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Untersuchungen zur Verteilung von Dexamethason im Hundeauge nach lokaler Behandlung

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Academic year: 2022

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(1)

Aus dem

Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Tierärztlichen Hochschule Hannover

Untersuchungen

zur Verteilung von Dexamethason im Hundeauge

nach lokaler Behandlung

I N A U G U R A L – D I S S E R T A T I O N Zur Erlangung des Grades eines

D O K T O R D E R V E T E R I N Ä R M E D I Z I N (Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Tim Kaiser aus Werl / Westfalen

Hannover 2003

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. M. Kietzmann

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. M. Kietzmann 2. Gutachter: Prof. Dr. M. H. Boevè

Tag der mündlichen Prüfung: 18.11.2003

(3)

Matthias Sammer

(4)
(5)

1 EINLEITUNG... 11

2 LITERATURÜBERSICHT... 12

2.1 Embryologie des Hundeauges... 12

2.2 Aufbau des Hundeauges... 17

2.2.1 Funktionelle Unterteilung... 17

2.2.2 Anatomische Unterteilung... 17

2.2.2.1 Orbita und Versorgungseinrichtungen... 17

Lidapparat... 18

Tränenapparat ... 18

2.2.2.2 Augapfel (Bulbus) ... 20

Sklera und Kornea ... 20

Mittlere Augenhaut ... 22

Iridokornealer Winkel ... 23

Netzhaut (Retina) ... 25

Stratum pigmentosum ... 26

Stratum nervosum ... 26

2.2.2.3 Augenkammern ... 27

Kammerwasser ... 27

Linse ... 29

Glaskörper ... 30

2.3 Pharmakokinetik von Ophthalmica ... 31

2.3.1 Lokale Behandlung des Auges ... 31

2.3.1.1 Lokale Applikation ... 32

2.3.1.2 Resorption topisch angewandter Medikamente am Auge... 34

2.3.1.3 Distribution von Substanzen innerhalb des Auges... 35

2.3.1.4 Metabolisierung und Ausscheidung ... 36

2.3.2 Anforderungen an die Zusammensetzung von Ophthalmica ... 37

2.4 Glukokortikoide ... 39

2.4.1 Herkunft, Bildung, Regulation ... 40

2.4.2 Wirkung der Glukokortikoide ... 41

2.4.3 Kortisol und seine synthetischen Derivate... 44

(6)

2.4.4 Nebenwirkungen der Glukokortikoide ... 46

2.4.5 Therapeutischer Einsatz der Glukokortikoide ... 47

2.4.5.1 Indikationen für den Einsatz von Glukokortikoiden am Auge... 47

2.4.5.2 Die Wirkungsvermittlung von Glukokortikoiden am Auge... 49

2.4.5.3 Nutzen und Risiken der Kortikosteroidtherapie am Beispiel Kornea ... 50

3 MATERIAL UND METHODE... 52

3.1 Geräte ... 52

3.2 Verbrauchsmaterialien ... 52

3.3 Chemikalien und Reagenzien ... 53

3.4 Medikament ... 53

3.5 Puffer und Lösungen ... 53

3.5.1 Gelatine-Phosphat-Puffer (GPP) ... 54

3.5.2 Dextran-Aktivkohle-Suspension ... 54

3.5.3 Dexamethason-Standardreihe (DXM-Standardreihe)... 54

3.5.4 3H-Dexamethason-Lösung ... 54

3.6 Patientengut ... 54

3.7 Klinische Untersuchung ... 56

3.7.1 Ophthalmologische Untersuchung ... 58

3.8 Probengewinnung und Lagerung ... 58

3.8.1 Voruntersuchungen ... 58

3.8.2 Versuchsaufbau ... 59

3.8.3 Enukleation der Bulbi oculi ... 59

3.8.4 Entnahme des Kammerwassers ... 59

3.8.5 Entnahme von 3. Augenlid, Kornea, Iris und Linse ... 60

3.8.6 Entnahme von Glaskörperanteilen und der Retina (Choroidea) ... 60

3.9 Probenaufarbeitung ... 60

3.10 Radioimmunassay (RIA) ... 61

3.10.1 Prinzip des Radioimmunassay ... 61

3.10.2 Spezifität des Antiserums ... 62

3.10.3 Untersuchung der Proben ... 63

3.10.4 Eichkurve und Berechnung ... 65

3.10.5 Wiederholbarkeit und Nachweisgrenzen ... 65

(7)

3.11 Statistische Auswertung ... 67

4 ERGEBNISSE ... 68

4.1 Spezielle ophthalmologische Untersuchung... 68

4.2 Dexamethasonkonzentration in den einzelnen Augenkompartimenten ... 68

5 DISKUSSION ... 80

5.1 Fragestellung und Patientengut... 80

5.2 Lokale Behandlung des Auges... 81

5.3 Wirkstoffverteilung im Auge... 82

5.3.1 Wirkstoffverteilung im präkornealen Tränenfilm ... 82

5.3.2 Resorption von Kortikosteroiden am Auge... 83

5.3.2.1 Dexamethason in Kornea und Kammerwasser ... 84

5.3.2.2 Dexamethason im 3. Augenlid und in der Iris ... 86

5.3.2.3 Dexamethason in Linse, Glaskörper und Retina ... 88

5.3.3 Erreichen therapeutisch wirksamer Konzentrationen ... 89

6 ZUSAMMENFASSUNG ... 91

7 SUMMARY ... 93

8 LITERATURVERZEICHNIS ... 95

9 ANHANG ... 123

Verzeichnis der Abbildungen ... 123

Verzeichnis der Tabellen ... 124

DANKSAGUNG ... 127

(8)

Abkürzungen

A. Arteria

ACTH Adrenocorticotropes Hormon

Ag Antigen

Ag* markiertes Antigen (3H-Dexamethason)

Ak Antikörper

bds. beidseits

cpm counts per minute

CRH Corticotropin-Releasing-Hormon

DXM Dexamethason

EG Empfindlichkeitsgrenze

etc. et cetera

ff. folgende

ggf. gegebenenfalls

ggr. geringgradig

GPP Gelatine–Phosphat –Puffer

HHA Hypothalamisch-hypophysär-adrenale Achse

hgr. hochgradig

Konz. Konzentration

Lsg. Lösung

mgr. Mittelgradig

N. Nervus

NSAID non steroidal anti-inflammatory drugs

(nichtsteroidale Antiphlogistika)

(9)

NG Nachweisgrenze

NNR Nebennierenrinde

NSB Non-specific binding (unspez. Bindung)

POMC Pro-Opimelanokortin-Genexpression

Procc. Processus (Plural)

RIA Radioimunassay

TC Total count (Gesamtradioaktivität)

u. und

U Umdrehungen

v.a. vor allem

z.B. zum Beispiel

(10)
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EINLEITUNG

Entzündliche Erkrankungen des Auges sowie seiner funktionsunterstützenden Anhangsorgane gelangen in der tierärztlichen Kleintierpraxis nahezu täglich zur Vorstellung. Bei der Behandlung des nichtinfektiösen Entzündungsgeschehens stehen dem Tierarzt eine Vielzahl von glukokortikoidhaltigen Ophthalmica in Form von Mono- oder Kombinationspräparaten zur Verfügung. Ein Großteil leichter und mittelschwerer entzündlicher Augenerkrankungen kann mit diesen Arzneimitteln erfolgreich behandelt werden.

Die Fragestellung, die der vorliegende Arbeit zugrunde liegt, ist die Aufnahme glukokortikoider Wirkstoffe in und deren Verteilung innerhalb des Hundeauges. Dabei werden vor allem Wirkstoffspiegel in den klinisch relevanten Strukturen Kornea, Iris, Linse, Retina / Choroidea, drittem Augenlid sowie Kammerwasser und Glaskörper untersucht. Es gilt bisher als fragwürdig, ob eine Therapie der hinteren Strukturen des Auges (Linse, Glaskörper und Retina) durch die topische Medikamentenverabreichung allein möglich ist.

Am Beispiel des häufig zum Einsatz gelangenden Dexamethason soll die intraokuläre Distribution bei 30 Hunden unter Praxisbedingungen nach einmaliger Behandlung mit einer Dexamethason-Augensalbe (Corti Biciron®) untersucht werden. Anhand der mittels Radioimunassay festgestellten Konzentrationen von Dexamethason sollen Aufnahme, Verteilung sowie Konzentrationsabfall des Glukokortikoids Dexamethason in den einzelnen Strukturen des Hundeauges verfolgt werden.

Die Studie dient damit der Beantwortung der Fragestellung, ob bereits eine einmalige lokale Behandlung des Auges meßbare Konzentrationen des Glukokortikoids Dexamethason in den klinisch relevanten Strukturen des Auges herbeiführt.

(12)

2 LITERATURÜBERSICHT

2.1 Embryologie des Hundeauges

Die embryologische Entwicklung sowie die daraus resultierenden anatomischen Verhältnisse bestimmen Verteilungsvorgänge von Medikamenten im Auge. Daher sollen die folgenden Ausführungen zunächst einen Überblick über die embryologische Entstehung des Auges mit ihrer Auswirkung auf spätere anatomische und funktionelle Besonderheiten geben.

Die Entwicklung des Sehapparates beginnt beim Hund etwa am 13. Tag der Trächtigkeit. Zu diesem Zeitpunkt sind die Augengruben als paarige Einsenkungen des Neuroektoderms im Bereich des Vorderhirns zu erkennen.

Abb. 2.1 Augenblase eines 4,5 mm langen Embryo beim Säuger in 40facher Vergrößerung (SCHNORR 1989)

Der Fortschritt von den Augengruben zur Augenblase erfolgt zeitlich analog mit dem Schluß des Neuralrohres (Tag 15). Die Augenblasen erfahren ein Größenwachstum und wachsen dabei gegen das Oberflächenektoderm vor. Sie spielen bei der Induktion und Determination der Entwicklung von Lidspalten sowie orbitaler und periokulärer Strukturen eine entscheidende Rolle (JONES et al. 1980). Infolge des Längenwachstums setzt sich die Augenblase vom Diencephalon ab und bildet dabei den Augenblasenstiel aus.

