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Untersuchung über die im Rettungsdienst des Landkreises Uelzen applizierten Pharmaka in den Jahren 1989 bis 1999

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Aus der Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin des Kreiskran- kenhauses Uelzen, akademisches Lehrkrankenhaus der Medizinischen Hoch- schule Hannover

Untersuchung über die im Rettungs- dienst des Landkreises Uelzen appli- zierten Pharmaka in den Jahren 1989 bis 1999

DISSERTATION

zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von Lutz Michael Dietrich König aus Uelzen (i.Han.)

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Untersuchung über die im Rettungsdienst des Landkreises Uelzen applizierten Pharmaka in den Jahren 1989 bis 1999.

Seite

1. Einleitung 1

1.1. Allgemeines zum Rettungsdienst in Niedersachsen 1

1.2. Medikamente in der Notfallmedizin 3

1.3. Ziel und Absicht der Untersuchung 5

2. Material und Methodik 8

2.1. Zugrundeliegendes Material 10

2.2. Methodisches Vorgehen 11

2.2.1 . Erfassen des Datenmaterials 11

2.2.2. Statistische Analyse und Evidence-based-Medicine 12

2.2.3. Ermittlung der Ergebnisse 13

2.3. Kritik 14

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1. Einleitung

1.1. Allgemeines zum Rettungsdienst in Niedersachsen

In § 2 des Niedersächsischen Rettungsdiensgesetzes (NRettDG) wird die Aufgabe des Rettungsdienstes definiert als die dauerhafte Sicherstellung einer flächendeckenden und bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen für Kranke, Ver- letzte oder Hilfsbedürftige, die nach ärztlicher Verordnung während der Beförderung einer fachgerechten Betreuung oder der besonderen Einrichtung eines Rettungsmit- tels bedürfen, oder für solche Personen, bei denen dies aufgrund ihres Zustandes zu erwarten ist. Dabei hat der Rettungsdienst bei lebensbedrohlich Verletzten oder Er- krankten, oder bei solchen Personen, bei denen dies zu erwarten ist, lebensrettende Maßnahmen am Einsatzort durchzuführen, die Transportfähigkeit herzustellen und die Patienten unter fachgerechter Betreuung mit dafür besonders ausgestatteten Ret- tungsmitteln in eine für die weitere Versorgung geeignete Behandlungseinrichtung zu befördern. Die Sicherstellung dieser Aufgabe obliegt den jeweiligen Landkreisen oder kreisfreien Städten und erfolgt durch den bodengebundenen Rettungsdienst, wird ergänzt durch Wasser- und Bergrettung und unterstützt durch die Luftrettung.

Diese Definition trifft nicht nur auf das Bundesland Niedersachsen zu; in jedem Bun- desland bildet ein eigenes Rettungsdienstgesetz Grundlage rettungsdienstlicher Tä- tigkeit. Im gesamten Bundesgebiet sind Definition und Organisation des Rettungs- dienstes durch das Bund-Länder-Abkommen vergleichbar (69).

Die Etablierung eines Rettungsdienstsystems gehen auf den Chirurgen Kirschner zu- rück, der 1938 als einer der ersten forderte, daß „der Arzt zum Verletzten, nicht aber der Verletzte zum Arzt kommen sollte“ (43).

Ab 1956 wurden durch die Bundeswehr, kurz nach ihrer Gründung, Hubschrauber bereitgestellt, die bei Luftnotlagen und Katastrophensituationen Ärzte und Einsatz- material so schnell wie möglich an den Unglücksort bringen konnten. Damit wurden erstmals die von Kirschner gestellten Forderungen in größerem Umfang umgesetzt.

1970 kam es dann zur Einrichtung ziviler RTH-Stationen; der ADAC wollte aufgrund der hohen Anzahl schwerer Verkehrsunfälle einen deutlichen und aktiven Beitrag lei- sten, um die medizinische Versorgung der Verkehrsunfallopfer zu verbessern (53).

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Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am 08.06.2004

Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover

Rektor: Prof. Dr. Dieter Bitter-Suermann Betreuer der Arbeit: Prof. Dr. Joanis Kontokollias Referent: Prof. Dr. Bernhard Panning Korreferent: Prof. Dr. Christoph Pape

Tag der mündlichen Prüfung: 08.06.2004

Promotionsausschußmitglieder:

Prof. Dr. Christian Krettek

Prof. Dr. Dirk Berens v. Rautenfeld Prof. Dr. Hans-Rudolf Raab

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3. Ergebnisse 16

3.1. Anzahl der Rettungseinsätze 16

3.2. Notfalleinsätze 17

3.2.1. Häufige präklinische Diagnose 17

3.2.2. Präklinische Diagnosen bei NEF und RTH 18

3.2.2. Die sieben häufigsten Notfallarten 20

3.3. Medikamente 22

3.3.1. Häufigkeiten der Applikation von Medikamenten 22 3.3.2. Häufigkeiten von Medikamenten bei NEF und RTH 30 3.3.3. Medikamente bei bestimmten Notfällen 31 3.3.3.1. Medikamente bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom 31 3.3.3.2. Medikamente bei Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma (SHT) 33 3.3.3.3. Medikamente bei Patienten mit Krampfleiden 34 3.3.3.4. Medikamente bei Patienten mit Extremitätenfrakturen 35 3.3.3.5. Medikamente bei Patienten mit Synkope 37 3.3.3.6. Medikamente bei Patienten mit zerebrovaskulärer Insuffizienz 38 3.3.3.7. Medikamente bei Patienten mit Kreislaufstillstand 39

(6)

Aus diesem Grund wurde Anfang der 70er Jahre ebenfalls begonnen, ein flächendek- kendes Notarztsystem mit bodengebundenen Rettungsmitteln aufzubauen. (57, 111, 113). Wenn auch diese Maßnahmen immer noch in erster Linie auf Unfallpatienten abgestimmt waren, nahmen die nichttraumatischen Notfälle immer mehr zu und stellen heute im Bundesdurchschnitt einen Anteil von knapp 70% (112).

Aufgrund dieses fachübergreifenden Spektrums und der zunehmenden Spezialisie- rung der Notfallmedizin wurden DIN-Normen für die bodengebundenen Rettungs- mittel NEF (Notarzteinsatzfahrzeug), RTW (Rettungs- und Transportwagen), NAW (Notarztwagen; ein mit einem Notarzt besetzter RTW) und KTW (Krankentransport- wagen) sowie für die Luftrettung (RTH, Rettungs- und Transporthubschrauber) ge- schaffen, sowie deren Geräteaustattung einheitlich normiert (75). Auch gelang die Einführung eines einheitlichen Berufsbildes „Rettungsassistent“ für nichtärztliches Rettungsdienstpersonal und des Fachkundenachweises „Rettungsmedizin“ sowie der Weiterbildung zum „leitenden Notarzt“ für Ärzte (75, 121).

Der Rettungsdienst arbeitet nach der Strategie des Rendez-vous-Systems. Dabei wird nach Eingang eines Notrufes bei der Rettungsleitstelle ein mit nichtärztlichem Ret- tungsdienstpersonal besetzter RTW zum Notfallort beordert, ein mit einem Notarzt besetztes NEF entweder von der Rettungsleitstelle mit alarmiert oder vom Personal des RTW nachgefordert. Durch ein zentral stationiertes NEF und mehrere dezentral stationierte RTW wird die Flexibilität dieses System gestärkt (79).

Der entscheidende Vorteil der „Rendez-vous-Strategie“ im Gegensatz zu den Syste- men anderer Länder ist, daß der Arzt zum Patienten gebracht wird, und nicht umge- kehrt. So kann der Notfallpatient bereits vor Ort und während des Transports vom Notarzt untersucht und behandelt werden.

Dies ist eine Besonderheit der Struktur des Rettungsdienstes in Deutschland, die von der anderer Länder differiert (26, 64). So gibt es dort die „Point-to-Needle” bzw.

„Load-and-Run” Strategie, wie z.B. in Australien, Großbritannien, Irland, Island, Ka- nada, Neuseeland, den Niederlanden und den USA, wo nicht die präklinische Be- handlung durch das ärztliche wie auch das nichtärztliche Rettungspersonal das Ziel

(7)

Gewidmet Marc Jeremie

als Notarzt im Dienst verunglückt am 20. Januar 2003

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4. Diskussion 41

4.1. Notfalleinsätze 41

4.1.1. Präklinische Diagnosen bei Notfalleinsätzen im Landkreis Uelzen 41 4.1.2. Unterschiede bei den präklinischen Diagnosen zwischen NEF und RTH 44

4.2. Medikamente 46

4.2.1. Veränderungen bei den Anwendungshäufigkeiten von

Notfallmedikamenten 46

4.2.2. Unterschiede der Medikamentengabe bei NEF und RTH 54

4.2.3. Medikamentengabe bei den häufigsten Notfallarten 56 4.2.3.1. Medikamente bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom 56 4.2.3.2. Medikamente bei Patienten mit Schädelhirntrauma (SHT) 57 4.2.3.3. Medikamente bei Patienten mit Krampfleiden 59 4.2.3.4. Medikamente bei Patienten mit Extremitätenfraktur 60

4.2.3.5. Medikamente bei Patienten mit Synkope 61

4.2.3.6. Medikamente bei Patienten mit zerebrovaskulärer Insuffizienz 61 4.2.3.7. Medikamente bei Patienten mit Kreislaufstillstand 63

5. Zusammenfassung 66

6. Anhang 69

7. Literatur 89

Lebenslauf 103

(9)

gewährleisten. Ähnliche Rettungsdienstsysteme wie in Deutschland gibt es z.B. in Finnland, Frankreich, Norwegen, Österreich, Portugal, Rußland, Slowenien, Schwe- den und der Schweiz (6).

