Die regionalen Verhandlungen über Arzneimittel-Richtgrößen lau- fen. Doch die Umsetzung der auf Bundesebene geschlossenen „Emp- fehlung für regionale Richtgrößen- vereinbarungen“ bereitet den Kas- senärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen noch Probleme.
Nach Ansicht von Karl-Heinz Schönbach vom Bundesverband der Betriebskrankenkassen können arzt- gruppenspezifische Richtgrößen in diesem Jahr noch nicht so ausgestal- tet werden, wie es die Empfehlung vorsieht. Geplant sei, Richtgrößen als modifizierte Fallkosten-Durch- schnittswerte zu bilden, die auf den Bruttoausgaben und Behandlungsfäl- len basieren, sagte Schönbach bei ei- nem Atrium-Symposium Mitte De- zember in Köln. Berücksichtigt wer- den sollen auch Praxisbesonderhei- ten, die von der Richtgrößenprüfung ausgenommen sind. Strukturierte Richtgrößen seien jedoch frühestens von 1999 an möglich: Dann könnten auch von der Richtgrößenprüfung ausgenommene Wirkstoffe (Anla- ge 2), die Gliederung der Arzneimit- tel nach Indikations- und Stoffgrup- pen (Anlage 3) sowie eine Differen- zierung nach Altersgruppen (Anla- ge 5) einbezogen werden.
Harte Verhandlungen mit den Kassen
Mit harten Verhandlungen müß- ten die KVen bei der Festlegung des Ausgabenvolumens für 1998 rechnen, sagte der Vorsitzende der KV Hessen, Dr. med. Jürgen Bausch: „Der Druck auf der Einnahmenseite der Kassen wird die Verhandlungen bestimmen.“
Davon besonders betroffen seien die KVen, die ihr Budget in den letzten Jahren überschritten hätten: „Sie ha- ben mit schärferen Richtgrößenver- einbarungen zu rechnen, weil sie ihre Altlasten abtragen müssen.“
Ein generelles Problem sieht Bausch in der Umsetzung der Richt- größenprüfung. Die KV Hessen wer- de voraussichtlich auch im Jahr 1997 unter dem Budget bleiben. Doch gehe man von der vorgesehenen Interven- tionsgrenze für Prüfverfahren aus (15 Prozent über dem Fachgruppen- durchschnitt), läge eine Vielzahl der Ärzte im Überschreitungsbereich.
„Wenn das scharf gemacht wird, dann kracht es“, prognostizierte Bausch. Es müsse daher sichergestellt werden, daß es keine Prüforgien gibt. Diese könnten vermieden werden, wenn man die Ärzte, die weit über dem Durchschnitt liegen, im voraus selek- tieren und so „die Spreu vom Weizen“
trennen würde, sagte Birger Rostalski vom Verband der Angestellten-Kran- kenkassen. In jedem Fall erfordere die Umsetzung der Richtgrößen auf Landesebene Fingerspitzengefühl.
Zudem sieht er die Gefahr, daß der Arzt aus Furcht, seine Richtgröße zu überschreiten, nicht mehr adäquat verordnet oder „teure Patienten“ ins Krankenhaus überweist. Kassen und Ärzte sind sich einig, daß die Ein- führung des neuen Konzepts einer in- tensiven Informationsarbeit bedarf.
Noch bestünden Rationalisie- rungsreserven im Arzneimittelsektor, meinte der stellvertretende Vorsit- zende der KV Südbaden, Dr. med.
Jan Geldmacher. Eine darauf abzie- lende Pharmakotherapieberatung müsse am Verordnungsverhalten der Ärzte ansetzen. In der Vergangenheit seien viele Medikamente nur auf Pati- entenwunsch ausgestellt worden. Ei- ne praxisinterne Positivliste würde es dem Arzt erleichtern, eine sinnvolle und überschaubare Medikamenten- auswahl zu treffen. Dr. Sabine Glöser
A-20 (20) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 1–2, 5. Januar 1998
P O L I T I K AKTUELL
Der ärztliche Nachwuchs ist ver- unsichert. Mehr als 8 000 Ärztinnen und Ärzte sind bei der Bundesanstalt für Arbeit arbeitslos gemeldet. Bun- desärztekammer und Marburger Bund schätzen jedoch, daß weit mehr Ärzte betroffen sind. Auch die Per- spektiven derjenigen, die mit Zeitver- trägen an Krankenhäusern arbeiten, werden zunehmend schlechter. Das Gesundheitswesen unterliegt ständig weiteren finanziellen Einschränkun- gen, die Bonner Gesundheitspolitik vermittelt wenig Hoffnung. In Ham- burg wollen die Gesundheitsbehörde,
das Arbeitsamt, der Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) in Hamburg, der Marburger Bund und die Ärzte- kammer Hamburg gemeinsam mit dem „Zentrum für Deutsch-Norwegi- sche Wirtschaftskontakte“ arbeitslose deutsche Ärzte an norwegische Ge- sundheitseinrichtungen vermitteln.