(13)

Nach dem Kontakt mit dem Augenbecher verdickt sich das Oberflächenektoderm und formt die Linsenplakode, welche sich dann ebenso wie das ihr unterliegende Neuroektoderm einschnürt (HUNT 1961). Das Gebiet des Ektoderm muß dabei zunächst eine „Kompetenz zur Linsenbildung“ erlangen. Dies wird durch induktive Signale aus vorderen Arealen der Neuralplatte erreicht (GRAINGER et al. 1988 u. 1992). Die Ablösung des Linsenbläschens aus dem Ektoderm stellt den ersten Schritt der Ausdifferenzierung der Kompartimente der vorderen Augenkammer dar (Abb. 2.2). Die primitive Linse stellt den embryonalen Linsenkern dar. Zum Zeitpunkt der Geburt besteht die Linse nahezu vollständig aus dem Nukleus mit lediglich minimalen Kortexanteilen (COULOMBRE 1969). Das Linsenkortex wird von den kuboiden Zellen des vorderen Linsenepithels gebildet, welche ihre Mitoseaktivität zeitlebens beibehalten.

Aus der Augenblase formt sich somit der doppelwandige Augenbecher. Der Einschnürungsprozeß schreitet von unten nach oben fort, so daß sich die Seiten des Augenbechers und des Augenbecherstiels am unteren Rand treffen und hier Becherspalte und Stielrinne entstehen lassen. Beide zusammen bilden die fetale Augenspalte (STRONG 1962).

Abb. 2.2 Schematische Darstellung der Entwicklung des Auges beim Säuger (SCHNORR 1989)

(14)

Vom Tag 25 an beginnt sich die A. hyaloidea aus mesenchymalem Gewebe, welches den Augenbecher umgibt und in ihn hineinwächst, innerhalb der fetalen Augenspalte auszuformen. Diese Arterie verläuft vom Augenbecherstiel bis zur fetalen Linse. Später bleibt sie lediglich im proximalen Teil als A. centralis retinae erhalten. Für die Entwicklung der Gefäßversorgung stellt die A. hyaloidea die primitive Leitschiene dar. Im Bereich des hinteren Linsenpols zweigt sich diese auf, umgibt das Linsenbläschen und anastomosiert im vorderen Kapselbereich mit dem Gefäßnetz der Pupillarmembran (SCHAEPDRIJVER et al.

1989). Die Pupillarmembran stellt eine dünne, aus Gefäßen und mesenchymalen Zellen bestehende Membran dar, welche den vorderen Teil der Linse überdeckt. Das aus A.

hyaloidea und Pupillarmembran entstehende Netzwerk wird als Tunica vasculosa lentis bezeichnet (MUTLU und LEIPOLD 1962). Es dient sowohl der Linse als auch den übrigen Strukturen der vorderen Augenkammer während des fetalen Wachstums zur Ernährung. Ein Netzwerk im Ursprungsbereich des Ziliarkörpers (Höhe des Linsenäquators) dient dem venösen Abfluß. Eine eigenständige Hyaloidvene existiert nicht (SCHAEPDRIJVER et al.

1989). Die Tunica vasculosa lentis und die Hyaloidarterie erreichen beim Hund am 45.

Trächtigkeitstag ihre maximale Ausprägung. Mit Beginn der Kammerwasserproduktion durch den Ziliarkörper geraten die vaskulären Versorgungseinrichtungen in Regression (JACK 1972). Pupillarmembran, Tunica vasculosa lentis und die A. hyaloidea sind, bis auf rudimentäre Reste (Mittendorfpunkt an hinterer Linsenkapsel, Bergmeisterpapille im Bereich des Sehnervs) für gewöhnlich 14 Tage nach der Geburt vollständig atrophiert (SMELSER und OZANICS 1971). Ein Abbau von Ästen der A. hyaloidea durch Makrophagen vor ihrer Atrophie konnte nachgewiesen werden (JACK 1972).

Der Schluß der fetalen Augenspalte verläuft von der Becherspalte ausgehend über die Stielrinne und läßt so ein doppelwandiges Rohr entstehen, welches den fetalen Vorläufer des Sehnervs darstellt. Fehlerhafte Verschlüsse führen zu in der Regel inferior lokalisierten Defekten (Kolobomen) der Iris, der Choroidea oder des Sehnervs (COOK 1995). Der Schluß der fetalen Augenspalte führt zum Verschluß des fetalen Augenbechers. Folglich kann zu diesem Zeitpunkt erstmals ein intraokulärer Druck aufgebaut werden.

Die Ausdifferenzierung von Kornea und vorderer Augenkammer geschehen gemeinsam.

Nach Anlegen des Augenbläschens an das Oberflächenektoderm am Tag 25 wächst mesenchymales Gewebe zwischen Ektoderm und Linsenanlage ein. Das vordere mit dem Ektoderm verbundene Mesenchym wird zur Substantia propria der Kornea, die hintere dünne Schicht bildet die Pupillarmembran aus. Das Oberflächenektoderm beginnt nun ein aus

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Kollagenfibrillen und Glycosaminoglykanen bestehendes, azelluläres Material abzusondern (HAY 1980). Die Hyaluronsäure ist dabei für das Wasserbindungsvermögen der Grundsubstanz von entscheidender Bedeutung und schafft somit Platz für weiteres Zellwachstum (ANDERSON 1981). Das zunächst unorganisiert eingewachsene Gewebe stellt den Ursprung des Hornhautendothels sowie Stromas, der Ziliarmuskeln und weiterer Bestandteile des iridokornealen Winkels dar (ALLEN et al. 1955). Das anteriore Irisstroma entwickelt sich ebenfalls aus vorderen Anteilen des mesenchymalen Gewebes, das Irisepithel hingegen geht aus neuroektodermalen Bestandteilen des Augenbechers hervor (JOHNSTON et al. 1979; SMELSER und OZANICS 1955). Die zarten Sphinkter- und Dilatatormuskeln der Linse gehen ebenfalls aus Neuroektoderm hervor. Sie sind damit bei Säugetieren die einzige Muskulatur diesen Ursprungs (YAMASHITA und SOHAL 1986, 1987; NAKANO und NAKAMURA 1985).

Die embryonale Ausdifferenzierung des iridokornealen Winkels (Angulus iridocornealis) läßt sich in drei Phasen unterteilen (REME et al. 1983; URNER und AEBERHARD 1983):

1. Die oben beschriebene Aufteilung mesenchymalen Gewebes in korneosklerale und iridociliare Regionen geht mit der Auffaltung des Neuroektoderms in Ziliarfortsätze mit Ausdifferenzierung der Ziliarmuskeln einher.

2. Das einsetzende Längenwachstum kornealer Trabekel führt mit einer Regression des Hornhautepithels im Bereich des Kammerwinkels zur Bildung eines trabekulären Maschenwerkes.

3. Postnatal öffnen Zellapoptosen sowie die Phagozytose von Zellen die Spalten innerhalb des Netzwerkes und ermöglichen somit den Abfluß von Kammerwasser. Bei Hunde- und Katzenwelpen konnten vor Öffnung der Augen im Alter von 14 Tagen Umbauprozesse der Trabekel beobachtet werden. Eine zunehmende Verdünnung der Trabekel wurde bis zu 8 Wochen nach der Geburt beobachtet (MARTIN 1974;

SAMUELSON und GELATT 1984; WILLIAMS 1993).

Die Entwicklung des Glaskörpers vollzieht sich über Zwischenstufen. Zwischen Linsenanlage und innerer Lage des Augenbechers bildet sich der primäre Glaskörper aus (HILFER 1983).

Dieser beinhaltet neben dem primären Gefäßsystem der A. hyaloidea mesenchymale Zellen, Kollagenfibrillen sowie Makrophagen. In der Entwicklung des sekundären Glaskörpers produzieren die Zellen Kollagenfibrillen, die zu einer Volumenzunahme führen. Der tertiäre Glaskörper zeichnet sich durch eine massive Anhäufung kollagener Fasern zwischen dem

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Linsenäquator und Augenbecher aus (COOK et al. 1993). Die Einlagerung des Humor corporis vitrei führt zur Formgebung des Augapfels. Die A. hyaloidea obliteriert bis zur Geburt.

Die Netzhaut entwickelt sich aus dem Neuroektoderm des Augenbechers. Die lichtempfindliche Pars optica retinae und die lichtunempfindliche Pars caeca retinae teilen sich in der fetalen Entwicklung in einem Größenverhältnis von 4:1 auf (BISTNER et al.

1973). Im Bereich der Pars caeca retinae bleiben beide Blätter des Augenbechers einschichtig und verwachsen miteinander. Sie bedecken als Pars ciliaris retinae den Ziliarkörper und als Pars iridica retinae die Rückseite der Iris (MARTIN 1890). Im Bereich der Pars optica retinae differenziert sich das äußere pigmentierte Blatt des Augenbechers zum Stratum pigmentosum, das innere Blatt wird zum Stratum nervosum. Zum Zeitpunkt der Linsenplakodeninduktion besteht die Netzhautanlage aus einer äußeren Zone (Kernzone) und einer inneren Zone.

Zellteilungen erfolgen in der Kernzone, eine Zellmigration erfolgt in Richtung der Randzonen (AGUIRRE 1972). Dieser Prozess formt eine innere und eine äußere Neuroblastenschicht. In der inneren Schicht entstehen Ganglienzellen, deren Axone auswachsen und den Sehnerv bilden (SPIRA und HOLLENBERG 1973). Eine Gliazellschicht, die sich ursprünglich um die A. hyaloidea formte, migriert in den Sehnerv, bildet zunächst den primären Discus nervi optici und formt später zusammen mit Zellen aus dem Epithel des Augenbecherstieles die Glia des Nervus opticus. Die Myelinisierung des Sehnervs hat ihren Ursprung im Chiasma opticum und schreitet von hier Richtung Auge fort (AGUIRRE et al. 1972).

Die Augenlider entwickeln sich aus dem Oberflächenektoderm welches als Vorläufer von Epidermis, Zilien, Drüsen sowie Konjunktivalepithel angesehen wird. Zwei halbringförmige Wülste überwachsen dabei die Kornea und verkleben in der Lidnaht miteinander (beim Hund ca. Tag 32), ihre Öffnung erfolgt beim Fleischfresser zwischen 8 und 14 Tagen nach der Geburt.

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2.2 Aufbau des Hundeauges

Die unter 2.1 zusammengefassten embryologischen Entwicklungsschritte bedingen die Anatomie und Histologie des Hundeauges, die nachfolgend unter Berücksichtigung ihrer funktionellen Besonderheiten behandelt werden.

2.2.1 Funktionelle Unterteilung

Das Sehorgan des Hundes kann in 4 funktionelle Abschnitte unterteilt werden (BÖHME 1991):

1. Das Auge (Oculus) stellt das eigentliche Sehorgan dar und wird vom Augapfel (Bulbus oculi) gebildet. Es dient der Aufnahme und Umwandlung von Lichtreizen.

