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Archiv "Kardiologie: Studien mit Überraschungseffekt" (10.12.1999)

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u den positiven Überraschun- gen auf der Jahrestagung der American Heart Association in Atlanta gehörten die Daten der Studien, welche die antihypertensive Potenz des Wirkstoffs Omapatrilat gegenüber den etablierten Antihyper- tensiva Amlodipin (Kalziumantago- nist), Lisinopril (ACE-Hemmer) und Losartan (AT-II-Antagonist) geprüft hatten. In allen Untersuchungen war die blutdrucksenkende Wirkung von Omapatrilat, dem ersten Vertreter der neuen Substanzklasse der Vasopepti- dase-Inhibitoren, den Vergleichssub- stanzen deutlich überlegen.

Die Eindeutigkeit der Ergebnisse – vor allem im systolischen Bereich – überraschte die Fachwelt und das Un- ternehmen Bristol-Myers-Sqibb glei- chermaßen. „Die Daten dieser Studi- en sind die überzeugendsten, die wir seit fünfzehn Jahren von einem neuen kardiovaskulären Wirkstoff gesehen haben“, äußerte Prof. Michael A. We- ber (State University of New York, Brooklyn) in Atlanta. Die überlegene Wirkung von Omapatrilat beruhe wahrscheinlich darauf, daß das Mono- therapeutikum zwei Stellen in der Blutdruckregulation angreift.

Zum einen wird die neutrale En- dopeptidase gehemmt, die für den Abbau der natriuretischen Peptide (ANP, BNP, CNP) verantwortlich ist.

Dadurch werden die Gefäße stärker erweitert, mehr Natrium ausgeschie- den, und es wird verhindert, daß die Gefäßwand proliferiert. Außerdem wird das Angiotensin-Konversions- Enzym gehemmt, wodurch Vasokon- striktion und Natriumretention ver- mindert und antiproliferative Effekte gefördert werden. „Vasopeptidase-In- hibitoren vermitteln somit ein opti- males Zusammenspiel zwischen Blockade der Gefäßverengung und

Stimulation der Gefäßerweiterung“, sagte Prof. John C. Burnett (Mayo Medical School Rochester). „Vorteil- haft ist außerdem, daß Omapatrilat den systolischen und diastolischen Blutdruck bei täglicher Einmalgabe unabhängig von Alter, Rasse und Ge- schlecht senkt.“ Die Verträglichkeit des neuen Vasopeptidase-Inhibitors

war in allen Studien gut. Die Neben- wirkungen Kopfschmerzen, Husten und vorübergehende Gesichtsrötung entsprachen denen anderer moderner Antihypertensiva. Nach Angaben von Weber müsse bei Senioren beachtet werden, daß hohe Dosierungen zu Schwindel führen könnten.

Omapatrilat, das in 145 Ländern einheitlich als Vanlev®(Bristol Myers Squibb) auf den Markt kommen soll, zeigte sowohl im Tiermodell als auch in ersten klinischen Versuchen neben seiner antihypertensiven Wirkung ei- nen positiven Einfluß auf die Herz-

funktion: So lebten kardiomyopathi- sche Hamster unter Omapatrilat si- gnifikant länger als unter Plazebo oder Captopril. In einer ersten klinischen Studie mit 573 herzinsuffizienten Pati- enten (IMPRESS) war Omapatrilat dem ACE-Hemmer Lisinopril überle- gen in bezug auf Mortalität, Zahl der Krankenhauseinweisungen und The- rapieabbrüche. Einen weiteren Beweis für den kardioprotektiven Effekt soll die OUVERTURE-Studie mit 4 420 Patienten im Vergleich zum ACE- Hemmer Enalapril erbringen. Der Her- steller hofft, daß der antihypertensive Wirkstoff auf dieser Basis später auch die Zulassung für die Indikationen Herzinsuffizienz, ischämische Herz- krankheit und Nephropathie erhalten wird. Dr. med. Vera Zylka-Menhorn

Gentherapie bei KHK

Jeff Isner vom St. Elizabeth Med- ical Center in Boston kam nicht allein zu der mit Spannung erwar- teten Pressekonferenz über den ak- tuellen Stand der Gentherapie bei Herzkrankheiten. Isner wurde auf der Jahrestagung der American Heart Association in Atlanta von einem Patienten begleitet, der bereitwillig erzählte, wieviel besser es ihm nach den „Gen-Spritzen“ gehe; er könne jetzt sogar im Laufschritt einen Bus einholen.