Im Dezember 1997 fiel der Startschuß zur Aktion „Berufschancen in Norwe- gen 1998“, einem unentgeltlichen Be- rufsservice für approbierte Ärztinnen und Ärzte.
Im Januar wird eine Informati- onsveranstaltung unter Beteiligung der norwegischen Ärzte stattfinden, zu der Bewerber gesondert eingela- den werden. Im Anschluß daran kön- nen Vorstellungs- und Bewerbungs- gespräche mit den norwegischen Ärz- tinnen und Ärzten durchgeführt wer- den. Die Ärztekammer Hamburg und Im Deutschen Ärzteblatt (Heft 39) sind bereits
zwei weitere Projekte zur Rekrutierung deut- scher Ärzte nach Norwegen vorgestellt wor- den. Informationen dazu erteilen: Mercuri Ur- val, Otto-von-Guericke-Ring 15, 65205 Wies- baden, sowie die Zentralstelle für Arbeitsver- mittlung, Vermittlungsstelle 22.12, Feuerbach- straße 42-46, 60325 Frankfurt/M.
Norwegen
Berufschancen für junge Ärztinnen und Ärzte
Arzneimittel-Richtgrößen
Verträge erfordern
„Fingerspitzengefühl“
um zweiten Mal war die soge- nannte Herzklappen-Affäre Thema eines Jahressymposi- ums des Vereins „Anwälte für Ärzte“
im November. Während der 1. Vorsit- zende des Vereins, der Düsseldorfer Rechtsanwalt Dr. jur. Günter Ton- dorf, 1996 vor allem zu den möglichen Straftatbeständen referierte, ging es diesmal um die jüngste Entwicklung des anfangs mit großem öffentlichen Interesse verfolgten „Skandals“.
Vorläufiges Fazit des Rechtsan- walts, der einige inkriminierte Ärzte anwaltschaftlich vertritt: „Trotz der anfänglichen Furore wird ein für alle Beteiligten vergleichsweise glimpfli- ches Ende zu erwarten sein.“ Die Qualität der Ermittlungen lasse zu wünschen übrig. Hauptkritik: Zwi- schen dem Ausgangspunkt staatsan- waltschaftlicher Neugier und dem für Verdächtige erstmals sichtbar wer- denden Ermittlungsverhalten – etwa eine Durchsuchung von Wohn- und Diensträumen – liegt oft eine große Zeitspanne.
Am Hauptvorwurf, mit dem auch die Durchsuchungsbeschlüsse be- gründet werden, habe sich bis heute nichts geändert. Ärztliche und nichtärztliche Mitarbeiter medizini- scher Einrichtungen sollen von Her- stellern und Lieferfirmen Zuwendun- gen erhalten haben, und zwar in der Höhe, in der der vereinbarte Preis et- wa einer Herzklappe oder anderer medizinisch-technischer Artikel weit über dem marktüblichen Niveau gele- gen hat. Diese Zuwendungen, argu- mentiere die Staatsanwaltschaft, seien also vom Klinikträger und letztlich von den Krankenkassen finanziert worden.
Tondorf resümierte: „Im Verhält- nis zu den Anfangsvorwürfen, die als Skandal verkauft wurden, ist wenig übriggeblieben.“ Strafrechtlich reiche das Spektrum von der Einstellung
„mangels Tatverdacht“ über die Ein- stellung gegen Auflagen bis zum Straf- befehl oder der Anklage. Die erste Anklage gegen einen Arzt, berichtete eine Teilnehmerin des Symposiums, sei in diesen Tagen von der Staatsan- waltschaft München beim Amtsge- richt Ingolstadt erhoben worden. Ins- gesamt seien 1680 Verfahren von den Wuppertaler Vorermittlern an die ört- lichen Staatsanwaltschaften im ganzen Bundesgebiet abgegeben worden.