2. Über den Sehnerv (N. opticus) werden die an der Netzhaut (Retina) entstehenden Nervenimpulse weitergeleitet.

3. Der Informationsfluß erfolgt über die zentralen Sehbahnen, die einen weiteren wichtigen Teil des Sehapparates darstellen.

4. Die Sehzentren der Area optica sowie die Sehrinde des Occipitallappens der Großhirnhemisphäre sind der Ort der Informationsverarbeitung im Gehirn. Hier erfolgt die eigentliche Wahrnehmung der Sinneseindrücke.

2.2.2 Anatomische Unterteilung

2.2.2.1 Orbita und Versorgungseinrichtungen

Die Orbita ist die Knochenhöhle, die den Augapfel von der Schädelhöhle trennt. Sie umgibt und schützt das Auge. Innerhalb der Orbita ermöglichen verschiedene Foramina und Fissuren einen knöchernen Pfad für Blutgefäße und Nerven.

Bei Hunden und Katzen weichen die Augenachsen lediglich um 10º - 20º von einer senkrecht geradeaus gehenden Nullachse nach rostrolateral ab (PRINCE et al. 1960). Im Vergleich zu

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Pferd (40º) und Rind (50º Abweichung) ergibt sich somit ein weitreichendes binokulares Sichtfeld, welches das räumliche Sehen ermöglicht.

Der proximale oder hirnseitige Anteil des Bulbus wird zusammen mit Muskeln, Gefäßen, Nerven und Drüsen sowie dem intraorbitalen Fett von einer am Rande der Augenhöhle entspringenden, derben Bindegewebshaut, der Periorbita, trichterartig umhüllt (ZIETSCHMANN 1906). Die Periorbita stellt zusammen mit der Fascia bulbi (Tenonkapsel) und den Faszienblättern der extraokulären Muskeln den orbitalen Faszienapparat dar (SAMUELSON 1991).

Lidapparat

Der vordere Teil des Bulbus wird durch die Augenlider (Palpebrae), die Bindehaut (Tunica conjunctiva), sowie den Tränenapparat in Position gehalten und geschützt. Orbitalfett füllt Todräume innerhalb der Augenhöhle aus und bettet den Augapfel sowie seine Muskeln auf ein weiches Kissen. Neben dem oberen (Palpebra superior) und dem unteren Augenlid (Palpebra inferior) besitzen unsere Haussäugetiere noch ein drittes Augenlid (Palpebra tertia).

Dieses aus einer nahezu senkrecht stehenden Bindehautfalte gebildete Lid wird vom Blinzknorpel (Cartilago palpebrae tertiae) gestützt und liegt der Bulbusvorderfläche dicht auf (THOMPSON 1961). Im Bereich des Blinzknorpelstieles findet sich eine akzessorische Tränendrüse, die Nickhautdrüse (Glandula palpebrae tertiae superficialis). Das dritte Augenlid wird daher auch als Blinz- oder Nickhaut (Membrana nictitans) bezeichnet. Im oberen und unteren Augenlid liegen die Meibom`schen Drüsen (Glandulae tarsales), die als modifizierte Talgdrüsen die Lidränder einfetten und somit das Überfließen der Tränenflüssigkeit verhindern (GREINER 1996).

Tränenapparat

Der Tränenapparat dient der Befeuchtung und Reinigung der Kornea. Er setzt sich aus den tränenproduzierenden Drüsen, der Tränendrüse (Glandula lacrimalis) der bereits erwähnten Nickhautdrüse, sowie dem Tränenkanal (Ductus nasolacrimalis) zusammen. Die Ausführungsgänge der dorsotemporal innerhalb der Orbita liegenden Tränendrüse münden nahe dem Fornix in der temporalen Konjunktiva des oberen Augenlides. Die Drainage der Tränenflüssigkeit über den Tränennasengang beginnt an den Tränenpunkten des Ober- und

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Unterlides, welche sich nahe dem Limbus als schlitzförmige Öffnungen befinden und setzt sich über die Tränenröhrchen (Canaliculi lacrimales), den Tränensack (Saccus lacrimalis) und den Tränennasengang bis zu dessen individuell unterschiedlicher Öffnung nahe des Nasenloches fort (MICHEL 1955; SADEWASSER 1935).

Die Innenflächen von Ober- und Unterlid sind von einer drüsenlosen, blaßrosa gefärbten Schleimhaut, der Bindehaut (Tunica conjunctiva) überzogen. Die Bindehaut der Augenlider geht in die Bindehaut des Bulbus über, welche wiederum einen Übergang in das Hornhautepithel findet (GOLLER und WEYRAUCH 1993). Beim Übergang der beiden Konjunktivenanteile entstehen sowohl am Oberlid als auch am Unterlid zwei Ausbuchtungen (Fornix conjunctivae superior et inferior). Die blind endenden Ausbuchtungen der Konjunktiva werden u.a. auch als cul-de-sac bezeichnet.

Abb. 2.3 Schematische Darstellung des Auges mit Bezeichnung der Strukturen (STADES 1996)

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2.2.2.2 Augapfel (Bulbus)

Der Augapfel ist aus konzentrischen Häuten aufgebaut:

Sklera und Kornea

Die äußere Augenhaut (Tunica fibrosa bulbi) stellt eine formgebende, derb-fibröse Hülle dar.

Im Zusammenspiel mit dem Innendruck des Augapfels verleiht sie diesem eine arttypische Form. Sie teilt sich in dem Verhältnis 4:1 in die proximale, undurchsichtige Sklera, sowie die distale durchsichtige Kornea auf. Der sklerale Anteil besteht aus derben kollagenen Fibrillenbündeln. Diese werden von elastischen Fasern durchflochten und bilden so im Zusammenspiel mit dem Augeninnendruck und dem Zug der Augenmuskeln ein funktionelles formgebendes System. Die Sklera ist im Vergleich zur Kornea stärker hydratisiert und enthält Blutgefäße. Die Dicke der Sklera variiert innerhalb der verschiedenen Spezies. Die dünnste Stelle liegt beim Hund in der Nähe des Ansatzes der extraokulären Muskeln (Äquatorialebene) und beträgt lediglich 0,12 mm (BAYER 1914; DONOVAN 1974). Die größte Dicke erreicht die Sklera an ihrem posterioren Pol im Bereich des Sehnervendurchtritts (Hund 0,3 – 0,4 mm) sowie im Übergangsbereich zur Kornea (0,6 mm). Eine Besonderheit bei Hund und Katze stellt das Vorhandensein eines intraskleralen Plexus dar. Dieser repräsentiert ein venöses Netzwerk im äußeren Stromabereich, welches die Drainage von Kammerwasser im iridokornealen Winkel unterstützt. Die äußere Begrenzung des skleralen Stromas besteht aus einer dünnen, gefäßhaltigen, kollagenen Lage, der Episklera. Diese hat ihre deutlichste Ausbildung zwischen Limbus und Ansatz der extraokulären Muskeln.

Die lichtundurchlässige Kornea umgibt den distalen Augenpol. Ihre Dicke ist am zentralen Vertex corneae etwas geringer (0,45 – 0,55 mm) als am peripheren Limbus corneae (0,5 – 0,65 mm) (GILGER et al. 1991; SCHOSTER et al. 1995). Die canine Kornea verdickt sich mit zunehmendem Alter signifikant; sie ist bei weiblichen Individuen einer vergleichbaren Rasse und Altersgruppe stets etwas dünner als bei entsprechenden männlichen Tieren (GILGER et al.1991). Die gesunde Kornea ist klar, avaskulär und bricht das einfallende Licht mit einer Brechkraft von 40 – 42 Dioptrien.

Die Vorderfläche der Kornea ist von einem mehrschichtigen nichtverhornenden Plattenepithel überzogen. Bei Hund und Katze ist diese Epithelschicht 25 bis 40 µm dick. Die korneale Epithelzellschicht zeichnet sich durch eine gute Regenerationsfähigkeit aus (Turn-over-Zeit

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der Basalzellschicht 7 Tage). Bei einer Zerstörung der Basalmembran kann die vollständige Ausheilung jedoch Wochen bis Monate erfordern (KHODADOUST et al. 1968; GELATT und SAMUELSON 1982). Die korneale Eigenschicht (Substantia propria corneae) wird auch als Stroma bezeichnet und macht 90 % der Dicke der Hornhaut aus. Mehrere Lagen oberflächenparallel angeordneter Lamellen, welche ihrerseits aus parallel verlaufenden Fibrillen aufgebaut sind, bilden das Grundgerüst dieser Schicht. Zwischen den Fibrillen finden sich teilweise ortständige, jedoch teilweise wanderungsfähige Bindegewebszellen. Im Falle einer tieferen kornealen Läsion sind diese zur Transformation in Fibrozyten fähig.

Fasern und Zellen sind weiterhin in eine Grundsubstanz eingebettet, die den gleichen Brechungsindex wie die übrigen Stromabestandteile hat. Fünf verschiedene Typen von Kollagen tragen zur kornealen Stromabildung bei, wobei Kollagen des Typs I den größten Anteil ausmacht. Kollagenfibrillen, Proteoglycane sowie die mit diesen in Verbindung stehenden Glycosaminoglycane und Glycoproteine machen 15 bis 25 % des kornealen Stromas aus. Der spezifische Aufbau des Stromas ermöglicht den Durchtritt des Lichts fast vollständig (~ 99%) ohne Zerstreuung (HOGAN et al. 1971).

An der Facies posterior wird das Korneastroma durch eine glasklare, homogene Schicht, die Lamina limitans posterior oder Descemet`sche Membran begrenzt. Diese besteht aus einer breiten Basalmembran, deren Mikrofilamente hexagonal – netzartig verflochten sind. Die Descemet`sche Membran zeigt sich elastisch, obwohl sie lediglich aus feinen Kollagenfibrillen besteht (JAKUS 1956).

Das hintere Hornhautepithel überzieht als einschichtiges Plattenepithel die Kornea und stellt gleichzeitig die endotheliale Auskleidung der vorderen Augenkammer dar. Die Mitoseaktivität des Epithelium posterius corneae beschränkt sich auf einen Zeitraum bis zur Erlangung der Geschlechtsreife (MACCALLUM et al. 1983; LAING et al 1976; VON SALLMANN et al. 1961; OH 1963; CHI et al. 1960).

