DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Erste freiwillige Ringstudie:
Qualitätssicherung
auf dem Gebiet der Zytologie
Peter Pfitzer und Reiner Hanke
Einleitun
Ziel dieser Pilotstudie war es, Informationen über die Durchführ- barkeit von Ringversuchen (3) im Rahmen der zytologischen Diagno- stik zu erarbeiten. Externe Quali- tätssicherungen sind bei einer Viel- zahl von Laboruntersuchungen er- probt (1-4), nicht jedoch auf dem Gebiet der zytomorphologischen Diagnostik. Hier ergibt sich als Hauptproblem die Frage einer Quantifizierbarkeit derartiger Be- funde. Im Rahmen der gynäkologi- schen Vorsorgeuntersuchungen bie- tet jedoch die Papanicolaou-Klassifi- kation in ihrer Münchener Modifi- kation einen Ansatz für Vergleiche.
Die Studie geht auf eine Initiative des Vorstandes der Deutschen Ge- sellschaft für Zytologie zurück und stand unter deren fachwissenschaft- licher Schirmherrschaft.
Material und Methode
Die entscheidende Schwierig- keit derartiger Versuche besteht in der Beschaffung einer ausreichen- den Anzahl qualitativ einwandfreier gynäkologischer Abstrichpräparate.
Zwar waren von drei größeren La- boratorien 48 Präparate mit unter- schiedlichen Befunden gesammelt worden, diese jedoch zum Zeitpunkt der Versuchsdurchführung zum Teil schon mehrere Monate alt und nicht mehr von bester färberischer Quali- tät. Darüber hinaus ist die Zahl so gering, daß die Studie in zwei Ver-
sandphasen von je vier gynäkologi- schen Präparaten verschickt werden mußte.
Weniger problematisch war die Beschaffung außergynäkologischer Fälle. Hier stellten zwei Laborato- rien mühelos 50 Fälle an Material der Lungenzytologie, der Ergüsse, der ableitenden Harnwege und des oberen Gastrointestinaltraktes zur Verfügung.
Teilnehmer der Studie waren Mitglieder der Deutschen Gesell- schaft für Zytologie, die sich freiwil- lig gemeldet hatten. Es handelte sich um 22 Laboratorien, die ausschließ- lich gynäkologische Präparate wünschten, 16, die zusätzlich an ex- tragynäkologischer Zytologie inter- essiert waren, und zwei Laborato- rien, die ausschließlich außergynä- kologische Zytologie beurteilen wollten. Die Teilnehmer wurden von INSTAND e. V. anonymisiert, so daß während des Ringversuches und während der Auswertung nur die Nummerninhaber ihre Ergebnis- se identifizieren konnten.
Die in Objektträgermappen un- tergebrachten Präparate wurden in Luftpolster-Versandtaschen zusam- men mit den Protokollbögen und Anschreiben per Post an die Teil- nehmer versandt und von diesen nach der Befundung wieder zurück- geschickt.
Abteilung Cytopathologie des Zentrums für Pathologie und Biophysik der Universi- tät und Institut für Standardisierung und Dokumentation im medizinischen Labora- torium e. V. (INSTAND), Düsseldorf
Ergebnisse
Gynäkologische Präparate:
Für die Beurteilung der gynäko- logischen Präparate war die allge- mein gebräuchliche Münchener No- menklatur verlangt worden. 33 an- geschriebene Laboratorien schick- ten ihre Beurteilung der jeweils vier Präparate zurück (Tabelle). Als Ab- weichung vom Referenzwert wurden nur solche Beurteilungen eingestuft, die zu einer therapeutischen Konse- quenz führen müßten, also positive oder negative Abweichungen zwi- schen Pap. II und III bzw. III und IV—V. Die nur zeitlich unterschied- liche Konsequenz der Wiederho- lungsabstriche zwischen Pap. III und IIID wurde nicht als therapierele- vante Abweichung gewertet. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Ein- stufung der Referenzwerte korri- giert wurde, wenn keines der Urteile mit dem Referenzwert überein- stimmte und alle diese Abweichun- gen in dieselbe Richtung gingen.
Beispiele sind die Präparate Nr. 20 und 23, die einheitlich mit Pap. II statt Pap. III bewertet wurden. In beiden Fällen dürfte es sich somit um einen strittigen Referenzwert handeln.
