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Archiv "Geriatrie in Großstadtkliniken" (12.02.1982)

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Geriatrie in Großstadtkliniken

Erfahrungen in den Internistisch-Geriatrischen Kliniken der Städte Amsterdam und Duisburg

Jaap Schouten und Michael Martin

Aus der Geriatrischen Abteilung

des Gemeinde-Krankenhauses Slotervaart, Amsterdam (Chefarzt: Dr. Jaap Schouten)

und der Geriatrischen Klinik der Städtischen Kliniken Duisburg (Chefarzt: Professor Dr. Michael Martin)

Zwei geriatrische Kliniken in der Bundesrepublik Deutsch- land und in Holland werden vorgestellt. Zunächst wird die Struktur der Kliniken be- schrieben, danach wird unter Berücksichtigung der sich er- gebenden Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten eine Synopsis versucht. Geriatri- sche Kliniken sind als wichti- ger Faktor einer umfassenden Krankenbetreuung seit lan- gem anerkannt. Der Vergleich bereits funktionierender Mo- delle kann zur Planung künfti- ger Kliniken sicher Wesentli- ches beisteuern.

Zwei Modelle einer geriatrischen Kli- nik werden vorgestellt. Einmal han- delt es sich um die Geriatrische Kli- nik der Städtischen Kliniken Duis- burg (80 internistische Betten), zum anderen um die somatogeriatrische (76 Betten) und psychogeriatrische Abteilung (32 Betten) der Geriatri- schen Abteilung des Städtischen Slotervaart-Krankenhauses in Am- sterdam. Zunächst wird die innere Struktur beider Kliniken im einzel- nen besprochen. Danach wird eine Synopsis unter Berücksichtigung der sich ergebenden Gemeinsam- keiten und Verschiedenheiten ver- sucht. Geriatrische Kliniken sind als wichtiger Faktor einer umfassenden Krankenbetreuung seit langem aner- kannt. Nur der Vergleich verschiede- ner bereits funktionierender Modelle kann die Planung zukünftiger opti- maler Klinikstrukturen möglich ma- chen.

1. Modell Amsterdam

Im Jahr 1969 beschloß die Gemein- deverwaltung der Stadt Amsterdam eine Abteilung mit 108 geriatrischen Diagnostikbetten zu errichten. Das Gesamtklinikum des Slotervaart- Krankenhauses zählt 700 Betten, verteilt auf Abteilungen für innere Krankheiten, Kardiologie, Chirurgie,

Orthopädie, Rheumatologie, Kinder- krankheiten, Gynäkologie, Neurolo- gie, Neuroch irurgie, Augenkrankhei- ten und Hals-Nasen-Ohren-Krank- heiten. Hinzu kommen selbstver- ständlich Abteilungen für Pathologi- sche Anatomie, Labor sowie eine Schule für Krankenschwestern. Das Krankenhaus wurde 1976 eröffnet.

1.1. Ärztlich-personelles Konzept der Geriatrischen Klinik

Das Ärzte-Team ist folgendermaßen gegliedert:

1 Chefarzt

3 Chefs de Clinique (= Oberärzte) 7 Assistenzärzte.

Der Chefarzt und die drei Chefs de Clinique sind Internisten mit speziel- ler Ausbildung in Geriatrie. Der Chefarzt erhielt seine Ausbildung in geriatrischen Zentren in England, Frankreich und der Schweiz. Es ist geplant, noch einen Psychiater zu beschäftigen, der eine gesonderte Ausbildung in gerontopsychiatri- scher Medizin erhalten hat. Physio- therapeuten, Beschäftigungsthera- peuten und Logopäden unterstehen organisatorisch einem Leiter für pa- ramedizinische Dienste. Sie arbeiten aber selbstverständlich ganz eng zu-

sammen mit den Ärzten der Abtei- lung Geriatrie sowie den anderen Krankenhausabteilungen.

1.2. Struktur der

Geriatrischen Klinik Amsterdam Im Jahr 1975 zählte die Stadt Am- sterdam 751 054 Einwohner, von de- nen 15,2 Prozent, also 113 852 Ein- wohner, älter als 65 Jahre waren. In unsere Abteilung nehmen wir nur

„geriatrische" Patienten auf, wobei wir versuchen, die geriatrischen Pa- tienten wie folgt zu definieren:

älter als 65 Jahre,

© multiple Pathologie,

® gestörte Mobilität,

® psychische Störungen sind mög- lich,

® gestörte soziale Verhältnisse.

Selbstverständlich wird dies alles nicht bei jedem Patienten gefunden, aber wir versuchen dennoch, dieser Definition so gut wie möglich zu folgen.

Das Durchschnittsalter in der soma- togeriatrischen Abteilung war 80,6 40 Heft 6 vom 12. Februar 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe NB

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Jahre für Männerund 80,9 Jahre für Frauen (Tabelle 1 ). ln der psycheger- iatrischen Abteilung lag das Durch- schnittsalter bei 81 ,3 Jahren für Männerund 80,1 Jahren für Frauen.

Die meisten Patienten kamen direkt aus ihren eigenen Wohnungen in die somatageriatrische Abteilung (91 Prozent Männer und 89,9 Prozent Frauen) beziehungsweise in die psy- chogeriatrische Abteilung (87,8 Pro- zent Männer, 86,2 Prozent Frauen).

