• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Cocain und Cocainismus" (29.01.1981)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Cocain und Cocainismus" (29.01.1981)"

Copied!
7
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

1. Einleitung

„Ich habe in den allerletzten Jahren Entsetzliches an Cocainleidenschaft bei Männern der Wissenschaft gese- hen. Sie alle, die glauben, auf diese Weise durch die Pforte des Vergnü- gens in den Tempel des Glückes ge- stiegen zu sein, sie bezahlen ihr Au- genblicksglück mit ihrem Leib und ihrer Seele. Sie wandern bald durch die Pforte des Unglücks in die Nacht des Nichts."

So endet das Kapitel über Cocai- nismus aus dem bekannten Buch von Lewin „Phantastica — Die betäu- benden und erregenden Genuß- mittel" (1)*).

40 Jahre vorher hatte Sigmund Freud (2) in seinem berühmten Auf- satz „Über Coca" die Droge außer- ordentlich positiv beurteilt und nicht nur ihre stimulierende, aufheiternde und leistungssteigernde Wirkung ausführlich beschrieben, sondern sie auch zur therapeutischen An- wendung unter anderem gegen Stö- rungen der Magenverdauung, bei Kachexien sowie zur Morphin- und Alkoholentwöhnung empfohlen.

Mehrfach zitiert er zur Bestätigung seiner Beobachtungen und Wunsch- vorstellungen die Untersuchungen des italienischen Neurologen Dr.

Paolo Mantegazza: „Mantegazza ist ein begeisterter Lobredner der Co- ca, für deren vielseitige therapeuti- sche Verwendung er Belege in bei- gefügten Krankengeschichten er- brachte. Seine Mitteilung hat viel Aufmerksamkeit erregt, aber wenig Vertrauen gefunden. Ich habe so viel richtige Bemerkungen bei Mante-

gazza angetroffen, daß ich geneigt bin, auch denjenigen Angaben, wel- che zu bestätigen ich nicht Gelegen- heit hatte, Wert beizulegen."

Für dieses Urteil vielleicht nicht un- wichtig ist Mantegazzas Schilde- rung eines Selbstversuches mit Co- ca, die Freud als „enorm glückliches Lebensgefühl" wertete: „Von zwei Cocablättern als Flügeln getragen, flog ich durch 77 348 Welten, eine immer prächtiger als die andere.

Gott ist ungerecht, daß er es einge- richtet hat, daß der Mensch leben kann, ohne immer Coca zu kauen.

Ich ziehe ein Leben von 10 Jahren mit Coca einem Leben von 1 000 000 Jahrhunderten ohne Coca vor." (3) Die von Mantegazza auch erwähnte Cocain-Kachexie, geistige und ethi- sche Deprivation wird von Freud nicht verschwiegen, aber doch stark verharmlost.

Er stand dem Gebrauch der Droge offenbar so unkritisch gegenüber, daß er, selbst nachdem er darauf aufmerksam gemacht wurde, wel- che negativen Auswirkungen der Cocaingenuß haben kann, in seinen

„Bemerkungen über Cocainsucht und -furcht" in der Wiener Medizini- schen Wochenschrift 1887 (4) schrieb: „Ich habe mannigfache Er- fahrungen über länger fortgesetzten Cocaingebrauch bei Personen, die nicht Morphinisten waren, und habe selbst auch das Medikament durch Monate genommen, ohne etwas von einem besonderen, dem Morphinis- mus ähnlichen Zustande oder von einem Verlangen nach weiterem Co- caingebrauch zu verspüren oder zu erfahren."

Cocain ist ein „klassisches"

Rauschgift, das bisher seines hohen Preises wegen nur auf einen begrenzten Abnehmer- kreis beschränkt war. Das scheint sich zu ändern, wie die Überflutung des Marktes mit erheblich verbilligter Ware in Florida/USA zeigt.

Die unterschiedliche Bewertung von Coca und Cocain durch Freud und Lewin ist um so bemerkenswerter, als die zerstörerische Wirkung der Droge schon seit dem 16. Jahrhun- dert in Europa bekannt ist und die Verabreichung von Coca zur Steige- rung der Arbeitsleistung der India- ner sehr bald verboten wurde.

Ende des 19. Jahrhunderts entstand dann die Idee, den Morphinismus durch Cocain zu vertreiben. Erreicht wurde nur, daß beide Stoffe miß- braucht wurden und der Cocainis- mus auch in Europa zeitweilig zu einem erheblichen Problem wurde.

Nachdem die Droge lange Zeit in der heutigen „Szene" kaum eine Bedeu- tung hatte, ist der Konsum im letzten Jahr ständig gewachsen und erfor- dert daher nicht nur erhöhte Wach- samkeit, sondern möglichst genaue Kenntnisse über ihre pharmakokine- tischen, pharmakodynamischen und abhängigkeitserzeugenden Eigen- schaften.

2. Pharmakokinetik

Kein anderes Rauschmittel hat so viele Gebrauchsvarianten wie Co- cain. Beschrieben sind Einspritzun- gen unter die Haut, Einreiben in das Zahnfleisch, Trinken von Cocawein, Kauen von Cocapaste, Rauchen von Coca-versetztem Tabak und schließ- lich das Schnupfen von Cocainpul- ver. In den industrialisierten Län- dern ist immer noch das Schnupfen die häufigste Anwendungsform, ob- wohl bekannt ist, daß sie zu

*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

Cocain und Cocainismus

Helmut Coper

Aus dem Institut für Neu ropsychopharmakologie (Direktor: Professor Dr. med. Helmut Coper) der Freien Universität Berlin

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 5 vom 29. Januar 1981 173

(2)

Schleimhautulzerationen bis hin zur Perforation und Zerstörung der Na- senscheidewand führt.