Aus der Tabelle ergibt sich eine komplette Übereinstimmung aller 4 Befunde für 17 der 33 Teilnehmer (51,5 Prozent). 24 Abweichungen unter den 132 Bewertungen (18,2 Prozent) sind als therapierelevant A-1910 (54) Dt. Ärztebl. 84, Heft 27, 2. Juli 1987
einzustufen. Betrachtet man die Er- Tabelle: Beurteilung der 44 gynäkologischen Präparate durch die 33 gebnisse von sieben seit langem be- Teilnehmer der Pilotstudie. Kolonne 2 (Pap.-Referenz): erwartetes Er- kannten zytologischen Laboratorien gebnis; Auswertung siehe Ergebnisse getrennt, so ergibt sich eine Ab- weichquote von drei unter 28 Befun- Präparat- PAP
PAP-Teilnehmer den (11 Prozent) und eine komplette
Nr.: Referenz Übereinstimmung für vier der sie-
1 II II I ben Teilnehmer (51 Prozent).
2 IVa IVa III D
3 II II II W
Nichtgynäkologische
4 I I I
Präparate:
5 II II IV—III D II II
6 III III D V—IV b III II 16 Teilnehmer beurteilten je
7 IVa IVa IV IV B III D zwei zusätzliche, nichtgynäkologi-
8 I I I II I sche Präparate aus den Gebieten der
Lungen-, Erguß-, Urin- oder gastro-
9 I ? II II intestinalen Zytologie. Insgesamt
10 II III D III D II waren somit 32 Präparate zu bewer-
11 III D II II III D—IVa ten. Erfreulicherweise gab es nur
12 I II II II vier Abweichungen, wobei dreimal
das Material zu hoch eingestuft wur- 13 III D I III D III III D de und nur ein positiver Befund als
14 V III V V positiv V nicht beurteilbar für eine Wiederho-
15 II II II II II lungsuntersuchung empfohlen wor-
16 II I II II II den war.
17 II II II III II
18 II V IVa II
v Diskussion:
19 V III V 0 IV
20 III II II K II II Die externe Qualitätssicherung
21 IVa II V ist bei qualitativen Kriterien noch
22 II II 0 vordringlicher als bei quantitativen
23 III D II II Analysen, zumal die Vergleichbar-
24 II II II W keit der Beurteilung aus fachlichen
Gründen gewährleistet sein muß.
25 II I II II Lediglich die Frage nach der Durch-
26 II II II II führbarkeit bei einer Methode, die
27 IVb IVa V IVb nicht präzise mit Maß und Zahl ihre
28 III II I II Ergebnisse belegen kann, stellt sich.
Die Ergebnisse dieser Pilotstudie 29 II K o. III D II II II II zeigen, daß auch unter diesen Be- 30 IVb III D IVb III D III D dingungen ein Ringversuch im Prin-
31 III II III III II zip durchführbar ist. Die allgemein
32 IVb V V V IVb geforderten Voraussetzungen einer
internen Qualitätskontrolle existie-
33 IVa IVb IV B ren, und die Analyseverfahren sind
34 II II III vergleichbar.
35 V V Ein entscheidendes Problem ist
36 II III D III jeweils die Materialbeschaffung.
37 IVa IVa IVa IVa Diese stellt für die nichtgynäkologi-
38 V V III sche Zytologie ein befriedigend lös-
39 II II II II bares Problem dar, bietet jedoch für
40 II II I II die gynäkologische Zytologie extre-
me Schwierigkeiten. Sie beruhen
41 IVa II III darauf, daß zytologische Präparate
42 II II II
mindestens drei Jahre archiviert
43 IVa II III D werden müssen, für Ringversuche
44 IVa II III D also nur die seltenen Fälle von Du-
plikaten in Frage kommen. Nach ei- Dt. Ärztebl. 84, Heft 27, 2. Juli 1987 (55) A-1911
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FUR SIE REFER ERT
nem Zeitraum von drei Jahren ist aber die Papanicolaou-Färbung nicht mehr ausreichend gut für einen derartigen Test. Die in Fachkreisen erörterten Möglichkeiten, eine gro- ße Anzahl an Präparaten herzustel- len, sei es durch Wiederholungsab- striche, sei es nach Vereinzelungs- präparation der Zellen, ergaben zwar einige gutgemeinte Ansätze, jedoch keine ausreichenden Resul- tate für zukünftige Ringstudien.
Für die Durchführung einer ex- ternen Qualitätskontrolle auf dem Gebiet der gynäkologischen Zytolo- gie sollte daher die Möglichkeit er- wogen werden, gezielt Präparate einzelner Laboratorien anzufordern und durch ein entsprechendes Gut- achtergremium (Referenzlaborato- rien) überprüfen zu lassen. Dieses Vorgehen würde auch die Schwierig- keit einer ungewohnten Färbung und den Alarmeffekt einer Zusen- dung vermeiden. Für nichtgynäkolo- gische Zytologie ist das in dieser Pi- lotstudie gewählte Verfahren durch- aus gangbar.
Die für die gynäkologischen Präparate jetzt erzielten Abweich- quoten von zehn bis zwanzig Prozent können durchaus mit zahlreichen Resultaten anderer Ringversuche Schritt halten (1, 3), insbesondere wenn man bedenkt, daß es sich um einen ersten Versuch auf einem Ge- biet handelt, dessen Standardisie- rung ungleich schwieriger ist als für apparativ erhebbare Meßwerte.