Während Isner optimistische Er- gebnisse präsentierte, wurden in At- lanta Warnungen geäußert, die bis- herigen Berichte zur „Angiogenese- Therapie“ nicht zu überschätzen. Der Versuch, das Wachstum neuer Koro- nargefäße zu induzieren, leide daran, daß „die Studien an Menschen bereits begonnen worden sind, bevor grund- legende Fragen auch zur Sicherheit A-3156 (28) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 49, 10. Dezember 1999

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Kardiologie

Studien mit Überraschungseffekt

Die Daten zahlreicher Untersuchungen, die erstmals auf der Jahrestagung der American Heart Association in Atlanta vorgestellt worden sind, boten einen unerwarteten Ausgang – positiv wie negativ.

Z

Kardioprotektion: ein Buch mit vielen Seiten

Foto: Superbild

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derartiger Experimente beantwortet sind“, schilderte Elizabeth Nabel (Uni- versität Michigan, Ann Arbor). Nach- dem ein leberkranker Patient mögli- cherweise verstorben ist, weil zu hohe Dosen von Adenoviren als Vehikel für den Gentransfer verwendet wor- den sind, erregen nun auch sechs To- desfälle nach Gen-Injektionen bei Herzkrankheiten die Aufmerksam- keit. Zwei der Opfer gehörten zu den mittlerweile 72 Herzkranken, die Is- ner in den letzten zwei Jahren behan- delt hat. Seinen Patienten werden di- rekt ins Herz kleine Mengen des Gens gespritzt, das die Produktion des „vas- cular endothelial growth factor“

(VEGF) induzieren soll.

Laut Isner haben die Behörden bestätigt, daß der Tod der beiden Pro- banden höchstwahrscheinlich nicht auf die Therapie zurückzuführen sei.

Diese Interpretation nimmt auch Ron- ald Crystal von der Cornell University in New York für sich in Anspruch.

Er hat in den letzten zwei Jahren 31 Patienten mit einer anderen Vari- ante der VEGF-Gentherapie behan- delt; bislang sind vier seiner Proban- den gestorben. Crystal verwendet zum Transport des Gens in die Muskelzel- len Adenoviren, deren eigenes Erbgut er zum größten Teil gegen das VEGF- Gen ausgetauscht hat.

Während einer Bypassoperation injizierte Crystals Gruppe kleine Mengen des Virus in Regionen des Herzmuskels, die nicht durch einen Bypass versorgt werden konnten. Sei- ne Versuche seien nicht mit der The- rapie des Leberkranken vergleichbar, weil er eine 1 000 bis 10 000 geringere Virus-Dosis injiziert habe. Die Beur- teilung der Todesfälle erschwert je- doch, daß weder Isner noch Crystal in ihren Studien unbehandelte Kontroll- gruppen untersucht haben. Beide For- scher berichteten, daß die Durchblu- tung verbessert worden ist und sich die meisten Patienten nach den Injek- tionen wohler gefühlt hätten.

Wie trügerisch solche Vorher- Nachher-Vergleiche sein können, hat das Unternehmen Genentech erfah- ren müssen. Timothy Henry vom Hennepin County Medical Center in Minneapolis schilderte die Ergebnisse der bislang größten Erprobung von VEGF an etwa 180 Koronarpatien- ten: Zwei Drittel hatten Infusionen

mit dem Wachstumshormon erhalten, ein Drittel lediglich Kochsalzlösun- gen. Die Ergebnisse zeigen, wie machtvoll der Glaube an eine Thera- pie sein kann. Nach vier Monaten hat- te sich bei allen Patienten die körper- liche Belastbarkeit deutlich verbes- sert. Aber zur Enttäuschung der For- scher war der Effekt unter Plazebo ge- nauso stark wie im Verumarm.

Auch Prof. Wolfgang Schaper (Max-Planck-Institut für Physiologie, Bad Nauheim) bleibt hinsichtlich der Angiogenese-Therapie skeptisch.

