen Schiedswesens.

@ Pflichtmitgliedschaft aller Kassen- ärzte und beteiligten leitenden Kran- kenhausärzte in den Kassenärztlichen Vereinigungen (positiver Koalitions- zwang).

@ Ausdrückliche Bestätigung der Be- sonderheit der Selbstverwaltung der Genossenschaft der Kassenärzte mit dem Recht, die Interessen ihrer Mitglie- der gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen.

..,.. Diese Ausgewogenheit in den Bezie- hungen zwischen den Kassenärzten als Angehörigen eines freien Berufs einer- seits und den Krankenkassen als Orga- nen der mittelbaren Staatsgewalt ande- rerseits würde dur·ch die vom Haus- haltsausschuß eingeführte Nr. 2 in ei- nem § 1, Artikel 17 des Entwurfs eines Haushaltsstrukturgesetzes zerstört. Die Gleichschaltung der Kassenärztlichen Vereinigungen mit der gesetzlichen Rentenversicherung entkleidet die ärzt- liche Selbstverwaltung ihres Charakters als genossenschaftlicher Zusammen- schluß freiberuflich in eigener Praxis niedergelassener Ärzte. Das dem Pflichtenkreis der Kassenärzte entspre- chende Äquivalent des Kreises der Rechte wird im wesentlichen Kernstück der Selbstverwaltung, dem Haushalts- recht, beseitigt.

..,.. Die vom Haushaltsausschuß bean- tragte strukturelle Veränderung der Kassenärztlichen Vereinigungen würde die Pfli·chtmitgliedschaft des einzelnen Kassenarztes zu einer solchen Kassen- ärztlichen Vereinigung als verfassungs- widrig erscheinen lassen. Diese Pflicht-

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mitgliedschaft des Angehörigen eines freien Berufes, welche seine Koalitions- freiheit als Partner der Krankenkas- sen auf freier Verbandsebene aus- schließt, zu einer Organisation, die ihrerseits infolge des geänderten Haus- haltsrechts zu einer Einrichtung des staatlichen Behördenaufbaus würde, ist verfassungsrechtlich unzulässig.

.... Die Mitgliedschaft des Angehörigen eines freien Berufes zu einer derartigen Organisation ist darüber hinaus für die betroffenen Berufsangehörigen unzu- mutbar!

.... Die Mitwirkung der Angehörigen ei- nes freien Berufes in den Organen ei- ner so verstümmelten Selbstverwaltung ist nicht mehr zu erwarten!

.... Die bisherige Ausgewogenheit in den Beziehungen der .Arzte zu den Krankenkassen würde aufgehoben sein und das vom Gesetzgeber bisher bei allen Reformen berücksichtigte Rechts- gut des sozialen Friedens damit emp- findlich gestört werden.

Im Gegensatz zu den Beschlüssen des Haushaltsausschusses bei der Beratung des Haushaltsstrukturgesetzes hat die Bundesregierung bei der Einbringung des allgemeinen Teils des Sozialge- setzbuches die Besonderheiten der kassenärztlichen Selbstverwaltung bei der Neugestaltung des Haushaltsrechts ausdrücklich gewahrt. Wir bitten auch aus diesem Grunde, im § 1 des Artikels 17 des Entwurfs des Haushaltsstruktur- gesetzes die Nr. 2 zu streichen. Es er- scheint der betroffenen Kassenärzte- schaft besonders bedenklich, daß in Jahrzehnten gewachsene Strukturen ih- rer Selbstverwaltung durch eine spon- tane Entscheidung des Haushaltsaus- schusses mit einer zeitli·chen Vorberei- tung von nur wenigen Tagen dem Deut- schen Bundestag zur Änderung vorge- schlagen werden.

Soweit unsere damalige Eingabe.

Ich glaube, sie ist präzise und klar und erläutert auch dem nicht so Eingeweihten unsere Auffassung und unsere logische Begründung.

Darüber hinaus haben wir, soweit das angesichts der damaligen par- lamentarischen Situation möglich war - es waren die Tage der par- lamentarischen Vorbereitung der großen Aussprache über die soge- nannten Polenverträge - , mit Ab- geordneten aller Fraktionen sofort

Fühlung aufgenommen, um für un- sere aus den oben zitierten Pas- sagen unseres Schreibens ersicht- liche Auffassung im wahrsten Sinne des Wortes zu werben.

Bei der bereits am 5. November stattgefundenen 2. Lesung des Ent- wurfs eines Haushaltsstrukturge- setzes im Deutschen Bundestag verfiel zu unserem Bedauern ein von der CDU/CSU-Fraktion gestell- ter und von der Abgeordneten Frau Dr. Neumeister begründeter Antrag auf Streichung der von uns kriti- sierten Vorschriften der Ablehnung durch die Mehrheit des Bundesta- ges. Angenommen hingegen wurde ein von Vertretern der Fraktionen der Regierungskoalition gestellter Antrag, durch den die vom Haus- haltsausschuß beschlossenen Be- stimmungen des Entwurfs - ich habe sie eben skizziert - erheb- lich abgeschwächt wurden: Das Recht der Aufsichtsbehörden zur sogenannten Zwangsetatisierung sollte - allerdings unter Beibehal- tung der Vorlagepflicht der Haus- haltspläne - entfallen.