Die Hornhaut ist mit 75 bis 85 % Wassergehalt im relativen Vergleich mit ihrer unmittelbaren Umgebung wasserarm. Die Aufrechterhaltung dieses Zustandes wird durch spezielle Zellen des Epi – und Endothels, welche aktiv Wasser aus dem Stroma entfernen, aufrechterhalten.

Die Na+ / K+–ATPasen des Endothels übernehmen dabei eine besondere Bedeutung. Andere

„Pumpen“ wie die Carboanhydrase entfernen Na+- sowie Cl--Ionen aktiv in das Kammerwasser bzw. den Tränenfilm. Die experimentelle Entfernung des Korneaepithels führte zu 200 % Dickenzunahmen der Hornhaut nach 24 Stunden in Folge des Wassereinstroms (WATSKY et al. 1995). Die Entfernung des Endothels hat eine

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Dickenzunahme um 500 %, bei einer Permeabilitätssteigerung um das Sechsfache zur Folge.

Dies verdeutlicht die Rolle des Korneaendothels als Grenzschicht und Ionenpumpe zugleich.

Die Hornhaut ist reichlich mit sensorischen Nerven, vor allem langen Ziliarnerven aus dem Ophthalmicusast des N. trigeminus, innerviert (MAWAS 1961). Die epithelialen Zellreihen beinhalten unbedeckte freie Nervenendigungen. Die oberflächlichen Lagen weisen zusätzlich Schmerzrezeptoren aus, Druckrezeptoren finden sich hingegen mehr im Stroma. Dies erklärt die Tatsache, warum oberflächliche Verletzungen der Kornea oft schmerzintensiver als tiefere Läsionen sind.

Mittlere Augenhaut

Die mittlere Augenhaut ( Tunica vasculosa bulbi ) gliedert sich in 3 Teile:

Die Choroidea oder Aderhaut besteht aus elastischen Fasernetzen und pigmentierten Bindegewebszellen. Ihre mächtigste Schicht, die Lamina vasculosa, besteht aus einem lamellären, von Pigmentzellen durchsetzten Bindegewebsgerüst, in das dichte Gefäßgeflechte eingebaut sind. Dorsal der Papilla optica befindet sich ein halbmondförmiges lichtreflektierendes Feld, das Tapetum lucidum. Neben den Fleischfressern besitzen dieses Pferde und Wiederkäuer. Beim Hund besteht es aus hochspezialisierten Melanozyten, die in 10 – 15 Lagen übereinander angelegt sind.

Der Strahlenkörper (Corpus ciliare) geht aus der Aderhaut hervor und setzt sich in Richtung auf den vorderen Augenpol bis zum Ansatz der Iris fort. Er liegt somit auf Höhe der Linse, bildet beim Fleischfresser einen kreisrunden Ring um dieselbe und steht mit ihr durch die Aufhängefasern in Verbindung. Die vordere Hälfte des Ziliarkörpers bildet in großer Zahl (beim Hund 70-80) meridional verlaufende, leistenartige Erhebungen (Procc. ciliares) aus, die bis zum Linsenäquator reichen (PRINCE et al. 1956). Der Ziliarkörper dient der Versorgung der lichtleitenden bzw. brechenden Strukturen der vorderen Augenkammer (Linse und Kornea). Diese werden durch das Kammerwasser ernährt, welches eine klare Flüssigkeit, die dem Gefäßsinus der Falten und Fortsätze des Strahlenkörpers entstammt, darstellt. Die Ausscheidung des Kammerwassers erfolgt über sekretionsaktive, nicht pigmentierte Zellen des Ziliarepithels in die hintere Augenkammer (DUKE-ELDER 1968).

Neben elastischen Fasern, Gefäßen und Pigmentzellen ist auch der M. ciliaris in das bindegewebige Stroma des Ziliarkörpers eingebettet. Dieser glatte Muskel dient der

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Akkomodation der Linse und ist beim Hund stark entwickelt. Er verläuft meridional und zirkulär und bildet zusammen mit feinen elastischen Fasern ein dreidimensionales Raumnetz.

Die Regenbogenhaut (Iris) erhebt sich vom Ziliarkörper aus nach zentral und bildet das distale Ende der mittleren Augenhaut. Sie verdeckt bis auf eine zentrale Öffnung, das Sehloch (Pupille) den vorderen Linsenteil. Die Iris stellt ein undurchsichtiges Diaphragma dar, welches sich zwischen die geräumigere vordere und die engere, zwischen Iris, Linse und Ziliarkörper liegende, hintere Augenkammer legt. Beide Augenkammern kommunizieren über die Pupille miteinander. Die Funktion der Iris liegt in der Regulation der Lichtmenge, die auf die Retina fällt (ZIETSCHMANN 1906). Zu diesem Zwecke sind in das lockere Geflecht kollagener Faserbündel des Irisstromas glatte Muskelzellen eingelagert. Diese Muskelbündel bilden den M. dilatator sowie den M. sphincter pupillae, welche sich durch ihren Faserverlauf und ihre Innervation unterscheiden (RICHTER 1909). Während der M. sphincter pupillae mit zirkulärem Faserverlauf nahe dem freien Rand der Pupille zu liegen kommt, besteht der M.

dilatator pupillae aus einer radiär zur Pupille angeordneten Lage aus Myoepithelien, welche der gesamten hinteren Fläche der Iris anliegen (RASELLI 1923).

Während die Aktivierung des parasympathisch (cholinerg) innervierten M. sphinkter pupillae zur Verkleinerung der Pupillae führt, bewirkt die Erregung des sympathisch (adrenerg) innervierten M. dilatator pupillae eine Erweiterung des Sehlochs. Die Iris trägt maßgeblich zur Farbgebung des Auges bei. Pigmentzellen und Melaninpigmente unterschiedlichen Typs und unterschiedlicher Anzahl führen dabei zu einer individuellen Farbgebung.

Iridokornealer Winkel

Der iridokorneale Winkel wird in der Literatur von mehreren Autoren als vorderster Teil des Ziliarkörpers angesprochen (SAMUELSON 1991; VAN BUSKIRK 1979; SHARPNACK et al. 1984 u.a.). Er wird anterior von peripheren Kornea- und limbusnahen Skleraanteilen, posterior von peripheren Irisanteilen sowie der Muskulatur des Ziliarkörpers begrenzt. Der Kammerwinkel wird von einem bindegewebigen Trabekelwerk, dem sogenannten Ligamentum pectinatum, ausgefüllt. Durch kleine Öffnungen im Maschenwerk, die Spatia anguli iridocornealis (Fontana`schen Räume), erfolgt der Abfluß von Kammerwasser. Die Öffnungen und abfließenden Kanälchen im Ligamentum pectinatum des Hundes sind dabei größer als die der übrigen Haussäugetiere (DE GEEST et al. 1987). Die Zellen der die Trabekel auskleidenden, einschichtigen Zellreihen zeichnen sich darüber hinaus durch die

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Fähigkeit der Phagozytose einer großen Anzahl von Schmutzpartikeln aus (SAMUELSON et al 1984).

a Eigenschicht (Substantia propria corneae)

a´ Korneaepithel

a´´ Lamina limitans posterior Descemet´sche Membran

a´´´Endothel der vorderen Augenkammer

b Sklera

b´ Skleralwulst

c Korneoskleralfalz

d Tunica conjunctiva bulbi

d´ Konjunktivalepithel

e Irisstroma

f Pars iridica retinae f´´ M. dilatator pupillae

g M. spinkter pupillae

h Irisfortsatz

h´ Spatia anguli iridocornealis

i Corona ciliaris

i´ Processus ciliares

i´´ Orbiculus ciliaris

k M. ciliaris

l Choroidea

m Ora serrata

n Pars optica retinae o Grenzring

p Plexus venosus sclerae q Zonula ciliaris

r kernlose Linsenfasern r´ kernhaltige Linsenfasern r´´ Linsenkapsel

s hintere Augenkammer s´ vordere Augenkammer

Abb. 2.4 Meridionalschnitt durch den iridokornealen Winkel einer Ziege (ZIETSCHMANN 1906)

Nach Passage der ableitenden Wege des Kammerwinkels erfolgt die Resorption des Kammerwassers durch eine venösen Plexus, der aufgrund der Verbindung zu skleralen Venen als Plexus venosus sclerae bezeichnet wird (SIGRIST 1960). Dieser beim Fleischfresser besonders auffällige Venenplexus entspricht dem einheitlichen Sinus venosus sclerae (Schlemm`scher Kanal) des Menschen (ÜBERREITER 1959).

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Netzhaut (Retina)

Die als Netzhaut oder Retina bezeichnete innere Augenhaut (Tunica interna bulbi) kleidet die innere Oberfläche des Augapfels vom Pupillarrand der Iris bis zum Austritt des N. opticus aus (BÖHME 1991) und wird als Fortsatz des Vorderhirns angesprochen, welchem sie in Morphologie und Physiologie gleicht. Die Netzhaut, welche eine der höchsten Metabolismusraten aller Gewebe des Gesamtorganismus aufweist, wird hauptsächlich von eigenen retinalen sowie von choroidalen Kapillargefäßen versorgt. Ihre Aufgabe liegt in der Umwandlung von Lichtreizen in elektrische Impulse, die über den Sehnerv zu den Sehzentren des Vorderhirns weitergeleitet werden.

Die Netzhaut erfährt eine grundlegende funktionelle Unterteilung in die lichtunempfindliche Pars caeca retinae, sowie die lichtempfindliche Pars optica retinae, welche infolge der beschriebenen Embryonalentwicklung aus einem Außen- und einem Innenblatt bestehen (LIEBICH 1993).

Histologisch lassen sich zehn Lagen beim Aufbau der Retina unterscheiden, wobei das äußerste retinale Pigmentepithel als Stratum pigmentosum angesprochen wird. Der aus neun inneren sensorischen Lagen bestehende Netzhautteil repräsentiert das Stratum nervosum (SAMUELSON 1991).

Abb. 2.5 Schichtaufbau der Netzhaut (BÖHME 1991) Außenblatt oder

Stratum pigmentosum: 1. Pigmentepithelschicht 2. Stäbchen- und Zapfenschicht

3. Membrana limitans externa

4. äußere Körnerschicht Photorezeptor Innenblatt oder 5. äußere retikuläre Schicht

Stratum nervosum: 6. innere Körnerschicht

7. innere retikuläre Schicht 1. Neuron 8. Ganglienzellschicht

9. Nervenfaserschicht 2. Neuron 10. Membrana limitans interna

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Lichtimpulse durchdringen zunächst das gesamte Stratum nervosum, um die äußere Photorezeptorenschicht zu erregen.