Wir haben mit einigen Modifikatio- nen ein Modell eingeführt, das auch in vielen geriatrischen Abteilungen in England funktioniert: Jeder Pa- tient (Ausnahme akuter Notfall) wird zuerst zu Hause von einem geriatri- schen Arzt besucht und dann erst in die Klinik eingewiesen. Der Grund ist, daß es in Holland nur relativ we- nige Ärzte für Geriatrie gibt und die holländischen Hausärzte in der Re- gel nicht genau wissen, welche Auf- gaben eine geriatrische Abteilung hat. Zeitweise bestand die Gefahr, daß Praktiker die geriatrische Abtei- lung als eine Art Pflegeheim be- trachteten.

Im Gegensatz zu England, wo der Arzt der geriatrischen Abteilung den Patienten zu Hause besucht, haben wir in Amsterdam ein System ge- wählt, in dem der Hausarzt den Arzt des geriatrischen Dienstes des Ge- meinde-Gesundheitsamtes für einen Hausbesuch anfordert. Meistens geht noch eine besonders ausgebil- dete Krankenschwester mit. Dieses System hat den Vorteil, daß der Arzt den Patienten und die Familie er- schöpfend über das aufklären kann, was in der geriatrischen Abteilung geschieht und daß Informationen von Kollegen zu erhalten sind, die in Geriatrie ausgebildet wurden. ln der täglichen Praxis läuft das sehr schnell ab, weil dem Arzt ein Auto mit Chauffeur und Mobilofon zur Verfügung st~ht (im Zentrum von Amsterdam benutzt der Arzt ab und zu das Fahrrad, weil das schneller geht!).

Unsere Abteilung befaßt sich beson- ders mit inneren Krankheiten bei äl- teren Patienten, dennoch finden

..,.. Altersverteilung Männer .

Alter %

6<H>9 2,7

70-79 39,8

8o-89 47,1

9Q-99 10,4

Anzahl der Patienten 221 Durchschnittliches

Alter 80,6

..,.. Herkunft bei Aufnahme

Eigene Wohnung Pflegeheim Altersheim

Andere Krankenhaus-Abteilung Anzahl Patienten

..,.. Entlassungsmodalität

Eigene Wohnung Pflegeheim Altersheim

Andere Krankenhaus-Abteilung Gestorben

Anzahl Patienten

..,. Entlassungszeitpunkt

Entlassen innerhalb 3 Monaten

Gestorben im Krankenhaus innerhalb 3 Monaten Noch im Krankenhaus nach 3 Monaten

Geriatrie in der Klinik

Frauen . Total

% %

3,3 3,1

37,4 38,2

53,0 51,0

6,3 7,7

455 676

80,9

Männer ~ Frauen

% %

91,0 89,9

5,9 3,5

2,7 4,2

0,4 2,4

221 455

Männer Frauen

% %

37,1 41,3

27,1 27,1

4,5 6,6

3,2 4,2

31,7 20,8

221 455

1977 1978

n = 694 n = 676

71% 68%

20% 23%

9% 9%

Tabelle 1: Verschiedene Merkmale geriatrischer Patienten im Slotervaartkrankenhaus 1978

Ausgabe NB DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 6 vom 12. Februar 1982 45

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sich aber auch Patienten mit neuro- logischen Krankheiten in unserer Klinik. So haben etwa 20 Prozent der Patienten eine zerebrovaskuläre Störung. Selbstverständlich sehen wir in der psychogeriatrischen Ab- teilung auch viele Patienten mit De- mentia senilis. Weiterhin interessie- ren Herzkrankheiten, Vitaminman- gelzustände, endokrine Erkrankun- gen usw.

1.3. Ambulanz

Die niedergelassenen Ärzte haben immer die Möglichkeit, ihre Patien- ten in die angegliederte geriatrische Ambulanz zu überweisen. Im Jahre 1979 haben wir in dieser Ambulanz 345 Patienten gesehen, die zum er- sten Mal und 1215 Patienten, die zur Nachbehandlung kamen, also zu- sammen 1560 Patienten.

1.4. Patienten der

Geriatrischen Klinik Amsterdam Im Zeitraum vom 1. Januar 1978 bis zum 31. Dezember 1978 betreute die geriatrische Klinik 676 Patienten in der somatogeriatrischen Abteilung und 121 Patienten in der psychoge- riatrischen Abteilung, also insge- samt 797 Patienten. In beiden Abtei- lungen war die Anzahl der Frauen doppelt so groß wie die der Männer:

In die somatogeriatrische Abteilung wurden 221 Männer und 455 Frauen, in die psychogeriatrische Abteilung 41 Männer und 80 Frauen aufge- nommen. 37,1 Prozent der Männer und 41,3 Prozent der Frauen aus der somatogeriatrischen Abteilung konnten wieder in die eigene Woh- nung entlassen werden. Der Pro- zentsatz der Patienten, die sich zu Hause selbständig nicht mehr be- haupten konnten, war für beide Ge- schlechter gleich: 27,1 Prozent (Ta- belle 1). Wir können selbstverständ- lich nur die Patienten nach Hause entlassen, die völlig unabhängig sind, das heißt sie sollen alle norma- len Aktivitäten des täglichen Lebens selbständig erledigen können, wie sich selbst waschen, alleine auf die Toilette gehen, selbst Mahlzeiten be- reiten usw. Bedenkt man, daß viele

Patienten in unsere Abteilung über- wiesen werden mit einem Brief des Hausarztes, der um Aufnahme in ein Pflegeheim bittet, so befriedigt es doch sehr, daß recht viele Patienten wieder in ihre eigene Wohnung zu-

rückkehren konnten.

