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Archiv "Ärztliche Versorgungswerke: Ein System „eigener Art“" (30.11.2012)

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ÄRZTLICHE VERSORGUNGSWERKE

Ein System „eigener Art“

Ärzte, die eine vorgezogene Rente in Erwägung ziehen, sollten mehr als nur Steuervorteile bei der Rentenauszahlung im Blick haben und bei der Rentabilitätsbeurteilung die Übergangsregelungen beachten.

cherung und die Anerkennung von Kindererziehungszeiten.

Grundsätzlich gilt: Der Vergleich mit der gesetzlichen Rentenversi- cherung (GRV) führt in die Irre, es handelt sich um zwei jeweils eigen- ständige Alterssicherungssysteme.

Beim Recht der GRV handelt es sich um Bundesrecht, das auf die landesrechtlich konstituierten Ver- sorgungswerke nicht anwendbar ist.

Für das Leistungsrecht der Versor- gungswerke ist ausschließlich die von den Vertreterversammlungen autonom erlassene Satzung die Rechtsgrundlage. Zudem gelten in beiden Rentenversicherungssyste- men unterschiedliche Finanzie- rungsprinzipien. In der GRV gilt das Umlageverfahren, und bei den Versorgungswerken wird Kapital gebildet.

Zwei Beispiele zeigen dies deut- lich: die Altersrente für schwerbe- hinderte Menschen (§ 37 Sozialge- setzbuch [SGB] VI) und der Hinzu- verdienst bei vorgezogenen Renten.

Fakt ist: In der GRV ist der Grad der Behinderung (GdB) von 50 Pro-

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ahnärzte und Ärzte, die in ei- nem Versorgungswerk versi- chert sind und mit ihren Beitrags- zahlungen für das Alter vorsorgen (und auch andere Lebensrisiken dort abdecken), sollten sich frühzei- tig darüber im Klaren sein, welche Leistungen bei Eintritt des Risiko- falls nach den Satzungen der Ver- sorgungswerke zu erwarten sind.

Dabei ist festzustellen: Die berufs- ständischen Versorgungswerke der klassischen freien Berufe, darunter die der Ärzte und Zahnärzte, sind nicht statisch und ihre Satzungen nicht unveränderlich, sondern sie entwickeln sich dynamisch.

Keine gesonderten Leistungen für Schwerbehinderte

Aktuell häufig gestellte Sach- und Fachfragen, mit denen die Versor- gungswerke konfrontiert werden und die die Betroffenen besonders interessieren, sind: die Leistungsge- währung der Versorgungswerke bei Schwerbehinderung, der Hinzuver- dienst bei vorgezogenen Renten, die Rente mit 67, die vorgezogene Altersrente beziehungsweise flexi- ble Altersgrenzen, die Höherversi-

Foto: Fotolia/Gina Sanders

zent damit verbunden, dass der Be- troffene zwei Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze (65 Jahre be- ziehungsweise nach Ablauf der Stu- fenregelung: 67 Jahre) abschlags- frei in Rente gehen kann, wenn er 35 Versicherungsjahre zurückgelegt hat. Die Versorgungswerke sehen dagegen keine gesonderten Leis- tungen für Schwerbehinderte über den Schutz bei Berufsunfähigkeit vor. Dies hat allerdings nichts mit einer vermeintlichen „Gerechtig- keitslücke“ zu tun. Denn die vorge- zogene Altersrente für schwerbe- hinderte Versicherte in der GRV ist eine Maßnahme der Behinderten- politik des Bundes. Sie fällt damit in den Katalog der sogenannten nichtbeitragsgedeckten Leistungen, für die der Rentenversicherung die Kosten aus dem Bundeshaushalt (aus Steuermitteln) erstattet wer- den. Im Jahr 2009 (letztvorliegende amtliche Zahlen) waren dies 47,3 Milliarden Euro, davon 11,3 Milli- arden Euro für abschlagsfreie Al- tersrente vor Vollendung des 65.

Lebensjahres. Die berufsständischen Versorgungswerke erhalten dage- gen als landesrechtlich fundiertes System solche Bundeszuschüsse nicht. Deshalb ist es rechtens, dass Versicherte eines Versorgungswerks im Schwerbehindertenfall keine um zwei Jahre vorgezogene abschlags- freie Rente bei einem GdB von 50 Prozent erhalten.