Stratum pigmentosum (Außenblatt)

Das retinale Pigmentepithel stellt die Fortsetzung der äußeren pigmentierten Epithelzellschichten des Ziliarkörpers dar und setzt sich aus einer Lage flacher polygonaler Zellen, welche die äußere Grenze der Retina bilden, zusammen. Die Zellen der Pigmentzellschicht sind mit der Choroidea stärker in Verbindung als andere retinale Zellschichten, was ihre besondere Bedeutung für die Ernährung der inneren Retinazellagen verdeutlicht. Die Basalmembranen der Pigmentepithelzellen formen im Zusammenspiel mit den angrenzenden Chorioideakapillaren die sogenannte Bruch-Membran, welche bei vollständiger Ausprägung ihrerseits wiederum aus 5 Schichten besteht (SPITZNAS und HOGAN 1970). Zahlreiche Einfältelungen der Zellularmembranen erleichtern den Nährstofftransport, im Zusammenspiel mit zytoplasmatischen Fortsätzen bewirken sie jedoch auch eine Isolierung der Lichtrezeptoren voneinander und verstärken somit deren individuelle Sensitivität (SAMUELSON 1991). Die dichte Pigmentierung der Epithelzellschicht findet ihre Ausnahme im Bereich des Tapetum lucidum, wo der Lichtdurchtritt dorthin und die Reflektion von dort ermöglicht wird.

Stratum nervosum (Innenblatt)

Das Stratum nervosum wird als spezifisch umgebauter Teil der embryonalen Hirnwand (Innenwand des Augenbechers) angesehen und weist einen dementsprechenden mehrschichtigen Feinbau auf (AGUIRRE et al. 1972). Es offenbart seine größte Dicke im Bereich des Discus opticus und verjüngt sich von hier in Richtung der Ora serrata. Dabei nimmt die Ausprägung jeder einzelnen Lage ab, die Verdünnung der Nervenfaserschicht spielt jedoch die Hauptrolle. Die Dicke variiert bei unseren Haustieren zwischen 200 – 240 µm (zentral) und 100-190 µm (peripher) (PRINCE et al. 1960). Bei Tieren mit wenig vaskularisierter Netzhaut übersteigt die Dicke der Netzhaut kaum 140 µm, welches die angenommene Maximaldistanz für die Sauerstoffdiffusion darstellt (WALSH et al. 1969).

Die lichtempfindlichen Photorezeptoren werden in Zapfen und Stäbchen unterteilt, wobei die Stäbchen bei eher reduzierten Lichtverhältnissen, die Zapfen in hellem Licht ihr Optimum in

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der Reizumwandlung haben. Die Zapfen ermöglichen das scharfe, kontrastreiche Sehen inklusive der Wahrnehmung verschiedener Farben (skotopisches Sehen); die Stäbchen lassen Bewegungen sowie Helligkeitsunterschiede erkennen (photopisches Sehen). Die größte Zapfendichte findet sich bei den meisten Haussäugetieren im Zentrum der Retina, welche auch als Area centralis angesprochen wird und bei Hund und Katze ca. 3-4 mm dorsolateral des Discus opticus zu finden ist (HENKIND 1966; PARRY 1953). Das Verhältnis von Stäbchen zu Zapfen bei Carnivoren (Hund u. Katze) wird in Studien mit > 10 : 1 beschrieben (KOCH und RUBIN 1972; STEINBERG et al. 1973). Die Netzhäute von Flucht- und Beutetiere wie z.B. des Kaninchens, sowie vieler nachtaktiver Tiere zeichnen sich hingegen durch das überwiegende Vorkommen von Stäbchen aus, die dem Erkennen von Bewegungen über das große binokulare Gesichtsfeld dienen.

Zur Durchblutung der Netzhaut des Hundes strahlen ca. 20 feine Arterien vom Discus opticus radiär aus, 3 bis 4 größere Venen laufen (in Form eines umgekehrten Y) zusammen mit mehreren kleineren Venolen zu diesem zurück, wo sie eine kurze zentrale Retinavene (V.

centralis retinae) bilden.

2.2.2.3 Augenkammern

Es wird eine vordere Augenkammer (Camera anterior bulbi), die zwischen Hornhaut, iridokornealem Winkel und Irisvorderfläche liegt, sowie eine hintere Augenkammer (Camera posterior bulbi), welche von der Irishinterfläche, dem Ziliarkörper, den Zonula ciliares, sowie der Linse begrenzt wird, unterschieden. Sowohl die geräumigere vordere Augenkammer als auch die einen ringförmigen Spaltraum darstellende hintere Augenkammer sind mit dem klaren Kammerwasser (Humor aquosus) gefüllt (BÖHME 1991).

Kammerwasser

Das Kammerwasser zeichnet sich durch einen Brechungsindex von 1.335 aus (COLE 1974).

Nach der Sekretion aus den Fortsätzen des Ziliarkörpers und dem Durchfluß durch die Pupille wird es im iridokornealen Winkel drainiert. Die Summe der Bildung gleicht dabei der des Ausflusses. Dies gewährleistet die Aufrechterhaltung des intraokulären Drucks.

Bei der Bildung von Kammerwasser spielen drei verschiedene Grundmechanismen zusammen: Die Diffusion, Ultrafiltration und aktive Sekretion durch das nichtpigmentierte

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Ziliarepithel. Die Diffusion von gelösten Stoffen geschieht dabei entlang eines Konzentrationsgradienten. Bei der Ultrafiltration wird der Übertritt eines Stoffes durch eine Zellmembran von einer hydrostatischen Kraft unterstützt (hier: Differenz des intravasalen Drucks in den Kapillaren des Ziliarkörpers zum intraokulären Druck). Die energieabhängigen Transportmechanismen bestimmter Inhaltstoffe durch das Ziliarepithel spielen die wichtigste Rolle bei der Modifikation der Kammerwasserzusammensetzung (COLE 1977; PEDERSON und GREEN 1973). Hierbei spielt der Transport von Natrium-Kationen durch eine Na+-K+- ATPase im Ziliarepithel eine Hauptrolle. Eine Carboanhydrase katalysiert die Umwandlung von CO2 und Wasser zu HCO3 - und H+. Der Eintritt von Bikarbonat in das Kammerwasser hat den Einfluß von Wasser in die hintere Augenkammer mit Erhöhung des intraokulären Druckes zur Folge. Die Hemmung der Carboanhydrase mit lokalen oder systemisch angewandten Carboanhydrasehemmern wirkt somit einer Druckerhöhung entgegen, was man bei der Behandlung von Glaukompatienten nutzt (MAREN 1995).

Die Zusammensetzung des Kammerwassers entspricht der eines Blutplasma-Ultrafiltrats (CAPRIOLI 1987). Neben Proteinen, Immunglobulinen, Enzymen und Lipiden, welche alle in deutlich niedrigeren Konzentrationen als im Plasma vorliegen, lassen sich auch Kohlenhydrate, Aminosäuren und Harnstoff nachweisen. Bei einer Störung der Blut- Kammerwasser-Barriere treten nach BITO et al. (1965) zusätzlich Proteine und Prostaglandine in das Kammerwasser über. Ein so modifiziertes Kammerwasser ähnelt dem Blutplasma nahezu vollständig.

Neben der Regulation des intraokulären Druckes liegt die Hauptaufgabe des Kammerwassers im Nährstofftransport zu Linse und Kornea. Deren metabolische Bedürfnisse verändern die Zusammensetzung des Transportmediums hinsichtlich gewisser Inhaltstoffe, was sich in geringfügig unterschiedlichen Zusammensetzungen in vorderer und hinterer Augenkammer zeigt. Die Konzentration von Kohlehydraten im Kammerwasser entspricht trotz freier Diffusionsmöglichkeit etwa 80 % der Plasmakonzentration, was auf deren Verbrauch durch Linse und Kornea zurückgeführt wird (DUKE-ELDER 1968). Ebenso zeigen im Vergleich zum Plasma erhöhte Laktatwerte die Bedeutung des Kammerwassers sowohl als Nährstoff- als auch als Transportvehikel für Abbauprodukte an (RILEY 1972).

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Linse

Von der gesamten Brechkraft des menschlichen Auges, die mit etwa 60 Dioptrien beziffert wird, entfallen zwischen 13 bis 16 Dioptrien auf die Linse. Beim Hund wird die Brechkraft der Linse mit etwa 40 Dioptrien angegeben. Die restliche Brechkraft entfällt auf die Hornhaut (SAMUELSON 1991).

Die Hauptaufgabe der Linse im optischen Apparat des Auges liegt in der Fokussierung des einfallenden Lichtes und der Projektion dessen auf die Netzhaut. Sie liegt als bikonvexe Struktur zwischen vorderer Augenkammer und Glaskörper. Zur optimalen Funktion muß die Linse vollkommen transparent sein, sich in einer stabilen Position befinden, sowie in der Lage sein, ihre Form entsprechend der benötigten Brechkraft anzupassen.

Die durchsichtige Linsensubstanz (Substantia lentis) setzt sich aus einer weicheren Rinde (Cortex lentis) sowie einem dichteren Kern (Nucleus lentis) zusammen. Der Linsenkern verdichtet sich mit zunehmenden Alter, was die Möglichkeit der Akkomodation im Alter verringert (KUSZAK et al. 1991). Infolge der Regression des Gefäßsystems der Hyaloidarterie beinhaltet die Linse weder Blutgefäße noch Pigmente, welche die Transparenz beeinflussen würden. Die Ernährung der Linse erfolgt einzig über das Kammerwasser und zu geringerem Anteil über den Glaskörper (SCHAEPDRIJVER et al. 1989).

Die Linse ist vom Ziliarkörper ausgehend durch einem Ring transparenter Fasern, den Zonulafasern (Fibrae zonulares) frei aufgehangen. Diese Fasern inserieren im Bereich des Linsenäquators sowie kurz davor und dahinter (FARNSWORTH et al. 1976). Eine Kontraktion des in die Grundplatte des Ziliarkörpers eingebetteten M. ciliaris verringert die Spannung der Zonulafasern und verändert die Linsenform infolge der Elastizität der Linsenkapsel. Die Linse rundet sich, woraus eine Steigerung der Brechkraft resultiert (Akkomodation).

Die Linsenkapsel (Capsula lentis) umschließt als strukturlose, elastische Membran die Linse.

Die Kapsel variiert in ihrer Dicke beim Hund zwischen 2- 4 µm (hinterer Linsenpol) über 8- 12 µm (Linsenäquator) bis hin zu 50-70 µm am vorderen Linsenpol (MONACO et al. 1985).

