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Es ist noch nicht vorbei

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Norbert Walter | Ökonomie

72 Kolumne IP März 2008

Diese Finanzmarktkrise wird wohl unter dem Stichwort „Subprime“ in die Geschichtsbücher eingehen. Dieses vergleichsweise kleine Segment zweitklas- siger Hypotheken in den USA hat bereits Schlagzeilenkarriere gemacht. Die Ausleihungen für die Baufinanzierung für Schuldner mit unregelmäßigem Ein- kommen, negativer Kredithistorie und relativ geringem Vermögensbesitz gerie- ten in Schwierigkeiten, als die US-Zinsen stiegen und die Häuserpreise – nach sehr langem Anstieg – zu fallen begannen. Durch diese Entwicklung sahen sich einige Schuldner in Schwierigkeiten, die Hypotheken zu bedienen. Das löste Zwangsvollstreckungen aus, die den Verfall der Häuserpreise beschleunigte.

Angesichts dieser Marktlage gerieten die Verbriefungen der gebündelten Sub- prime-Kredite in eine Vertrauenskrise. Ihre in der Regel kurzfristige Refinan- zierung über Commercial Papers kam ins Stocken. Besonders große Wertverlus- te waren in außerbilanziellen Investmentvehikeln – so genannten SIV’s – ein- getreten. Das alles führte zu einem außergewöhnlichen Liquiditätsbedarf. Dies sorgte auch bei völlig gesunden Assets für Wertverluste, etwa deshalb, weil man fungible Aktien verkaufte, um rasch Liquidität zu erhalten. Da viele Finanzin- stitute nicht genau wussten, welche Liquiditätserfordernisse auf sie möglicher- weise zukommen würden, waren sie nicht mehr bereit, vorhandene Liquidität dem Geldmarkt zur Verfügung zu stellen – nicht einmal kurzfristig.

Bei der Liquiditätsversorgung hat sich die Europäische Zentralbank als die am professionellsten handelnde und kommunizierende Institution erwiesen. Die amerikanische Zentralbank war dagegen langsamer, und es offenbarten sich zudem Unzulänglichkeiten im geldpolitischen Instrumentarium der Fed. In Eng- land haben sich die Zentralbank und die Aufsichtsbehörde bei der Lösung der Schwierigkeiten mit der Bank „Northern Rock“ nicht mit Ruhm bekleckert.

Überraschend hat die Subprime-Krise auch schon sehr schnell tiefe Spuren im deutschen Bankengewerbe hinterlassen. Die existenziellen Probleme zweier Banken mit Beteiligung der öffentlichen Hand wurden – was die Eigenkapital- ausstattung, die Sicherung der Kundenforderungen und das Auswechseln des Managements betrifft – vergleichsweise geräuschlos und rasch gelöst. Die tiefs- ten Spuren hinterließ das Subprime-Debakel bei einer Reihe amerikanischer Banken, freilich nicht bei allen. In Europa waren die Einschläge dagegen deut- lich selektiver, aber bei besten Schweizer und französischen Adressen durchaus sehr einschneidend. Neues Eigenkapital von (weit) außen, so auch von bislang eher skeptisch betrachteten Staatsfonds, hat die Eigentümerstrukturen drama- tisch verändert.

Bis auf wenige Ausnahmen hat die Subprime-Krise bislang auf Asien oder andere Schwellenländer wenig Auswirkungen gehabt. Möglicherweise haben die dort vor Ort guten Investitionsgelegenheiten Verbriefungen aus dem Sub-

Es ist noch nicht vorbei

Die Finanzmarktkrise greift auf andere Branchen über.

Brauchen auch wir jetzt Fiskalprogramme zur Konjunkturstimulierung?

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Norbert Walter | Ökonomie

IP März 2008 Kolumne 73

prime-Bereich nicht so attraktiv erscheinen lassen wie in den USA oder Euro- pa.Wie geht es weiter? Mehr als ein halbes Jahr nach Ausbruch der Krise sind der Interbankenmarkt und viele Verbriefungsmärkte für strukturierte Finan- zierungen noch immer nicht wieder voll funktionsfähig. Nach wie vor greifen Zentralbanken ein, um die Liquiditätsversorgung am Geldmarkt sicherzustel- len. Im Januar haben sich erneut krisenhafte Zuspitzungen ergeben, die Akti- enmärkte sind eingebrochen. Das gegenseitige Vertrauen der Marktteilnehmer ist noch immer nicht wieder hergestellt, noch immer wird über weitere Forde- rungsausfälle spekuliert, klemmen wichtige Teile des Kapitalmarkts.

Es ist offenkundig, dass die Finanzmarktkrise Folgen für die Realwirtschaft hat. Der Fokus auf den Subprime-Markt verstellt dabei aber den Blick für die eigentlichen Herausforderungen. Wir sind in der Korrekturphase für viele Im- mobilienmärkte. Auch die Prime-Märkte leiden unter dem fortgesetzten Verfall der Immobilienpreise. Und die Korrekturbewegung er-

fasst neben den USA bereits andere Länder wie etwa England, Spanien, Australien und Irland. Die sinken- den Häuserpreise sorgen nicht nur für eine Krise am Immobilienmarkt und in der Bauwirtschaft, sondern auch – wegen der sinkenden Vermögen und der deshalb

niedrigeren Kreditwürdigkeit – für eine Schwächung der Konsumausgaben.

Das gilt vor allem in englischsprachigen Ländern, wo kreditfinanzierte Kon- sumausgaben eine vergleichsweise große Bedeutung haben. So nimmt es nicht wunder, dass in diesen Ländern trotz einer Inflation, die oberhalb der Zielmar- ke der Zentralbanken liegt, die Zinsen herabgesetzt werden.

Immer öfter wird in der konjunkturellen Debatte von einer möglichen Re- zession gesprochen, vor allem in den USA. Auch in anderen Ländern wird die Notwendigkeit erörtert, wie in den USA Zinsen zu senken und ein Fiskalpro- gramm zur Konjunkturstimulierung auf den Weg zu bringen. Der IWF rät zu letzterem, insbesondere in jenen Ländern, die im Verlauf der letzten Jahre ihre Staatsverschuldung erfolgreich in den Griff bekommen haben. Solcher Rat soll- te nur nach sehr sorgfältiger Prüfung befolgt werden. Möglicherweise brauchen wir solche stimulierende Makropolitik nicht. Wir sollten nämlich nicht überse- hen, dass viele Schwellenländer wirtschaftlich robuster sind als früher und dass viele Überschussländer reichlich anlagebereite Mittel besitzen, um die ange- schlagenen Unternehmen zu stabilisieren.

Der Fokus auf den Subprime-Markt verstellt den Blick auf die eigentlichen Herausforderungen.

Prof. Dr. NORBERT WALTER, geb. 1944, ist Chefvolkswirt der Deutsche Bank Gruppe in Frankfurt am Main;

www.norbert-walter.de.

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