Flexible Altersgrenze:

Rentabilität prüfen

Bezieher einer vorgezogenen Al- tersrente aus einem Versorgungs- werk stellen sich dafür gegenüber gesetzlich Rentenversicherten inso- fern besser, als eine Besonderheit gilt, die es so in der GRV nicht gibt:

Bei den Versorgungswerken erhält man die vorgezogene Altersrente genauso wie die reguläre Altersren- te nach Eintritt in den Regelalters- ruhestand ohne die Anrechnung sonstiger Einkünfte. Deshalb kann es im Einzelfall durchaus sinnvoll sein, dass ein niedergelassener Arzt oder Zahnarzt vorzeitig Altersrente bezieht, seinen Praxisnachfolger gleichwohl in Teilzeit noch einige Zeit unterstützt und dadurch Ein- künfte erzielt. Versorgungswerke A 2408 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 48

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30. November 2012

T H E M E N D E R Z E I T

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A 2410 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 48

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30. November 2012 sind nicht besser oder schlechter als

die Rentenversicherung, sondern anders: ein System „eigener Art“.

Die berufsständischen Versor- gungswerke kennen nach der Sat- zung sowohl vorgezogene als auch aufgeschobene Altersruhegelder. Im ersten Fall wird ein versicherungs- mathematischer Abschlag von der Rentenhöhe fällig, um sowohl die zusätzlichen Rentenzahlungen als auch die entgangenen Beitrags - zahlungen auszugleichen. Im zwei- ten Fall ist es umgekehrt: Durch ersparte Rentenzahlungen und zu- sätzliche Beiträge erwirkt das Mit- glied des Versorgungswerks einen Zuschlag zur Rente. Zu- und Ab- schläge sind abhängig von der ver- sicherungsmathematischen Struktur des Versorgungswerks. Als Faust - regel gilt: Je Monat des früheren oder hinaus geschobenen Rentenbe- zugs ist ein Ab- beziehungsweise Zuschlag von 0,5 Prozent fällig.

Der Satz von 0,5 Prozent ist höher als der Ab- und Zuschlag von 0,3 Prozent bei GRV-Versicherten, we- gen der Kapitaldeckungskomponen - te. Die Altersgrenzen für die vor - gezogenen beziehungsweise auf - geschobenen Altersrenten (Alters- ruhegeld) steigen in der Regel mit, wenn im Versorgungswerk die Al- tersgrenze stufenweise von 65 auf das vollendete 67. Lebensjahr ange- hoben wird.

Höherversicherung kann sich lohnen

Beachtet werden muss auch die steuerliche Seite. Zurzeit gilt eine Übergangsphase bis zur vollen nachgelagerten Rentenbesteuerung (Alterseinkünftegesetz vom 5. Juli 2004). Wer zum Beispiel im Jahr 2012 Rente in Anspruch nimmt, muss für die ganze Laufzeit der Altersrenten lediglich 64 Prozent der Auszahlungen versteuern, 2013 werden es 66 Prozent und 2015 70 Prozent sein. Ob sich der vorgezo- gene Renteneintritt lohnt, muss so- wohl mit dem Steuerberater als auch mit dem Versorgungswerk be- sprochen werden. In der Über- gangsphase könnte es sich lohnen, vorgezogene Rente zu beantragen, stellte Peter Hartmann, Geschäfts- führer der Arbeitsgemeinschaft be-

rufsständischer Versorgungseinrich- tungen, kürzlich fest.

Oftmals veranlasst der Lebens- entwurf von Freiberuflern und de- ren Vorsorgeplanung zur Überle- gung, über die Pflichtbeiträge zum Versorgungswerk hinaus auf frei- williger Basis zusätzliche Beiträge zur Höherversicherung zu entrich- ten. Dabei gilt Folgendes: Grund- sätzlich erheben die Versorgungs- werke einkommensbezogene Bei- träge, in den meisten Fällen bis zur Beitragsbemessungsgrenze der GRV (5 600 Euro Bruttoverdienst in den alten, 4 800 Euro in den neuen Bun- desländern je Monat).