Sie besteht aus einer Basalmembran und lamellär angeordneten Fibrillen. Trotz ihrer

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elastischen Eigenschaften beinhaltet die Linsenkapsel keine elastischen Fasern (GELATT, SAMUELSON 1982).

Unter der Linsenkapsel findet sich das einschichtige, kubische Linsenepithel (Epithelium lentis), dessen Zellen zum Linsenäquator an Höhe zunehmen, um sich dann an der Hinterfläche in meridionale Reihen anzuordnen und schließlich in die langgezogenen epithelialen Linsenfasern (Fibrae lentis) überzugehen (BÖHME 1991). Die Enden der Linsenfasern stoßen am vorderen und hinteren Linsenpol aufeinander, wo sie durch vermehrte Kittsubstanz miteinander verbunden sind und die drei Nahtlinien (Radii lentis) bilden.

Die Transparenz der Linse ist im besonderen Maße von der Unversehrtheit des Linsenepithels abhängig. Die Linsensubstanz besteht zu 60 – 75 % aus Wasser, zu 35 % aus Protein (TAYLOR 1996). Dieser Zustand wird vor allem durch eine Na+-K+-Pumpe, welche im vorderen Linsenepithel lokalisiert ist, aufrechterhalten. Ein Reihe verschiedener Noxen, wie Veränderungen der Sauerstoffversorgung, Einwirkung übermäßiger Mengen ultravioletter Strahlung (UVA und UVB), Röntgenstrahlung sowie verschiedene Toxine vermögen das Linsenepithel zu schädigen und somit Einfluß auf die Bildung der Linsenfasern sowie die Modulation der Linsensubstanz zu nehmen.

Glaskörper

Als größte Einzelstruktur innerhalb des Augapfels nimmt der Glaskörper mit seiner gelartigen Flüssigkeitskonsistenz die hinteren zwei Drittel ein. Der Glaskörperraum (Camera vitrea bulbi) wird cranial durch Linse und Ziliarkörper, caudal durch die Retina begrenzt. Der Glaskörper besteht zu 99 % aus Wasser. Hyaluronsäure und Kollagen, aus dem das feine Gerüstwerk des Glaskörpers besteht, machen 1 % seiner Bestandteile aus (JAFFE 1969). Der Glaskörper umschließt zentral einen sich vom Discus opticus zum posterioren Linsenpol erstreckenden Zentralkanal, der während der Embryonalentwicklung die Hyaloidarterie beinhaltet.

Der Glaskörper beinhaltet nur wenige Zellen. Den Hauptzelltyp stellen die Hyalozyten dar, eine den Histiozyten ähnliche Zellart mit wenig entwickeltem Lysosomen. Die Hyalozyten vermögen in vitro zusammen mit den nichtpigmentierten Ziliarepithelzellen und den nichtneuronalen Netzhautzellen Hyaluronsäure zu produzieren (HODOS et al. 1985).

Zusätzlich zu den Hyalozyten stellen Fibrozyten und Gliazellen, die sich hauptsächlich in der

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Nähe des Ziliarkörpers und des Sehnervenkopfes antreffen lassen, etwa ein Zehntel der Zellpopulation des Glaskörpers dar (BALAZS et al. 1964).

Der Kollagenanteil innerhalb des Glaskörpers ist in den gelartigen Arealen am größten. Das Netzwerk ist an der Membrana limitans interna der Netzhaut verankert, welche einen Teil des adulten Glaskörpers produziert (BALAZS 1994).

2.3 Pharmakokinetik von Ophthalmica

Die Pharmakokinetik beschäftigt sich mit der zeitlichen Veränderung der Konzentration eines Arzneimittels und seiner Metaboliten im Gewebe. Die Konzentration eines jeden Stoffes ergibt sich dabei aus vier Prozessen: der Absorption, der Verteilung (Distribution), der Metabolisierung sowie der Exkretion (SHELL 1982; MISHIMA, NAGATAKI 1978).

Das Studium der Pharmakokinetik eines Stoffes offenbart die Beziehung zwischen der Arzneimittelkonzentration in einem Gewebe sowie erwünschten pharmakologischen bzw.

unerwünschten toxischen Effekten. Die Kinetik der Konzentrationsabnahme des Wirkstoffs im Gewebe bestimmt die Dauer seiner Wirkung (WAGNER 1968). Die Dosierung beeinflusst also ebenso wie die Art der Verabreichung eines Medikamentes die Konzentration des Arzneimittels im Gewebe und somit die Wirkung.

2.3.1 Die lokale Behandlung des Auges

Es ist zu bedenken, daß die auf Untersuchungen systemisch applizierter Wirkstoffe beruhende klassische Pharmakokinetik sich nicht direkt auf alle ophthalmologisch angewandte Wirkstoffe übertragen läßt (SCHOENWALD 1993; DeSANTIS und PATIL 1994). Die inneren Strukturen des Auges zählen zu den am besten geschützten Regionen des Körpers.

Verschiedene anatomische und physiologische Besonderheiten bilden einen „Schutzschild“

gegenüber schädigenden Einflüssen. Unter den bei der anatomischen Betrachtung erörterten Besonderheiten des Auges sind die geschützte Lage des Bulbus innerhalb der Orbita, ein kontinuierlicher Tränenfluß, nur wenig permeable epitheliale Oberflächen sowie fest verbundene Bindegewebsbarrieren ringsum den Augapfel besonders hervorzuheben. Fast alle Bereiche des Auges sind somit durch anatomische und histologische Besonderheiten von der systemischen Blutzirkulation relativ deutlich getrennt. Zu diesen zählen die

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Blut/Kammerwasser-, die Blut/Glaskörper- sowie die Blut/Netzhaut- Schranke (RAVIOLA 1977). Diese Barrieren werden durch „Tight Junctions“ in der endothelialen Auskleidung der Kapillaren der Netzhaut und Iris, zwischen Zellen des Ziliarepithels sowie zwischen Pigmentzellen der Retina erreicht (MAURICE und MISHIMA 1984). Die Passage kleiner Moleküle (Molekulargewicht ≤ 500 Dalton) zu denen die meisten Arzneimittel zählen, ist im Gegensatz zu größeren Molekülen wie Plasmaproteinen möglich, findet jedoch in der Regel in nur sehr geringem Ausmaß statt.

Neben dem geringen Vorhandensein bzw. dem vollständigen Fehlen von Blutgefäßen in verschiedenen Abschnitten des Auges bedingt die aktive Sekretion von intraokulären Flüssigkeiten allgemein einen nur geringen Übertritt von Komponenten aus dem Blutplasma in intraokuläre Bereiche (ABEYNAYAKE und COOPER 1989; BINKHORST 1987). Diese physiologischen und anatomischen Besonderheiten müssen bei der medikamentellen Therapie bedacht werden, um einen ausreichend hohen Wirkspiegel in den Kompartimenten des Auges zu erreichen.

2.3.1.1 Lokale Applikation

Die lokale Medikamentenverabreichung stellt die häufigste Art der Behandlung des Auges dar. Unter den Arten der lokalen Medikamentengabe stellt die topische Verabreichung von Lösungen oder Salben die in der Veterinärmedizin gebräuchlichste Methode dar, die subkonjunktivale und intravitreale Injektion sowie die Verabreichung intraokulärer Medikamententräger bekommt jedoch ebenfalls wachsende Bedeutung (MAUGER 1994).

Zur topischen Anwendung, welche in den meisten Fällen mit dem Einbringen des Medikamentes in den Bindehautsack gleichgesetzt wird, stehen wässrige Lösungen, Suspensionen, Emulsionen sowie Salben zur Verfügung. Die Auswahl der Formulierung hat dabei besonders durch die unterschiedliche Viskosität Einfluß auf die Verweildauer des Medikamentes am Auge (SCHOENWALD 1985). COX et al. (1972) konnten allerdings zeigen, daß Dexamethasonacetat aus einer Salbe trotz der verlängerten Kontaktzeit weniger gut in die Kornea übertritt als aus einer Lösung. Den Grund hierfür sah COX et al. (1972) in der großen Affinität von Dexamethasonacetat für den Salbenträger, der nur wenig Wirkstoff in den präkornealen Tränenfilm übertreten ließ.

Topische Formulierungen ermöglichen eine angemessene Therapie präkornealer Strukturen, der Kornea, der vorderen und hinteren Augenkammer, der Iris sowie des Ziliarkörpers

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(ALLEN et al. 1995; BUSSE et al. 1980). Daten aus der Humanmedizin zeigen, daß tiefergelegene Strukturen wie Glaskörper, Uvea und Netzhaut auch andere Applikationsarten verlangen (MAUGER 1994; ROWLEY und RUBIN 1970; YOLTON 1995). Eine Studie von LEOPOLD und MAYLATH (1952) vergleicht die topische, subkonjunktivale und systemische Applikation von Kortisonacetat beim Menschen. Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß Erkrankungen der erwähnten vorderen Segmente des Auges mit annähernd gleichem Erfolg durch topische Behandlung, subkonjunktivale Injektion oder systemisch behandelt werden können. Eine Behandlung der tiefergelegenen Strukturen ist nach ihrer Meinung lediglich durch eine systemische Therapie sowie durch subkonjunktivale Injektion zu gewährleisten. Für den Hund lassen sich aus der zur Zeit vorhandenen Literatur keine Daten für die Verteilung pharmakologischer Substanzen in den Kompartimenten des Auges finden. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich daher mit dieser bisher nur wenig behandelten Fragestellung.

Nach der topischen Applikation eines Arzneimittels in den Bindehautsack wird der Umfang dessen Aufnahme von mehreren Faktoren bestimmt:

Der Verbleib des Wirkstoffs im cul de sac und präkornealen Tränenfilm (Verweildauer), der Elimination durch nasolakrimale Drainage oder Proteinbindung der Wirkstoffe in der Tränenflüssigkeit und im Gewebe, die Metabolisierung des Arzneimittels durch Enzyme der Tränenflüssigkeit sowie die Diffusion durch Kornea und Konjunktiva (LEE 1993).

Es ist festzuhalten, daß das durchschnittliche Tränenvolumen im präkornealen Tränenfilm des Menschen bei etwa 8 µl, das Volumen des Bindehautsackes bei 3 bis 7 µl liegt, wobei sich das Volumen kurzfristig und unter individuellen Schwankungen auf bis zu 30 µl ausdehnen kann.