Die durchschnittliche Liegezeit in der geriatrischen Abteilung war 32,9 Tage. Für Männer, die anschließend wieder nach Hause konnten, betrug sie 28,7 Tage, für Frauen war sie mit 37,7 Tage etwas länger. Dies hängt damit zusammen, daß die Frauen meistens ganz alleine standen und für sich selbst sorgen mußten (Ta- belle 1). Selbstverständlich war die Liegezeit für Patienten, die in ein Pflegeheim gehen sollten, länger, weil immer gewartet werden mußte, bis ein Platz frei war. Trotzdem la- gen im Jahre 1978 nur noch 9 Pro- zent der Patienten länger als 3 Mo- nate im Krankenhaus, ähnlich wie ein Jahr zuvor.

Die psychogeriatrische Abteilung zeigt ein differentes Bild: Hier konn- te nur 17,1 Prozent der Männer wie- der in die eigene Wohnung zurück- kehren, aber immer noch mehr als Frauen mit 7,5 Prozent. Da es im Jahr 1978 noch zu wenig Plätze im Pflegeheim für psychogeriatrische Patienten gab, war die durchschnitt- liche Liegezeit relativ lang. Dennoch waren nach 3 Monaten weniger Pa- tienten im Krankenhaus (28 Prozent) als ein Jahr vorher (42 Prozent).

1.5. Diagnoseschlüssel

Sehr oft wird Herzinsuffizienz gefun- den: 30,6 Prozent der Patienten in der somatogeriatrischen und 17,4 Prozent der Patienten in der psycho- geriatrischen Abteilung waren an ei- ner Herzinsuffizienz erkrankt. Auch Störungen des Herzrhythmus kamen oft vor. Vitaminmangel war nicht sel- ten. In der psychogeriatrischen Ab- teilung hatten 21,5 Prozent der Pa- tienten einen Folsäuremangel. Auch Eisenmangel wurde oft gefunden.

Viele Patienten hatten eine Bronchi- tis, was durch das Klima und Rauch- gewohnheiten zu erklären ist. Infek- tionskrankheiten der Harnwege wa-

ren nicht selten. Diabetes mellitus kam besonders oft vor: 30,5 Prozent bei den somatogeriatrischen und 34,7 Prozent bei den psychogeriatri- schen Patienten.

Was vor allem zum Nachdenken An- laß geben sollte, ist die Tatsache, daß in der psychogeriatrischen Ab- teilung bei 74,4 Prozent der Fälle vom Hausarzt eine Dementia senilis diagnostiziert worden war. Tatsäch- lich war aber bei 25 Prozent dieser Fälle nach den Befunden der psy- chogeriatrischen Abteilung keine Demenz vorhanden.

1.6. Soziale Aspekte

In Amsterdam wird kein Patient ent- lassen, weder in die eigene Woh- nung noch in ein Pflegeheim, bevor seine ganze Situation im Team be- sprochen wurde. Das Team setzt sich aus Ärzten, Krankenschwe- stern, Pflegern, Ergotherapeuten, Aktivierungstherapeuten, Sozialar- beitern und eventuell einem Logo- päden zusammen. Die Aktivierungs- therapeuten haben die Aufgabe, mit den Patienten nur das zu machen, was diesen angenehm ist, wie strik- ken, spielen oder einfach Musik hö- ren beziehungsweise gemütlich zu- sammensitzen. Sie sind besonders intensiv in der psychogeriatrischen, aber auch in der somatogeriatri- schen Abteilung tätig.

Die Ergotherapeuten (Beschäfti- gungstherapeuten) sind dazu da, den Patienten das Verhalten im täg- lichen Leben wieder zu lehren. Sie suchen ebenso wie die Sozialarbei- ter, wenn es notwendig ist, die Woh- nung des Patienten vor der Entlas- sung zusammen mit dem Patienten auf. Wir entlassen, wenn die Familie nicht sicher ist, ob der Patient wie- der nach Hause kann, den Patienten für 1 oder 2 Tage, nehmen ihn dann aber wieder in die Abteilung und warten ab, ob die Familie sich wirk- lich imstande fühlt, den Patienten zu Hause zu versorgen. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß die Ent- lassung eines Patienten, der zu Hau- se nicht willkommen ist, als zweck- los angesehen werden muß.

46 Heft 6 vom 12. Februar 1982 79. Jahrgang

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Ausgabe A/B

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Geriatrie in der Klinik

Daneben haben die Ärzte einmal in der Woche eine spezielle Sprech- stunde für die Angehörigen, was für die Familie, die Ärzte selbst und für die Patienten von Nutzen ist.