1.2. Medikamente in der Notfallmedizin

Die gezielte und frühzeitige Anwendung intensivmedizinischer Kenntnisse und Tech- niken des Notarztes am Einsatzort und die dadurch bedingte Verkürzung des thera- piefreien Intervalls sind prognostisch von großer Bedeutung (65, 82, 83, 87, 88); galt doch noch vor Jahren auch im deutschen Rettungsdienst die Maxime, einen Patienten so schnell wie möglich vom Unfallort abzutransportieren und einer klini- schen Versorgung zuzuführen. Im Rahmen der heutigen Rettungsdienststruktur wer- den bei Notfalleinsätzen Medikamente mit dem Ziel der symptomatischen Behand- lung von akuten Vitalstörungen verabreicht, um den Zustand des Notfallpatienten zu stabilisieren und seine Transportfähigkeit zu gewährleisten (79, 127).

Voraussetzung für die angestrebte Verkürzung des therapiefreien Intervalls ist neben einem hohen Ausbildungsniveau und einer gerätetechnischen Grundausstattung auch das Bereithalten von Medikamenten für eine effektive und zeitgemäße pharma- kologische Notfalltherapie. Vom Notarzt ist die exakte Kenntnis der vorhandenen und eingesetzten Substanzen zu fordern. Um die ohnehin in einer bedrohlichen Si- tuation vorhandenen Schwierigkeiten und Probleme zu minimieren, sollte auf ein kleines, aber gut bekanntes Medikamentenkontingent zurückgegriffen werden.

Ob sich ein Medikament für den Einsatz im Rettungsdienst eignet und welche Anfor- derungen an ein Medikament gestellt werden müssen, wenn man es im notärztlichen Bereich verwenden will, ist von vielen Autoren zum Thema Rettungsmedizin unter- sucht worden. Unter anderen widmet sich Reichert (84) in der Vorbemerkung zum Kapitel „Notfallmedikamente“ diesem Problem, wie auch Bastigkeit (11) vom Stand- punkt des Apothekers.

Eine vollständige Charakterisierung der Eigenschaften, die ein ideales Notfallphar- makon ausmachen, findet sich bei Berger (13):

(10)

- schneller Wirkeintritt, kurze Wirkdauer, - gute Steuerbarkeit,

- keine (oder möglichst geringe) anaphylaktische Potenz, - bekannte Pharmakodynamik und -kinetik, möglichst geringe (oder zumindest bekannte) Interaktionen mit anderen Pharmaka, - lokale Verträglichkeit,

- unter hospitalen Bedingungen erprobt, - Eignung zur intravenösen Applikation, - möglichst große therapeutische Breite.

Es ist dem nichtärztlichen Rettungspersonal gesetzlich nicht gestattet, Medikamente in Eigenverantwortung zu verabreichen; dies obliegt allein dem Notarzt. Jedoch läßt es die Gesetzeslage zu, daß nichtärztliches Rettungspersonal auf Anweisung eines Arztes und auf dessen Verantwortung hin einem Patienten Pharmaka appliziert. Zu- sätzlich wird dem nichtärztlichen Rettungspersonal nach § 3 Rettungsassistentenge- setz (RettAssG) aus dem Jahre 1989 eine Notfallkompetenz zugesprochen, in der die Ausführung bestimmter ärztlicher Maßnahmen erlaubt ist (75).

Dies ist insofern wichtig, als nicht bei allen Notfällen auch ein Notarzt am Einsatzort zugegen ist (42, 54, 120). Kontokollias (60) geht davon aus, daß bei 55% aller Ein- sätze kein Notarzt vor Ort ist. Beim Rettungsdienst des Landkreises Uelzen lag die Größenordnung im Jahre 1994 bei 68%. Nach Angaben des Bundesgesundheitsmini- steriums (41) gab es 1995 bundesweit je 100.000 Einwohner 1746 Notfalleinsätze mit Notarzt und 2457 ohne Notarzt, was einem relativen Anteil von 58% entspricht. Für das Land Niedersachsen liegt diese Zahl 1995 bei 70%.

Schließlich ist es dem Notarzt erlaubt, ärztliche Maßnahmen in eigener Verantwor- tung an das nichtärztliche Rettungspersonal zu delegieren.

In Bezug auf die Applikation von Medikamenten ist es dem nichtärztlichen Rettungs- personal daher erlaubt, ausgewählte Pharmaka im Notfall zu geben. Diese sind:

- Vollelektrolytlösungen,

(11)

- Fenoterol (inhalativ) beim Asthmaanfall,

- Adrenalin endobronchial oder intravenös bei Herz-Kreislaufstillstand und anaphylaktischem Schock Grad III und IV,

- Diazepam-Rectiolen beim kindlichen Krampfanfall.

In vielen Punkten sind die Empfehlungen der Literatur für die medikamentöse Grundausstattung in der Notfallmedizin uneinheitlich; einheitliche, wissenschaftlich anerkannte Standards zur medikamentösen Notfalltherapie gibt es nicht (1, 2, 4, 5, 7, 16, 17, 20, 23, 25, 30, 32, 33, 35, 73, 101, 102, 103, 104, 105, 127).

Einige Substanzen sind zwar unumstritten, jedoch rechtfertigt die Tatsache allein, daß ein Medikament „schon immer benutzt wurde“ in keinem Falle auch seinen Ein- satz!

Um so wichtiger ist es, eine medikamentöse Mindestauswahl zu treffen, die sich so- wohl auf präklinische als auch klinische Erfahrungen stützt, an hospitale Weiterbe- handlungsschemata angepaßt ist und regelmäßig durch neue Verfahren und For- schungsergebnisse aktualisiert wird (1, 107).

1.3. Ziel und Absicht der Untersuchung

Ständig wird von der Forschung an der Entwicklung neuer Medikamente gearbeitet und es werden herkömmliche verbessert. Wie aber sieht es mit der Umsetzung dieser Ergebnisse in die Praxis aus, insbesondere für den Bereich der Notfallmedizin?

Besonders auf dem Gebiet der Notfallmedizin kommt es nicht nur auf die Effektivität der Medikamente an, sondern auch auf eine exakte Dosierung, welche die aktuelle pathophysiologische Situation des Patienten berücksichtigt, wodurch eine konse- quente, adäquate Ersttherapie am Notfallort möglich wird. Es stellt sich nunmehr die Frage, welche Medikamente von denen, die regional different empfohlen werden, auch tatsächlich und wie oft eingesetzt werden. Ferner ist es von Interesse, die Frage zu klären, von welchen Faktoren der Einsatz dieser Medikamente abhängt.

Es gibt eine schier unübersehbare Anzahl von Empfehlungen zur Ausstattung des Rettungsdienstes mit Medikamenten (1, 2, 4, 5, 7, 16, 17, 20, 23, 25, 30, 32, 33, 35, 73,

(12)

101, 102, 103, 104, 105, 127), jedoch ist es bisher nicht gelungen, eine einheitliche me- dikamentöse Standardausstattung festzuschreiben; vielmehr scheint es vielerorts wichtiger zu sein, die Präparateauswahl der regionalen Besonderheit anzupassen (13, 94), wie zum Beispiel unterschiedlichen Lehrmeinungen verschiedener Universitäts- kliniken, unterschiedlichen Behandlungsstrategien einzelner Fachdisziplinen sowie unterschiedlichen Auffassungen und Empfehlungen der einzelnen Arbeitsgemein- schaften und Fachgruppen (z.B. AGNN, AGBN, AGN-NW, DIVI, etc.). Andererseits ist es unstrittig, daß anerkannte Therapie- und Qualitätsstandards, die dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand angepaßt sind, zur Optimierung der prähospitalen Akutmedizin beitragen können (65, 82, 83, 87, 88).

In dieser Arbeit sollen die Veränderungen bei den Notfalleinsätzen und der Applika- tion von Pharmaka von 1989 bis 1999 retrospektiv als eine Leistungsbilanz des Ret- tungsdienstes im Landkreis Uelzen untersucht werden.