Die physiologische Drainagerate der Tränenflüssigkeit liegt bei 0,5 bis 1 µl in der Minute, woraus sich eine Halbwertszeit der Tränenflüssigkeit zwischen 3 und 6 Minuten ergibt. Ein normaler Lidschlag entfernt ca. 2 µl Tränenflüssigkeit aus dem menschlichen Auge in den Tränennasengang (MAURICE und MISHIMA 1984). Das durchschnittliche Instillationsvolumen handelsüblicher Ophthalmika schwankt zwischen 25 und 75 µl wobei jedoch in der Regel lediglich 20 µl im Auge verbleiben (Mac ILWAINE et al. 1973). Der Großteil des instillierten Medikamentenvolumens fließt unmittelbar über die Ränder der Augenlider oder den Ductus nasolacrimalis (innerhalb von 15 Sekunden) ab, enthaltene Wirkstoffe können von der Schleimhaut der Nase und des Verdauungstraktes resorbiert werden und eventuell zu systemischen Effekten führen (DUNNY 1986; YOLTON 1995;

CALLEGAN et al. 1992; MOCHIZUKI et al. 1992; SHARIR et al. 1989).

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Die Verweildauer eines topisch angewandten Medikamentes am Auge wird zusätzlich durch eine vermehrte Tränenproduktion, welche dem Reiz der Anwendung folgt, sowie durch vermehrtes Blinzeln, welches beim Hund bereits als Folgeerscheinung von Zwangsmaßnahmen beobachtet wird, deutlich verkürzt.

2.3.1.2 Resorption topisch angewandter Medikamente am Auge

Die transkorneale Resorption stellt die Hauptroute der Medikamentenaufnahme in das Augeninnere dar (INSLER et al. 1987; ROOTMAN et al. 1992; HILLMAN et al. 1979).

Dabei ist der Konzentrationsgradient des Wirkstoffs zwischen Tränenfilm und Hornhaut die treibende Kraft der passiven Diffusion. Wie oben bereits detailliert beschrieben, besteht die dreischichtige Kornea aus den dünnen lipophilen epi- und endothelialen Lagen sowie dem hydrophilen Stroma, welches 90 % der Gesamtdicke ausmacht. Mit ihren festen zellulären Verbindungen stellt sich das Korneaepithel gegenüber nicht lipophilen Stoffen als weitgehend undurchlässig dar (MATHALONE und HARDEN 1972; BARZA et al. 1981; LIANG et al.

1992). Der Lipidgehalt von Hornhautepithel und Endothel übersteigt den des Stromas um das Hundertfache. Die Überwindung des Hornhautepithels kann transzellulär, interzellulär oder parazellulär erfolgen. Das Stroma stellt hingegen eine Barriere für lipophile Verbindungen dar. Moleküle, welche die Hornhaut gut penetrieren, müssen daher sowohl hydro- als auch lipophile Eigenschaften aufweisen. Die Ergebnisse sowohl experimenteller als auch klinischer Studien aus der Humanmedizin zeigen, daß das lipidreiche Hornhautepithel auch für topisch angewandte Glukokortikoide das Haupthindernis darstellt. Es konnte folglich nachgewiesen werden, daß Kortikoidpräparate mit lipophilen Acetatverbindungen oder alkoholischen Verbindungen die Hornhaut besser penetrieren als die polaren Natriumsalze der Steroidphosphate (MC GHEE et al. 1990; MUSSON et al. 1990).

Eine transkonjunktival-sklerale Route bedeutet eine theoretische Alternative zur transkornealen Aufnahme (AHMED und PATTON 1985). Die Sklera stellt sich als eine relativ durchlässige Struktur mit weit geringeren Barriereeigenschaften als das Hornhautepithel dar. Sie bedeutet für hydrophile Moleküle, wie z.B. Inulin, das zu etwa 40 % über diesen Weg ins Augeninnere gelangt, eine geringere Barriere als die Hornhaut. Für lipophile Substanzen ähneln sich beide in ihren Permeabilitätseigenschaften (SCHOENWALD 1993). Infolge eines streng aus den Kompartimenten des Auges nach außen gerichteten Druckgradienten mit einem daraus resultierenden stetigem transskleralen Ausfluß,

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hat die transkonjunktival-sklerale Passage nach heutigem Kenntnisstand klinisch jedoch kaum eine Bedeutung. Eine geringe Funktion als Ausweichroute hydrophiler Substanzen in Richtung Iris und Ziliarkörper wird noch diskutiert (MISHIMA 1983; MAURICE und MISHIMA 1984).

2.3.1.3 Distribution von Substanzen innerhalb des Auges

Nach der Passage der Hornhaut wird das Arzneimittel innerhalb der vorderen Augenkammer durch den Fluß des Kammerwassers verteilt (der Zeitraum zwischen Instillation des Mittels und Erscheinen im Kammerwasser wird dabei als lag-phase bezeichnet). Die Aufnahme durch die Konjunktiva besitzt eine untergeordnete Rolle, da ein großer Anteil des penetrierenden Medikamentes durch die Blutzirkulation während seines Eintritts in die choroideale Zirkulation aus dem Auge entfernt wird (BUSSE et al 1980; YOLTON 1995; INSLER et al.

1987) .

Weiterhin kann die Bindung an Proteine in der Tränenflüssigkeit oder im Kammerwasser die Bioverfügbarkeit pharmakologisch aktiver Substanzen deutlich verringern. Das Vorliegen von Eiweiß in diesen Flüssigkeiten unterliegt dabei Schwankungen. Die verminderte Reaktion medikamenteller Behandlungen während entzündlicher Veränderungen von Kornea oder Komponenten der vorderen Augenkammer wird einer vermehrten Eiweißausschüttung zugeschrieben (TROPE et al. 1979; CHAPMAN 1992).

Nach der Diffusion durch die Hornhaut akkumulieren topisch angewandte Stoffe zunächst im Kammerwasser. Ihre höchste Konzentration erreichen die meisten Substanzen dabei in einem Zeitraum zwischen 20 und 60 Minuten nach der Behandlung (MISHIMA 1981;

SCHOENWALD 1993). Von der vorderen Augenkammer aus erfolgt die weitere Diffusion in die angrenzenden Kompartimente Iris, Linse oder Ziliarkörper. Die Konzentration in der hinteren Augenkammer ist in aller Regel in Folge des gegensätzlich gerichteten Kammerwasserflusses sehr gering. Die Behandlung von Glaskörper und Retina über die lokale Verabreichung am Auge scheint daher recht schwierig. Es wird angenommen, daß Medikamente diese Strukturen nur in sehr geringem Ausmaß über Diffusion entlang skleraler Spalträume erreichen können (ROWLEY und RUBIN 1970; BUSSE et al. 1981; ALLEN et al 1995).

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Von anderen Strukturen innerhalb des Auges ist bekannt, daß sie Stoffe aufnehmen und diese nur retardiert wieder abgeben können. So wurde beschrieben, daß z.B. die Hornhaut (für Indomethacin), die Linse (für Kortikosteroide), pigmentierte Zellen (für Phenothiazin), das retinale Pigmentepithel (für Chloroquin) sowie die Descemet`sche Membran (für Silber) ein Reservoir bilden können (NOUWS und KÖNIG 1983; DAIGNEAULT et al.1990). Daneben spielt die Bindung einiger Wirkstoffe an Melanin in einigen Kompartimenten des Auges eine Rolle. Es wurde beschrieben, daß der mydriatische Effekt α-adrenerger Agonisten bei Menschen mit stark pigmentierter Iris langsamer einsetzt als bei Individuen mit schwächer pigmentierter Iris (OBIANWU und RAND 1965). Beim Kaninchen konnte die Bindung radioaktiv markierten Atropins an Melaningranula in der Iris im Vergleich zu Albino- Kaninchen nachgewiesen werden (SALAZAR et al. 1976). Diese Besonderheit geht mit der Beobachtung einher, daß die mydriatische Wirkung von Atropin bei Nicht-Albino-Kaninchen länger anhält als bei Albino-Kaninchen. Somit stellt die Bindung an Melanin ein potentielles Reservoir für eine verzögerte Freisetzung des Wirkstoffes dar. Weiterhin sind auch Transportmechanismen bekannt, die Stoffe aktiv aus dem Auge entfernen. So ist bekannt, daß organische Säuren von einem aktiven Carriersystem aus dem Augeninneren entfernt werden (BITO und SALVADOR 1972; BITO und KLEIN 1980).

2.3.1.4 Metabolisierung und Ausscheidung

Arzneimittel können entsprechend ihrer Struktur verschiedenen chemischen Veränderungen unterliegen, die in ihrer direkten Inaktivierung oder in der Entstehung pharmakologisch inaktiver Verbindungen münden (MORRISON 1954).

Abhängig von ihrer chemischen Ausgangskonfiguration können Substanzen durch Enzyme der Tränenflüssigkeit sowie der verschiedenen Strukturen innerhalb und außerhalb des Auges abgebaut werden. In den unterschiedlichen Kompartimenten des Auges liegen u.a. Esterasen, Oxidoreduktasen, Peptidasen, Glucuronidasen, Glutathion konjugierende Enzyme, Sulfat- Transferasen, Kortikosteroid–β–Hydroxylasen, Monoaminoxidasen sowie lysosomale Enzyme vor (LEE und CHANG, OSHIRO 1985; LEE et al 1993). Den Esterasen kommt dabei beispielsweise ein besonderes Interesse zu, da sie bei der Zerlegung von Ester-Prodrugs (z.B. Dipivalylepinephrin, Dipivefrinhydrochlorid als Prodrug von Adrenalin) in ihre wirksamen Bestandteile eine Rolle spielen (MANDELL et al. 1978). Es wurde beschrieben, daß Cholinesterase-Hemmer die Hydrolyse von Prodrug-Ester hemmen und so die

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Arzneimittelwirkung beeinträchtigen können (LEE et al. 1985). Der Abbau von antibiotisch wirksamen Ophthalmica erfolgt innerhalb des Auges in nur sehr geringem Umfang. Nach Ansicht mehrerer Autoren verlassen diese Stoffe das Auge zum Großteil in unveränderter oder lediglich geringgradig modifizierter Form (ANDERMANN et al. 1978; MISHIMA 1981; BURSTEIN und ANDERSON 1985).

Arzneimittel werden aus dem Auge sowohl durch den stetigen Kammerwasserabfluß über den iridokornealen Winkel, als auch über Diffusion in die Choroidea mit anschließendem Abtransport über das dortige Gefäßsystem eliminiert. Der übliche Weg der Konzentrationsabnahme eines Stoffes aus dem Auge korreliert direkt mit dem Kammerwasserabfluß. Die Halbwertszeit des menschlichen Kammerwassers beträgt etwa 52, die des Kaninchens etwa 46 Minuten (SCHOENWALD 1990).

