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Archiv "Erster Band zum DDR-Forschungsprojekt erschienen:„Manchmal nahm das Interview die Form einer Debatte an . . .“" (13.05.1994)

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THEMEN DER ZEIT

Und der — inzwischen vom Sohn des namenlosen Kranken in Paris alar- miert — konnte den Herrn endlich benennen und die Kollegen in Paris über dessen Krankheitsbild informie- ren. Der Patient soll im übrigen auf dem Weg der Besserung sein.

Zehn, manchmal 20 oder 30 An- fragen bearbeitet die KBV jede Wo- che. So manche Feier ehemaliger Abiturienten hat die KBV schon ret- ten können, weil selbst Egon, von dem man nur wußte, daß er schon

DIE GLOSSE / BERICHTE

immer Medizin studieren wollte, pünktlich erschien.

„Es kommt vor, daß sich ein ehe- maliger Kriegsverletzter nach vielen Jahren endlich bei dem jungen Arzt bedanken will, der ihm damals das Leben gerettet hat", sagt Frau Peters von der Betriebswirtschaftlichen Ab- teilung der KBV. „Hufschmied habe der junge Mann geheißen, mehr wis- se man auch nicht". Auch da hilft die Kassenärztliche Bundesvereinigung weiter. Bedingung: Der betreffende

Arzt muß mit der Herausgabe seiner Adresse einverstanden sein.

Ohne Eintragung in das Bundes- register kann sich in Deutschland kein Arzt niederlassen. Etwa 100 000 zur Zeit praktizierende Ärzte sind in Köln registriert.

Und im dargestellten Fall erwies es sich als außerordentliche Erleich- terung, daß nicht ein Dr. Müller das Rezept ausgestellt hatte. Davon nämlich finden sich 792 im Register der KBV. ht/ct

Erster Band zum DDR-Forschungsprojekt erschienen

„Manchmal nahm das Interview die Form einer Debatte an . . ."

Nach mehr als zweijähriger Arbeit ist es nun soweit: Der erste Band zum Forschungsprojekt „Ärztliches Handeln und politische Verfolgung in SBZ und DDR" unter Feder- führung von Dr. Klaus-Dieter Müller ist erschienen. Er enthält eine Auswahl der geführten Interviews und trägt den Titel „Zwischen Hippokrates und Lenin"*). Zwei wei- tere Bände, eine analytische Darstellung der Problematik und eine Dokumentation, sollen im nächsten Jahr folgen.

Das Vorwort zu Band I hat Dr. med. Karsten Vilmar ver- faßt, Präsident der Bundesärztekammer. Er geht darin auf die Gründe für den Auftrag zu dieser umfangreichen Ar- beit ein. Dr. Klaus-Dieter Müller beschreibt in der Einlei- tung zum ersten Band die Ziele seiner Arbeit und den Aufbau des Buchs. Das Forschungsprojekt wird gefördert von der Bundesärztekammer, der Ludwig Sievers Stiftung und der Hans-Neuffer-Stiftung.

Am 9. November 1989 wurde die Mauer zwischen beiden Teilen Deutschlands geöffnet. Bereits am 14. November knüpften Ärzte aus der DDR und Vertreter der Bundes- ärztekammer erste Kontakte. Ärztli- che Verbände gründeten sich, schließlich Ärztekammern. Schon ein Jahr nach dem Fall der Mauer traten sie der Bundesärztekammer bei.

Zwei Jahre später, im Mai 1991, rei- sten 38 Delegierte des Deutschen Ärztetages in Hamburg bereits aus Ostdeutschland an. An diese rasche Entwicklung der letzten Jahre erin- nert Dr. med. Karsten Vilmar in sei- nem Vorwort zu dem Buch „Zwi- schen Hippokrates und Lenin - Ge- spräche mit ost- und westdeutschen Ärzten über ihre Zeit in der SBZ und DDR". Der Historiker Dr. Klaus- Dieter Müller (Historisches Seminar

der Universität Hannover) eröffnet damit die dreibändige Reihe der Veröffentlichungen über das For- schungsprojekt „Ärztliches Handeln und politische Verfolgung von Ärz- ten in der Sowjetischen Besatzungs- zone und der Deutschen Demokrati- schen Republik".