Als erstes werden Art und Häufigkeiten der Notfalleinsätze insgesamt und nach den beiden Rettungsmitteln NEF und RTH getrennt bestimmt.

Zweitens werden die Anwendungshäufigkeiten von Pharmaka, ungeachtet der Not- falldiagnose, im zeitlichen Verlauf verglichen. Dabei werden auch die Unterschiede bei der medikamentösen Notfalltherapie bei NEF- und RTH-Einsätzen berücksich- tigt.

Schließlich werden exemplarisch bestimmte, häufig vorkommende Notfälle in Hin- blick auf die applizierten Pharmaka untersucht.

Ziel ist, eine Analyse und Bewertung der Tätigkeit des Rettungsdienstes im Landkreis Uelzen durchzuführen.

Dies kann zweifelsohne nur dann wissenschaftlich gelingen, wenn darüber wissen- schaftlich anerkannte Leitlinien vorhanden sind (85). In diesem Zusammenhang muß leider festgestellt werden, daß es einheitliche, wissenschaftlich anerkannte Leit- linien und Standards für die medikamentöse Therapie von Notfällen nicht gibt, und deshalb die Qualitätskriterien nicht immer korrekt oder gar nicht auszumachen sind (46).

(13)

Als Gütekriterium ist deshalb in der vorliegenden Untersuchung gewählt worden, ob und in welchem Maße die in der zeitgemäßen Literatur genannten Forschungsergeb- nisse und Empfehlungen umgesetzt wurden.

Ob die Notwendigkeit besteht, eine einheitliche und wissenschaftlich anerkannte Standardisierung für die medikamentöse Notfalltherapie, natürlich unter Berücksich- tigung der ärztlichen Therapiefreiheit, zu schaffen, ist daher letztendlich ebenfalls ein Aspekt dieser Untersuchung.

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2. Material und Methodik

Untersucht wurden die Einsätze in den Jahren 1989 bis 1999 des beim Kreiskranken- haus Uelzen stationierten Notfalleinsatzfahrzeuges „Uelzen 1“ und des Rettungstrans- porthubschraubers „Christoph 19“, beide per definitionem mit einem Notarzt besetzt.

Die Stadt Uelzen liegt mit ihren ca. 38.000 Einwohnern (116) und dem Kreiskranken- haus im Zentrum des Landkreises Uelzen, der eine Einwohnerzahl von ca. 95.000 Einwohnern aufweist, was bei seiner Größe von 1.453 km2 einer mittleren Einwoh- nerdichte von etwa 65,4 Einwohner/km2 entspricht (98).

Während das NEF bei Tageslicht bis zu einem Radius von rund 15km um die Kreis- stadt Uelzen herum und nach Einbruch der Dunkelheit im gesamten Landkreis zum Einsatz kommt, wird der RTH nur bei Tageslicht von Sonnenaufgang bis -untergang zu Primäreinsätzen im Kreisgebiet eingesetzt. Zusätzlich wird der RTH außerhalb des Landkreises Uelzen auch noch in den umliegenden Landkreisen Celle, Gifhorn, Har- burg, Lüneburg, Lüchow-Dannenberg, Rotenburg, Soltau-Fallingbostel (Niedersach- sen) sowie Klötze, Salzwedel (Sachsen-Anhalt) und Wittenberge (Brandenburg) zu sekundären Transporten sowie seltener bei schweren Unfällen eingesetzt. Das Ein- satzgebiet des RTH „Christoph 19“ überlappt sich mit denen des am Bundeswehr- krankenhaus Hamburg stationierten RTH „SAR 71“, des am Unfallkrankenhaus Hamburg stationierten RTH/ITH „Christoph Hansa“, des am Kreiskrankenhaus Wol- fenbüttel stationierten RTH „Christoph 30“ sowie des an der Medizinischen Hoch- schule stationierten RTH „Christoph 4“.

Zusätzlich wird in der Zeit von 18 bis 8 Uhr der nördliche Teil des Landkreises Uelzen durch das in Bad Bevensen stationierte NEF der Freiwilligen Feuerwehr Bad Beven- sen versorgt. RTW sind in Uelzen, Bad Bevensen, Bad Bodenteich und Ebstorf statio- niert (Abb. 2.1).

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Abb. 2.1: Rettungsdienstliche Einrichtungen im Landkreis Uelzen NEF (rot), RTH (hellblau), RTW (gelb)

Im Gegensatz zum RTH, der nur mit Ärzten der Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin besetzt wird, werden auf dem NEF Ärzte mit dem „Fachkunde- nachweis Rettungsmedizin“ aller Disziplinen eingesetzt. Diese setzen sich zusammen aus:

- neun Fachärzten und 13 Nichtfachärzten aus der Anästhesie - drei Fachärzten und neun Nichtfachärzten aus der Chirurgie - fünf Fachärzten und 14 Nichtfachärzten aus der Inneren Medizin - einem Nichtfacharzt der Abteilung für Radiologie.

Alle genannten Ärzte besitzen die Zusatzbezeichnung „Rettungsmedizin“ und haben die entsprechende Ausbildung absolviert.

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2.1. Zugrundeliegendes Material

Bei jedem Notfalleinsatz hat der Notarzt ein Protokoll auszufüllen, in dem folgende Angaben festgehalten werden:

- Patientenbezogene Daten wie Alter, Geschlecht, Wohnort, Versicherungsart, - Notfallgeschehen in Anamnese, Vormediaktion, Einsatzort und -datum, - Untersuchungsbefunde und präklinische Diagnose durch den Notarzt,

- Ersttherapie wie applizierte Pharmaka, Infusionen und angewendete Maßnahmen, - Ergebnisse der Ersttherapie.

Insgesamt wurden 13.888 Protokolle erfaßt, darunter 8.620 NEF-Protokolle und 5.268 RTH-Protokolle.

Die Form der verwendeten Protokolle veränderte sich im Laufe der Jahre; die zu pro- tokollierenden Daten blieben jedoch im Wesentlichen unverändert. 1989 und anfangs der neunziger Jahre wurde ein im Kreiskrankenhaus Uelzen entworfenes Protokoll verwendet, ab 1993 ein Protokoll nach der Empfehlung der DIVI (Deutsche Interdis- ziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin) und ab 1996 das sogenannte

„Göttinger Rettungsprotokoll“ (Abb. 2.2, 2.3; s. Anhang); bei letzteren wurde stets die jeweils neueste Auflage benutzt.

Die Protokolle des nichtärztlichen Rettungsdienstpersonals wurden außer Acht gelassen; sie lagen nicht vor, da sie logistische und Abrechnungszwecke erfüllen und nicht das ärztliche Handeln dokumentieren. In §11 Abs.1 Satz 2 NRettDG wird gere- gelt, daß das Rettungsdienstpersonal die zu Abrechnungszwecken notwendige Ver- waltungsdokumentation durchzuführen hat. Eine Behandlungsdokumentation muß das nichtärztliche Rettungsdienstpersonal nur bei Maßnahmen im Rahmen der „Not- kompetenz“ , d.h. bei Nichtanwesenheit eines Notarztes, erstellen. Demzufolge wird vom nichtärztlichen Rettungsdienstpersonal im Landkreis Uelzen bei Einsätzen mit Notarzt lediglich ein Fahrtbericht (Abb. 2.4; s. Anhang), ein Rettungsdienstprotokoll

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2.2 Methodisches Vorgehen

2.2.1 Erfassen des Datenmaterials

Um aus den eingegebenen Datensätzen Graphiken erstellen zu können, mußte die Datei in das Tabellenkalkulationsprogramm des Softwarepaketes StarOffice expor- tiert werden.

Die schriftliche Ausführung der Untersuchung wurde mit dem Textverarbeitungspro- gramm von StarOffice gefertigt. Allen Programmen liegt ein IBM-kompatibler Perso- nalcomputer mit dem Betriebssystem Microsoft Windows 98 SE bzw. Windows XP zugrunde.

Mit dem Softwareprogramm Filemaker Pro wurde eine Matrix erstellt, in welche die Daten aus den vorliegenden Protokollen der Jahre 1989 bis 1999 übertragen wurden, um eine einheitliche statistische Erfassung der in den verschiedenen Formaten der Rettungsprotokolle festgehaltenen Daten zu ermöglichen. Als Vorlage für diese Ma- trix, in der alle Punkte der vorliegenden Protokollvarianten erfaßt werden konnten, wurde das Göttinger Rettungsprotokoll gewählt (Abb. 2.6; s. Anhang).

Um auch die Daten einheitlich in der Matrix für die spätere Auswertung erfassen zu können, wurden den einzelnen Feldern der Matrix Kontextmenüs unterlegt. Mit Aus- nahme der Felder, bei denen die einzelnen Positionen anzukreuzen waren, bestand die Möglichkeit, freien Text einzugeben. Neben laufender Nummer, Einsatzdatum, Geburtsdatum des Patienten und dessen Geschlecht konnten die in der Tabelle 2.1 (s.

