Altpers. dva|vQi§£g, avest. anaiiim, lat. sura Von Vittore Pisani, Mailand
Die griecliischen Schriftsteller von Herodot an haben
uns das altpersische Wort für ,, Hosen" aufbewahrt, nämlich
ävaivgldeg. Es handelt sich um lange Hosen, die das ganze
Bein bedeckten und bis zum Fuß reichten. Zu den Realien
vergleiche man die üblichen Handbücher, dazu D'Arbois de
Jubainville, Les Geltes, 1904, S. 70 f.
Was die sprachliche Seite des Wortes betrifft, so will mir
scheinen, daß wir uns vor einer Zusammensetzung befinden,
deren erstes Element die Präposition ana- = gr. ävä (Bartho¬
lomae, Altiranisches Wörterbuch, Sp. 112) bildet: diese Prä¬
position findet sich wieder im avestischen ana. mana- Adj. „der
(entlang, d. i.) gemäß jemands Sinn, Willen ist, ergeben, treu"
(Bartholomae, Sp. 119), weiter in avest. anaidlm. Das letzte
Wort ist enthalten in der Stelle Vd. VI, 40: drigäim nyäpdm
nava . gäim paityäpam xSvaä . gäim anaidlm, was Bartholo¬
mae, Sp. 115, folgendermaßen übersetzt: „drei Schritte
stromabwärts, neun stromaufwärts, sechs quer über den
Strom" : derselbe Gelehrte fragt sich, ob es sich um eine Ab¬
leitung aus ana- handeln mag. In Rivista degli Studi Orien-
tah XIV, 85 versuchte ich diese Vermutung Bartholomae's
weiter zu führen, indem ich -dim mit dem enklitischen ak¬
kusativischen Pronomen avest. dim verglich, das in der ad-
verbiellen Formel mit der Präposition zusatnmengerückt wäre,
was Spirantisierung des d und „Epenthese" des i hervor¬
gerufen hätte. Es scheint mir jetzt wahrscheinlicher, daß in
Entsprechung zu ny-äpam und paity-äpdm, die aus Zusammen¬
rückung einer Präposition mit dem Wort für „Wasser" ent¬
standen sind, etwas Analoges auch in dem, damit koordi-
V. Pisaki, Altpers. Scva^vQiäee, avest. anaiiim, lat. süra 83
nierten anaidlm zu erblicken ist, nämlich eine haplologische
Form für *ana-naidlm mit *nai5i- = sanskr. nadt- ,,Fluß".
Wenn nun äva- in ava^vqideg mit diesem ana- identisch
ist, wird der zweite Teil des Kompositums „das Bein" bezeich¬
nen, vgl. die Beschreibung des persischen Uniforms bei
Herodot VII, 61: tieqI /aev rfjai xeq>alfjai el^ov riäqaq xaXev-
/livovg nlXovg äjiaydag, . . . negi de rä axeXea äva^vgidag. Ab¬
geleitete Stämme auf -id- gibt es im Altiranischen nicht, nach
den Indices zum Altiranischen Wörterbuch zu richten: man
wird daher wohl annehmen müssen, daß ein persisches Wort,
etwa *anaxSuri-, von den Griechen in die Serie ihrer Namen
von Kleidungsstücken auf -(d- eingeführt wurde : i^tofitg, ifpan-
rlg, luffTt'c, ojiXtjylg, dmXrjyig, i<pearQlg, ßavxlg, Tiegißaglg, evÖQO-
filg, weiter, mit -vd-, xlapiig und zuletzt — wo nicht Klei¬
dungs- doch immerhin Bewaffnungsstück — äanlg und, mit
-td-, xvT]fitg.
Das damit wiedergewonnene altpers. -xSuri-, wo das i
vielleicht als Kompositionsvokal statt eines anderen Stamm¬
ablauts erscheint (vgl. etwa avest. avi-mi&ri „Feind des
Mi^ra" usw. und Wäckernagel, Altind. Grammatik II, 1,
S. 105f.) wird meines Erachtens mit lat. süra „Wade" zu¬
sammenzubringen sein: anlautendes ks- wird im Lat. zu s-,
vgl. sentis ,, Dornstrauch" : gr. ^alvca „kratze", situs „Schim¬
mel, Muff" : gr. (fr&tv(o „vernichte", sanskr. ksinömi ds. usw.
Die alte Zusammenstellung von süra mit gr. wgri ägt] (Walde,
Lat. Etym. Wb.", S. 757) erfreut sich nicht mehr eines un¬
umschränkten Beifalls, vgl. Waldk-Pokornt, Idg. vgl. Wb. II,
S. 510; was bei Walde-Pokorny II, S. 528 aus anderen Ge¬
lehrten angeführt wird, verdient kaum einen Hinweis der
bibliographischen Vollständigkeit zur Liebe.
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Das Sidat-sangarava,
eine Grammatik des Itlassisclien Sinhalesiscli
Von Herbert Günther
Die große Bedeutung, die Pänini für das Sanskrit hat, oder
Kaccäyana und Moggalläyana für das Päli, besitzt unter den
einheimischen sinhalesischen Grammatiken die Eiu-Gram¬
matik Sidat-safigaräva. Durch dieses Werk scheinen alle
früheren Grammatiken vollkommen verdrängt und in Verges¬
senheit geraten zu sein, denn bislang ist noch kein älteres
Werk bekanntgeworden, und auch neuere, selbständige Werke
scheinen nicht vorhanden zu sein. Trotz der Wichtigkeit, die
das Sidat-sangaräva insbesondere fur die klassische poetische
Literatur besitzt, ist noch keine kritische Ausgabe gemacht
worden^), auch fehlt noch die endgültige chronologische Ein-
1) Verschiedene Ausgaben nennt W. Geioer, Litteratur und Sprache
der Singhalesen, p. 5 Anm. 1. Dazu kommen noch neuerdings: Sidat
Saügaräva, ed. Sri Dharmäräma, 1913. Sidat-SangarävS Purätana-
Sannaya, ed. Pandit Batuvantudäve, 1915, und Sidat-Sangarä-Vinisa,
1924, ein modernes Werk von einem unbekannten Verfasser. Trotz mehr¬
fachen Bemühens ist es mir nicht gelungen, diese Werke zu erhalten.
Benutzt wurde für meine Darstellung die für ihre Zeit sehr verdienst¬
volle, heute natürlich überholte Ausgabe von James de Alwis, The
Sidath Sangarawa, a grammar of the Singhalese language, translated
into English, with introduction, notes, and appendices, Colombo 1852. —
Alwis hat den Text nicht immer richtig verstanden, und nur allzu oft
ist seine Übersetzung eine Inhaltsangabe der sütras, und bisweilen ist
sie geradezu falsch. Trotz aller Mängel, so seine unselige Umschrift ohne
ein System, kann seine Arbeit bei einer Neuausgabe nicht außer acht
gelassen werden. Ferner habe ich durch die Freundlichkeit des Herrn
Geheimen Rat W. Geioer folgende Ausgaben erhalten: Sidat Sangara,
Text ohne Kommentar von Robert BatuvantudävS, Colombo 1927
(13. Aufl.), und den seltenen Kommentar: Sinhala Grammar or A
Commentary on the Sidat Sangarä. By the Venerable Sri Sumangala.
High Priest. Published by B. C. Kure Appuhämi. Colombo 1884. Der