GRV muss Zeiten der Kindererziehung anerkennen

Freiwillig entrichtete zusätzliche Beiträge erhöhen den Anspruch auf alle Rentenleistungen des Versor- gungswerks. Dieses Recht kann durch die Satzung ab einem be- stimmten Höchstalter, beispielswei- se dem 55. Lebensjahr, begrenzt sein, um die Versichertengemein- schaft vor Mitnahmeeffekten zu schützen. Alles andere ginge zulas- ten der übrigen Beitragszahler in der Solidargemeinschaft. Die Höhe der zugelassenen Höherversiche- rung kann von Versorgungswerk zu Versorgungswerk stark variieren.

Geprüft werden sollte diese Option insbesondere vor dem Abschluss eines Rürup-Vertrages. Dieser muss eine Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenabsicherung ein- schließen, um konkurrenzfähig zu sein, und ist auch noch mit den Abschlusskosten belastet. Wurden bis zum 31. Dezember 2004 über mindestens zehn Jahre Beiträge oberhalb der Beitragsbemessungs- grenze eingezahlt, können die hier - aus resultierenden Rentenbestand- teile im Rahmen einer sogenannten Öffnungsklausel mit dem günstige- ren Ertragsanteil (27 Prozent) ver- steuert werden.

Die Anerkennung von Kinder - erziehungszeiten ist eine familien - politische Leistung des Staates und wird daher aus Steuermitteln finan- ziert. Dies geschieht jedoch nicht im Rahmen des allgemeinen Bun- deszuschusses, sondern durch ei- nen pauschalen Beitrag des Bundes

an die Rentenversicherung in Hö- he von elf Milliarden Euro jähr - lich. Kindererziehungszeiten sind daher Pflichtbeitragszeiten. Im Jahr 2008 war die Rentenversicherung, veranlasst durch ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG, Az.:

B 13 R 64/06 R), verpflichtet wor- den, Kindererziehungszeiten für Mitglieder von Versorgungsein- richtungen anzuerkennen, weil sie von dieser Maßnahme aus Gleich- heitsgründen nicht ausgeschlossen werden durften. Inzwischen hat der Gesetzgeber § 56 Absatz 4 SGB VI so geändert, dass dem Urteil des Bundessozialgerichts Rechnung ge - tragen wird. Damit muss die GRV auch das Recht der Anrechnung von Kinderer ziehungszeiten von Mitgliedern der Versorgungsein- richtungen anerkennen. Allerdings führt dies in einer Reihe von Fällen nicht zu einer Rentenzahlung, weil die Rentenversicherung erst nach Erfüllung einer Wartezeit von 60 Beitragsmonaten Renten auszahlt.

Betroffen waren vor allem Eltern, deren Kinder vor dem 1. Januar 1992 geboren wurden, weil für Ge- burten von diesem Termin an nur ein Jahr Kindererziehungszeit be- rücksichtigt wird. Für Kinder, die nach dem 31. Dezember 1991 ge- boren wurden, werden drei Jahre anerkannt; allerdings sind dann mindestens zwei Kinder oder eige- ne Beitragszeiten erforderlich, um die Wartezeit zu erfüllen.

Nachdem es früher möglich war, Beiträge zur Erfüllung der Warte- zeit in der GRV (60 Monate) frü- hestens sechs Monate vor Erreichen der Altersgrenze (65 beziehungs- weise später 67 Jahre) nachzu - entrichten, hat der Gesetzgeber inzwischen allen Mitgliedern der Versorgungseinrichtungen gestattet, freiwillig Beiträge ohne zeitliche Bindung an die Altersgrenze ein - zuzahlen. Lediglich für einige ren- tennahe Jahrgänge gibt es zeitlich befristete Übergangsregelungen, da - mit auch dieser Personenkreis die erforderlichen Wartezeiten erfüllen kann. Die Erfüllung der Wartezeit ist vorausgesetzt für die Renten - zahlung. Ohne sie besteht kein Anspruch auf Leistungen.

Dr. rer. pol. Harald Clade

T H E M E N D E R Z E I T

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