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Archiv "Der diabetische Fuß: Die wesentliche Rolle spielt die Prävention" (03.03.1995)

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MEDIZIN ZUR FORTBILDUNG

Der diabetische Fuß

Die wesentliche Rolle spielt die Prävention

Hubert Stieglerl Rudolf Stand!' Eberhard Stand1 2

Barbara Hillebrand 2

N

ach einer kürzlich von uns ab- geschlossenen repräsentati- ven Erhebung über den Anteil der Diabetiker an der Ampu- tationsrate im Raume Oberbayern/

Allgäu im Jahre 1991, ließ sich eine Amputationsfrequenz von 70/10 000 Diabetiker/Jahr im Vergleich zu 2/10 000 Nichtdiabetiker nachweisen (Häufigkeitsverteilung von Zehen-, Unterschenkel- und Oberschenkel- amputationen: 43,9 Prozent, 32,6 Pro- zent und 23,5 Prozent). Das 35fach höhere Amputationsrisiko deutscher diabetischer Patienten ist vergleich- bar mit dem Risiko dänischer (2) und amerikanischer Diabetiker (10).

Meist stellt die Amputation eine we- sentliche Zäsur in der weiteren Pro- gnose dieser Patienten dar. So muß durch die vermehrte Belastung des kontralateralen Beines zwei Jahre nach einer Unterschenkelamputation in 50 Prozent mit ernsten Läsionen am anderen Bein gerechnet werden, die schließlich in nahezu 50 Prozent der Diabetiker im Verlauf von fünf Jahren zu einer weiteren Amputation kontralateral führen (5) Hinzu kom- men neben der enormen psychosozia- len Belastung der Betroffenen hor- rende Kosten für das Gesundheitswe- sen. Nach einer schwedischen Studie fallen 25 Prozent der Gesamtkosten für die stationäre Behandlung diabe- tischer Patienten für die Therapie von Fußkomplikationen an (6). Da in Ab- hängigkeit von der Genese des diabe- tischen Fußes „dieser häufig schweigt, schweigt auch der Patient". So nimmt es nicht wunder, daß der diabetische Fuß eines der am meisten vernachläs- sigten Folgeprobleme des Diabeti-

Die Amputationsrate diabetischer Pati- enten ist wesentlich höher als bei Nicht- diabetikern. Da durch Mehrbelastung des kontralateralen Beines dieses im Verlauf von fünf Jahren in bis zu 50 Prozent ebenfalls von einer Amputati- on bedroht ist, erhebt sich die berech- tigte Forderung nach präventiven Maß- nahmen. Dies um so mehr, als der dia- betische Fuß zu den vernachlässigten Spätsyndromen des Diabetikers ge- hört. Bewährt hat sich, die breitge- fächerten Maßnahmen der Prophylaxe auf die drei Säulen: Arzt, medizini- sche Fachberufe (Ernährungsberatung, Arzthelferin, Fußpflege und orthopädi- sche Schuhmacher) und Patienten zu verteilen.

kers darstellt. Nach einer Erhebung von Bailey und Mitarbeiter werden selbst in Diabeteskliniken nur zwölf Prozent der Diabetiker mit eintägi- gem Krankenhausaufenthalt an den Füßen untersucht, während der soge- nannte „Langlieger" auch nur in 50 Prozent einen entsprechenden Unter- suchungsbefund in der Krankenakte aufwies (1). Dies verwundert um so mehr, als nach Rosenquist zwei Drit- tel einer großen Diabetikerpopulati- on an leichten bis schweren Fußver- änderungen leiden. Da die große Mehrheit der diabetischen Fußschä-

1 Angiologische Abteilung (Leitender Arzt:

Dr. med. Hubert Stiegler),

2 III. Medizinische Abteilung für Innere Me- dizin (Chefarzt: Prof. Dr. med. Eberhard Stand!) des Städtischen Krankenhauses Mün- chen-Schwabing, Akademisches Lehrkran- kenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität

den in der Praxis des niedergelasse- nen Arztes entdeckt werden, liegt der Schlüssel zur Vorfelderfassung von gefährdeten Patienten auch in seiner Hand.