Literatur:
1. Boroviczeny, K. G, R. Merten, U. P. Mer- ten: Qualitätssicherung im medizinischen Laboratorium. Springer Verlag, Berlin—Hei- delberg—New York—Tokyo, 1986
2. Bundesärztekammer: Qualitätssicherung ärztlicher Berufsausübung. Deutscher Ärzte- Verlag, Köln, 1985
3. Merten, R.: Ringversuche zur externen Qua- litätssicherung von Laboratoriumswerten.
Kassenarzt, April 1974
4. Stobrawa, F. F.: Grenzen der Qualitätssiche- rung. Deutsch. Ärztebl. 79, 19-20, 1982
Anschrift für die Autoren:
Professor Dr. Dr. P. Pfitzer Abteilung für Cytopathologie des Zentrums für Pathologie und Biophysik der Universität Moorenstraße 5
4000 Düsseldorf
Forschung nach Malariaimpfstoff
Die Methoden der Molekular- und Zellbiologie und der Immunolo- gie bilden die Grundlage in der Ent- wicklung eines Antimalariaimpstof- fes. Malariaplasmodien durchlaufen in ihrem Entwicklungszyklus viele Stadien, von denen jedes antige- nisch verschieden ist und möglicher- weise durch unterschiedliche Vakzi- ne unterbrochen werden könnte.
Für einen kompletten Schutz durch Vakzination wäre jedoch ein besse- res Verstehen der komplizierten B- und T-Zell-Sensibilisierung bei na- türlichen Infektionen und die Ent- wicklung eines geeigneten Adjuvans zur Anwendung beim Menschen er- forderlich.
So befinden sich die ersten klini- schen Versuche mit Sporozoit-Vak- zinen jetzt im Gange. Verschiedene mögliche Antigene werden für die Vakzination gegen die Parasiten in weiteren Stadien ihres Entwick- lungszyklus untersucht.
Doch im Gegensatz zu dem in der Forschung aufkommenden En- thusiasmus möchten die Wissen- schaftler in dieser Phase nicht über die Tragweite der Vakzine für die Malaria in den Tropen sprechen.
Vielmehr sollten die betroffenen Länder weiterhin an ihren Bemü- hungen um Moskitoüberwachung und Chemotherapie, Grundlagen der Malariabekämpfung seit der Jahrhundertwende, festhalten und die Vakzine nur als Ergänzung und Hilfe betrachten, wo Versagerlük- ken in der üblichen Vorgehensweise entstehen. Lng
Miller, L. H. et al.: Research Toward Ma- laria Vaccines, Science, 234 (1986) 1349-1356
Dr. L. H. Miller, Laboratory of Parasitic Diseases, Malari Section, National Insti- tute of Allergy and Infectious Diseases, Nationl Institutes of Health, Behtesda, MD 20892, U.S.A.
Aluminium
nach Hämodialyse
Bei Urämie-Patienten mit Hä- modialyse stellt die Aluminium-as- sozierte Knochenerkrankung ein be- sonderes Problem dar. Die Autoren beobachteten ein Auftreten dieser Erkrankung bei Urämie-Patienten mit insulinabhängigem Diabetes schon kurz nach Beginn der Dialyse- behandlung. Daher untersuchte das Autorenteam Knochenbiopsiepro- ben von 18 Diabetespatienten mit Hämodialyse zur Abklärung, ob bei einem fortgeschrittenen Stadium von Diabetes Aluminium auf der Knochenoberfläche akkumuliert. Es wurde ebenfalls die Rate des Kno- chenaufbaus gemessen, da eine niedrige Rate die Akkumulation von Aluminium auf der Knochenoberflä- che erhöhen kann.
Im Vergleich mit 18 nicht-diabe- tischen Kontrollpersonen mit Ur- ämie vergleichbaren Alters und ver- gleichbarer Dialysedauer zeigten die Patienten mit Diabetes eine niedri- gere Knochenaufbaurate (117 ± 50 versus 396 ± 81 m2 pro mm2 und Tag, P < 0,01). Auch wiesen die Diabetes-Patienten, deren kumulati- ve Aluminium-Aufnahme 0,5 kg überstieg, nach einer Desferoxamin- Infusion höhere Aluminium-Serum- spiegel auf als Kontrollpersonen mit gleicher Aluminium-Aufnahme (P
< 0,01). Diese Messungen spiegel- ten einen höheren Aluminium-Ge- halt im gesamten Körper von Diabe- tes-Patienten wider.
Die Autoren kommen somit zu dem Ergebnis, daß eine erhöhte Aluminium-Akkumulationsrate auf der Knochenoberfläche bei Urämie- Patienten mit Diabetes als Folge ei- ner niedrigen Knochenaufbaurate und einer erhöhten Aluminium-Ak- kumulation im gesamten Körper auftritt. Lng
Andress, D., et al.: Early Deposition of Aluminum in Bone in Diabetic Patients an Hemodialysis, New Engl. Journ. Med., 316 (1987) 292-296
Dr. Dennis L. Andress, VA Medical Center (IIIA), 1660 S. Columbian Way, Seattle, WA 98108, U.S.A.
A-1912 (56) Dt. Ärztebl. 84, Heft 27, 2. Juli 1987