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ie niedergelassenen Ärzte sind es nach Auffassung des Berufs- verbandes der Allgemeinärzte Deutschlands (BDA) gründ- lich leid, sich permanent mit Vergü- tungsfragen beschäftigen zu müssen.Es müsse endlich wieder Spaß machen, Arzt zu sein, fordert Dr. Klaus-Dieter Kossow. Vor allem die Hausärzte seien der „Dauerbelastung mit EBM-Ver- gütungsfragen und anderen Rege- lungen“ überdrüssig.
EBM: Warnung vor weiterer Hektik
Der BDA-Vorsitzende verbindet mit dieser Aussage konkrete Forde- rungen an den neuen Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
Zunächst, so Kossow, müsse Schluß sein mit persönlichen Auseinander- setzungen. Ein Großteil der vergan- genen Amtszeit des KBV-Vorstandes war davon überschattet. Ebensosehr müsse sich der neue Vorstand vor all- zu großer Hektik hüten – für Kossow ein Kardinalfehler der Vergangen- heit, vor allem hinsichtlich der EBM- Reform. „Das war ein strategischer Fehler“, meint der BDA-Vorsitzende, dessen honorarpolitische Vorstellun- gen in einigen Punkten erheblich von der bisherigen KBV-Linie abweichen.
Trotz der massiven Kritik an den Praxisbudgets warnt Kossow die Kas- senärztliche Bundesvereinigung vor vorschnellen Schlüssen: „Wenn der KBV-Vorsitzende Ordnung schaffen will, dann kann er den EBM zum
1. Juli dieses Jahres nicht mehr än- dern.“ Jetzt sei jede Art von Hektik fehl am Platz, vielmehr müsse es um sorgfältig vorbereitete, längerfristige Umstellungen gehen. Als Ausgangs- punkt einer besseren Honorarvertei- lung sieht der BDA die Aufteilung der Gesamtvergütung in „Facharzt- töpfe“. Die jeweiligen Anteile müß- ten mit den Kassen verhandelt wer- den. Die eigentliche Verteilung der Honorare sei dann schließlich Sache der Kassenärztlichen Vereinigungen.
Die KBV, so Kossow weiter, müs- se sich hauptsächlich um die Leistungs- bewertung kümmern – und hier ver- tritt der Berufsverband der Allge- meinärzte einen grundsätzlich anderen Standpunkt. Die Leistungsbewertung soll nach den Vorstellungen des BDA künftig nicht mehr einheitlich und fachübergreifend getroffen werden, sondern nach Fachgruppen unter- schiedlich sein. Das heißt: Ein Haus- arzt würde für Hausbesuche (die er in Serie erbringt) relativ gesehen weniger Honorar erhalten als beispielsweise ein Psychiater, der nur ganz selten Pa- tienten außerhalb seiner Sprechstunde aufsucht. Umgekehrt würden be- stimmte Serienleistungen von Fach- ärzten als seltener erbrachte Leistun- gen für Hausärzte höher bewertet.
Derartige Umstellungen im Ho- norarsystem könnten zwar relativ schnell beschlossen werden, sie müß- ten jedoch mit einer hinreichend lan- gen Vorbereitungszeit umgesetzt wer- den. Der BDA plädiert in diesem Zu- sammenhang auch für die Erprobung verschiedener neuer Vergütungsfor-
men – etwa für den sogenannten Uro- logen-EBM (siehe Deutsches Ärzte- blatt, Heft 48/1996) oder auch für Teile der McKinsey-Studie im Auf- trag einer Münchner Ärzteinitiative (Deutsches Ärzteblatt, Heft 10/1997).
Bei allen diesen Fragen sieht Kos- sow die Notwendigkeit einer engen, strategisch ausgerichteten Zusam- menarbeit zwischen der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung und den ärztlichen Verbänden. Allerdings:
Auch die Berufsverbände müßten ihr Verhalten künftig ändern, denn „so manche Polemik der Berufsverbände hat mit in das Chaos geführt“.
Während sich die Regelungs- kompetenz der KBV in Vergütungs- fragen nach Auffassung des BDA auf die Leistungsbewertung und Verhandlung von Honoraranteilen für die Fachgruppen beschränken soll, bewertet der Berufsverband die neue Rolle der KBV im Bundesaus- schuß der Ärzte und Krankenkassen ungleich höher. Hier vor allem, so Kossows Forderung, müsse die Kassenärztliche Bundesvereinigung ihre Richtlinienkompetenz einbrin- gen und dabei die hausärztliche Ver- sorgung durch Qualitäts- und Koope- rationskonzepte nachhaltig stärken.
Dem Hausärzteverband schwebt ein Disease-Management vor – sozial- medizinisch und empirisch sauber er- mittelt, wie Kossow sagt. Auf diese Weise, glaubt der BDA, könne das Gesundheitswesen kostengünstiger und effektiver gestaltet werden.
Praxisbudgets:
Erneute Überprüfung
Unterdessen hat sich der neue KBV-Vorstand in seiner ersten Sit- zung nach der Wahl mit dem Thema Praxisbudgets befaßt. Er kam über- ein, die Grundlagen für die Berech- nung und Bildung der Praxisbudgets erneut in Gesprächen mit den ärztli- chen Verbänden zu überprüfen. Sollte sich daraus Korrekturbedarf ergeben, will die Kassenärztliche Bundesverei- nigung mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen über die dann eventu- ell notwendigen Änderungen verhan- deln, so daß die Korrekturen zum 1. Oktober 1997 beschlossen werdenkönnten. Josef Maus
A-892 (20) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 14, 4. April 1997
P O L I T I K AKTUELL