Die Genese des diabetischen Fußes

Die dringliche Forderung nach präventiven Maßnahmen wird er- schwert durch die multifaktorielle Genese des diabetischen Fußes. Ab- bildung 1 zeigt das Zusammenspiel der wesentlichen pathogenetischen Faktoren, wobei der ausschließlich ischämisch bedingte diabetische Fuß mit neun Prozent nach einer aktuellen schwedischen Studie (9) erheblich sel- tener anzutreffen ist als der rein neu- ropathische mit 25 Prozent. Weitaus am häufigsten findet sich der diabeti- sche Fuß mit einer kombiniert neuro- pathisch-ischämischen Genese verge- sellschaftet.

Basisdiagnostik und Risikoklassifikation

Um sich einen Eindruck vom je- weiligen Gefährdungsgrad eines Pati- enten zu machen (Tabelle 1), bedarf es einer genauen Inspektion der Füße.

Jeder Diabetiker sollte bei der Erst- untersuchung seine Schuhe und Strümpfe ausziehen. Nur so lassen sich Fußdeformitäten, trophische Störungen der Haut, ein Fußpilz oder gar eine vom Patienten nicht entdeck- te Fußläsion erkennen. Die Inspekti- on wird ergänzt durch die anamnesti- sche Abklärung einer Claudicatio in- termittens, einer Angina-pectoris- Symptomatik sowie den, typischen Beschwerden einer Neuropathie. Zur Basisdiagnostik gehören ferner der Puls- und Auskultationsstatus der Beinarterien sowie die in vielen Pra- Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 9, 3. März 1995 (37) A-591

(2)

:,

xen verfügbare Dopplerdruckmes- sung. Um trotz bestehender Media- sklerose eine qualitative Aussage über die Durchblutungssituation ma- chen zu können, sollte gleichzeitig ei- ne Beurteilung der Haemotachy- gramme erfolgen (12) (nicht verwert- bar bei peripheren Infektionen mit Hyperämie). Die Basisdiagnostik wird komplettiert durch Messung von Wahrnehmungsschwellen wie das

Tabelle 1: Risikoklassifikation des diabe- tischen Fußes

1. Normale Sensibilität, ungestörte Durchblutung, keine Fußdeformierung 2. Normale Sensibilität,

ungestörte Durchblutung, bestehende Fußdeformierung 3. Gestörte Sensibilität,

ungestörte Durchblutung, keine Fußdeformierung 4. Gestörte Sensibilität.

eingeschränkte Durchblutung, keine Fußdeformierung 5. Gestörte Sensibilität,

eingeschrän kte Durchblutung, bestehende Fußdeformierung, reduzierte Gelenkbeweglichkeil, frühere Ulkusanamnese

quantitative Erfassen von Vibrations- und Temperaturempfinden, so daß sich aus der Zusammenschau von Anamnese, Inspektjon, Palpation und einfacher Basisdiagnostik die Genese

Zur Prävention aufgefordert: Arzt, medizinische Fachberufe und Patient

ArzUÄrztin

Dem niedergelassenen Arzt kommt nicht nur die wegweisende Stellung in der Früherfassung gefähr- deter Patienten zu (Tabelle 3), er muß außerdem beurteilen, ob der Patient die ihm zugewiesenen Vorsorgemaß- nahmen nach entsprechender Anlei- tung allein durchführen kann oder ob

ZUR FORTBILDUNG

Makroangiopathie

ISChämie!

Schuhwerk ~

Verletzung ~

Infektion

des Fußes

Verlust der Viskosität

t 1

Mikroangiopathie Basalmembran- verdickung

r

a.v. Shunts

veno-arterieller-Reflex Ödem neigung

i

Osteoarthrppathie (Reduktion der Gelenkbeweglichkeit, pathologische Druckpunkte)

l

(Störung der Mikrozirkulation)

1

Abnahme des Sympathikotonus

Atrophie der Fußmuskeln + Anteriorloge

Verlust der Schmerzempfindung

Fissuren trockene, warme Haut

I I

motorisch sensorisch autonomes NS

t

Abbildung 1: Ätiopofhogenese des diobefischen Fußes einer drohenden Fußläsion ableiten läßt. Tabelle 2 faßt die wesentlichen Merkmale des primär neuropathi- schen beziehungsweise ischämischen Fußes zusammen (4).

er der Hilfe von Angehörigen bedarf.

Dies gilt insbesondere für ältere Dia- betiker mit Sehstörungen.

