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Archiv "Gastroenteropankreatisches System: Früherkennung hereditärer neuroendokriner Tumoren" (13.09.1996)

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D

ie neuroendokrinen Tumo- ren des gastroenteropank- reatischen Systems treten selten und meistens nur spo- radisch auf. Zu dem Zeitpunkt rich- tungweisender klinischer Symptome

besteht in der Regel bereits eine sy- stemische Tumorerkrankung. Eine gezielte Früherkennung der Tumo- ren ist bei den sporadischen Formen meist nur im Falle spezifischer Sym- ptome, wie zum Beispiel dem Hypo- glykämiesyndrom oder dem Zollin- ger-Ellison-Syndrom möglich (Ta- belle).

Im Gegensatz zu den sporadi- schen Fällen ist bei den hereditä- ren Formen der neuroendokrinen

Tumorerkrankung eine Früherken- nung möglich geworden:

Im Rahmen der autosomal-do- minanten Erkrankung der multiplen endokrinen Neoplasie Typ 1 (MEN 1) treten neuroendokrine Tumoren

der Vorderdarmanlage, das heißt der Bronchien, des Thymus, des Ma- gens, und vor allem des Duodenums

und des Pankreas familiär auf. So liegt bei rund 4 Prozent der Insulino- me und bei etwa 22 Prozent der Ga- strinome eine MEN 1 zugrunde. In geeigneten MEN 1-Familien kann neben der biochemischen eventuell

auch eine molekulargenetische Un- tersuchung mit Hilfe von Kopp- lungs-Analysen durchgeführt wer- den. Eine prädiktive Aussage, ob Kinder eines Patienten das zur Tu- morerkrankung prädisponierende Gen geerbt haben, ist eventuell mit über 99 prozentiger Wahrscheinlich- keit möglich, wenn die Familie ent- sprechend groß ist. Das MEN 1-Gen ist vermutlich ein Tumorsuppressor- gen. Seine chromosomale Lage auf A-2320 (56) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 37, 13. September 1996

M E D I Z I N KURZBERICHT

Gastroenteropankreatisches System

Früherkennung hereditärer neuroendokriner Tumoren

Hans Scherübl

1

Thomas Zimmer

1

Wolfgang Höppner

2

Ernst-Otto Riecken

1

1 Abteilung Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie (Leiter: Prof. Dr. med. E.

O. Riecken), Universitätsklinikum Benjamin Franklin FU Berlin

2Institut für Hormon- und Fortpflanzungsfor- schung, (Geschäftsführendes Direktorium:

Prof. Dr. med. F. Leidenberger, Prof. Dr.

med. H. M. Schulte, PD Dr. rer. nat. R. Ivell) der Universität Hamburg

Tabelle

Hypersekretionssyndrome bei neuroendokrinen gastroenteropankreatischen Tumoren

Tumor Klinik Hormon Primärturmor Metastasen MEN 1

im Pankreas (%) (%) (%)

Gastrinom Rezidivierende Ulcera Gastrin 70 60 ~22

duodeni sive ventriculi, Ösophagitis, Durchfälle

Insulinom Rezidivierende Insulin >99 10 ~4

Hypoglykämien (Synkopen, Krampf- anfälle, Verwirrtheit)

VIPom Wässrige Durchfälle, VIP 85 40 möglich

Hypokaliämie, Achlorhydrie, Azidose (WDHA)

Glukagonom Hautausschlag Glukagon >99 70 möglich

Gewichtsverlust

Somatostatinom Diabetes mellitus Somatostatin 50 70 ?

Steatorrhoe Cholecystolithiasis

Karzinoid „Flush“, Durchfälle 5-HIES selten 100 ?

Bronchospasmus Serotonin Teleangiektasien

Neuroendokrine meist PP 100 0–50% ~14

Tumoren des Pankreas ohne Hypersekretionssyndrom

(Adaptiert von Norton J, Curr. Probl. Surg. 1994; 31: 90-156. VIP = Vasoaktives intestinales Polypeptid, PP = pankreatisches Polypeptid, 5-HIES = 5-Hydroxyindolessigsäure. VIPom = Verner-Morrison Syndrom)

(2)

Chromosom 11q13 konnte bisher auf 800 kb eingeengt, es konnte je- doch noch nicht identifiziert werden (4). Neuroendokrine Tumoren der Vorderdarmanlage stellen heutzuta- ge die häufigste (krankheitsbezoge- ne) Todesursache bei MEN 1-Pati- enten dar. Zudem sind neuroendo-

krine Duodenum- und Pankreastu- moren die häufigste Erstmanifestati- on des MEN 1-Syndroms. In Zusam- menarbeit mit der deutschen MEN 1-Studiengruppe haben wir deshalb begonnen, bereits diagnostizierte MEN 1-Patienten und deren An- gehörige ersten Grades mit Hilfe der Endosonographie prospektiv auf neuroendokrine Tumoren des Ma- gens, des Duodenums sowie des Pankreas zu untersuchen. Die Endo- sonographie ist die empfindlichste, bildgebende Untersuchungsmetho- de in der Diagnostik neuroendokri- ner Tumoren des Pankreas (1, 5) (Abbildung).