1.7. Ausbildung von Studenten und Fortbildungsveranstaltungen Die Geriatrische Klinik Amsterdam hat in ihren Abteilungen die Mög- lichkeit, Studenten im Rahmen ihres Praktischen Jahres für mindestens einen Monat auszubilden. Voraus- setzung ist, daß sie vorher drei Mo- nate Innere Medizin durchlaufen ha- ben, was ohnehin für jeden Medizin- studenten Pflicht ist.

Die Ausbildung zum Internisten dau- ert in Holland fünf Jahre. Es ist mög- lich, ein Jahr davon in einer geriatri- schen Abteilung zu verbringen.

Daneben organisiert unsere Abtei- lung zusammen mit dem Gerontolo- gischen Institut Amsterdam jährli- che Fortbildungskurse für Ärzte, Krankenschwestern, Pfleger, Pflege- helferinnen, Geistliche und Psycho- therapeuten.

Weiter veranstalten wir einmal in der Woche für Ärzte, die in Pflegehei- men arbeiten, eine Patientendemon- stration. Jeder unserer vier Interni- sten betreut einmal in der Woche ein Pflegeheim, um den Ärzten, die dort full-time arbeiten, konsiliarische Hil- fe zu leisten.

2. Modell Duisburg

Am 12. September 1977 öffneten die neuerbauten Städtischen Kliniken Duisburg ihre Pforten. Zu den schon vorher bestehenden Abteilungen (Medizinische Klinik, Chirurgische Klinik, Neurochirurgische Klinik, Kinderklinik, Frauenklinik, Zentral- labor) traten folgende Disziplinen:

Anästhesie, Neurologie, Röntgen- diagnostik, Nuklearmedizin, Kin- derpsychosomatik, Pathologie und Geriatrie.

Über die zuletzt genannte Einrich- tung wird hier berichtet.

2.1. Personelles Konzept der Klinik 80 Patienten sowie die angeschlos- sene geriatrische Ambulanz werden von 8 Ärzten versorgt:

1 Chefarzt 2 Oberärzte 5 Assistenzärzte.

Das Schwestern-Patienten-Verhält- nis beträgt 1 zu 2,5, das heißt 8 Schwestern beziehungsweise Pfle- ger versorgen pro Station 20 Pa- tienten.

Der medizinisch-technische Dienst sieht darüber hinaus 2 Schwestern und 2 Arzthelferinnen für stationä- re und ambulante Aufgaben vor (EKG, Doppler-Technik, Oszillogra- phie, Blasendruckmessung, Nekro- sebehandlung, Lyseüberwachung usw.).

Der Chefarzt der geriatrischen Klinik ist Internist und für drei Jahre zur internen ärztlichen Weiterbildung zugelassen. Gleichzeitig ist er ärztli- cher Leiter der interdisziplinären physikalischen Abteilung mit 9 The- rapeuten und 6 Praktikanten. Auch der Beschäftigungstherapeut sowie die Logopädin unterstehen ihm.

2.2. Struktur der Geriatrischen Klinik Duisburg im Hinblick auf Patientenbetreuung

Die geriatrische Klinik erhält ihre Pa- tienten auf drei Wegen. 39,9 Prozent der Patienten kamen 1979 als direk- te Einweisung durch niedergelasse- ne Praktiker. 44,1 Prozent wurden als Notfälle aufgenommen und 11 Prozent waren interne Verlegungen aus anderen Klinikumabteilungen (Tabelle 3).

Für Noteinweisungen galt folgendes Prozedere. Interne Patienten über 65 Jahre sieht zunächst der geriatri- sche Diensthabende. Er entscheidet, ob der betreffende Kranke in die Ge- riatrische Klinik aufgenommen wird, oder ob eine Verlegung auf die In- tensivstation der Medizinischen Kli- nik erforderlich ist. Die letzte Ent- scheidung erfolgt in enger Zusam-

menarbeit mit den Ärzten der Medi- zinischen Klinik. Nach Behebung der intensivmedizinischen Erschei- nungen übernimmt die geriatrische Klinik den Patienten wieder auf ihre eigene Station.

2.3. Struktur der Geriatrischen Klinik Duisburg im Hinblick auf verschiedene diagnostische und therapeutische Angebote Es handelt sich um eine interne Spe- zialklinik zur Erkennung und Be- handlung von Alterskrankheiten. Ih- re Ärzte sind Spezialisten für Alters- krankheiten beziehungsweise stre- ben eine derartige Spezialisierung an. Formal gesehen ist die Geriatrie mit internistischen Krankheitsbil- dern befaßt, die bei fortschreiten- dem Lebensalter kontinuierlich an Häufigkeit zunehmen und dann spe- zielle Probleme der Inneren Medizin darstellen. Da derartige Alterskrank- heiten (Arteriosklerotische Ver- schlüsse, Arthrose, bestimmte zere- brale Syndrome, Formen der Urinin- kontinenz usw.) in einem geringen Prozentsatz auch einmal bei jünge- ren Patienten auftreten können, wurde bewußt auf die Festsetzung einer starren Altersgrenze verzich- tet. Wie erwähnt, spielt nur im Falle der Noteinweisung die Altersgrenze von 65 Jahren eine Rolle.

