ur Primär- und Sekundärprä- vention naturlatexbedingter Allergien sind gepuderte Na- turlatexhandschuhe durch ungepuder- te allergenarme Naturlatexhandschu- he oder durch naturlatexfreie Schutz- handschuhe zu ersetzen. Diese Emp- fehlungen sind seit Ende 1997 rechts- verbindlich. Verschiedentlich ist zwi- schenzeitlich die Auffassung vertreten worden, diese Rechtsverbindlichkeit besitze keine Gültigkeit, da medizi- nische Schutzhandschuhe auch nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) zertifiziert würden.
In der Tat werden in diesem Ge- setz bestimmte Medizinprodukte aus dem Geltungsbereich des Chemi- kaliengesetzes (ChemG) und damit aus dem der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) weitgehend herausge- nommen. Allerdings greift das MPG nicht für Artikel der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA). Da medizi- nische Handschuhe und Fingerlinge als Artikel der PSA in den Anhängen der 8. Gerätesicherheitsverordnung genannt werden, sind für sie die Vor- schriften des ChemG und damit die
GefStoffV gültig. Außerdem ver- pflichtet eine EG-Richtlinie (89/686/
EWG) die Mitgliedsstaaten, alle Maßnahmen zu treffen, um PSA aus
dem Verkehr zu ziehen, welche die Sicherheit von Personen zu gefähr- den droht.
Die Rechtsverbindlichkeit ba- siert letztlich auf der Einstufung von Naturgummilatex und naturgummila- texhaltigem Staub in der TRGS 907 als haut- und atemwegssensibilisie- rend, wobei besonders die Staubinha- lation von Bedeutung ist.
Selbst wenn medizinische Schutz- handschuhe primär Medizinprodukte sind, so werden sie als Artikel der Persönlichen Schutzausrüstung ver- wendet. Damit unterliegen sie gleichzeitig den allgemeinen Umgangsvorschriften nach dem 5. Abschnitt der GefStoffV und den Technischen Regeln für Gefahrstoffe.
Außerdem ist es auch nach dem MPG verboten, Medizin- produkte in den Verkehr zu brin- gen, für die der begründete Ver- dacht besteht, die Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten bei sach- und zweck- bestimmungsgemäßer Verwen- dung zu gefährden. Hierunter fallen auch Medizinprodukte für die Anwendung am Kranken.
Fazit: Für Schutzhandschuhe aus gepudertem Naturlatex besteht eine rechtsverbindliche Austauschpflicht gegen ungepuderte, allergenarme Na- turlatexhandschuhe mit einem Aller- gengehalt unter 30 µg/g Handschuh- material oder Handschuhe aus ande- rem geeignetem Material. Darüber hinaus dürfen andere allergenhaltige Naturlatexprodukte nicht an latex- sensibilisierten Patienten zum Einsatz kommen. Somit sind sämtliche Not- falleinrichtungen latexallergenfrei zu führen, um auch unbeabsichtigte Ge- fährdungen in der Notfallversorgung auszuschließen.
Priv.-Doz. Dr. med. Dipl.-Biol.
Manfred Korn
Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA) Bürkle-de-la-Camp-Platz 1 44789 Bochum
A-684 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 11, 17. März 2000
T H E M E N D E R Z E I T BERICHTE
Gepuderte Latexhandschuhe
Die Austauschpflicht ist rechtsverbindlich
Selbst wenn Naturlatexhandschuhe im eigentlichen Sinne Medizinprodukte sind, unterliegen sie rechtsverbindlich der Gefahrstoffverordnung.
Z
Was an Latex gesundheitsgefährdend ist
Natur(gummi)latex wurde von der Arbeitsstoffkommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft 1996 als haut- und atemwegssensibilisierend eingestuft.
Insbesondere wasserlösliche Proteine aus Naturlatex sind für die zahlreich beob- achteten allergischen Reaktionen vom Soforttyp verantwortlich, welche sich in Form von Erythemen, Kontakturtikaria, Konjunktivitis, Rhinitis und Asthma bronchiale bis hin zu schweren anaphylaktischen Schockreaktionen zeigen. Die Proteine gehen produktionsbedingt auch auf die mit Maismehlpuder gepuderten Naturlatexprodukte über. In Räumlichkeiten, in denen gepuderte Naturlatex- handschuhe benutzt werden, kommt es zu einer messbaren inhalativen Allergen- belastung, wodurch zum einen außer durch Hautkontakt Sensibilisierungen ausgelöst werden und zum anderen latexsensibilisierte Mitarbeiter trotz eigenen Tragens nur naturlatexfreier Handschuhe dennoch weiterhin Symptome aufweisen können. Auch sensibilisierte Patienten können hierdurch gefährdet werden.
Kontakturtikaria nach 30-minütigem Tragen von allergenhal- tigen Naturlatexhandschuhen Foto: Prof. Dr. X. Baur, BGFA, Bochum