Identifizierung eines Patientenkollektivs

Um die (unbekannten) MEN 1- Familien erstmals landesweit zu identifizieren, ist es am effektivsten,

alle Patienten mit einem neuroendo- krinen Tumorleiden des gastroente- ro-pankreatischen Systems auf das Vorliegen einer MEN 1 zu untersu- chen. Da bei der MEN 1 in etwa 20 Prozent der Fälle Hypophysentumo- ren sowie in etwa 90 Prozent der Fäl- le Nebenschilddrüsenadenome mit primärem Hyperparathy- reoidismus auftreten, möchten wir deshalb die betreuenden Ärzte bit- ten, bei Patienten mit neuroendokrinen Tumo- ren des Thymus, der Bronchien, des Magens, des Pankreas oder des Darms eine minima- le Vorsorgeuntersuchung nach einer MEN 1 durch- zuführen und über die da- durch gefundenen Index- patienten die MEN 1-Fa- milien zu identifizieren.

Als effizientes Scree- ning empfehlen wir eine gezielte Familienanam- nese (hinsichtlich endo- kriner Tumoren oder eines Hyperparathyreo- idismus) sowie zur Früherkennung die Be- stimmung der Konzentra- tionen von Kalzium, Al- bumin und Prolaktin im Serum. Bei erhöhtem Serumspiegel von Kalzium oder Prolaktin wird ei- ne weiterführende Diagnostik (Hyperparathyreoidismus? Prolakti- nom?) empfohlen. Schwedische Stu- dien haben gezeigt, daß die durch Früherkennung mögliche frühzeiti- ge Behandlung des MEN 1-Syn- droms die Prognose verbessert (3).

Aufnahme in das MEN 1-Register

Diese Vorsorgeuntersuchungen erfolgen in Kooperation mit der deutschen MEN 1-Studiengruppe.

Im Falle einer neu diagnostizierten MEN1 sollte der Patient, seine Ein- willigung vorausgesetzt, in das deut- sche MEN 1-Register eingeschlos- sen werden.

Aber auch im Falle einer leeren Familienanamnese sowie unauffälli- ger Laborbefunde sollten die anony-

misierten klinischen Daten und La- borwerte in das Register für neu- roendokrine Tumoren des gastroen- teropankreatischen Systems einge- bracht werden.

Die Studienunterlagen sind er- hältlich beim Studiensekretariat am Universitätsklinikum Benjamin Franklin der Freien Universität Ber- lin. Auf diesem Wege wird es mög- lich werden, viele scheinbar sporadi- sche Tumorleiden als familiäre Tu- morleiden zu erkennen und den be- troffenen Familien frühzeitige Hilfe anzubieten (2). Die Risikoperson und die betreuenden Ärzte werden auf die Notwendigkeit der geneti- schen Beratung hingewiesen.

Die Studie erfolgt entsprechend den Bestimmungen des Datenschut- zes; sie wurde von der Ethikkommis- sion des Universitätsklinikums Ben- jamin Franklin gebilligt.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1996; 93: A-2320–2321 [Heft 37]

Literatur

1. Scherübl H, Faiss S, Zimmer T, Riecken EO, Wiedenmann B: Neuroendocrine tu- mors of the gastroenteropancreatic system.

I. Diagnostic advances. Onkologie 1996; 19:

119–124

2. Shepherd J: The natural history of multiple endocrine neoplasia type 1. Highly uncom- mon or highly unrecognized? Arch Surg 1991; 126: 935–952

3. Skogseid B, Rastad J, Öberg K: Multiple en- docrine neoplasia type 1. Clinical features and screening. Endocrinol Metab Clin North America 1994; 23: 1–18

4. Smith C, Wells S, Gerhard D: Mapping eight new polymorphisms in 11q13 in the vicinity of multiple endocrine neoplasia type 1: iden- tification of a new distal recombinant. Hu- man Genetics 1995; 96: 377–387

5. Zimmer T, Ziegler K, Liehr R, Stölzel U, Riecken EO, Wiedenmann B: Endosono- graphy of neuroendocrine tumors of the sto- mach, duodenum, and pancreas. Ann New York Acad Sci 1994; 733: 425–436

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Hans Scherübl Abteilung für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie Universitätsklinikum

Benjamin Franklin Hindenburgdamm 30 12200 Berlin

A-2321

M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 37, 13. September 1996 (57) KURZBERICHT

Abbildung: Endosonographie des Pankreas eines Patienten mit metasta- sierendem neuroendokrinen Tumor des Pankreas, primärem Hyperpa- rathyreoidismus und positiver Familienanamnese für MEN 1. Der Pank- reastumor war nicht-funktionell, das heißt er verursachte kein klini- sches Hypersekretionssyndrom. Im Pankreaskopf stellte sich der Tumor als eine 23 1,4 cm große, hyporeflexive Raumforderung dar (weiße Pfeile). Das restliche Pankreas (P) war endosonographisch unauffällig.

Wir danken der Fritz-Bender-Stiftung für die

finanzielle Unterstützung des Projekts

Referenzen

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