• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Diabetische Angiopathien: 3 Prävention hat Priorität" (03.03.1995)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Diabetische Angiopathien: 3 Prävention hat Priorität" (03.03.1995)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

MEDIZIN

Ist die pAVK ätiologisch füh- rend, so sind revaskularisierende Maßnahmen entscheidend. Der Fuß ist kalt, weißlich oder livide verfärbt, die Fußpulse sind nicht tastbar. Die zunächst häufig akrale Läsion ist schmerzhaft und zu Beginn nicht un- bedingt bakteriell infiziert.

Die Mischformen haben die schlechteste Prognose (3). Die Patien- ten kommen mit ausgedehnteren Ver- letzungen, das heißt in höheren Wag- ner-Stadien zur Aufnahme. Offenbar ist hier eine für das Gewebe vital be- drohliche Krankheit (pAVK) aggra- viert durch fehlende Warnsymptome (fehlender Schmerz bei Neuropa- thie).

0 Die fehlende Systematik in der Einordnung der verschiedenen Fuß- läsionen und die daraus resultieren- den Fehlentscheidungen betreffend die therapeutischen Maßnahmen ha- ben für die Patienten fatale Auswir- kungen: 50 Prozent der Amputatio- nen bei Diabetikern sind nicht indi- ziert (10)!

Literatur bei den Verfassern Dr. Heinrich Reike

Medizinische Klinik Nord Städtische Kliniken Dortmund Münsterstraße 240

44145 Dortmund

3 Prävention hat Priorität

Bei den Ausführungen über den diabetischen Fuß sind die pathogene- tischen Gesichtspunkte hinsichtlich Häufigkeit der Ursachen und sich daraus ergebenden Behandlungskon- sequenzen etwas verzerrt wiederge- geben. Die klinische Erfahrung lehrt, daß bei Fußproblemen von Diabeti- kern in der Mehrzahl die neuropathi- sche Komponente (fehlendes Be- rührungs- und Schmerzempfinden, Fehlstatik, Hyperkeratosen, schmerz- lose Ulzerationen mit Sekundärinfek- tionen) eindeutig im Vordergrund steht und oft eine gleichzeitige, hämo- dynamisch wirksame Markoangiopa- thie sich nicht nachweisen läßt.

Dementsprechend ist das thera- peutische Vorgehen in diesen Fällen auch ein anderes, nämlich Prävention, Schulung des Patienten, tägliche Fußinspektion durch den Patienten,

DISKUSSION

geeignete Schuh- und Einlagen-Ver- sorgung sowie Ruhigstellung und Druckentlastung bei aufgetretenen Ulzerationen.

Bezüglich der unterschiedlichen Häufigkeit der angiologischen Verän- derungen im Bereich der Füße in Ab- hängigkeit vom Diabetes-Typ wird nicht einmal andeutungsweise einge- gangen. Die Makroangiopathie tritt erfahrungsgemäß gehäuft mit ande- ren Gefäßrisikofaktoren auf, das heißt im Zusammenhang mit dem me- tabolischen Syndrom des übergewich- tigen Typ-Il-Diabetikers. Dagegen ist beim Insulinmangel-Diabetes (Typ-I) die periphere Polyneuropathie die im Vordergrund stehende Ursache von diabetischen Fußproblemen.

Weiterhin: zur Objektivierung von klinisch stummen Ischämien bei Vorliegen einer KHK ist nicht das LZ- EKG mit ST-Strecken-Analyse die Methode der ersten Wahl, sondern das Belastungs-EKG nach vorheri-

4 Differenzierung der Fußläsion

Alexander stellt in seiner Über- sicht über die diabetischen Angiopa- thien zu Recht fest, daß der „Begriff des diabetischen Fußes einer beson- deren Erläuterung bedarf" (1). Die Differenzierung einer Fußläsion hin- sichtlich der primär zugrundeliegen- den Ursache beziehungsweise Grund- erkrankung (Polyneuropathie oder AVK) ist von zentraler Bedeutung, da die therapeutischen Maßnahmen in einigen Punkten konträr verlaufen:

Absolute Ruhigstellung des neuropa- thischen Ulkus gegenüber Gefäßtrai- ning bei peripherer arterieller Ver- schlußkrankheit (2). Eine frühzeitige Differentialdiagnose in neuropathi- sche oder angiopathische Läsionen ist in vielen Fällen bereits durch Ana- mnese, Inspektion, Palpation und ei- ne orientierende neurologische (Vi- brationssensitivität, Reflexe) und an- giologische (Doppler) Diagnostik möglich (2).

Aus diesem Grund ist die Verall- gemeinerung des Autors, „der diabe- tische Fuß beruht auf einer Kombina- tion von Durchblutungsstörung, Neu- ropathie und Osteopathie" nicht nur

gem Absetzen von kardial wirksamen Medikamenten bei gleichzeitig aus- reichend hoher Belastbarkeit und anschließender adäquater Befundin- terpretation.

Schließlich kommt es im Rahmen von Hypoglykämien — von seltenen Ausnahmen abgesehen — eben nicht zu apoplektischen Insulten mit irre- versiblen neurologischen Ausfällen.

Denn es ist typische klinische Erfah- rung, daß cerebrale Ausfallserschei- nungen, die im Rahmen von deutli- chen Blutzuckerabfällen auftreten — mitunter kann auch eine passagere Halbseitensymptomatik vorkommen

— sich mit Normalisierung der Stoff- wechselsituation wieder vollständig zurückbilden.

Dr. med. Rudolf Herrmann Arzt für Innere Medizin Saale-Klinik

Klinikum Bad Kissingen der BfA Postfach 21 20 . 97671 Bad Kissingen

für die praktische Patientenbetreu- ung wenig hilfreich, sondern kann für die Therapie fatal sein. Im Gegensatz zur Behauptung von Alexander ist es in vielen Fällen eben nicht „schwer, im individuellen Krankheitsfall vas- kuläre, neurale und ossäre Kompo- nenten voneinander abzugrenzen".

Dies belegen zahlreiche Studien, dar- unter eine populationsbasierte epide- miologische Untersuchung, in der mit einfachen klinischen Mitteln Fußlä- sionen in drei Gruppen eingeteilt wer- den konnten: 40 Prozent der Läsionen waren rein neuropathischer, 25 Pro- zent rein angiopathischer Genese und 35 Prozent entsprachen einer Misch- form beider Grunderkrankungen (3).

Nach der initialen Differenzie- rung einer Fußläsion erfolgt die The- rapie beim neuropathischen Ulkus ohne Nachweis einer AVK oder einer Osteomyelitis im Gegensatz zum mehr invasiven Vorgehen bei der an- giopathischen Läsion zunächst primär konservativ durch Ruhigstellung des Fußes, Hornhaut- und Nekroseabtra- gung, lokale Antisepsis und systemi- sche oder orale Antibiose. So können auch ausgedehnte Ulzerationen in ei- nem hohen Prozentsatz zur Abhei- lung gebracht werden. Edmonds Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 9, 3. März 1995 (59) A-609

(2)

MEDIZIN

konnte bei 204 (86 Prozent) von 238 Diabetikern mit neuropathischem Ul- kus eine vollständige Abheilung er- zielen, bei über der Hälfte der Patien- ten bereits innerhalb einer zehn- wöchigen Betreuung in einer speziali- sierten Fußambulanz (4).

Bei einer AVK unterscheiden sich die diagnostischen und therapeu- tischen Maßnahmen zwischen Diabe- tikern und Nichtdiabetikern nicht, wenn auch der häufig ausgedehnte Befall distaler, infrapoplitealer Ge- fäßabschnitte gefäßchirurgische In- terventionen oder Angioplastien er- schwert. Daher erscheint der von Arlt gemachte Vorschlag sinnvoll, den Be- griff „diabetischer Fuß" allein auf das neuropathische Ulkus zu beschrän- ken (5).