In unserer Klinik hat es sich be- währt, die breitgefächerten Maßnah- men der Prophylaxe auf die drei we- sentlichen Säulen: Arzt, medizinische Fachberufe und Patienten zu vertei- len (Tabelle 4). Sä läßt sich die Schu- lung von Patienten und Angehörigen in Fußhygiene, Fußpflege, täglicher Fußjnspektion, Vermeidung von Traumen durch Auswahl richtiger Schuhe oder Meiden von Barfußlau- fen an Diabetesberater oder geschulte Arzthelferinnen delegieren. Dies ent-

t

bindet den Arzt jedoch nicht von re- gelmäßigen Kontrollen der angeord- neten Maßnahmen, wobei die Inspek- tion der Schuhe und der verordneten Einlagen besonderer Sorgfalt bedarf.

Jeder auch noch so bequeme Schuh führt beim empfindungsgestörten oder ischämischen Fuß nach mehr- stündigem Tragen zur Mikro- und schließlich Makrotraumatisierung druckexponierter Stellen. Letztere gilt es rechtzeitig zu erkennen und durch enge Kooperation mit einem speziell ausgebildeten Orthopä- dieschuhmacher durch die entspre- chende Verordnung von Schuhen oder Einlagen konsequent zu entla- sten. Last but not least ist der Arzt durch die Behandlung der bestehen- den atherogenen Risikofaktoren, ins- besondere durch eine optimale Dia- beteseinsteIlung gefordert. Vor dem Hintergrund einer ganz überwiegend A-S92 (38) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 9, 3. März 1995

(3)

ischämischer Fuß

neuropathischer Fuß

Tabelle 2: Merkmale zur Differenzierung zwischen neuropathischem und ischämischem, diabetischem Fuß

Anamnese besonders nächtliche Sensationen der Fuß- sohlen, Pelzigkeit

Claudicatio intermittens

Inspektion rosig-vitales Gewebe Hyperkeratosen, Ödem- neigung, knöcherne und muskuläre Deformität

atrophisch-livide Haut

warme, trockene Haut kräftige Fußpulse

kühler Vorfuß/Zehen fehlende Fußpulse Palpation

Dopplerindex > 0,9 reduziertes

Vibrationsempfinden

Dopplerindex < 0,9 unauffälliges Vibrationsempfinden Basis-

diagnostik

Sensorisches Nervensystem Berührung Vibration Temperatur

Motorisches Nervensystem Achillessehnen- reflex, Patellar- sehnenreflex

Vaskulär Strömungs- geräusch, Pulse, Temperatur

Verschiedene Fußformen Hammerzehen, Prominente Metatarsal- köpfchen, Ödem, Charcot Deformität Tabelle 3: Checkliste der Fußuntersu- chungen

Autonomes Nervensystem Hautbeschaffenheit Temperatur

Besondere Gefahrenmomente Hornschwielen

Rhagaden

eingewachsene Nägel MEDIZIN ZUR FORTBILDUNG

neuropathischen Genese des diabeti- schen Fußes wies die kürzlich veröf- fentlichte DCCT-Studie (13) nach- drücklich auf den lange vermuteten, jetzt aber an einem großen Kollektiv von Typ-I-Diabetikern bewiesenen Nutzen einer möglichst normnahen Stoffwechseleinstellung hin. Durch eine „intensivierte" Insulintherapie ließ sich das Neuauftreten einer Neu- ropathie um 70 Prozent gegenüber der „konventionell" behandelten Vergleichsgruppe reduzieren.

Inwieweit diese Ergebnisse auf den Typ-Il-Diabetiker zu übertragen sind bleibt offen, ebenso wie die Fra- ge nach der Progressionsverzögerung der pAVK durch eine optimale Dia- beteseinstellung.

Diabetesberater/in und Arzthelferin

Die Aufgabe der Diabetesbera- ter/innen und Arzthelferinnen liegt in der Schulung der Patienten, die be- reits bei Beginn oder bei Entdeckung des Diabetes erstmalig erfolgen soll- te. Die erforderlichen Lehrinhalte sollten folgendes beinhalten:

O Tägliche Inspektion der Füße:

Suche nach Rissen, Rötungen, Horn- schwielen, Blasen und Nagelverände- rungen.