Anhang) genannten Eintragungen aus dem Kontextmenü gewählt werden.

Wegen der beschränkten Möglichkeiten zur Diagnose am Notfallort ist es für den Notarzt nur möglich, eine Verdachtsdiagnose zu stellen. So wurde u.a. in der Unter- suchung von Zvolsky, Fischer, Frenkel, Schmitz und Cornelsen (132) festgestellt, daß die notärztliche Einweisungsdiagnose im Mittel nur zu etwa 80% mit der im Kran- kenhaus gestellten übereinstimmt. Erst in einer hospitalen Einrichtung kann die exakte diagnostische Abklärung und die Einleitung der auf diese klinische Diagnose abgestimmten Therapie stattfinden.

(18)

Dieser Faktor muß natürlich bei einer Untersuchung wie der vorliegenden berück- sichtigt werden. Deshalb wurden diejenigen Verdachtsdiagnosen, die am Einsatzort gestellt wurden, jedoch nicht unbedingt von anderen zu unterscheiden sind, unter ei- nem übergeordneten Diagnosebegriff zusammengefaßt (s. Tab. 2.2, Anhang).

2.2.2. Statistische Analyse und Evidence-based-Medicine

Eine Definition der evidenzbasierten Medizin besagt, daß sie der gewissenhafte, aus- drückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaft- lichen Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten ist (34, 90).

Für eine wissenschaftliche Untersuchung im Sinne der EBM bedeutet dies z.B., daß das Studiendesign so ausgewählt werden muß, daß eine statistische Auswertung das Ergebnis einer randomisierten und kontrollierten Studie belegt und so deren Evidenz für die praktische Umsetzung beweist, bzw. daß es wissenschaftlich anerkannte Qua- litätskriterien gibt, mit deren Hilfe die Güte der eigenen Ergebnisse analysiert werden kann. Ob die Schaffung von wissenschaftlich anerkannten Standards, auch im Sinne einer evidenzbasierten Medizin, gefordert werden muß, ist daher auch ein Aspekt die- ser Untersuchung.

Im Falle der vorliegenden, retrospektiven Untersuchung ist dies nicht ohne weiteres möglich. Zum einen ist das Studiendesign nicht auf diese Vorgehensweise ausgelegt;

die Untersuchung ist als eine Standortbestimmung für die medikamentöse Notfallbe- handlung geplant. Zum anderen läßt die Art des erfaßten, eigenen Datenmaterials ei- ne umfangreiche statistische Auswertung nicht zu; vergleichbare Daten anderer Un- tersuchungen gibt es nicht. Zudem machen Komplexität und Vielfältigkeit der Not- fallbehandlung die Schwierigkeit deutlich, die Bedeutung einzelner Faktoren zu be- trachten, die wiederum in interdependenter Kausalität und Multikausalität zueinan- der sowie weiteren, nicht erfaßten Faktoren stehen. Dadurch bleibt, auch nach Rück- sprache mit dem Institut für Biometrie der Medizinischen Hochschule Hannover un- ter der Leitung von Prof. Dr. rer. nat. H. Hecker, eine sichere, tiefergehende und da- bei vor allem wissenschaftlich einwandfreie statistische Beurteilung unmöglich. Die-

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Letztlich kann es nicht das Ziel einer Studie zur Versorgungsqualität im Alltag sein, allein statistisch signifikante Aussagen zu erzielen (122).

Dennoch wurden in der vorliegenden Arbeit einige Punkte zusätzlich mit statisti- schen Methoden untersucht, um deren Evidenz für die Notfallmedizin stärker zu ver- deutlichen.

2.2.3. Ermittlung der Ergebnisse

Nach der Darstellung der erfaßten Notfalleinsätze im Untersuchungszeitraum wur- den die Notfallarten der NEF- und RTH-Einsätze in absoluten und relativen Häufig- keiten ermittelt und graphisch umgesetzt.

Da das NEF nur für Primäreinsätze, der RTH sowohl für Primär- als auch Sekundär- einsätze genutzt wird, sind ihre Einsatzspektren unterschiedlich.

So wurde u.a. auch von Schmidt, Geerling, Fühler, Hubrich, Richter und Krettek (95) eine Untersuchung über die präklinische Versorgung von pädiatrischen Traumapa- tienten durchgeführt, in der die Rettungsmittel NEF und RTH miteinander vergli- chen, aber keine Unterschiede in der Notfallbehandlung dieses Patientenguts bei NEF und RTH festgestellt wurden.

Im nächsten Schritt wurden deshalb auch in der vorliegenden Arbeit die beiden Ret- tungsmittel NEF und RTH auf Unterschiede bei den Notfallarten untersucht, um die- sen Faktor mit berücksichtigen können.

Schließlich wurden exemplarisch die häufigsten sieben Notfallarten von NEF und RTH gemeinsam auf ihre Unterschiede im zeitlichen Verlauf graphisch und stati- stisch analysiert.

Für die Analyse der Veränderung von Arzneimittelapplikationen der Dekade 1989 bis 1999 wurden die 20 am häufigsten verwendeten Medikamente ermittelt, graphisch dargestellt sowie graphisch und statistisch untersucht.

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Das NEF „Uelzen 1“ wird mit Ärzten aller medizinischen Disziplinen besetzt, die den Fachkundenachweis Rettungsmedizin besitzen, während der Uelzer RTH „Christoph 19“ nur von Ärzten der Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin be- setzt wird. Dies ist insbesondere deshalb von Bedeutung, weil auch in anderen Unter- suchungen Unterschiede in Diagnostik und Therapie infolge der Unerfahrenheit jun- ger Ärzte und bei Ärzten nichtoperativer Disziplinen gefunden wurden (80, 94, 106).

Dieser Faktor beeinflußt neben den o.g. verschiedenen Einsatzspektren von NEF und RTH ebenfalls die medikamentöse Notfalltherapie. Deshalb wurden die 20 am häu- figsten applizierten Medikamente sowohl beim NEF als auch beim RTH ermittelt und mit einander verglichen.

Letztendlich wurden die vorher ermittelten sieben häufigsten Notfallarten auf Unter- schiede bei der medikamentösen Notfallbehandlung im zeitlichen Verlauf untersucht.

2.3. Kritik

Von der typischen „Ärztehandschrift“ abgesehen, die aber nach einer Einarbeitungs- zeit leichter lesbar wird, gab es mehrere Protokolle einzelner Ärzte, die nicht lesbar und damit nur beschränkt auswertbar waren. Die Rettungsprotokolle sind nicht nur zur Übergabe des Patienten an das Krankenhaus bestimmt, sondern müssen auch zur späteren Einsicht und Auswertung aufbewahrt werden. Dies geschieht nicht nur, um sie später im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung auswerten zu können, sondern auch, um den Notfalleinsatz unter klinischen und juristischen Gesichts- punkten festzuhalten. Diese, von Ufer (126) betonte und nach § 11 NRettDG rechtlich festgelegte, Dokumentationspflicht setzt ein ausreichendes Maß an lesbarer Schrift voraus, damit Sachverhalt und Verlauf des Einsatzes auch nachvollzogen werden können.

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Ein anderer Kritikpunkt ist das vollständige Ausfüllen des Protokolls. So wurden etli- che Protokolle nicht vollständig ausgefüllt, oder es wurden definitionsgemäße Zu- sammenhänge anscheinend ignoriert. Hierzu sollen einige Beispiele gegeben werden:

- Oftmals wurden Infusionslösungen gegeben, obwohl bei Patienten - laut Protokoll - zuvor kein venöser Zugang gelegt worden war

- Bei vielen Diagnosen, die auf eine Entgleisung des Blutzuckerspiegels hinwiesen, war dieser aber gar nicht bestimmt worden (Blutzuckerschnelltest)

- Obwohl bei der Diagnose „Herzinfarkt“ per definitionem das Leben eines Patienten bedroht ist, wurde in den Protokollen unter „NACA“ der Notfall oft als weniger gefährlich eingestuft.

Allerdings hängt die Vollständigkeit und Glaubwürdigkeit eines Protokolls auch von anderen Faktoren als einer vermeintlichen „Nachlässigkeit“ ab. So lassen folgende Punkte schnell Fehler in der Protokollführung entstehen oder das Ausfüllen eines Protokolls zur unwichtigen Nebensache werden:

- Streß und Übermüdung - Mehrere Notfälle gleichzeitig

- Alarmierung zum nächsten Notfall, wenn der aktuelle noch nicht beherrscht ist - Ein Notfall, der den ganzen Einsatz und ganzes Können des Notarztes erfordert.

