Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 199. Mai 2008 A975
A K T U E L L
Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB) hat im Streit um die Anerkennung der „Arzt-im-Prakti- kum“-Phase (AiP) als einschlägige Berufserfahrung vor dem Landes-
arbeitsgericht Sachsen-Anhalt in zweiter Instanz einen juristischen Erfolg errungen. Die AiP-Zeit eines klagenden Assistenzarztes der Uni- versität Magdeburg muss im Sinne des Tarifvertrages für die Univer- sitätsärzte (TV-Ärzte TdL, § 16) als Berufserfahrung anerkannt und bei der Vergütung entsprechend berück- sichtigt werden (Az.: 9 sa 475/07 E).
Damit stehen dem Arzt rückwirkend zum 1. Juli 2006 monatlich rund 350 Euro mehr an Gehalt zu. Bereits am 9. August 2007 hatte das Ar- beitsgericht Magdeburg in erster Instanz dem vom Marburger Bund juristisch unterstützten Arzt recht gegeben. Das Land Sachsen-Anhalt war daraufhin in Berufung gegan- gen, die nun am 24. April 2008 ab- gewiesen wurde.
Der Vorsitzende des MB, Rudolf Henke, bezeichnete das neuerliche Urteil als „wichtige Aussage mit Signalwirkung“. Bisher würde näm- lich der Arbeitgeberverband der Bundesländer, die sogenannte Ta- rifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), den Ärzten ihre AiP-Phase nicht als Berufserfahrung zugeste- hen. „Die Universitätskliniken sind aufgefordert, die Rechtsprechung als wegweisend zu akzeptieren und allen betroffenen Ärzten umgehend ihr zustehendes Gehalt zu zahlen.“
Problemlos verlaufe hingegen die Anerkennung der AiP-Phase bei- spielsweise in den kommunalen Krankenhäusern und den Univer- sitätskliniken in Hessen sowie in der Berliner Charité. EB
Immer wieder ärgerlich und doch passiert es schnell: Bei der E-Mail klickt man auf „Antworten“, obwohl man die Nachricht weiterleiten woll- te. Oder man verschickt die Mittei- lung, bevor sie überhaupt fertig ist.
Es muss schnell gehen, und man ist etwas unkonzentriert, übermüdet – schon ist es geschehen. Und häufig
merkt man schon im selben Mo- ment, dass es falsch war, was man gerade gemacht hat.
Solche Fehler schleichen sich schneller ein, als es einem bewusst ist. Das war zumindest bisher die gängige Meinung. Wissenschaftler haben nun herausgefunden, dass es möglich ist, die Fehler schon vor- her im Gehirn zu erkennen (PNAS 2008; 105: 6173). Versuchsperso- nen mussten monotone Tätigkeiten verrichten, dabei wurde ihnen mit- hilfe der Kernspintomografie ins Ge- hirn geschaut. Bereits 36 Sekunden bevor der Versuchsteilnehmer einen Fehler beging, konnten die Forscher Veränderungen in der Hirnaktivität feststellen. Es stelle sich eine Art Ruhezustand ein, bevor der Fehler passiere, erklärten die Wissen- schaftler. Sobald der Fehler dann begangen und dies direkt vom Ge- hirn erkannt wurde, wird wieder in den Ausgangszustand zurückge- schaltet.
Bedeutet diese Erkenntnis, dass man Fehler vermeiden kann? Ge- plant ist es zumindest: Sobald es ein verbessertes Verfahren gibt, soll damit menschliches Versagen in si- cherheitskritischen Arbeiten verhin- dert werden. So weit die Theorie. In der Praxis muss sich dies erst noch zeigen. Jedenfalls verrichten Ärzte vergleichsweise selten monotone Arbeiten. Bei lebensrettenden Maß- nahmen sind auch weiterhin keine tragbaren Kernspintomografen not- wendig.
RANDNOTIZ
Sunna Gieseke
Bewusste Fehler
Bis zu 90 Prozent aller Diabetes- erkrankungen Typ II ließen sich durch Präventionsmaßnahmen ver- hindern. Darauf hat Prof. Dr. med.
Hans Hauner zum Auftakt der 43.
Jahrestagung der Deutschen Diabe- tes-Gesellschaft (DDG) in Mün- chen hingewiesen. Im Gegensatz dazu steige die Zahl der Erkrank- ten in allen Altersgruppen. Bei den über 70-Jährigen sei bereits jeder Dritte davon betroffen. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Zahl der Neuerkrankungen zu senken. „Dazu ist ein flächen- deckendes, krankenkassenübergrei- fendes Konzept zur Prävention er- forderlich, wie es beispielsweise in den skandinavischen Ländern eta- bliert ist“, so Hauner.
Um Folgeerkrankungen des Dia- betes mellitus Typ II zu vermeiden und die Behandlungsqualität zu verbessern, hatte die Bundesregie- rung 2001 ein Disease-Manage- ment-Programm (DMP) ins Leben gerufen. Mittlerweile sind dort 2,5 Millionen Menschen eingeschrie- ben. „Sieben Jahre nach dessen Start liegen zur Wirksamkeit des DMP bei Menschen mit Typ-II-Diabetes kaum Daten vor“, kritisiert Hauner.
Neben der fehlenden Evaluie- rung kritisiert die DDG auch die un- differenzierte Einschreibung der Patienten ins DMP, wenn diese ohne die Berücksichtigung des individu- ellen Risikoprofils erfolgt. Wichtig sei es, das DMP den Risikoprofilen der Patienten anzupassen. zyl
Die meisten Unikliniken erkennen die AiP-Zeit nicht als Berufs- erfahrung an.
Das führt zu Einbußen beim Tarifgehalt.
DIABETES MELLITUS TYP II
Evaluierung der DMP-Daten angemahnt
UNIVERSITÄTSKLINIKEN
AiP-Phase bei Vergütung berücksichtigen
Foto:dpa