Steuerfahndung
Alarmiert worden seien inzwi- schen auch die Steuerfahndungsstel- len, die nun Verfahren wegen des Ver- dachts der Steuerhinterziehung ein- leiteten, berichtete der Düsseldorfer Jurist. Der Umstand, daß dem Fiskus ein Schaden durch Verkürzung der Einkommensteuer in diesem Zusam- menhang entstanden sein könnte, sei vielerorts zu Beginn der Ermittlungen nicht hinreichend gewürdigt worden.
Die Fallkonstellationen seien sehr unterschiedlich. Die Spanne rei- che von Kongreßteilnahmen, die ein Medical-Unternehmen dem beliefer- ten Arzt großzügig finanziert habe, bis hin zu einem „Fall“, bei dem ein gemeinnütziger Verein als „Zuwen- dungswaschanlage“ fungiert habe.
Dorthin soll Geld geflossen sein, das dann ausschließlich einem Chirurgen für eine bestimmte Forschungstätig- keit zur Verfügung gestanden haben soll. Mit Spannung sei zu erwarten, wie die Staatsanwaltschaft sich zur Frage des Schadens äußern werde, be- tonte Jurist Tondorf. Insbesondere sei noch längst nicht ausgemacht, ob ein Preis, der real für ein Medizin-Pro- dukt zu zahlen gewesen wäre, tatsäch- lich – wie behauptet – um einen „Zu- wendungsaufschlag“ erhöht gewesen ist. Dr. jur. Torsten Casimir
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P O L I T I K AKTUELL
Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 1–2, 5. Januar 1998 (21)
Herzklappen-Affäre
Nichts Konkretes
Was liegt heute auf dem Tisch – nach den umfangreichen Ermittlungen der Schwerpunktstaatsanwaltschaft?
Z
der Marburger Bund werden sich an der Beratung und an den Aus- wahlgesprächen beteiligen. Bewerber schicken ihre Unterlagen an: TBT Zentrum für Deutsch-Norwegische Wirtschaftskontakte, Königinstraße 1, 24768 Rendsburg.
Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Ärztekammer Hamburg Heinz Lohmann, stellvertretender LBK-Vorsitzender
Vergütung:Angestellte Assistenz- ärzte in einem kommunalen Kranken- haus verdienen im Durchschnitt mo- natlich 5 520 DM brutto. Hinzu kom- men monatlich rund 2 400 DM an Zu- lagen. Die Vergütung richtet sich nach den norwegischen Tarifen, wird in der Landeswährung ausgezahlt und un- terliegt den dort geltenden Versiche- rungs- und Besteuerungsgrundlagen.
Urlaub:Generell gilt der Jahresur- laubsanspruch von 22 Werktagen.
Arbeitsort: In Norwegen besteht ein genereller Bedarf an ärztlichem Personal. Bewerber können hinsicht- lich des Dienstortes Wünsche äußern.
Nach Eingang der Bewerbung erhal- ten sie Angebote von norwegischen Krankenhäusern, zu denen sie Stel- lung nehmen können.
Vertragsdauer:Das Minimum liegt bei 18 Monaten, besser zwei bis drei Jahre. Im jeweiligen Stellenangebot der norwegischen Krankenhäuser sind die Vertragsdauerwünsche ge- nannt. Entsprechend können die Be- werber entscheiden, wie lange sie in Norwegen bleiben wollen. Ähnliches gilt für Vertragsverlängerungen, die mit dem jeweiligen Krankenhaus zu vereinbaren sind.
Arbeits- und Aufenthaltsgenehmi- gung:Bereits vor Ankunft in Norwe- gen sind die Formalitäten erledigt und für die Vertragsdauer gültig.
Unterkunft: Das jeweilige Kran- kenhaus in Norwegen hilft bei der Wohnungssuche. Viele norwegische Krankenhäuser haben betriebliche Kindergärten.
Sprachkenntnisse/Sprachkurs:
Englisch wird vorausgesetzt. Berufs- begleitend findet unentgeltlich eine intensive Einführung in die norwegi- sche Sprache statt. Für Ärzte, die be- reits einen Vertrag mit einem norwe- gischen Krankenhaus geschlossen ha- ben, findet in Hamburg ein zweimo- natiger Grundkurs statt, der in Nor- wegen vertieft wird.