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3. Ergebnisse der Untersuchung

3.1. Anzahl der Rettungseinsätze

Abbildung 3.1 zeigt die Anzahl der erfaßten Protokolle der Jahre 1989 bis 1999. Für das Jahr 1999 war der Sammelordner der NEF-Einsätze noch nicht vollständig und konnte deshalb nicht herausgegeben werden. Wie für das NEF waren auch für den RTH noch nicht alle Sammelordner für 1999 zur Ausgabe freigegeben; für das NEF sind nur zwei Protokolle erfaßt. Aus diesem Grunde kann dies Jahr nur eingeschränkt in die Interpretation der Untersuchungen einbezogen werden.

Abb. 3.1: Einsatzhäufigkeiten im Untersuchungszeitraum 1989-1999.

Weil aus einigen Jahrgängen einzelne Protokolle fehlen, sind die folgenden Unter- suchungen in relativen Zahlen erstellt worden, um die Ergebnisse untereinander ver- gleichbar zu machen.

Dennoch konnten insgesamt 13.888 Protokolle ausgewertet werden, davon 8.620 NEF-Protokolle und 5.268 RTH-Protokolle. Die der Abbildung 3.1 zugrunde liegen-

Einsatzhäufigkeit

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600

1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999

Jahr

Anzahl

NEF RTH ges.

(23)

3.2. Notfalleinsätze

3.2.1. Häufige präklinische Diagnosen

Um eine Gliederung der Notfallarten nach Ihren relativen Häufigkeiten vornehmen zu können, wurden alle Jahrgänge von NEF und RTH der Jahre 1989 bis 1999 zu ei- ner statistischen Grundgesamtheit zusammengefaßt. Damit jedoch die Übersichtlich- keit der Graphik gewährleistet ist, wurden in der Abbildung 3.2 nur präklinische Diagnosen aufgeführt, die mindestens 100 mal während des untersuchten Zeitrau- mes gestellt wurden. Dabei gibt das Diagramm die relativen Häufigkeiten wieder; die absoluten Werte sind in der Legende angeführt.

Das akute Koronarsyndrom war mit Abstand die am häufigsten gestellte Diagnose, gefolgt von Schädel-Hirn-Trauma (SHT), Krampfleiden, Extremitätenfraktur, Synko- pe, zerebrovaskulärer Insuffizienz und Kreislaufstillstand; zusammen machen diese sieben Notfallarten über die Hälfte der präklinischen Diagnosen aus, und werden nach den Anwendungshäufigkeiten der verabreichten Medikamenten pro Jahrgang untersucht.

Abb. 3.2 Häufige Notfallarten

Häufige Notfallarten

16%

8%

7%

6%

6%

4% 5%

3%

3%

2%

2%

2%

2%

2%

2%

2%

2%

2%

2%

1%

1%

1%

1%

1%

1%

1%1%1%1%1%1%

10%

Häufige Notfallarten [absolut]

akutes Koronarsyndrom [2244]

SHT [1079]

Krampfleiden [918]

Extremitätenfraktur [881]

Synkope [850]

zerebrovaskuläre Insuffizienz [669]

Kreislaufstillstand [599]

Thoraxtrauma [416]

blutende Wunde [385]

Wirbelsäulentrauma [345]

Prellungen [342]

Suizidversuch [297]

Herzinsuffizienz [292]

unklares akutes Abdomen [284]

Alkoholintoxikation [248]

Extremitätentrauma [238]

Hypoglykämie [233]

Asthma Bronchiale [216]

intrazerebrale Blutung [214]

Hyperventilation [199]

Lungenödem [189]

Intoxikation [187]

Hypertensive Krise [180]

Herzrhythmusstörungen, trachykard [164]

Abdominaltrauma [143]

Kreislaufkollaps [132]

Schleudertrauma [128]

Herzrhythmusstörungen, sonstige [126]

allergische Reaktion [109]

Atemnot [109]

gastrointestinale Blutung [106]

sonstige [1365]

(24)

3.2.2. Präklinische Diagnosen bei NEF und RTH

In den Abbildungen 3.3 und 3.4 sind die am häufigsten gestellten Diagnosen bei 8.620 NEF-Einsätzen und 5.628 RTH-Einsätzen nach Rettungsmitteln gegliedert worden, um Unterschiede bei den gestellten präklinischen Diagnosen zwischen NEF und RTH zu untersuchen; insgesamt wurden 13.888 Einsatzprotokolle erfaßt. Um die Übersichtlichkeit der Graphiken zu wahren, sind beim NEF nur Notfälle mit einer re- lativen Häufigkeit von mehr als 1% einbezogen worden; beim RTH wurde dann die- selbe Anzahl an Notfällen zur Erstellung der Graphik gewählt. Die absoluten Zahlen der im Untersuchungszeitraum gestellten Diagnosehäufigkeiten sind in der Legende der Graphiken angegeben.

Abb. 3.3: Häufige RTH-Notfälle

Während bei beiden Rettungsmitteln das akute Koronarsyndrom die häufigste präkli-

Häufige RTH-Notfälle

14%

13%

9%

6%

5%

5% 5%

4%

4%

3%

3%

2%

2%

1%

1%

1%

1%

1%

1%

1%1%1%1%

1%

14%

RTH-Notfälle [absolut]

akutes Koronarsysndrom [716]

SHT [691]

Extremitätenfraktur [497]

Krampfleiden [294]

Wirbelsäulentrauma [259]

Thoraxtrauma [255]

Kreislaufstillstand [239]

Synkope [199]

zerebrovaskuläre Insuffizienz [192]

Extremitätentrauma [178]

intrazerebrale Blutung [177]

Abdominaltrauma [92]

unklares akutes Abdomen [79]

Herzinsuffizienz [74]

Suizidversuch [74]

blutende Wunde [72]

Intoxikation [72]

Prellungen [68]

Herzrhythmusstörungen, tachykard [60]

Schädelbasisbruch [55]

Hypoglykämie [48]

allergische Reaktion [46]

Asthma bronchiale [46]

Schleudertrauma [46]

sonstige [755]

(25)

Beim NEF sind die präklinischen Diagnosen Asthma bronchiale, blutende Wunde, Herzinsuffizienz, Hypoglykämie, Prellungen, Suizidversuch, Synkope und zerebro- vaskuläre Insuffizienz relativ häufiger als beim RTH. Hingegen werden beim RTH die Diagnosen Extremitätenfraktur, Intoxikation, SHT, Thoraxtrauma und Wirbelsäu- lentrauma präklinisch häufiger gestellt als beim NEF.

Abb. 3.4: Häufige NEF-Notfälle

Auch gibt es Notfälle, die in der Betrachtung der Häufigkeit der Rettungseinsätze al- ternativ nur bei NEF oder RTH zu finden sind. Bei bodengebundenen Einsätzen sind dies Alkoholintoxikation, Herzrhythmusstörungen, hypertensive Krise, Hyperventila- tion, Kreislaufkollaps und Lungenödem, beim Luftfahrzeug Abdominaltrauma, aller- gische Reaktion, Extremitätentrauma, intrazerebrale Blutung und Schleudertrauma.

Häufige NEF-Notfälle

18%

8%

7%

6%

5%

4% 4%

4%

3%

3%

3%

3%

2%

2%

2%

2%

2%

2%

2%

1%

1%

1%1%

1%

15%

NEF-Notfälle [absolut]

akutes Koronarsysndrom [1527]

Synkope [651]

Krampfleiden [624]

zerebrovaskuläre Insuffizienz [477]

SHT [388]

Extremitätenfraktur [384]

Kreislaufstillstand [360]

blutende Wunde [313]

Prellungen [274]

Suizidversuch [223]

Herzinsuf fizienz [218]

Alkoholintoxikation [216]

unklares akutes Abdomen [205]

Hypoglykämie [185]

Asthma bronchiale [170]

Hyperventilation [164]

Thoraxtrauma [161]

Lungenödem [155]

Hypertensive Krise [141]

Intoxikation [115]

Herzrhythmusstörung, tachykard [104]

Herzrhythmusstörungen, sonstige [101]

Kreislaufkollaps [99]

Wirbelsäulentrauma [86]

sonstige [621]

(26)

3.2.3. Die sieben häufigsten Notfallarten

In der Abbildung 3.5 wurden die in 3.2.1. ermittelten sieben häufigsten Notfallarten im zeitlichen Verlauf von 1989 bis 1997 wiedergegeben. Dabei wurden in diesem Falle die absoluten Werte dargestellt, um beurteilen zu können, wie oft pro Jahr diese Not- falldiagnosen gestellt wurden. Auf die Darstellung der Jahre 1998 und 1999 wurde verzichtet, da in diesen beiden Jahren nicht alle Notfalleinsätze erfaßt werden konn- ten.

Abb. 3.5: Die sieben häufigsten Notfallarten von 1989 bis 1997

Mit der Wahl der sieben häufigsten Notfallarten wurden im Mittel 51,89% aller ge- stellten präklinischen Diagnosen erfaßt. Im zeitlichen Verlauf fällt auf, daß Notfall- einsätze beim akuten Koronarsyndrom, Krampfleiden und zerebrovaskulärer Insuffi- zienz häufiger werden. Die Einsatzhäufigkeiten bei Kreislaufstillstand, Schädelhirn- trauma und Synkope bleiben in etwa konstant. Lediglich die Notfalldiagnose Extre- mitätenfraktur wird im Laufe der Jahre weniger häufig gestellt.