Fußhygiene: Tägliches Wech- seln der Socken (möglichst Baumwol- le, ohne einengende Gummizüge), Fußbad (maximal 37° Celsius für etwa fünf Minuten) mit hautschonenden Seifen, gutes Trocknen der Füße spe- ziell in den Zwischenzehenräumen, fetthaltige Cremes besonders im Be- reich von Hornhaut, tägliches Ab- schleifen der Hornhaut mit Bimsstein oder einem speziellen Schleifgerät.

Nicht geeignet sind Rasierklingen, Hornhauthobel und Salizylsalbe. Kal- te Füße dürfen nicht mit Wärmfla- schen oder Heizkissen erwärmt wer- den. Bei der Nagelpflege gilt der Grundsatz: Nicht schneiden sondern feilen, wobei die Nägel nicht über die Zehenballen hinausragen sollen. Bei kleinen Verletzungen sind luftdurch- lässige Verbände zu verwenden.

Schuhe: Sie müssen hinrei- chend groß sein (von 6 800 Erwachse- nen hatten 70 Prozent unterschiedli- che Fußlängen, wobei in 20 Prozent dieser Unterschied eine Schuhnum-

mer und mehr betrug) (11) und soll- ten in der Risikogruppe III bis IV alle vier bis fünf Stunden gewechselt wer- den. Der Patient darf nicht barfuß laufen, sollte keine offenen Schuhe tragen und beim Baden stets Bade- schuhe tragen. Vor dem Anziehen muß stets das Innere der Schuhe aus- getastet werden. Einlagen sollten aus Leder bestehen und nicht aus Metall oder Plastik.

Fußpfleger/in

Auch dem Fußpfleger kommt ei- ne wichtige Stellung in der Prophyla- xe zu, da gerade der ältere Diabetiker aufgrund seiner körperlichen Unbe- weglichkeit und der Langzeitdiabeti- ker wegen möglicher Sehverminde- rung außerstande ist, die notwendige Fußpflege selbst vorzunehmen. Die Aufgaben des Fußpflegers umfassen das Abtragen von Hornschwielen so- wie die sachgerechte Nagelpflege.

Das Vermeiden iatrogener Fußläsio- nen sollte dabei stets beachtet wer- den. Der Fußpfleger ist aus diesem Grunde über den Gefährdungsgrad des Patienten zu informieren und soll- te seinerseits den Arzt umgehend über Komplikationen unterrichten.

Orthopädische Schuhmacher

Die Aufgaben des orthopädi- schen Schuhmachers lassen sich in drei Bereiche einteilen:

O die Beratung und Versorgung von Patienten mit dem sogenannten

„unkomplizierten" diabetischen Fuß (Risikogruppe I und II) durch ent- sprechende Einlagen und Empfeh- lungen für den Schuhkauf,

• die Versorgung des „kompli- zierten" diabetischen Fuß (Risiko- gruppe III bis IV) durch speziell ange- fertigte Schuhe,

• die Versorgung bestehender Läsionen durch einen Therapieschuh.

A-594 (40) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 9, 3. März 1995

(4)

Tabelle 4 : Die Prophylaxe des diabetischen Fußes

durch den Arzt

.... regelmäßige Vorsorgeunter- suchungen

.... Erkennen des Risikopatienten ..,. Schulung und Unterweisung .... Verordnung von Fußpflege,

Druckentlastungssohlen, orthopädischen Schuhen .... Behandlung der

Risikofaktoren einschließlich optimaler Diabeteseinstellung

durch medizinische Fachberufe Diabetesberatung

Schulung und Unterweisung des Patienten in Vorsorgemaßnahmen Fußpflege

regelmäßige, richtige Fußpflege Orthopädieschuhmacher Anpassung von Einlegesohlen, druckentlastenden orthopädischen Schuhen, Therapieschuhe zur Sofortbehandlung

durch den Patienten selbst .... tägliche Fußinspektionen .... richtige Fußhygiene .... richtige Fußpflege

..,. Tragen bequemer, passender Schuhe oder orthopädischer Schuhe mit Einlagen ..,. nicht barfuß laufen ..,. Verletzungen, Druck und

Verbrennungen vermeiden ..,. regelmäßiges Vorzeigen der

Füße beim Arzt

Für die Risikogruppen I + II geht es vornehmlich um die Sensibilisie- rung des Patienten beim Schuhkauf (weicher Lederschuh, ausreichend groß, keine innenliegenden Nähte, keine überhöhten Absätze) und der Verordnung von Einlagen bei or- thopädischen Fehlstellungen der Füße. Bei uneingeschränkter Durch- blutung und nervaler Versorgung ist keine erhöhte Gefährdung gegenüber Stoffwechselgesunden gegeben.