Seine eigenen Studien zeigen, daß das Wachstumshormon eine Entzün- dungsreaktion „an der falschen Stel- le“ induziere und damit Herzinfark- te begünstigt. VEGF erhöhe zudem die Thrombosegefahr – ein Effekt, den der Forscher bei einer Therapie für infarktgefährdete Patienten nur mit Unbehagen sieht. Schaper: „Bis- lang wissen wir nicht, ob wir die po- tentiellen guten Effekte der Angio- genese von den schlechten trennen

können.“ Klaus Koch

Betablocker bei Herzinsuffizienz

Wenn Wissenschaftler oder Arz- neimittelhersteller immer wieder be- tonen, daß Studienergebnisse nicht ohne weiteres von der geprüften Sub- stanz auf andere Vertreter des glei- chen Wirkprinzips übertragbar seien, dann sollte das nicht als pharmakolo- gische Spitzfindigkeit oder Besitz- standswahrung abgetan werden. Das wurde jetzt sehr eindrucksvoll durch den Ausgang einer multizentrischen Untersuchung in den USA und Ka- nada mit dem vielversprechenden Akronym BEST für „Betablocker Evaluation Survival Trial“ bestätigt.

Teilnehmer waren 2 708 Herzin- suffizienz-Patienten, die im Verum- arm den (noch nicht zugelassenen) Beta-Rezeptorenblocker Bucindolol erhalten hatten. Die Untersuchung wurde vorzeitig nach einer Laufzeit von etwa vier Jahren abgebrochen, weil die Behandlung nicht zu einer statistisch signifikant besseren Über- lebensrate im Vergleich zur Kontroll- gruppe geführt hatte (Todesrate 30 Prozent unter Verum und 33 Prozent unter Plazebo. Um etwa ein Drittel ge-

ringer war dagegen die Sterblichkeit sowohl unter Bisoprolol in Cibis II (Cardiac Insuffiency Bisoprolol Study mit 2 647 Teilnehmern) als auch unter Metoprolol CR/ZOK in MERIT-HF (Metoprolol CR/XL Randomized In- tervention Trial in Heart Failure mit 3 991 Teilnehmern) gewesen.

Auch Carvedilol verbesserte im US Carvedilol Heart Failure Trials Program mit 1 094 Teilnehmern – das allerdings nicht den Kriterien eines randomisert doppelblinden Vergleichs entsprach – die Prognose der Herzin- suffizienz-Patienten. Als Gründe für den unbefriedigenden Ausgang von BEST nannte Studienleiter Dr. Eric Eichhorn (Dallas) den mit 23 Prozent hohen Anteil an afroamerikanischen Teilnehmern. Ihnen hatte die Bucin- dolol-Behandlung sogar geschadet (Gesamtmortalität unter Verum um 17 Prozent höher als unter Plazebo).

Ebenfalls nicht profitiert von Bucin- dolol (neutrales Ergebnis) hatten Pa- tienten im NYHA-Stadium IV (An- teil acht Prozent) beziehungsweise mit einer Auswurffraktion unter 20 Prozent.

In den anderen Herzinsuffizienz- Studien mit Beta-Rezeptorenblok- kern gab es jedoch keinerlei Hinweise auf unterschiedlichen Nutzen bei be- stimmten Subgruppen. Beispielsweise zeigt eine ebenfalls in Atlanta vorge- stellte Metaanalyse aller mit Bisopro- lol, Carvedilol und Metoprol in plaze- bokontrollierten Studien behandelten NYHA-IV-Patienten für die Gesamt- mortalität eine Risikoreduktion von 29 Prozent. Nur am US Carvedilol Heart Failure Trials Program hatte ein vergleichbar hoher Anteil an Afroamerikanern teilgenommen (20 Prozent) – sie hatten ebenso profitiert wie andere ethnische Gruppen.

Man muß wohl davon ausgehen, daß es sich um einen substanzspezifi- schen, nicht über das pharmakodyna- mische Profil erklärbaren, Effekt han- delt. Bucindolol ist ein nichtselektiver Beta-Rezeptorenblocker, der zusätz- lich den Alpha1-Rezeptor hemmt und dadurch auch vasodilatierend wirkt.

Ein ähnliches Profil – ebenfalls nicht selektiv, aber mit stärkerem Alpha1- Antagonismus – weist Carvedilol auf, während es sich bei Bisoprolol und Me- toprolol um beta1-selektive Substanzen handelt. Gabriele Blaeser-Kiel A-3157

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 49, 10. Dezember 1999 (29)

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