Die häufigsten sieben Notfallarten von 1989 bis 1997

0 50 100 150 200 250 300

1989 [50,49%]

1990 [54,28%]

1991 [51,36%]

1992 [50,34%]

1993 [53,29%]

1994 [51,86%]

1995 [54,09%]

1996 [52,17%]

1997 [49,01%]

Jahr

[relative Häufigkeit der sieben häufigsten Notfallarten pro Jahr]

absolute Häufigkeit

akutes Koronarsyndrom Extremitätenfraktur Krampfleiden Kreislaufstillstand Schädelhirntrauma (SHT) Synkope

zerebrovaskuläre Insuffizienz

(27)

Abb. 3.6: Pearson-Korrelationsindex für die sieben häufigsten Notfallarten

Schließlich wird anhand des Pearson-Korrelationsindex untersucht, inwiefern eine Varianz zwischen den Rangplätzen der Häufigkeiten dieser Notfallarten jeweils zum Vorjahr besteht.

Der Pearson-Korrelationsindex (φ) wird mit der Formel φ = 1-[6(dd)/n(n2-1)] pro Jahr berechnet, wobei „dd“ die Quadratsummen der Differenzen der Rangplätze zum Vor- jahr sind, und „n“ die Anzahl der Rangplätze. φ kann Werte zwischen 1 und -1 an- nehmen, wobei 1 eine vollkommende Kovarianz beschreibt, -1 eine vollkommende Kontravarianz; ist φ = 0 oder nahe 0, kann keine Verbundenheit behauptet werden.

Wie in Abbildung 3.6 wiedergegeben, ähnelten sich die Rangfolgen der sieben häufig- sten Notfallarten innerhalb der Jahre von 1989 bis 1992 sehr; in den folgenden Jah- ren nahm die Kovarianz etwas ab.

Pearson-Korrelationsindex für die sieben häufigsten Notfallarten

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997

Jahr

(28)

3.3. Medikamente

3.3.1. Häufigkeiten der Applikation von Medikamenten

Abb. 3.7: Häufig gegebene Notfallmedikamente

Ohne die verabreichten Medikamente nach Notfalldiagnosen aufzugliedern, wurde zunächst eine Graphik der 20 am häufigsten gegebenen Pharmaka in relativer Häu- figkeit in den Jahren 1989 bis 1999 erstellt (Abb. 3.7).

Mit der Wahl der 20 am häufigsten applizierten Medikamente wurden in jedem Jahr rund 90% der insgesamt pro Jahr verabreichten Medikamente erfaßt (Abb. 3.8). Die den Graphiken zugrunde liegende Zahlen sind in der Tabelle 3.1 (s. Anhang) aufge- führt; um die Graphiken (Abb. 3.7 bis 3.15), eigentlich Punktdiagramme, übersichtli- cher zu machen, wurden die Punkte durch Linien verbunden.

Häufig gegebene Notfallmedikamente

0,00 2,00 4,00 6,00 8,00 10,00 12,00 14,00 16,00 18,00 20,00

1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999

Jahr

relative Häufigkeit [%]

Adrenalin Alfentanyl Atracurium Atropinsulfat Azetylsalizylsäure Buprenorphin Dexamethason Diazepam Dopamin Fentanyl Furosemid Glukose Hypnomidate Ketanest Metoclopramid Midazolam N-Butylscopalamin NaHCO3 8,4%

Nifedipin Nitroglyzerin Reproterol Theophyllin Tramadol Vecuronium Verapamil Xylocain 2%

(29)

Abb. 3.8: Erfaßte Medikamente pro Jahr in Prozent

Es wurde quantitativ untersucht, inwiefern sich objektiv die Rangfolge der 20 am häufigsten verwendeten Medikamente gegenüber dem Vorjahr veränderte. Dazu wur- de der Pearson-Korrelationsindex verwendet, und in Abb. 3.9 graphisch dargestellt.

Dabei können nur Medikamente verwendet werden, die über den gesamten unter- suchten Zeitraum in der Teilgesamtheit der 20 am häufigsten verwendeten Medika- mente enthalten waren.

Abb. 3.9: Pearson-Korrelationsindex (jeweils in Abhängigkeit zum Vorjahr)

Erfaßte Medikamente pro Jahr in Prozent

80,00 82,00 84,00 86,00 88,00 90,00 92,00 94,00 96,00 98,00 100,00

1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999

Jahr

relative Häufigkeit [%]

Summe

P earso n -K o rrelatio n sind ex für die 20 am h äu figsten verw en d eten M ed ikam en te

0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0

1989 1991 1993 1995 1997 1999

Jahr

(30)

Der Pearson-Korrelationsindex (φ) wird mit der Formel φ = 1-[6(dd)/n(n2-1)] pro Jahr berechnet, wobei „dd“ die Quadratsummen der Differenzen der Rangplätze zum Vor- jahr sind, und „n“ die Anzahl der Rangplätze. Durch die Berechnung dieser Indizes läßt sich feststellen, daß sich bei einem mittleren φ von 0,9 die Rangfolge der 20 am häufigsten verwendeten Medikamente quantitativ nicht erheblich veränderte.

Als nächstes wurden die Anwendungshäufigkeiten der einzelnen Pharmaka unter- sucht; bereits in der Aufstellung der 20 am häufigsten gegebenen Medikamente er- kennt man einige Trends. Die Übersichtlichkeit dieser Graphik ist jedoch aufgrund der großen Zahl von Arzneimitteln erheblich eingeschränkt. Deshalb sind diejenigen Medikamente, die in ihrer Anwendungshäufigkeit einen Trend aufzeigen (Abb. 3.10 bis 3.12), und solche, die sich aufgrund einer ähnlichen therapeutischen Anwendung substitutiv zueinander zu verhalten scheinen (Abb. 3.13 bis 3.15), in eigenen Gra- phiken abgebildet.

Abb. 3.10: Medikamente mit annähernd konstanten Anwendungshäufigkeiten

Medikamente mit annähernd konstanten Anwendungshäufigkeiten

0,00 2,00 4,00 6,00 8,00 10,00 12,00 14,00 16,00 18,00 20,00

1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999

Jahr

relative Häufigkeit [%]

Adrenalin Atropinsulfat Dopamin Furosemid Midazolam Nitroglyzerin Xylocain 2%

(31)

Anzumerken ist dabei, daß alle Anwendungshäufigkeiten eines Medikamentes in die Graphik übernommen wurden, um die Trends dieser Medikamente zu verdeutlichen, auch wenn es in einem oder mehreren Jahren nicht unter die 20 am häufigsten ver- wendeten Medikamente fiel; dies wurde dann im Text angegeben.

Die beiden häufigsten Medikamente, nämlich Nitroglyzerin und Midazolam, wurden über fast den gesamten untersuchten Zeitraum auch am häufigsten gegeben; lediglich 1996 und 1997 wird Alfentanyl häufiger gegeben. Ähnliche konstante Häufigkeiten bei der Applikation finden sich für Atropinsulfat, Dopamin, Furosemid, Adrenalin und Xylocain 2% (Abb. 3.10).

Negative Trends bei der Gabe von Pharmaka erkennt man in der Abbildung 3.11 bei den Medikamenten Nifedipin, Theophyllin, Buprenorphin und Tramadol. Zusätzlich wurde in der Graphik die zu jedem Medikament die Regressionsgerade eingezeichnet, sowie deren Funktion und das Bestimmtheitsmaß (R2) angegeben.

Während die Anwendungshäufigkeit von Theophyllin schon zu Anfang der Untersu- chung lediglich zwischen 2% in 1% lag, war es 1995 und 1997 bis 1999 gar nicht mehr unter den 20 häufigsten Medikamenten zu finden.

Abb. 3.11: Medikamente mit abfallender Anwendungshäufigkeit

Medikamente mit abfallender Anwendungshäufigkeit

y = -0,4609x + 921,32 R2 = 0,8317 y = -0,484x + 969,71

R2 = 0,8098

y = -0,0975x + 195,54 R2 = 0,3569 y = -0,5025x + 1005,4

R2 = 0,8704

-1,00 0,00 1,00 2,00 3,00 4,00 5,00 6,00 7,00 8,00

1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999

Jahr

relative Häufigkeit [%]

Buprenorphin Nifedipin Theophyllin Tramadol

Linear (Buprenorphin) Linear (Nifedipin) Linear (Theophyllin) Linear (Tramadol)

(32)

Nifedipin wurde noch 1989 bei 7,20% aller Notfälle appliziert, in den folgenden Jah- ren immer seltener und 1999 schließlich nur noch in 1,73%.