Patienten der Risikogruppen III bis IV, insbesondere bei Zustand nach abgeheiltem Ulkus, sind durch spezi- ell angepaßte Schuhe zu versorgen.

Um eine möglichst großflächige

ZUR FORTBILDUNG

Tabelle 5: Reduktion der Amputationsrate bei diabetischen Patienten durch eine struktu- rierte Schulung

Autor Follow-up Reduktion der

(Erscheinungsjahr) in Jahren Amputationsrate

Davidson (1981) 7

Assal (1985) 4

Edmonds (1988) 3

Malone (1989) 1

Druckverteilung zu erreichen, müs- sen neben den offensichtlichen Druckbelastungsstellen auch die sub- klinischen, potentiell gefährdeten Be- reiche erkannt (Pedographie) und durch Einlagen in sogenannter Sand- wich-Bauweise in druckdynamischer Hinsicht ausgeglichen werden. Ein übermäßiges Einwirken von Scher- kräften auf die Metatarsalköpfchen und Zehen läßt sich durch eine Ver- steifung des Schuhs im Sinne einer

"Schaukelstuhlkufe" begegnen.

Die zwingende Notwendigkeit für das Tragen dieser Schuhe unter- streicht eine Untersuchung von Ed- monds (4). Die Ulkusrezidivrate ließ sich von 83 Prozent bei Patienten, die das Tragen verweigerten, auf 26 Pro- zent durch konsequente Benutzung der angepaßten Schuhe senken.

Der Therapieschuh dient der So- fortbehandlung und soll dem sonst bettlägerigen Patienten eine frühe Mobilisierung ermöglichen. Die sehr guten Ergebnisse mit diesem Schuh (3) sind jedoch nicht Gegenstand die- ser Übersicht.

Erfolge der Schulung

Die oben aufgeführten Lehrin- halte sollen auf die Umsetzbarkeit durch den Patienten ausgerichtet sein. Sie müssen in leicht verständli- cher, anschaulicher Weise mitgeteilt werden. Tabelle 4 faßt das als Ideal- vorstellung gedachte Konzept zur Ko- operation der einzelnen medizini- schen Disziplinen zusammen, wobei man momentan noch weit von einer flächendeckenden Erfassung selbst

gefährdeter Patienten entfernt ist.

Dabei sprechen die Erfolge, die durch eine einfache, strukturierte Schulung erzielt werden können, eine in der

in Prozent 50 85 50 67

Präventivmedizin deutliche Sprache.

Nach Tabelle 5ließ sich die Amputati- onsrate um 50 bis 80 Prozent gegen- über einem nichtgeschulten Patien- tenkollektiv senken. Selbst in den so- genannten Hochrisikogruppen ließ sich durch eine einstündige Schulung bereits nach einem Jahr die Ulkusre- zidivrate und die Amputationsfre- quenz signifikant senken (7).

Schlußbemerkung

Abhilfe gegen ein mangelndes Problembewußtsein der Ärzte und ei- ne ungenügende Aufklärung der Pati- enten ließe sich durch den Aufbau re- gionaler "Versorgungszentren" in Form von "Fußambulanzen" organi- sieren, wie dies bereits an einigen Diabeteszentren geschehen ist (2).

Hierdurch wäre am ehesten die For- derung der St.-Vinzenz-Deklaration aus dem Jahre 1989 nach einer Re- duktion der Amputationsrate bei dia- betischen Patienten um 50 Prozent zu erfüllen. Die Aus- und Fortbildung der jeweiligen medizinischen Fachbe- rufe müßte durch diese Versorgungs- zentren übernommen werden.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl1995; 92: A-591-595 [Heft 9]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, onzufordern über die Verfasser.

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Hubert Stiegler Leitender Arzt der Angiologischen Abteilung

Krankenhaus München-Schwabing Akademisches Lehrkrankenhaus der Ludwig-Maximilians-Universität Kölner Platz 1 · 80804 München Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 9, 3. März 1995 (43) A-595

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