2.4. Subspezialität Angiologie (Diagnostik und Therapie von Gefäßerkrankungen)

Die Erfahrung hat gelehrt, daß eine geriatrische Klinik in selbständiger Form nur lebensfähig ist, wenn sie eine mit der Geriatrie verwandte, gleichzeitig aber darüber hinaus- greifende Subspezialität intensiv pflegt. Erst hierdurch wird die Ger- iatrie in die Lage versetzt, einen auch für andere Kliniken interessan- ten Konsiliardienst anzubieten und Ärzte zu finden, die sich sowohl für die medizinische Versorgung Hoch- betagter als auch für das Erlernen der in Frage stehenden Subspeziali- tät interessieren. Derartige Fachdis- ziplinen können Rheumatologie, Onkologie oder Angiologie sein. In 48 Heft 6 vom 12. Februar 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A/B

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Duisburg steht neben den allgemei- nen internistischen Angeboten die Angiologie als hochspezialisierte Fachrichtung zur Diagnostik und Therapie vorwiegend chronisch ar- terieller Arterienveränderungen zur Verfügung. Hier finden alle moder- nen Verfahren, wie Oszillographie, Ultraschaii-Dopplertechnik, Footvo- lumetrie, elektronische Venendruck- messung, fibrinelytische Auflösung intravasaler Blutgerinnsel sowie (zu- sammen mit dem Röntgeninstitut) die intraarterielle Aufdehnung von Arterieneinengungen und Arterien- verschlüssen ihre Anwendung.

2.5. Ambulante Versorgung und Konsiliartätigkeit

Ein wichtiger Teil der geriatrischen Klinik ist die Ambulanz, in der auf kassenärztliche Überweisung be- stimmte Untersuchungen durchge- führt werden können. Ohne den le- bendigen Kontakt mit den niederge- lassenen Ärzten, wie ihn nur die Am- bulanz bieten kann, wird keine ger- iatrische Klinik optimal tätig sein können. Hier wird langfristig das Vorgehen bei Alterskranken geplant und eine eventuell notwendige sta- tionäre Aufnahme in die Klinik fest- gelegt. Die Ambulanz ist weiter eine wichtige Institution zur Beurteilung von Patienten in Hinblick auf eine stationäre Rehabilitierbarkeit mit den Mitteln der geriatrischen Klinik.

1979 wurden in der geriatrischen Ambulanz an 682 Patienten 1787mal diagnostische oder therapeutische Maßnahmen durchgeführt.

2.6. Patienten

der Geriatrischen Klinik Duisburg Zwischen dem 1. Januar 1979 und dem 31. Dezember 1979 betreute die geriatrische Klinik 900 Patienten sta- tionär. Unter Zugrundelegung von 80 Betten entspricht dies einer Nut- zungsrats von 11 ,3 Patienten pro Bett, pro Jahr.

Das durchschnittliche Alter unserer Patienten betrug im Jahre 1979 71,7 Jahre. Der älteste Patient war 97 Jahre (Tabelle 3). C>

'

....

Kardiavaskuläres System

Herzinsuffizienz Herzinfarkt - rezent Herzinfarkt - alt Rhythmusstörungen Aortensklerose Klappenfehler Endocarditis lenta Koronarsklerose ..,. Atmungsorgane

(Broncho-)pneumonie Bronchitis

Embolie Tuberkulose Karzinom Metastasen Pleuritis

..,. Niere und Harnwege

Niereninsuffizienz Infektion

Inkontinenz

Prostatahypertrophie Prostatakarzinom Nierentuberkulose Nierenkarzinom Nierenstein Blasenstein

..,. Psychiatrische Krankheiten

Senile Demenz Vaskuläre Demenz Verwirrungszustände Depression

Paranoia Halluzinationen

Somata Psycho

% %

30,6 17,4

3,7 7,4

6,5 10,7

39,9 29,8

12,9 16,5

7,8 8,3

0,3 -

5,8 3,3

Somata Psycho

% %

9,9 14,9

39,1 37,2

14,8 12,4

0,6 0,8

3,3 5,0

0,2

-

0,4

-

Somata Psycho

% %

14,1 11,6

27,4 28,1

7,0 6,6

7,1 7,4

0,6 -

0,2 -

0,6

-

2,1

-

0,6 -

Somata Psycho

% %

9,6 74,4

- -

2,1 9,1

2,7 8,3

1,5 6,6

0,2 4,1

Tabelle 2: Ausgewählte Krankheitsbeteiligungen verschiedener Systeme bei geriatri- schen Patienten im Slotervaartkrankenhaus 1978

Stationär behandelt wurden Männer

Frauen

das Durchschnittsalter betrug

900 Patienten 421

479 71,7 Jahre Tabelle 3: Geriatrische Klinik Duisburg, Statistik für das Jahr 1979

Ausgabe NB DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 6 vom 12. Februar 1982 53

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Geriatrie in der Klinik

Das Verhältnis Frauen zu Männer war in unserem Krankengut 479 zu 421 (53 zu 47 Prozent). Diese Ausge- wogenheit, die sonst in geriatri- schen Kliniken nicht vorliegt (in der Regel wesentlich mehr Frauen als Männer), ist dadurch zu erklären, daß die Klinik zu einem gewissen Teil Zuweisungen mit der Erstdia- gnose chronische arterielle Ver- schlußkrankheit erhielt, wobei die- ser Patientenkreis vornehmlich männlich war.