Die Häufigkeit der Gabe von Buprenorphin und Tramadol verringerte sich kontinu- ierlich. Buprenorphin war bereits 1997 nicht mehr unter den 20 häufigsten Medika- menten vertreten, Tramadol im Jahre 1999 ebenso.

Bei der Betrachtung der Regressionsgeraden fallen vor allem die Bestimmtheitsmaße von Buprenorphin, Nifedipin und Tramadol auf, die über 80% liegen, was bedeutet, daß nur weniger als 20% der Streuungen der Anwendungshäufigkeiten dieser Medi- kamente durch die Regressionsgerade nicht erklärt werden.

Positive Trends ergeben sich bei Azetylsalizylsäure, Reproterol, Metoclopramid, Ve- curonium und Alfentanyl (Abb. 3.12); alle diese Medikamente werden während des untersuchten Zeitraumes zunehmend häufiger gegeben.

Abb. 3.12: Medikamente mit steigender Anwendungshäufigkeit

Auch hier wurde zusätzlich in die Graphik die zu jedem Medikament die Regres-

Medikamente mit steigender Anwendungshäufigkeit

y = 0,9425x - 1869,7 R2 = 0,7522 y = 0,2977x - 592,8

R2 = 0,5648

y = 0,5029x - 999,77 R2 = 0,6146 y = 0,1214x - 240,16

R2 = 0,4119 y = 0,1801x - 354,74

R2 = 0,1217 -2,00

0,00 2,00 4,00 6,00 8,00 10,00 12,00 14,00 16,00 18,00

1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999

Jahr

relative Häufigkeit [%]

Alfentanyl Azetylsalizylsäure Metoclopramid Reproterol Vecuronium Linear (Alfentanyl) Linear (Azetylsalizysr.) Linear (Metoclopramid) Linear (Reproterol) Linear (Vecuronium)

(33)

Besonders auffällig ist der positive Trend in der Häufigkeit der Anwendung von Al- fentanyl. 1989 nur bei 4,15% aller Notfälle gegeben, wurde es in den darauffolgenden Jahren immer häufiger appliziert, 1999 bei 17,57% aller Notfalleinsätze.

Nachdem sich Metoclopramid und Azetylsalizylsäure erst seit 1992 bzw. 1997 unter den 20 am häufigsten gegebenen Medikamente fanden, stieg ihre Anwendungshäu- figkeiten in den darauffolgenden Jahren weiter an.

Reproterol wurde 1989 bis 1995 mit annähernd konstanter Häufigkeit gegeben. 1996 bis 1999 wurde es etwas häufiger appliziert.

Nachdem die Anwendungshäufigkeit von Vecuronium zwischen 1989 von 1992 um mehr als vier Prozentpunkte von 1,34% auf 5,77% stieg, fiel sie bis 1998 wieder ab;

1999 betrug sie jedoch 7,18%.

Bei der Betrachtung der Regressionsgeraden fällt lediglich das Bestimmtheitsmaß von Alfentanyl mit 75,22% als akzeptabel auf. Insbesondere das Bestimmtheitsmaß von Vecuronium mit 12,17% läßt keine Erklärung der Anwendungshäufigkeit dieses Medikaments durch die Regressionsgerade zu. Im Falle von Azetylsalizylsäure, die erst seit 1997 zu den 20 am häufigsten gegebenen Medikamenten zählte, kann eben- falls keine weitere Aussage durch die Regressionsgerade getroffen werden, da der un- tersuchte Zeitraum für dies Pharmakon nicht ausreicht.

Die übrigen der 20 am häufigsten verwendeten Medikamente, Atracurium, Dexame- thason, Diazepam, Fentanyl, Glukose, Hypnomidate, Ketanest, N-Butylscopalamin, Natriumbikarbonat 8,4% und Verapamil weisen keinen klaren Trend in ihrer Anwen- dungshäufigkeit während der untersuchten Dekade auf.

Bei der Betrachtung von Medikamenten mit steigenden und abfallenden Anwen- dungshäufigkeiten fällt auf, daß sich unter ihnen Pharmaka mit ähnlicher Indikation befinden; sie scheinen sich substitutiv zu einander zu verhalten.

Theophyllin und Reproterol (Abb. 3.13) sind beides bronchospasmolytisch wirksame Medikamente. Während die Häufigkeit der Anwendung von Theophyllin von 1989 bis 1996 sinkt, fällt es ab 1997 nicht mehr unter die 20 am häufigsten verwendeten Medi- kamente. Dem entgegen steigt die Anwendungshäufigkeit von Reproterol während der untersuchten Dekade an.

(34)

Abb. 3.13: Anwendungshäufigkeiten von Theophyllin und Reproterol

Bei der Interpretation der Bestimmtheitsmaße ist zu bedenken, daß nur die Streuung der Anwendungshäufigkeiten von Theophyllin zu 76,81% durch die Regressionsgera- de akzeptabel interpretiert werden kann.

Anwendungshäufigkeiten von Theophyllin und Reproterol

y = -0,1719x + 343,79 R2 = 0,7681 y = 0,1214x - 240,16

R2 = 0,4119

0,00 0,50 1,00 1,50 2,00 2,50 3,00 3,50

1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999

Jahr

relative Häufigkeit [%] Reproterol

Theophyllin Linear (Theophyllin) Linear (Reproterol)

Anwendungshäufigkeiten von Alfentanyl, Buprenorphin und Tramadol

y = 0,9425x - 1869,7 R2 = 0,7522

y = -0,4609x + 921,32 R2 = 0,8317 2,00

4,00 6,00 8,00 10,00 12,00 14,00 16,00 18,00

relative Häufigkeit [%]

Alfentanyl Buprenorphin Tramadol Linear (Alfentanyl) Linear (Buprenorphin) Linear (Tramadol)

(35)

Die Analgetika Alfentanyl, Buprenorphin und Tramadol weisen ein ähnliches Ver- hältnis auf. Während die Anwendungshäufigkeit von Alfentanyl während des unter- suchten Zeitraumes zunimmt, werden Tramadol und Buprenorphin immer weniger häufig angewendet; letzteres fällt ab 1997 nicht mehr unter die 20 am häufigsten ver- wendeten Medikamente (Abb. 3.14).

Bei diesen Medikamenten sind die Regressionsgeraden aussagefähiger; 75,22% der Streuungen der Anwendungshäufigkeiten von Alfentanyl können durch sie erklärt werden, bei Tramadol sind es sogar 90,26%, bei Buprenorphin 83,17%.

Schließlich zeigen auch die Antihypertonika Nifedipin und Nitroglyzerin entgegenge- setzte Verläufe ihrer Anwendungshäufigkeit auf.

Abb. 3.15: Anwendungshäufigkeiten von Alfentanyl, Nifedipin und Nitroglyzerin

Während die Anwendungshäufigkeit von Nifedipin im im Zeitverlauf der untersuch- ten Dekade abfällt, steigt die von Nitroglyzerin leicht an (Abb.3.15).

Das Bestimmtheitsmaß von Nifedipin läßt 80% der Streuung der Häufigkeitswerte durch die Regressionsgerade erklären.

Anwendungshäufigkeiten von Nifedipin und Nitroglyzerin

y = -0,484x + 969,71 R2 = 0,8098 y = 0,2914x - 567,65

R2 = 0,2387

0,00 2,00 4,00 6,00 8,00 10,00 12,00 14,00 16,00 18,00 20,00

1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999

Jahr

relative Häufigkeit [%] Nifedipin

Nitroglyzerin Linear (Nifedipin) Linear (Nitroglyzerin)

(36)

3.3.2. Häufigkeiten von Medikamenten bei NEF und RTH

Wie bereits erwähnt, unterscheidet sich die ärztliche Besetzung der Rettungsmittel NEF und RTH nicht unerheblich. Außer zu Primäreinsätzen wird der RTH zusätzlich noch bei Sekundäreinsätzen eingesetzt. Ein weiterer Unterschied zum NEF ist, daß der RTH lediglich von Ärzten der Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Notfallme- dizin besetzt wird.

In der Tabelle 3.2 werden deshalb die am häufigsten verwendeten 20 Medikamente der untersuchten Dekade aufgeführt, um festzustellen, ob ein auch ein Unterschied bei der Anwendungshäufigkeit von applizierten Pharmaka bei diesen beiden Ret- tungsmittel existiert.