[> Der Bundesrat rief bei der 2. Be-

handlung des Gesetzes den Ver- mittlungsausschuß an, wobei auch der Artikel 17 zur Debatte stand. Im Vermittlungsausschuß wurde eine weitere Abmilderung insofern vor- genommen, als die automatische Vorlagepflicht für die Haushaltsplä- ne der Krankenkassen bei den Auf- sichtsbehörden ersetzt wurde durch ein Recht der Aufsichtsbe- hörden, die Haushaltspläne anzu- fordern.

[> Inhalt bleibt jedoch zu unserem

großen Bedauern die Gleichstel- lung der Haushaltsvorschriften zwi- schen den Trägern der Kranken- versicherung und den Kassenärztli- chen Vereinigungen. Daran haben auch unsere nochmaligen Bemü- hungen, nach der zweiten Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat vor wenigen Tagen die von uns gewünschte Streichung des Artikels 17 zu errei- chen, nichts zu ändern vermocht.

Es bleibt bei den ursprünglichen Beschlüssen des Vermittlungsaus-

Die Information:

Bericht und Meinung

schusses, und es ist zu erwarten, daß nach der gestrigen Zustim- mung des Bundestages am 18. De- zember auch der Bundesrat dem Entwurf des Haushaltsstrukturge- setzes in der Form der Beschlüsse des Vermittlungsausschusses "grü- nes Licht" gibt*), so daß das Gesetz ab 1. Januar 1976 in Kraft treten kann.

I

Für eine weitere

eventuelle Oberraschung gewappnet sein!

Die durch das Plenum und beson- ders später durch den Vermitt- lungsausschuß mit auf unsere In- itiative zustande gekommene er- hebliche Änderung der Vorschrif- ten des inkriminierten Artikels 17 des Haushaltsstrukturgesetzes ist verschiedentlich als ein großer Er- folg gepriesen worden. Ich bin zu kritisch, um nicht zu erkennen und zu erklären, daß wir keineswegs ei- nen vollen Erfolg errungen haben.

Wir haben für die Selbstverwaltung der Kran kenversicherungsträger, die Besonderheit ihrer Aufgaben- stellung gegenüber den Trägern der Rentenversicherung und die daraus resultierende haushalts- rechtliche Betrachtung einen Er- folg erzielt. Die Gefährdung des bisher unumstrittenen Charakters der haushaltsrechtlichen Stellung der Kassenärztlichen Vereinigun- gen kann jedoch nicht geleugnet werden.

..,.. Wir werden bei den bald bevor- stehenden Beratungen über den von der Bundesregierung vorgeleg- ten Entwurf des allgemeinen Teils eines Sozialgesetzbuches intensiv bemüht bleiben müssen und blei- ben, den Gesetzgeber davon zu überzeugen, daß dann, wenn man der kollektiven kassenärztlichen Selbstverwaltung die ungehinderte und freie Ausübung des Rechts ei- ner Vertretung der Rechte der Kas- senärzte gegenüber den Kranken- versicherungsträgern nicht mehr zubilligt, sondern Möglichkeiten für eine wie auch immer ausgestaltete

*) Der Bundesrat hat den Entwurf erwar·

tungsgemäß gebilligt.

DEUTSCHES ARZTEBLA'IT

Heft

1

vom 1.Januar 1976

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Die Information:

Bericht und Meinung Bericht zur Lage

Beschränkung dieses Rechts schafft, man ihr den Charakter der genossenschaftlichen Vertretung nimmt. Man macht sie dann letzt- lich zu einem hohlen Gefäß, in dem eine lebendige Selbstverwaltung der für die soziale Krankenversi- cherung tätigen Ärzte keinen Platz mehr hat. Die Kassenärzte müßten sich dann andere organisatorische Formen der auch ihnen grundsätz- lich garantierten Interessenvertre- tungen suchen!

Dennoch möchte ich all denen, die sich als Abgeordnete des Deut- schen Bundestages, als Vertreter von Landesregierungen und als Vertreter von ärztlichen und ande- ren Organisationen mit uns dafür eingesetzt haben, die unter einer unzutreffenden Flagge verborgene, sachlich nicht gebotene Gleichma- cherei in der Haushaltsregelung der gegliederten deutschen Sozialver- sicherung zu verhindern, meinen Dank und meine Anerkennung aus- sprechen.