Die durchschnittliche Liegezeit be- trug 33 Tage. ln diesem Durch- schnitt sind Patienten enthalten, die

sich zur diagnostischen Abklärung nur wenige Tage in unserem Hause aufhielten und Patienten, die auf- grund protrahierter Krankheitser- scheinungen längere Zeit behandelt wurden.

Die Mehrzahl der Patienten wurde nach Hause entlassen, oft unter Her- anziehung der in Duisburg zur Ver- fügung stehenden mobilen Hilfs- dienste. Nur 37 Kranke (4,1 Prozent) mußten erstmals in ein Pflegeheim

bezie~ungsweise in ein Altenkran- kenheim verlegt werden. 1978 be- trug die Gesamtletalität 12,2 Pro- zent, 1979 lag sie bei 11 ,9 Prozent.

..,. Allgemeine Daten von 900 Patienten 1979 359 (39,9%) direkte Einweisung von zu Hause 397 (44,1 %) Notaufnahmen

99 (11 ,0%) interne Übernahme innerhalb der Klinik 37 ( 4,1%) erstmals in ein Pflegeheim entlassen 110 (12,2%) gestorben

..,. Diagnoseschlüssel bei 373 Notaufnahmen 44 (11 ,8%) Herzmuskelkrankheiten

26 ( 7,0%) Diabetes mellitus

26 ( 7,0%) arterielle Verschlußkrankheit 23 ( 6,2%) koronare Herzerkrankungen 19 ( 5,1 %) Schlaganfall

18 ( 4,8%) akuter Herzmuskelinfarkt 18 ( 4,8%) transitorische Ischämie (TIA)

..,. Diagnoseschlüssel bei 352 Patienten mit einer Einweisung von zu Hause

99 (28,1%) arterielle Verschlußkrankheit 39 (11, 1%) Herzmuskelkrankheit 27 ( 7,7%) Schlaganfall

19 ( 5,4%) koronare Herzerkrankungen 10 ( 2,8%) akuter Herzmuskelinfarkt

10 ( 2,8%) sonstige venöse Embolien und Thrombosen 10 ( 2,8%) Diabetes mellitus

Tabelle 4: Geriatrische Klinik Duisburg

2.7. Diagnoseschlüssel

Werden die Erstdiagnosen (klinisch wichtigste Erkrankung) betrachtet und nach Notaufnahme beziehungs- weise regulärer Aufnahme unterteilt, so stand im ersten Fall die Herzin- suffizienz und im zweiten Fall die arterielle Verschlußkrankheit an er- ster Stelle (Tabelle 4).

Die Bedeutung der Angiologie (Dia- gnostik und Therapie der Gefäßer- krankungen) im Rahmen der Geria- trie geht aus Darstellung 1 hervor.

Insgesamt wiesen ein Drittel der sta- tionär eingewiesenen Patienten eh ronisch-arterielle GefäßverschI üs- se auf.

ln der Patientengruppe mit pnmar allgemeininternistischen Erkrankun- gen war als bisher unbekannter Zu- fallsbefund immer noch in einem Fünftel der Fälle ein Gliedmaßenar- terienverschluß vorhanden. Die Häu- figkeit der arteriellen oder gemischt diabetisch-arteriellen Extremitä- tengangrän (beziehungsweise Ne- krosen) betrug 7,4 Prozent aller Auf- nahmen .

Arterielle Nekrosen bedurften täg- lich lokaler Behandlung auf einem speziell hierfür eingerichteten Ar- beitsplatz in der Diagnostik- und Be- handlungsschiene der geriatrischen Klinik.

Die Gesamtbehandlungsdauer der Patienten mit derartigen Gewebslä- sionen betrug im Schnitt 3 bis 4 Mo- nate. Dieser Sachverhalt mag als Beispiel für eine relativ lange geria- trische Liegezeit bei gleichzeitig ho- hem Aufwand an pflegerischer und ärztlicher Betreuung dienen.

2.8. Soziale Aspekte

Die Entlassungsmodalitäten einer geriatrischen Klinik unterscheiden sich grundlegend von jenen anderer Disziplinen. Bei jeder Entlassung muß die Frage gestellt werden, wie der Patient zu Hause versorgt wird, ob mobile Hilfsdienste einzusetzen sind, inwieweit noch weitergehende Rehabilitationsmaßnahmen, zum 54 Heft 6 vom 12. Februar 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe AlB

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Arterielle Verschlußkrankheit n = 166 (33,2%)

d 98

y

68 Alter x 70,5 Jahre

Geriatrische Klinik Duisburg Merkmal: Arterielle Verschlüsse

Gesamtgruppe n = 500 (100%) cf 235 +

y

265

Alter x 70,6 Jahre

Andere Erkrankungen n = 334 (66,8%) d 141 +

y

193

Alter x 70,7 Jahre

AVK primär n = 80 (48,2%)

d 57 +

y

23

Alterz 65,5 Jahre

AVK sekundär n = 86 (51,8%) d 41 +

y

45 Alter x 75,1 Jahre

Mischgruppe n = 420 mit AVK n = 86 (20,5%)

