Organverteilung an geeigne- te Patienten nach Regeln zu entscheiden ist, die dem Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft entsprechen und sich insbe- sondere nach Notwendig- keit, Erfolgsaussicht und Dringlichkeit richten. Für die Organverteilung sind die Wartelisten der Transplanta- tionszentren als eine ein- heitliche Warteliste zu be- handeln. Die Regelungen dienen dem Ziel, für die Pa- tienten gleiche Behand- lungschancen auf eine unter Umständen lebensrettende Organübertragung zu wahren.
Vor und nach Einführen des zentralen Auditverfahrens stand das Besagte stets im Zentrum der Transplantati- onsmedizin. Unter Erfolgs- aussicht verstand man kei- neswegs nur eine möglichst kurze Entfernung zwischen Spender- und Empfänger- Krankenhaus, wodurch ein schneller Organtransport mit kurzer Ischämiezeit er- zielt werden sollte. Der Un-
sinn der Argumentation fin- det seinen Höhepunkt, in- dem zunächst die höhere Ischämiezeit für ein erhöh- tes Risiko des primären Graftversagens anzusehen ist, im folgenden Satz jedoch gesagt wird, dass das kumu- lative Überleben nach sechs und zwölf Monaten für bei- de Ischämiezeitgruppen gleich war.
In eigenen Untersuchungen konnten wir bei einem großen Patientenkollektiv zeigen, dass bei einer Isch- ämiezeit < 240 min bei einer Kardioprotektion mittels in- trazellulärer kardioplegi- scher Lösung (eine Zeit, welche in den meisten Fäl-
len zu erreichen ist) keine signifikante Änderung im Kurz- und Langzeitüberle- ben zu finden ist. Ferner zeigte sich auch keine er- höhte Inzidenz der Vaskulo- pathie.
Eine Zunahme der Kosten konnten wir bei unseren ei- genen Untersuchungen ebenfalls nicht feststellen, wobei man sich bei Betrach- tung der Zahlen der Mün- chener Kollegen (Standard- abweichung > als Mittel- wert) fragen muss, ob hier das richtige statistische Ver- fahren angewandt wurde. In Abhängigkeit vom trans- plantierenden Zentrum fin- det man im Rahmen des neuen Allokationssystems Einjahresüberlebenszahlen von 80 bis 90 % bei Zentren mit hoher Transplantations- frequenz, was sicherlich im oberen Drittel des interna- tionalen Standards zu sehen ist, während die Autoren da- von sprechen, dass die klini- schen Ergebnisse nicht ver- bessert werden.
Man kann der Diskussion in dem vorliegenden Artikel
nur schwer folgen. Insgesamt bedarf das Thema einer ob- jektiven Darlegung der ku- mulativen Daten durch Eu- rotransplant.
Literatur bei den Verfassern Prof. Dr. med. R. Körfer, Dr. med.
G. Tenderich,Herz- und Diabeteszen- trum Nordrhein-Westfalen, Georgstraße 11, 32545 Bad Oeynhausen
KBV
Zu unserer Berichterstattung über die KBV-Vertreterversammlung in Heft 22/2002:
Glaubwürdig?
Der KBV-Vorstand sieht als Lösungsweg in seinen For- derungen an die zukünftige Gesundheitspolitik u.a. ein- heitliche Qualitätsstandards in Klinik und Praxis vor.
Das klingt gut und ist schon lange überfällig! Interessant in diesem Zusammenhang ist nur, dass kürzlich genau das Gegenteil im Rahmen der „Neuordnung der Ver- sorgung chronisch nierenin- suffizienter Patienten“
(siehe DÄ Heft 14/2002 vom 5. April 2002) vom selbigen beschlossen wurde. Insbe- sondere wurden die restrik- tiven Qualitätssicherungs- maßnahmen des vertrags- ärztlichen Bereichs (u. a. An- wesenheitspflicht eines Nephrologen an Dialyse bis zu 100 Dialysepatienten) nicht für den stationären
Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 404. Oktober 2002 AA2609
B R I E F E
Briefe, die die Redaktion per E-Mail erreichen, werden aufmerksam gelesen. Sie können jedoch nur veröffentlicht werden, wenn sie ausdrücklich als „Leserbrief“ bezeich- net sind. Voraussetzung ist ferner die vollständige An- schrift des Verfassers (nicht die bloße E-Mail-Adresse).