~ Wenn ich den Vorgängen um dieses Haushaltsstrukturgesetz so viel Raum gewidmet habe, so ge- schah es, um warnend aufzuzei- gen, wie schnell und unter Benut- zung welch verschiedener Gesetz- entwürfe entscheidende Eingriffe in die Struktur der deutschen sozia- len Krankenversicherung möglich sind. Dabei unterstelle ich keinem Mitglied des Haushaltsausschusses des Bundestages, die Absicht ge- habt zu haben, grundsätzliche Strukturveränderungen im Verhält- nis von Selbstverwaltung und Auf- sicht, im Verhältnis der Kranken- versicherungen zu ihren Vertrags- partnern und für die Selbstverwal- tung der Ärzte und Zahnärzte durchzuführen. Dennoch muß es einen bedenklich stimmen, wenn man in den letzten Wochen von manch kompetenter Seite die Ver- mutung hören mußte, daß mit den Beschlüssen des Haushaltsaus- schusses auch das Ziel verbunden gewesen sein könnte, Krankenkas- sen und Ärzte an die Kandare zu legen. War das vielleicht vereinzelt der Durchbruch der wirklichen Ein- stellung zur Freiheit der Selbstver-

waltung und zur Vertragsfreiheit in der sozialen Krankenversicherung?

Wir werden das Beispiel der Vor- gänge um den Entwurf eines Haus- haltsstrukturgesetzes jedenfalls mahnend in unserer Erinnerung behalten, um auch für eine weitere eventuelle Überraschung gewapp- net zu sein!

Schon wenige Wochen später fand als herausragendes Ereignis auf dem Gebiet der Weiterentwicklung der Regelung der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Kas- senärzten die Anhörung von Sach- verständigen durch die Abgeordne- ten des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung unter Vorsitz von Professor Schellenberg statt. Als einer der Väter des heuti- gen Kassenarztrechts hat er sich nach meiner Meinung ein bleiben- des und nicht zu bestreitendes Verdienst um die Sicherung des sozialen Friedens in der gesetzli- chen Krankenversicherung wäh- rend der letzten zwei Jahrzehnte erworben; und ich bitte, mir zu er- lauben, meine persönliche und,.

sachliche Hochachtung für diesen Teil des Lebenswerkes von Profes- sor Schellenberg auch hier auszu- sprechen.

Sicherstellungsauftrag muß ungeschmälert aufrechterhalten bleiben Zu dieser Anhörung eingeladen waren die Verbände der Kranken- versicherungsträger, die Vertretun- gen der Arbeitnehmer und der Ar- beitgeber, der Deutsche Städte- und der Deutsche Gemeindetag, die Deutsche Krankenhausgesell- schaft, die Vertretungen der Zahn- ärzte sowie die Bundesärztekam- mer und wir selbst. Es würde zu weit führen, hier im Detail über den gesamten fünfstündigen Anhö- rungsvorgang zu berichten. Bemer- kenswert war für mich, daß alle nicht direkt auf die der Anhörung zugrunde liegenden Gesetzentwür- fe bezogenen Fragestellungen und Ausführungen unterblieben. Daß insbesondere die Vertreter der Bundesverbände der Orts- und Be-

8 Heft 1 vom 1. Januar 1976 DEUTSCHES ARZTEBLA'IT

triebskrankenkassen diejenigen Vorstellungen vortrugen, die sie in ihrer Broschüre zum .. Vertrags- recht der Krankenkassen" vor län- gerer Zeit der Öffentlichkeit über- geben hatten, versteht sich wohl von selbst.

Zwei Komplexe aus der Anhörung scheinen mir vor allem bedeu- tungsvoll:

<D

Die Erörterung der Frage, ob

die Aufstellung des Bedarfsplans Angelegenheit der KVen in Zusam- menarbeit mit den Trägern der Krankenversicherung ist oder ob der Bedarfsplan von den KVen im Einvernehmen mit den Kranken- kassen aufgestellt werden soll.

@ Die Auseinandersetzung dar- über, ob der Auftrag zur Sieherstel- lung der kassenärztlichen Versor- gung an die Kassenärztlichen Ver- einigungen in Zukunft weiter ein- heitlich sachbezogen oder nur noch personenbezogen sein soll.

Mit anderen Worten: ob sich die Zuständigkeit der KVen zukünftig nur noch auf den von den Kassen- ärzten erbrachten Teil der Versor- gung beschränken soll, während der nicht von Kassenärzten, son- dern zum Beispiel von leitenden Krankenhausärzten, sonstigen an- gestellten Ärzten und ärztlich ge- leiteten Instituten erbrachte Teil abgespalten und den Krankenversi- cherungsträgern zur ausschließli- chen Regelung in eigener Ver- tragshoheit überlassen werden soll.

Das Instrument des Bedarfsplans, dem wir bekanntlich in der Ausge- staltung des Regierungsentwurfs gegenüber den Vorstellungen im Entwurf des Bundesrates den Vor- zug geben, ist seit mehr als einem Jahr Gegenstand eingehender Er- örterungen. Dabei ist zunächst festzustellen, daß jede Kassenärzt- liche Vereinigung bisher schon im Rahmen der Erfüllung des Sichar- stellungsauftrages für ihren Be- reich Analysen über den Bedarf er-

e

Fortsetzung auf Seite 23

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