182 +

y

238 Alter x 71,6 Jahre

Darstellung 1: 500 Patienten des Jahres 1979 wurden bezüglich des Merkmals „arte- riosklerotischer Gefäßverschluß" untersucht. Eine arterielle Verschlußkrankheit war in 33 Prozent, keine arteriellen Verschlüsse in 67 Prozent der Fälle feststellbar. AVK primär = Patienten, die wegen einer arteriellen Verschlußkrankheit eingewiesen wurden. AVK sekundär = Patienten, die wegen einer allgemein-internistischen Krank- heit eingewiesen und bei denen unter anderem auch Gefäßverschlüsse festgestellt wurden. Mischgruppe = Patienten, die wegen einer allgemein-internistischen Erkran- kung eingewiesen wurden. Hier betrug die Häufigkeit des in der geriatrischen Klinik festgestellten arteriellen Verschlußleidens 20 Prozent

Beispiel in einem Altenkrankenheim, erforderlich sind, beziehungsweise ob nicht eine definitive Pflegeheim- einweisung unumgänglich ist.

Derartige Weichenstellungen wer- den in erster Linie in der Angehöri- gensprechstunde vorgenommen.

Die Angehörigensprechstunde ist ei- ne ständige Einrichtung, die jeden Dienstag von 14.00 bis 16.00 Uhr stattfindet. Teilnehmer der Angehö- rigensprechstunde sind der Chefarzt beziehungsweise Oberarzt, der Sta- tionsarzt, die Sozialarbeiterin sowie die zuständigen Schwestern, Be- schäftigungstherapeuten, Logopä- din, Physiotherapeuten und Studen- ten im Praktischen Jahr. Bei diesen Gesprächen wird ausgelotet, was für Versorgungsmöglichkeiten bei den einzelnen Patienten zu Hause vor- handen sind.

Die Angehörigen erhalten Aufschluß über den Stand der Gesundung be- ziehungsweise über die zu erwarten- de Prognose. Besonders wichtig ist das Statement des Beschäftigungs- therapeuten, der anhand eines Beur- teilungsbogens Auskünfte über die Aktivitäten des täglichen Lebens (Anziehen, Ausziehen, Telefonieren, Türschlösser bedienen, Einkaufen, Kochen usw.) gibt.

Stellt sich heraus, daß keine optima- len Versorgungsmöglichkeiten vor- handen sind, dann verbleibt der Pa- tient solange in der geriatrischen Klinik, bis diese erreicht sind. Hier- aus ergibt sich eine gewisse Unflexi- bilität in der Bettenbelegung. „Not- entlassungen" von Patienten, die wegen akuter Einweisungen ein oder zwei Tage früher als beabsich- tigt entlassen werden, sind für den geriatrischen Fachbereich in der Re- gel nicht möglich.

1979 wurden insgesamt 284 derarti- ge Gespräche geführt. Wenn mög- lich, nahmen die Kranken an diesen Beratungen selbst teil.

In anderen Fällen waren die Patien- ten über das Gespräch mit Angehö- rigen orientiert und damit einver- standen.

2.9. Ausbildung von Studenten und Fortbildungsveranstaltungen Die geriatrische Klinik beherbergt im Rotatingverfahren vier der zwölf Studenten, die im Rahmen ihres Praktischen Jahres das Fach Innere Medizin durchlaufen. Jeder Student wird auf einer der vier Stationen aus- gebildet und betreut hier eine fest- gelegte Zahl von Kranken.

Die geriatrische Klinik bietet neben den turnusmäßigen Veranstaltungen aller Kliniken eine wöchentliche,

einstündige spezielle geriatrische Fortbildung. Weiter findet jede Wo- che ein einstündiges Seminar über periphere Gefäßerkrankungen statt.

Neben diesen rein fachbezogenen Fortbildungsveranstaltungen sieht es die geriatrische Klinik als ihre Aufgabe an, auch eine entsprechen- de Laienaufklärung über Probleme des älteren kranken Menschen durchzuführen. In diesem Zusam- menhang wurden zahlreiche Vorträ- ge vor Interessierten in Altenbegeg- nungszentren gehalten.

Ausgabe A/B DEUTSCHES ARZ'I'EBLATT 79. Jahrgang Heft 6 vom 12. Februar 1982 57

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Geriatrie in der Klinik

3. Diskussion

Der vorliegende Beitrag stellt zwei internistische geriatrische Kliniken vor. Die erste Klinik (Geriatrische Abteilung des Städtischen Sloter- vaart-Krankenhauses Amsterdam) hat seit 1976 ihre Pforten geöffnet.

Die zweite Klinik (Geriatrische Klinik der Städtischen Kliniken Duisburg) ist seit 1977 in Betrieb. Amsterdam und Duisburg besitzen ähnliche Be- völkerungszahlen (750 000; 600 000) und Prozentsätze über 65jähriger (15 Prozent, 14 Prozent).

Der Vergleich des niederländischen und deutschen Modells ergibt ver- schiedene, unter anderem durch die jeweilige Art der gesetzlichen Orga- nisation des Gesundheitswesens ge- prägte Ungleichheiten, aber auch viele durch die Bedürfnisse älterer Kranker geprägte Gemeinsam- keiten.