Die Klage des Autors, der kuta- nen Manifestation einer diabetischen Mikroangiopathie werde „in unge- rechtfertigter Weise ein nachgeordne- ter Stellenwert eingeräumt" ist nicht begründet. Hinweise auf das Vorlie- gen einer „funktionellen Mikroangio- pathie" der Haut bei Diabetikern wie verminderte hyperämische Hautreak- tion nach Verletzungen (6) oder ge- ringerer Anstieg der Hautdurchblu- tung bei Erwärmung (7), belegen

Schlußwort

Die erfreulich zahlreichen und deshalb lobenswerten weil diskussi- onsanregenden Stellungnahmen zu meiner Übersicht über Diabetische Angiopathien in der Reihe „Angiolo- gie" des Deutschen Ärzteblattes ver- blüffen dadurch, daß einige Autoren offenbar meine Arbeit nur sehr flüch- tig gelesen haben. So beanstandet Reike die „Zuordnung des Krank- heitsbildes ,diabetischer Fuß' zu den Makroangiopathien, wie sie sowohl formal als auch inhaltlich in diesem Artikel erfolgt". In vier Abschnitten werden dann Antithesen aufgestellt.

Dazu lese ich bei mir selbst: „In der wissenschaftlichen Diskussion wird derzeit insbesondere bei der Beurtei- lung des diabetischen Fußes, der dia- betischen Mikroangiopathie (sic!) ein nachgeordneter Stellenwert einge- räumt. Diese Fehleinschätzung (sic!) beruht darauf, daß . . ." In Abbildung 3 meiner Arbeit ist die komplexe Pa-

DISKUSSION

noch nicht einen wesentlichen Ein- fluß auf die Genese neuropathischer Ulzera. Vielmehr zeigte eine prospek- tive Studie zur Genese diabetischer Fußkomplikationen, daß plantare Ul- zera nur bei Patienten mit erhöhten plantaren Drucken auftreten (8). Ab- norm erhöhte plantare Drucke über den Metatarsalköpfchen lassen sich bereits in frühen Stadien einer diabe- tischen Neuropathie nachweisen.

Dies ist ein bevorzugter Lokalisati- onsort von Ulzerationen (9). Auch ausgedehnte Ulzera heilen aber nach Beseitigung der lokalen Druckeinwir- kung in erstaunlich kurzer Zeit ab, was ein weiterer klinischer Hinweis darauf ist, daß eine Mikroangiopathie nicht der initial auslösende Faktor für die Ulkusentstehung sein kann.

Literatur bei den Verfassern Dr. med. W Rathmann Priv.-Doz. Dr. med. D. Ziegler Prof. Dr. med.

Friedrich Arnold Gries

Diabetes-Forschungsinstitut an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Klinische Abteilung Auf'm Hennekamp 65 40225 Düsseldorf

thogenese des diabetischen Fußes durch das Zusammenwirken von Mi- kroangio-, Makroangio-, Osteo- und Neuropathie in nicht zu überbieten- der Deutlichkeit herausgestellt. Es er- fordert natürlich fast geistige Akroba- tik, sich gegen einander ausschließen- de Vorhaltungen zu wehren: So bekla- gen sich Reike über die strenge Zu- ordnung des diabetischen Fußes zur Makroangiopathie, Rathmann et al.

über die Bedeutung, die der diabeti- schen Mikroangiopathie eingeräumt wird.

Bei allem Verständnis für Reduk- tionismus ist die Unterteilung des dia- betischen Fußsyndroms durch Reike in „völlig differente Entitäten" mit untergeordneter Rolle der pAVK ei- ne schlichte Zumutung, was unter Punkt 2 seines Leserbriefes auch be- reits bis zur Contradictio in adiectu- revoziert wird, indem 27,5 Prozent ei- ner reinen pAVK und 23,9 Prozent ei- ner Mischform zugeordnet werden.