Beitrag zu

besserem Verständnis

Dieses Projekt hatte die Bundes- ärztekammer Anfang 1992 initiiert, um die Geschichte der Medizin im östlichen Teil Deutschlands zu be- leuchten. Dr. med. Karsten Vilmar schreibt dazu in seinem Vorwort:

„Die meisten Ärzte hatten sich zwar auch in der SBZ und der DDR un- verändert als Anwälte der Patienten

und nicht als Anwälte des Staates empfunden und dementsprechend ihre ärztlichen Pflichten erfüllt — trotz aller Versuche, in dem soziali- stischen Gesundheitssystem die ärzt- liche Ethik und eine angeblich da- durch privilegierte Stellung in der Gesellschaft in Frage zu stellen.

Dennoch sollte untersucht werden, ob und inwieweit sich Ärzte den herrschenden Verhältnissen ange- paßt oder Widerstand geleistet und selbst Opfer geworden waren und ob sich Ärzte an Unterdrückung, Stasi- Bespitzelung und Verfolgung von Menschen beteiligt und somit gegen ethische Grundnormen ärztlichen Handelns verstoßen hatten." Insge-

*) ISBN 3-7691-0827-2, Ludwig Sievers Stif- tung, Herbert-Lewin-Str. 3, 50939 Köln, Schutzgebühr 25 DM

Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 19, 13. Mai 1994 (27) A-1347

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THEMEN DER ZEIT

samt solle das Forschungsprojekt zur gegenseitigen Information und zum Verständnis beitragen.

Daß dies notwendig ist, verdeut- licht Dr. Klaus-Dieter Müller in sei- ner Einleitung zu dem Interview- Band. Er erinnert an die vielfältigen Veränderungen für ostdeutsche Ärz- tinnen und Arzte: Nach der Wieder- herstellung der deutschen Einheit wurde das DDR-Gesundheitswesen westlichen Strukturen angepaßt. Vie- le Ärzte der ehemaligen DDR gerie- ten ins Kreuzfeuer der Kritik über Anpassung, Bespitzelung, Stasi-Mit- arbeit. „Gleichzeitig wurde deutlich, daß über die Wirklichkeit des DDR- Gesundheitswesens und insbesonde- re der Ärzteschaft in der DDR wenig Konkretes bekannt war . . .", schreibt Müller. Sein Ziel war es, „über die Aussagen von Ärzten aus der DDR der Wirklichkeit ärztlichen Handelns näher zu kommen, zu „beschreiben, wie es eigentlich gewesen ist". Dabei stehen jene Ärzte und Studenten im Mittelpunkt, „welche sich der Aus- einandersetzung um ein von der SED gefordertes und durchgesetztes so- zialistisches Staats- und Gesell- schaftsmodell . . . gestellt haben und dabei oft hart für die Verteidigung ihrer humanistischen und ethischen Vorstellungen über die Rolle des Arztes in der Gesellschaft büßen mußten". Dennoch habe man sich mit dem Projekt an alle Ärzte wen- den wollen — „wenn sich auch nicht alle gleichermaßen angesprochen ge- fühlt haben mögen".

Unbekannte Ost-Kollegen

Für viele westdeutsche Ärzte ist das Leben ihrer Kollegen in der DDR bis heute weitgehend unbe- kannt geblieben. Auch für diese Be- rufsgruppe gilt: „Der östliche Teil Deutschlands war immer viel intensi- ver auf den westlichen bezogen als umgekehrt." Doch Müller geht noch weiter: „Andererseits waren aber auch die Bedingungen in verschiede- nen Bereichen des Gesundheits- und Gesellschaftswesens der DDR nicht allen dortigen Ärzten gut bekannt.

