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Archiv "Polnische Ärzte: Hoffen auf Normalität" (18.05.1989)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

D

er Memminger Frau- enarzt Dr. Horst Theis- sen ist — erwartungsge- mäß — verurteilt worden. Die Gegner sind befriedigt, die Freunde empört. Wer sich ein eigenes Urteil bilden will, sollte sorgfältig unterscheiden zwi- schen dem „Fall Theissen" und den gegensätzlichen politischen Intentionen, die daran festge- macht werden.

Theissen ist zurecht verur- teilt worden. Er hat gegen die geltenden Strafrechtsbestim- mungen über den Schwanger- schaftsabbruch und außerdem gegen das Steuerrecht versto- ßen. Das ist eindeutig. Der 92.

Deutsche Ärztetag in Berlin hat es somit abgelehnt, eine Solida- ritätserklärung zugunsten von Dr. Theissen abzugeben.

Der Prozeß war insofern ein

„Musterprozeß", als er die sich unerbittlich gegenüberstehen- den Positionen in Sachen Schwangerschaftsabbruch mu- sterhaft offenbarte. Die rigoro- sen Gegner des geltenden § 218 wiesen an dem (falschen) Bei-

Memrrunger Prozeß

Theissen: Opfer und Popanz

spiel Theissen auf die in ihren Augen skandalöse deutsche

„Abtreibungspraxis" hin. Die Befürworter des geltenden § 218 benutzten den Fall, um ihren al- ten Ärger über das Nordsüd-Ge- fälle in Sachen Notlagenindika- tion wieder einmal loszuwerden.

Theissen wurde somit von beiden Seiten lediglich für die jeweiligen Zwecke benutzt — von den einen als Opfer, von den an- deren als Popanz. Der Memmin- ger Prozeß eignete sich freilich ganz besonders für solche pro- pagandistischen Manöver. Vor allem aber bot er den Kritikern der „bayerischen Abtreibungs- praxis" eine Fülle willkommener Anlässe:

Die Memminger Richter ha- ben mit markigen Worten nicht gegeizt; man kann nur hoffen,

daß die schriftliche Urteilsbe- gründung nicht allzu sehr von den privaten Moralvorstellungen der Richter zeugt, so ehrenwert diese sein mögen, sondern sich strikt an die Gesetzeslage hält.

In höchstem Maße provo- zierend war die Art, in der in Memmingen Frauen, die bei Dr.

Theissen einen Schwanger- schaftsabbruch haben vorneh- men lassen, in aller Öffentlich- keit vorgeführt wurden. Weshalb solche öffentlichen Zurschau- stellungen intimer Vorgänge der Rechtsfindung dienen, sollte ein unbefangener Jurist gelegentlich erläutern.

Formal mag das Vorgehen in Ordnung gewesen sein, hu- man war es nicht. Formal mag es auch rechtens gewesen sein, Pra- xis-Unterlagen, die für ein Steu- erstrafverfahren beschlagnahmt worden waren, der Strafverfol- gungsbehörde und später dem Gericht zu überstellen. Die Of- fentlichkeit war jedenfalls über- rascht, daß es solche kurzen We- ge gibt. Die Justiz mag in sich gehen. NJ

A

uch Polen gehört zu Eu- ropa, und Polens Ärzte hoffen inständig, fünfzig Jahre nach Kriegsbeginn mit ih- rem Volk normales europäisches Leben zu erreichen. Dies be- kannte der Präsident der polni- schen Ärztegesellschaft „Polskie Towarzystwo Lekarskie", Prof.

Dr. Jerzy Woy-Wojciechowski, am 5. Mai 1989 in Berlin, als er gemeinsam mit Dr. Karsten Vil- mar, dem Präsidenten der Bun- desärztekammer, eine Vereinba- rung der beiden Organisationen über eine enge wissenschaftliche Zusammenarbeit paraphierte.

Erhoffte europäische Nor- malität — mit Vilmars Worten:

die Überwindung der „Eisernen- Vorhang"-Situation — spiegelt diese Vereinbarung: Die Ver- tragspartner wollen sich künftig verstärkt gegenseitig „über die verschiedenen Bereiche der Me- dizin, der Therapiemöglich- keiten, der Prophylaxe und Prä- vention von Krankheiten sowie

Polnische Ärzte

Hoffen

auf Normalität

der Gesundheitspolitik" infor- mieren; sie wollen gemeinsame wissenschaftliche Aktivitäten und den Erfahrungsaustausch ihrer Mitglieder fördern; insbe- sondere wollen sie bei den zu- ständigen Stellen auf einen Aus- tausch von Studenten der Medi- zin und von jungen Ärzten drin- gen, wie überhaupt die unmittel- bare Zusammenarbeit nicht nur der Organisationen, sondern der Ärzte in allen Bereichen der Medizin entwickelt und vertieft werden soll.

Ein bemerkenswertes Ereig- nis in Berlin, dem im Januar 1989 ein entsprechendes Ab- kommen der Bundesärztekam-

mer mit dem Verband der unga- rischen medizinischen Gesell- schaften vorausgegangen war.

Ungarn hat mittlerweile einen weiteren Schritt getan und eine eigenständige Ärztekammer er- richtet! Die ungarische Ärzte- schaft ist in den Weltärztebund aufgenommen worden; die pol- nischen Ärzte können dies gleichermaßen erwarten.

Ein zwiefach bemerkens- wertes Ereignis, wenn man sich erinnert, daß die derzeitige Füh- rung der Ärztekammer Berlin (West) in einer Denkschrift erst jüngst dafür plädierte, sich von der Gesundheits- und Berufs- politik der Bundesrepublik Deutschland abzukoppeln und sich in eine „Landesgesundheits- konferenz" als „zentraler Regie- Instanz" einer „Berliner Ge- sundheitsreform" zu integrieren, was den Status der Berliner Ärz- teschaft geradezu gegenläufig zu Ungarn und Polen verändern würde . . . roe

Dt. Ärztebl. 86, Heft 20, 18. Mai 1989 (1) A-1461

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