Im Klartext heißt dies doch, daß

selbst nach diesen Daten in über der Hälfte der Fälle eine pAVK impliziert ist; In diesem Zusammenhang sind die Ausführungen von Rathmann et al. irreführend, da es jedem Angiolo- gen bekannt ist, daß es gerade nicht möglich ist, mit einfachen klinischen Mitteln eine (diabetische) angiopathi- sche Läsion auszuschließen. Pulsta- stung und Dopplerdruckmessung sind dafür bei peripher-akralbetontem Verteilungsmuster und häufiger Me- diasklerose mit die unzuverlässigsten Untersuchungsverfahren (Abbildung 6). Diese falschen Eingangsbedingun- gen lassen alle weiteren Konklusio- nen über Häufigkeiten als wertlos er- scheinen. Was mit fatalen Folgen ei- ner angiologisch fundierten Therapie gemeint sein soll, bleibt allerdings auch so gänzlich unerfindlich.

Die besten Kenner der Materie im englischen Sprachraum, Flynn und Tooke, haben folgendes formuliert:

„Neuropathy, mechanical stress, and macrovascular disease are involved in the pathogenesis of diabetic foot ulce- ration. Implicit in the development of gangrene and ulceration is the recog- nition that these factors interact with the microcirculation, resulting in the failure of skin capillary flow to meet nutritive requirements" und: „These late functional abnormalities (of the microcirculation, der Verfasser), in- clude loss of autoregulation and red- uced hyperaemic responses which in- teract with loss of neurogenic flow re- gulation, disturbed endothelial func- tion, and abnormal rheology to pro- duce the familiar clinical picture of the diabetic foot". (Diab Med 1992; 8:

[1992] 320-329). Damit ist auch ein Großteil der Ausführungen Her- manns beantwortet. Wer die multifak- torielle Pathogenese des diabetischen Fußes verstanden hat, und wer um die außerordentlichen Schwierigkeiten des Ausschlusses einer peripher-akra- len diabetischen Makroangiopathie ohne antegrade Vergrößerungsangio- graphie weiß, wird sich hüten, pseu- doexakte numerische Gewichtungen der pathogenetischen Einzelkompo- nenten vorzunehmen, wie dies er- staunlicherweise auch Rathmann et al. tun.

Den Experten macht es eher stut- zig, wenn in einem so komplexen Zu- sammenhang wiederholt von „ein- A-610 (60) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 9, 3. März 1995

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

pertonie, Hyperlipidämie und Hyperglykämie, wobei sich der eigentliche Diabetes erst als letzte dieser Störungen manifestiert. Genauso wichtig wie auch die

Ih- re Einschränkung, daß damit vielleicht eine erhebliche Zunahme der Hypoglykämien zu befürchten sei, wird durch die neueste Auswertung der UKPDS (der neben der DCCT

Nach der initialen Differenzie- rung einer Fußläsion erfolgt die The- rapie beim neuropathischen Ulkus ohne Nachweis einer AVK oder einer Osteomyelitis im Gegensatz zum

Eben- falls bei Medicare-Patienten ergab eine Subgruppenanalyse derjenigen mit stark beeinträchtigter linksventrikulärer Funk- tion nach Myokardinfarkt (n = 2875), dass eine

3 Die digitale Volumentomografie zeigt in den sagittalen Schnittbildern rechts (A) und links (B) eine deutliche Volumenzunahme der rechten Mandibula und eine Obliteration der

Fachsemester innerhalb eines akademischen Jahres (Wintersemester und darauf folgendes Sommersemester) jeweils 6 Wochen nach Semesterbeginn, ohne Beurlaubte..

Sofern keine invasiven diagnostischen oder therapeu- tischen Maßnahmen geplant sind und keine Kontrain- dikationen vorliegen, wird die Sekundärprophylaxe mit

Da C15 zu wenig Kohlenstoff zum martensitischen Härten enthält, muss die Rolle in der Randschicht aufgekohlt werden (= „Einsetzen“). Dazu wird die Rolle in eine