Zum Beispiel gewannen wir den Ein-

BERICHTE

.druck, daß unter den Bedingungen der SED-Diktatur (und der Stasi) und der intendierten totalitären Poli- tisierung des Lebens fast nur Grup- pen von Gleichgesinnten Genaueres voneinander wußten und die anderen am eigenen Erleben teilnehmen lie- ßen."

Der vorliegende erste Band zum Forschungsprojekt könnte helfen, Wissenslücken zu schließen. Er um- faßt, wie bereits erwähnt, eine Aus- wahl der geführten Interviews. Insge-

In Heft 18/1992 erschien der erste Hinweis auf das Forschungsprojekt.

samt haben sich 740 Ärztinnen und Ärzte beteiligt.

Für die Auswahl der Interview- partner waren zwei Überlegungen entscheidend:

1) Es sollte das gesamte Spek- trum politischer Einstellungen be- rücksichtigt werden.

2) Es wurden Ärztinnen und Ärzte um Vertiefungen gebeten, die besondere Erfahrungen aufgrund ih- rer politischen oder medizinischen Stellung erwarten ließen.

Gesprächsgegenstand der Inter- views waren Angaben zum biographi- schen Hintergrund des Befragten und zum Studium, Fragen zum Be- reich Medizin und Politik in der DDR und zu besonderen Erlebnis- sen des Interviewten. Zur Fragestra- tegie gehörte es nach der Beschrei-

bung von Dr. Klaus-Dieter Müller auch, „die Angehörigen bestimmter Gruppen mit den Meinungen der je- weils anderen zu konfrontieren. Um ein Beispiel zu geben: Die Ostärzte vertraten häufig die Ansicht, viele Westärzte seien aus zumeist materi- ellen Gründen geflohen oder gegan- gen; letztere wurden daher beson- ders zu ihren Motiven befragt. Ande- rerseits findet man manchmal das Verdikt, gerade die weniger Muti- gen, die Mittelmäßigen seien in der DDR geblieben. So haben wir des öf- teren die Ostärzte mit dieser Mei- nung ihrer gegangenen Kollegen konfrontiert und nach den Gründen ihres Bleibens gefragt." In der Regel beschränkten sich die Interviewer auf kurze Fragen oder Anstöße. „Manch- mal nahm das Interview die Form ei- ner Debatte an", schreibt Müller aber auch.

Fragen zu Stasi-Komplex

Keiner der Mitwirkenden hat sich zu einer Tätigkeit als Informeller Mitarbeiter für die Staatssicherheit bekannt — „obwohl anzunehmen ist, daß etliche darunter sein werden".

Mehrere Mitwirkende seien als IM genannt worden. Innerhalb des For- schungsprojekts ist jedoch darauf verzichtet worden, direkt nach einer derartigen Verstrickung zu fragen.

Müller begründet dies so: „Dies hät- te entweder zur Lüge aufgefordert oder zum Abbruch der Kommunika- tion geführt." Zum Stasi-Komplex insgesamt habe es hingegen viele Äu- ßerungen gegeben.

Was bringt „Zwischen Hippo- krates und Lenin" den Lesern? Mül- ler hat seiner Einleitung ein Zitat von Friedrich Nietzsche vorangestellt:

„Denn da wir nun einmal die Resul- tate früherer Geschlechter sind, sind wir auch die Resultate ihrer Verir- rungen, Leidenschaften und Irrtü- mer, ja Verbrechen: es ist nicht mög- lich, sich ganz von der Kette zu lösen.

Wenn wir jene Verirrungen verurtei- len und uns ihrer für enthoben erach- ten, so ist die Tatsache nicht besei- tigt, daß wir aus ihnen herstammen."

Sabine Dauth A-1348 (28) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 19, 13. Mai 1994

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