NEF RTH

Rang Medikament absolut Medikament absolut 1Nitroglyzerin 1101Alfentanyl 825

2Midazolam 598Midazolam 760

3Furosemid 492Nitroglyzerin 438

4Nifedipin 393Vecuronium 427

5Adrenalin 356Hypnomidate 337

6Tramadol 282Adrenalin 335

7Metoclopramid 268Atropinsulfat 263

8Alfentanyl 263Buprenorphin 166

9Glukose 226Fentanyl 152

10Atropinsulfat 177Nifedipin 149

11Xylocain 2% 163Dopamin 145

12Hypnomidate 157Xylocain 2% 132

13Reproterol 151Furosemid 124

14Dopamin 144NaHCO3 8,4% 113

15NaHCO3 8,4% 143Tramadol 111

16Verapamil 134Metoclopramid 95

17Buprenorphin 109Diazepam 70

18Theophyllin 92Verapamil 66

19Vecuronium 65Reproterol 66

20Azetylsalizylsäure 60Atracurium 65

Tab. 3.2: NEF und RTH im Vergleich

In der Tabelle 3.2 werden deshalb die am häufigsten verwendeten 20 Medikamente der untersuchten Dekade aufgeführt, um festzustellen, ob ein auch ein Unterschied

(37)

Wie bereits in der vorausgegangenen Betrachtung aufgezeigt, sind Nitroglyzerin und Midazolam beim Rettungsmittel NEF die am häufigsten applizierten Medikamente, wobei Nitroglyzerin häufiger gegeben wurde als Midazolam; beim RTH liegt das um- gekehrte Verhältnis vor. Lediglich Alfentanyl wird beim RTH häufiger gegeben als Midazolam und Nitroglyzerin.

Auf ungefähr die gleiche Häufigkeit bei beiden Rettungsmitteln NEF und RTH kom- men Verapamil und Natriumbikarbonat 8,4%, Adrenalin und Xylocain 2%. Beim NEF greift man häufiger zu Nifedipin, Reproterol, Furosemid, Metoclopramid und Tramadol; dem entgegen werden beim RTH die Pharmaka Atropinsulfat, Dopamin, Vecuronium, Buprenorphin und Alfentanyl häufiger verabreicht. Schließlich gibt es einige Medikamente, die bei nur jeweils einem Rettungsmittel überhaupt vorkom- men. Beim NEF sind dies Azetylsalizylsäure, Theophyllin und Glukose, beim RTH Diazepam, Fentanyl und Atracurium.

3.3.3. Medikamente bei bestimmten Notfällen

In diesem Abschnitt werden die Medikamente, die bei den sieben häufigsten Ret- tungseinsätzen gegeben worden sind, nach ihrer Häufigkeit in den einzelnen Jahren des untersuchten Zeitraumes aufgeschlüsselt. Weil nicht alle Rettungsprotokolle er- faßt werden konnten, werden auch die Ergebnisse dieser Untersuchung in relativen Zahlen wiedergegeben. Die den Graphiken (Abb. 3.16 bis 3.22) zugrunde liegenden Werte sind in den Tabellen 3.2 bis 3.8 im Anhang wiedergegeben.

3.3.3.1. Medikamente bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom

Das akute Koronarsyndrom war mit Abstand die häufigste präklinische Diagnose, die innerhalb der Jahre 1989 bis 1999 gestellt wurde. In der Abbildung 3.16 wurden nur Medikamente erfaßt, die im untersuchten Zeitraum mindestens viermal in einem der Jahre gegeben worden sind, hierdurch konnten im Mittel 72,78% aller verwendeten Medikamente, die bei dieser Notfalldiagnose gegeben wurden, erfaßt werden.

Beim akuten Koronarsyndrom ist das Medikament Nitroglyzerin durch alle Jahre hinweg am häufigsten gegeben worden; im Jahr 1999 erreicht es gar eine Häufigkeit von 45,07%. Ebenfalls durch alle Jahre hinweg gegeben wurden die Medikamente Midazolam und Adrenalin.

(38)

Abb. 3.16: Medikamente bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom

Midazolam wurde nur in den Jahren 1989, 1990 und 1999 mehr als in 10% bei aku- tem Koronarsyndrom gegeben, 1993 und 1997 sogar weniger als in 5% der Fäle. Adre- nalin wurde nur in den Jahren 1992, 1994 und 1995 häufiger als in 10% der Einsätze gegeben, in allen anderen Jahren aber immer mehr als in 5%. Während die Häufig- keit von Xylocain 2% in den Jahren 1989 und 1992 bis 1995 noch über 5% liegt, nimmt sie zum Ende der 90er Jahre ab; im Jahre 1999 wurde kein Xylocain 2% mehr gegeben. Ähnlich verläuft die Häufigkeit von Tramadol: Von 1989 bis 1993 liegt sie noch über 5% (1990 sogar über 10%), nimmt dann jedoch ab. Ebenfalls 1999 wurde kein Tramadol mehr appliziert. Auch Nifedipin wird zum Ende des untersuchten Zeitraumes nicht mehr gegeben; die Häufigkeit lag 1993 schon unter 5% und bereits 1998 wurde dies Medikament gar nicht mehr gegeben. Im Gegensatz zu diesen drei Pharmaka gab es auch zwei Medikamente, die erst im Laufe der Jahre bei dieser Art der Diagnose den Patienten verabreicht wurden.

Erst ab 1991 wurde Alfentanyl in 1,75% der Fälle appliziert, dann immer häufiger und 1999 zu 15,49%. Die Gabe von Azetylsalizylsäure findet sich erst 1994 mit einer

akutes Koronarsyndrom

0,00 5,00 10,00 15,00 20,00 25,00 30,00 35,00 40,00 45,00 50,00

1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999

Jahr

Prozent

Nitroglyzerin Alfentanyl Midazolam Azetylsalizylsäure Adrenalin Xylocain 2%

Nifedipin Tramadol

(39)

3.3.3.2. Medikamente bei Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma (SHT)

Auch bei den SHT-Notfällen sind die Medikamentenangaben analysiert und in der Abbildung 3.17 aufgeführt worden, die in einem der Jahre 1989 bis 1999 mindestens viermal gegeben worden sind; durch diese Auswahl konnten im Mittel 91,92% aller bei dieser Notfalldiagnose gegebenen Medikamente erfaßt werden.

Midazolam ist bei den Schädel-Hirn-Trauma-Notfällen in jedem Jahr in über 20%

der Fälle gegeben worden, 1989 bis 1991, 1994 und 1998 sogar in über 25%. Neben Midazolam sind auch Vecuronium und Alfentanyl sehr häufig verwendete Medika- mente bei dieser präklinischen Diagnose. Alfentanyl wurde lediglich 1989 in weniger als in 15% dieser Einsätze appliziert, in den übrigen Jahren häufiger; 1993, 1998 und 1999 in über 25% und 1996 sogar in 33,7% der Fälle. Die Häufigkeit von Vecuronium steigt in den Jahren 1989 bis 1994 von 3,5% auf 25,6% an, verliert dann in den darauf folgenden Jahren wieder. Im Jahr 1999 steigt sie jedoch wieder auf 27,9% an. Eben- falls in allen Jahren wurden den SHT-Patienten die Medikamente Hypnomidate, Fentanyl und Adrenalin verabreicht. Während Fentanyl nur in den Jahren 1990, 1995 und 1998 in mehr als in 5% dieser Einsätze gegeben wurde, überschreitet die Häufig- keit der Gabe von Adrenalin die 5%-Marke nur in den Jahren 1989, 1993, 1994 und 1998.

Abb. 3.17: Medikamente bei Patienten mit SHT-Notfällen

SHT

0,00 5,00 10,00 15,00 20,00 25,00 30,00 35,00

1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999

Jahre

Prozent

Alfentanyl Vecuronium Midazolam Hypnomidate Adrenalin Fentanyl Atracurium

(40)

Die Häufigkeit von Hypnomidate lag 1989 noch bei 12,5%. 1990 bis 1994 und 1997 wurde es in mehr als 15% der Einsätze verabreicht, in den übrigen Jahren jedoch nie weniger als in 10%. Atracurium wurde 1989 in 12,5% der Fälle gegeben, 1990 noch in 10,7%. Die Häufigkeit fiel in den folgenden Jahren; 1993 und 1995 bis 1999 wurde Atracurium bei SHT-Patienten nicht mehr verabreicht.

Aus dieser Medikation geht leicht hervor, daß die SHT-Patienten öfters als andere Notfallpatienten zum Zwecke der Intubation und Beatmung narkotisiert und relaxiert wurden.

3.3.3.3. Medikamente bei Patienten mit Krampfleiden

In der Abbildung 3.18 sind wieder nur Medikamente aufgeführt, die mindestens vier- mal in einem der untersuchten zehn Jahre bei Patienten mit einem Krampfleiden ap- pliziert wurden, wodurch im Mittel 91,07% aller bei dieser Notfalldiagnose gegebenen Medikamente erfaßt werden konnten.

Bei Krampfleiden ist Midazolam das einzige Medikament, das in mehr als 40% dieser Einsätze während des gesamten Zeitraumes verabreicht wurde. Außer 1994 und 1996 ist es sogar in mehr als 50% der Fälle zum Einsatz gekommen.

Krampfleiden

0,00 10,00 20,00 30,00 40,00 50,00 60,00

Prozent

Midazolam Nifedipin Diazepam Glukose Nitroglyzerin Verapamil Hypnomidate

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