Die Redaktion behält sich ohne weitere Mitteilung vor, E- Mail-Nachrichten, die als Leserbrief erscheinen sollen, zu
kürzen. DÄ
Anonym
Die Redaktion veröffentlicht keine ihr anonym zugehen- den Zuschriften, auch keine Briefe mit fingierten Adres- sen. Alle Leserbriefe werden vielmehr mit vollem Namen und voller Anschrift gebracht. Nur in besonderen Fällen können Briefe ohne Namensnennung publiziert werden – aber nur dann, wenn intern bekannt ist, wer geschrieben
hat. DÄ
Bereich übernommen.
Dafür wurde in dem sehr komplexen und für den juri- stischen Laien komplizier- ten Vertragswerk die Durch- führung sämtlicher Dialyse- verfahren den stationären Einrichtungen – ohne Qua- litätssicherungsauflagen – zugesichert. Und das, ob- wohl im stationären Bereich häufig die kränkeren Dialy-
sepatienten liegen und teil- weise vom AiP im Bereit- schaftsdienst versorgt werden.
Konterkariert wird dieses zusätzlich durch eine gerin- gere – nun pauschalisierte – Vergütung im ambulanten Bereich.
Dr. med. Nicole Bunge, Dialysezentrum Berlin an einem Krankenhaus der Maximalversorgung, Rudower Straße 48, 12351 Berlin
handelt hat. In diesem Zu- sammenhang sei auf eine Übersichtsarbeit hingewie- sen, in der über 6 692 behan- delte Patienten zusammen- fassend berichtet wurde. So- mit gilt sowohl in der Weltli- teratur als auch nach Mei- nung der Klinischen Kom- mission der Deutschen Ge- sellschaft für Kardiologie-, Herz- und Kreislauffor- schung die intrakoronare Brachytherapie als evidenz- basierte Therapieform bei der Behandlung der In-stent- Restenose.
Literatur beim Verfasser Prof. Dr. med. Sigmund Silber, Arbeitskreis „Brachytherapie“ der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie-, Herz- und Kreilaufforschung, Am Isarkanal 36, 81379 München
Erziehungszeiten
Zu dem Leserbrief „Kolleginnen seid wachsam“ von Ursula Marsch in Heft 28–29/2002:
Dumm gelaufen?
Der Sachverhalt, den Frau Marsch schmerzlich an ihrem Rentenkonto bemerkt, ist mir seit mehr als 15 Jahren hinreichend bekannt. Ich wurde damals nach der Ge- burt eines Kindes von der BfA aufgefordert, die mir zu- stehenden Kindererziehungs- zeiten feststellen zu lassen, und war hellauf empört über den ablehnenden Bescheid, wegen meiner Befreiung zu- gunsten der Ärzteversor- gung. Auf meinen Einspruch, die Pflichtmitgliedschaft (!) in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung kön- ne mich doch nicht von allge- mein gültigen Sozialleistun- gen ausschließen, wurde mir das „Kleingedruckte“ des Gesetzes mitgeteilt, wonach überhaupt nur Mütter, die sich mit mindestens 60 Bei- tragsmonaten einen An- spruch auf staatliche Rente erworben haben, auch dieses Almosen erhalten.
Davon war leider in der öf- fentlichen Diskussion nie die Rede.
Ich denke, die Jüngeren sind mittlerweile über die Konse- quenzen eines Austritts aus der BfA informiert, für uns alte Idioten gilt wie so oft im Leben: dumm gelaufen!
Dr. Antonie Demling,Irrlrinnig 10 b, 91301 Forchheim
Rehabilitation
Zu dem Beitrag: „Das integrierte Gesundheitszentrum: Die alterna- tive Versorgungsstruktur der Zu- kunft“ von Dr. med. Hans-Martin Beyer in Heft 30/2002:
Wunsch und Realität
Eine wirksame ambulante Rehabilitation ist ohne Sy- stembruch möglich. Aller- dings werden in den BAR- Richtlinien zur ambulanten Rehabilitation der Träger der Rentenversicherung und Krankenkassen Maximalfor- derungen für Ausstattung (Raum und Personal) und Qualifikation(Zusatzbezeich- nungen) gestellt, als ob Geld keine Rolle spielen würde.