Im Gegensatz zu den Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland ist die geriatrische Klinik in Amster- dam in eine zentralisierte staatliche Altenkrankenversorgung eingebet- tet. So meldet der Hausarzt in Am- sterdam einen geriatrischen Krank- heitsfall zunächst dem Gemeindege- sundheitsamt. Von hier aus begibt sich ein geriatrisch qualifizierter Arzt zusammen mit einer Kranken- schwester in die Wohnung des Pa- tienten und entscheidet an Ort und Stelle über eine Einweisung in die Geriatrie.

Die Geriatrische Klinik Duisburg hin- gegen ist vollständig autonom in der Aufnahme von Patienten bezie- hungsweise richtet sich nach den Einweisungsempfehlungen der nie- dergelassenen Kollegen.

Aus diesen verschiedenen Aufnah- memodalitäten ist ersichtlich, daß ein Modell vom Typ Amsterdam mit den etwas umständlichen Aufnah- meformalitäten weniger Akutkranke sieht als das Modell in Duisburg. Das letztere ist voll in das internistische Notaufnahmeprogramm integriert, das heißt, der Geriater sieht jeden Notfallpatienten über 65 Jahre als

erster und entscheidet über das wei- tere Prozedere.

Ein weiterer Unterschied betrifft die Definition „geriatrischer Patient". In Amsterdam ist dies durch eine Al- tersgrenze (65 Jahre und darüber) geregelt, in Duisburg werden hinge- gen Patienten mit typischen Alters- krankheiten (zum Beispiel arterio- sklerotische Gefäßverschlüsse, de- generative rheumatische Erkrankun- gen, bestimmte Formen der Urinin- kontinenz und Verwirrtheit) unab- hängig vom kalendarischen Alter als geriatrisches Krankengut angese- hen und aufgenommen.

Ein weiterer Unterschied besteht in der Tatsache, daß in Amsterdam (nicht aber in Duisburg) neben der somatogeriatrischen (=internisti- schen) Abteilung eine psychogeria- trische Abteilung errichtet wurde, die unter anderem durch einen Oberarzt mit psychiatrisch-neurolo- gischem Fachwissen betreut wird.

Eine derartige Ergänzung der geria- trischen Patientenversorgung ist zweifellos als ideal anzusehen und verdient Nachahmung an deutschen geriatrischen Kliniken.

Deutliche Ähnlichkeiten bestehen von der Krankenhausstruktur her.

Beide Kliniken sind Teile eines gro- ßen städtischen Klinikums von 700 (Amsterdam) beziehungsweise 625 (Duisburg) Betten. Für Patienten beider geriatrischer Kliniken stehen alle diagnostischen und therapeuti- schen Einrichtungen der einzelnen Abteilungen und Institute zur Verfü- gung.

Beide Kliniken haben die Möglich- keit, akute Notfälle auf die Intensiv- station der medizinischen Klinik zu verlegen. Weiterhin fand sich über- einstimmend ein festumrissener so- zialer Dienst, der dafür sorgte, daß Patienten tatsächlich nur dorthin entlassen werden, wo auch eine op- timale Versorgung gewährleistet ist.

Abschließend läßt sich sagen, daß zur Zeit sowohl in der Bundesrepu- blik Deutschland als auch im Aus- land verschiedene Modelle einer

möglichst optimalen geriatrischen Krankenbetreuung erprobt werden, wobei die funktionierende Klinik das Resultat eines primär theoretischen Konzepts, modifiziert durch die an sie herangetragenen Bedürfnisse der Umwelt (Ärzte, Patienten, ge- sundheitspolitische Struktur usw.), darstellt.

Professor Dr. med. Michael Martin Städtische Kliniken Duisburg Zu den Rehwiesen 9-13 4100 Duisburg

Dr. med. Jaap Schouten, internist Slotervaartziekenhuis

medisch centrum slotervaart louwesweg 6,

Amsterdam

ECHO

Zu: „Die Schwerhörigkeit des al- ternden Menschen" von Prof. Dr.

med. Harald Feldmann in Heft 44/

1981, Seite 2067 ff.

Viele alte Menschen schrecken vor dem Gang zum

Ohrenarzt zurück

„Daß ältere Menschen sich gelegentlich ihrer zuneh- menden Schwerhörigkeit bedienen, um Fragen auszu- weichen, ist zwar oft nur ein Trick zur bequemeren All- tagsbewältigung, doch läßt das Gehör bei den meisten Menschen mit den Jahren wirklich nach. Die sehr um- fangreichen Leistungen des Gehörs wie Sprachverständ- nis, gerichtetes Lauschen, gleichzeitige Auffassung von mehreren konkurrierenden Sprachsignalen und die gei- stige Verarbeitung des Ge- hörten werden im Alter be- einträchtigt. Das bestätigt Prof. Dr. Harald Feldmann, Direktor der Hals-, Nasen- und Ohrenklinik der Univer- sität Münster im DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATT. . ."

(Heinz Otto in Kölnische Rundschau)

58 Heft 6 vom 12. Februar 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A/B

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