2.3.2 Anforderungen an die Zusammensetzung von Ophthalmica

Die lokale Behandlung des Auges stellt, wie bereits erwähnt, aufgrund der morphologischen Besonderheiten des Auges und seiner Versorgungseinrichtungen sowie der Empfindlichkeit einzelner Augenstrukturen gegenüber Krankheitserregern und irritierenden Stoffen besondere Anforderungen an die ausgewählten Arzneimittel. HAMACHER (1976) nennt daher den ausschließlichen Gebrauch von sterilen und lokal gut verträglichen Ophthalmica als Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Einsatz lokal anzuwendender Arzneimittel.

PIERCY (1985) fordert neben der guten Verträglichkeit, der chemischen und mikrobiologischen Stabilität von Ophthalmica eine rasche Freisetzung der pharmakologisch aktiven Substanz.

Für die Kontaktzeit eines Arzneimittels mit dem Auge ist, wie bereits angeführt, dessen Formulierung von entscheidender Bedeutung. Über die Veränderung der Viskosität wird ein verlängerter oder verkürzter Verbleib im Bindehautsack erreicht (SCHOENWALD 1985 und 1990; SNIBSON et al. 1992). Durch die Verlängerung der Kontaktzeit eines Arzneimittels vergrößert sich die durch die Kornea penetrierende Fraktion, was zu einer erhöhten Bioverfügbarkeit im Auge führt. Eine gesteigerte Viskosität des Arzneimittelträgers wird beispielsweise bei der Herstellung von Gelen durch den Einsatz von hydrophilen Zellulosepolymeren wie Hydroxypropylmethylzellulose (HPMC) oder Hydroxyethylzellulose (HEC) erreicht. Andere zur Kontaktzeitverlängerung durch Viskositätssteigerung dienende

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Grundstoffe sind Polyvinylpyrrolidon, Carbopol, Hyaluronan oder Polyvinylalkohol (PVA) (CHRAI et al. 1974; LARSEN u. BALAZS 1991).

Zur Verringerung lokaler Irritationen sollen Augentropfen hinsichtlich ihrer physikalischen und chemischen Eigenschaften idealerweise der Tränenflüssigkeit entsprechen. Die Formulierungen sollten auf einen pH von 7,2 ± 0,2 sowie eine Osmolalität von 300 ± 100 mOsm (entspricht 0,9 % ± 0,3 % NaCl) eingestellt sein (MATHIS 1999). Aufgrund der Pufferkapazitäten der Tränenflüssigkeit werden nach NEUN (1993) jedoch auch pH-Werte von 4,0 bis 8,0 vertragen, solange die eingebrachte Lösung selbst nicht oder nur wenig gepuffert ist. HACKER (1991) und SCHMIDT (1988) bewerten Lösungen in einem pH- Bereich zwischen 7,3 und 9,7 als verträglich bei lokaler Anwendung am Auge. Lösungen mit einem pH von weniger als 5,8 und höher 11,4 werden von ihnen als stets schmerzhaft und lokal stark reizend beschrieben.

Klare, farblose, wässrige Lösungen stellen den Großteil der handelsüblichen Ophthalmica dar.

Der Arzneistoff in ihnen steht der Absorption unmittelbar zur Verfügung. Aufgrund der geringen Viskosität drainieren Lösungen jedoch zügig aus dem cul-de-sac. Die galenische Form der wässrigen Lösung sollte Arzneimitteln mit ausreichender Lösungsfähigkeit im wässrigen Medium vorbehalten sein. In manchen Fällen können der Lösung ein oder zwei Kosolventien zugegeben werden, die das Arzneimittel in Lösung halten (DE SANTIS u.

PATIL 1994). Suspensionen stellen Dispersionen von Arzneimitteln mit geringerer Wasserlöslichkeit in fein aufgeteilten Formen mit Teilchengrößen von maximal 25 µm dar.

Suspensionen mit sehr kleinen Teilchengrößen drainieren in ähnlicher Form wie wässrige Lösungen aus dem Auge. Größere Partikel verbleiben länger im cul-de-sac und führen somit zu einem Depoteffekt (SCHOENWALD1985). Auch wenn die Wasserlöslichkeit nicht ausreicht, das Arzneimittel vollständig zu lösen, ist die wässrige Phase der Anwendung dennoch gesättigt (LEE u. ROBINSON 1986). Einige Arzneimittel, die in freier Form wasserlöslich sind, können in ihrer Salzform weniger löslich oder unlöslich sein.

Unterschiedliche Salze desselben Arzneistoffes können sich hinsichtlich ihrer Wasserlöslichkeit daher unterscheiden. Aus diesem Grund können Arzneimittel, die in ihrer freien Form ein Brennen oder einen ähnlich reizenden Effekt auf das Auge ausüben, in Form ihres Salzes in einer Suspension zur Anwendung gelangen. Suspensionen stellen eine typische Darreichungsform von Kortikosteroiden mit geringer Wasserlöslichkeit dar.

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Augensalben stellen geeignete Formulierungen zur Anwendung lipophiler Arzneimittel dar.

Sie basieren oft auf Kohlenwasserstoffgelen (Vaselin unter Zusatz von Wollwachs, Wollwachsalkohol oder Parafin) sowie nichthydriertem Lanolin (LIST et al 1982). Die Grundstoffe sollen nicht reizend, geschmeidig, spreizbar, wasseraufnehmend und sterilisierbar sein. Augensalben zeichnen sich durch die langsame Abgabe hoher Dosen ihres beinhalteten Arzneimittels aus. Die turn-over-Rate eines Arzneimittels aus einer Salbe innerhalb des cul-de-sac ist im Vergleich mit der Übertrittsrate aus der Tränenflüssigkeit deutlich niedriger (0,5 % / Minute) (DE SANTIS u. PATIL 1994). Augensalben sammeln sich in den Spalträumen des Auges und bilden so ein Reservoir, aus dem bei jedem Lidschlag eine neue Schicht über die Kornea verteilt wird. Die Bioverfügbarkeit lipophiler Arzneistoffe wird somit durch Augensalben generell verbessert. In seltenen Fällen ist jedoch auch eine Retention der aktiven Agenzien im Salbengrundstoff beschrieben (SIEG u. ROBINSON 1979).

Verschiedene Salbengrundlagen können, intraokulär verabreicht, Endothelschäden, Korneaödeme, Neovaskularisation sowie Narbenbildung verursachen (FRAUNFELDER et al.

1973). Es wurden schwere Nebenwirkungen, von Sekundärglaukomen bis Totalverlust des Auges, nach experimenteller intraokulärer Injektion von 0,1 ml verschiedener Salbengrundlagen bei Kaninchen beschrieben. SCHEIE et al (1965) rät daher von der Anwendung von Augensalben oder ähnlichen öligen Grundstoffen bei chirurgischen Eingriffen am Auge grundsätzlich ab. Weitere Nachteile von Augensalben stellen mögliche Verkrustungen im Bereich der Augenlider und die Beeinträchtigung des Visus sowie der Verschluß tränenableitender Wege dar (CAMPELL 1979; SCHMIDT 1988). Die in der vorliegenden Studie zum Einsatz gelangte Augensalbe Corti Biciron ® stellt eine ölige Suspension dar. Neben den pharmakologisch aktiven Substanzen Dexamethason-21- isonicotinat und Oxytetracyclinhydrochlorid enthält sie Siliciumdioxid, Isopropylmyristat, Wollwachs, Paraffin und Vaselin.

Nachfolgend soll die Arzneimittelfamilie der Glukokortikoide hinsichtlich ihrer Herkunft, pharmakologischen Wirkung sowie der Nutzen und Risiken des therapeutischen Einsatzes betrachtet werden.

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2.4 Glukokortikoide

Glukokortikoide stellen eine in der Behandlung des Auges häufig zum Einsatz gelangende Stoffgruppe dar. Bei entzündlichen Erkrankungen kann ihr Einsatz aufgrund ihrer starken antiinflammatorischen und imunsuppressiven Wirkung von großem Nutzen sein, er sollte jedoch nicht ohne gründliche Abwägung der Risiken geschehen. In der vorliegenden Arbeit wurde das Verteilungsverhalten von Dexamethason, einem klassischen Vertreter der Glukokortikoide zur Anwendung am Auge, untersucht.

2.4.1 Herkunft, Bildung, Regulation

Kortikosteroide stellen biochemisch Steroidhormone aus 21 Kohlenstoffatomen dar, die vom Körper nach ihrer Bildung nicht gespeichert, sondern nach ihrer Synthese unmittelbar in die Blutbahn abgegeben werden.

Die Kortikosteroide entstammen der Nebennierenrinde, wo sie in mehreren Biosynthese- schritten aus Cholesterol gebildet werden. Neben den Kortikosteroiden, zu denen Glukokortikoide und Mineralokortikoide zählen, werden auch schwache Androgene gebildet.

Während die Mineralokortokoid-Sekretion über das Renin-Angiotensin-System reguliert wird, steuert die Glukokortikoidsekretion das Hypothalamus-Hypophysenvorderlappen- System via Corticotropin-Releasinghormon (CRH) und Adrenocorticotropes Hormon (ACTH) (OETTEL 1996). Dabei werden Schwankungen in der Sekretionsrate von Glukokortikoiden durch Schwankungen in der ACTH-Ausschüttung aus hypophysären kortikotropen Zellen verursacht. Diese unterstehen wiederum der Regulation durch übergeordnete CRH-Neurone des Hypothalamus. Das Zusammenspiel der drei beteiligten Organe bildet die Hypothalamisch-hypophysär-adrenale Achse (HHA).

ACTH veranlaßt die Zellen der Zona fasciculata sowie der Zona reticularis zur Produktion von Kortisol und zu dessen Freisetzung in die Zirkulation (GOLDFIEN 1984). ACTH interagiert dabei, wie die meisten Peptidhormone, mit spezifischen Membranrezeptoren, die der Familie der G-Protein gekoppelten Rezeptoren zugerechnet werden (CONE, MOUNTJOY 1993). Die tägliche Menge des endogenen Kortisolausstoßes liegt beim Menschen zwischen 15 – 25 mg sowie bei 5 mg Kortikosteron (KASS und HOLMBERG 1979). Die normale Plasmakonzentration von 11-Hydroxykortikoiden schwankt um 20 µg /

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