Die stationäre Therapie hat offensichtlich die Feder für die ambulante Medizin ge- führt. So wird die beabsichtig- te wohnortnahe Hochpreisre- habilitation nur in einigen Großstädten, nicht aber in der
„Fläche“, wie z. B. an meinem Wohnort Salzgitter, angeboten werden. Dabei könnten die meisten Patienten ambulant wohnortnah rehabilitiert wer- den, wie es Verläufe der er- weiterten ambulanten Physio- therapie (EAP/AOTR) in den letzten zehn Jahren nachge- wiesen haben. Fälschlich hält der medizinische Dienst der Krankenversicherung die komplexen Therapien D1/2 der Heilmittelrichtlinien für gleichwertig. Sie sind es weder in der Zeitdauer (EAP drei bis vier Stunden/Tag mit Arzt, D1/2 eine Stunde und ohne Arzt) noch in der Qualifikati- on der Therapeuten oder räumlichen Voraussetzungen mit ausreichender Möglich- keit zum medizinischen Trai- ning und zur Physiotherapie.
Dr. med. Reinhard Fabisiak, Schützenplatz 32, 38259 Salzgitter
Vergangenheit
Zu dem Beitrag „Eugenik und Eu- thanasie: Aktuelle Vergangenheit“
von Norbert Jachertz in Heft 28–29/2002:
Tradiertes Tötungs- verbot bietet Schutz
Die „große Linie“ führt nicht nur von Darwin und Haeckel bis zu höchsten wissenschaft- lichen Gremien, renommier- ten Fachleuten und in die Irre geleiteten Medizinern in der NS-Zeit, die gegen geltende Gesetze verstießen. Histo- risch gesichert ist, dass da- mals vom selben Personen- kreis, der die Kinder- und Er- wachseneneuthanasie prakti- zierte, später mit weiter ent- wickelten Methoden der Tö- tung durch Gas, die systema- tische massenhafte Vernich- tung von Angehörigen „min- derwertiger“ Rassen u. a. aus rasseideologischen Gründen in neu errichteten Tötungs- einrichtungen betrieben wur- de . . .
Wenn also vom „langen Atem der Eugenik“ und
„Nützlichkeitserwägungen“
damals gesprochen wird, soll- ten wir Ärzte bedenken, wer bzw. welche Gruppen von Menschen heute von kundi- gen Medizinern getötet wer- den und in welchem Stadium ihres menschlichen Lebens dies geschieht; ob dazu etwa auch die als „unzumutbar“
bezeichneten kranken (3 %) und gesunden (97 %) unge- borenen Menschen gehören, die noch überwiegend rechts- widrig, aber straffrei mit ei- nem u. a. von einer renom- mierten wissenschaftlichen Fachgesellschaft und der zu-
ständigen Bundesbehörde als Medikament anerkannten Abortivum beseitigt werden, sowie welche andere Grup- pen vielleicht schon bald die- sem Pesthauch legal zum Op- fer fallen werden.
. . . Das in unserem Arztberuf tradierte Tötungsverbot soll Ärzte davor schützen, durch den Zeitgeist in die Irre ge- führt zu werden. Das Tö- tungsverbot dient daher der Bewahrung des Arztes vor der (Selbst-)Zerstörung sei- nes Wesens . . .
Prof. Dr. med. Ingolf Schmid-Tann- wald,Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe – Großhadern, Marchioni- nistraße 15, 81377 München
Strahlentherapie
Zu dem Medizinreport „Wenn Strahlen von innen heilen“ von Wolfgang Sass in Heft 16/2002:
Evidenzbasiert:
Brachytherapie
Der Autor schreibt: „Die Deutsche Kardiologische Gesellschaft verhalte sich bisher zögerlich mit der Empfehlung der Präzisions- bestrahlung von Koronari- en.“ Bereits im Herbst letz- ten Jahres veröffentlichte die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie-, Herz- und Kreislaufforschung ein Posi- tionspapier zur intrakorona- ren Brachytherapie, in der der sinnvolle Einsatz dieser neuen Methode wissen- schaftlich begründet darge- stellt wurde. Bezüglich der Ergebnisse bei In-stent-Re- stenosen wurde lobenswert eine Universitätsklinik er- wähnt, die 48 Patienten be- A
A2610 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 404. Oktober 2002
B R I E F E