Cocain wird von der Schleimhaut gut resorbiert. Die maximale Blut- konzentration ist bei Verwendung von Lösungen von der Gesamtdosis, und nicht von der Konzentration ab- hängig. Früher wurde angenommen, daß durch den vasokonstriktori- schen Effekt aus einer höher kon- zentrierten Lösung weniger Cocain ins Blut gelangt.

Aus verständlichen Gründen gibt es nur wenige Untersuchungen über Dosis-Konzentrationsbeziehungen.

Byck et al (5) haben 1977 bei chir- urgisch zu versorgenden Patienten vor einer nasalen Intubation einma- lig 1,5 mg/kg Cocainhydrochlorid (10% ig) lokal auf die Nasenschleim- haut gegeben. Danach stieg die Co- cainkonzentration im Blut schnell an, erreichte nach 15-60 min mit der Variation von 120-474 ng/ml ihr Ma- ximum und sank dann mit einer Halbwertzeit von durchschnittlich 3,8 Stunden wieder ab. Analoge Untersuchungen führten sie mit gelegentlichen Cocainschnupfern durch, die 0,38 mg/kg intranasal er- hielten. Die Cocainkinetik war auf deutlich niedrigerem Niveau (25-40 ng/ml nach 1 Stunde) sehr ähnlich.

Die Probanden empfanden den Ef- fekt „as good as usual". Das Ergeb- nis ist insofern bemerkenswert, als bei „street usern" die stärkste Eu- phorie vorhanden ist, bevor die Blut- konzentration ihr Maximum erreicht.

Auch die Wirkungsdauer ist kürzer als es dem Verlauf des Cocaingehal- tes im Blut entspricht. In der Regel wiederholen Cocainisten die Dosis alle 15 min, um den gewünschten Effekt zu unterhalten.

Ohne Messung der Cocainkonzen- tration im Blut haben sich Resnick et al. (6) in einer kontrollierten Studie bemüht, eine Dosis-Wirkungsbezie- hung nach intranasaler und intrave- nöser Gabe von Placebo, 10 und 25 mg Cocain an 19 Cocainisten aufzu- stellen. Danach war die Wirkung von 10 mg intranasal gegebenen Co- cains nicht von der eines Placebo zu unterscheiden. Nach 25 mg stieg in-

nerhalb von 60 min der Blutdruck etwas an. Die erfahrenen Probanden gaben an, „high" gewesen zu sein, der Effekt sei aber nicht sehr stark gewesen, er habe etwa 30 min ange- halten. Nach i. v. Injektion von 10 mg erhöhte sich 2-5 min später der Puls und Blutdruck. Parallel dazu traten verschiedene psychische Effekte wie Euphorie, Wachheit usw. auf, deren Maximum nach 10-15 min er- reicht war. Nach 30 min waren die Wirkungen vorbei. Auf 25 mg Cocain i. v. waren die peripheren und zen- tralen Reaktionen ausgeprägter, hielten aber nicht länger an. Nach Jasinski et al (7) sind 25 mg Cocain i. v. 20 mg d-Amphetamin oral wir- kungsgleich. Fischmann et al. (8) fanden, daß 10 mg d-Amphetamin i. v. etwa der Wirkungsstärke von 8-16 mg i. v. Cocain entsprechen.

Die Resorption nach oraler Gabe ist deutlich geringer als nach Schnup- fen und Rauchen, da ein Teil des Cocains im Magen-Darm-Trakt zer- stört wird. Gemessen an der Schlaf- verkürzung und Verminderung der REM-Phase müssen etwa 130 mg Cocain per os genommen werden, um eine sicher zentral-nervöse Wir- kung zu erzielen (9).

Cocain wird in der Leber, möglicher- weise aber auch durch die Pseudo- cholineste rase des Serums hydroxy- liert und vornehmlich als Benzyl- ecgonin eliminiert. Geringe Mengen werden auch unverändert ausge- schieden. Dieser Anteil erhöht sich bei saurem pH des Urins.

3. Pharmakodynamik und Toxikologie

Cocain hat eine Reihe peripherer und zentraler Wirkungen, die im Rahmen dieses Aufsatzes nur kurz beschrieben werden können.

Neben der Lokalanästhesie sind es vor allem sympathomimetische Wir- kungen. Die Blockierung der Ner- venleitung erfolgt über die gleichen Mechanismen wie bei den anderen Lokalanästhetika durch Hemmung des Natrium- und Kaliumaustau- sches in den Membranen der Ner- venfasern (10).

1910 berichteten Fröhlich und Loewi (11) zum ersten Mal, daß Cocain die Blutgefäße, die Iris und die Blase, nicht aber die Speicheldrüse, gegen Adrenalin empfindlicher macht. Die- se sympathomimetische Wirkung ist in der Folgezeit immer wieder an anderen Präparaten und mit ande- ren Methoden bestätigt worden. Sie wird durch Hemmung der Aufnahme des Noradrenalins in den Nervenen- digungen, in denen dieser Transmit- ter nervöser Impulse gespeichert wird, erklärt. Außerdem kommt es zu einer etwas vermehrten Freisetzung des biogenen Amins aus den Spei- cherorganellen.

Eine direkte Wirkung von Cocain an adrenergen Rezeptoren ist umstrit- ten (12, 13).

Die Folgen der „uptake Hemmung"

sind stark vereinfacht, verkürzt und nur in einem bestimmten Dosenbe- reich:

O Vasokonstriktion

(e)

Tachykardie

O positiv inotrope Wirkung

• Mydriasis.

Der Mechanismus der zentralnervö- sen Phänomene des Cocains ist bis heute nicht voll geklärt. Wahrschein- lich überlagern sich aminerge (nor- adrenerge, dopaminerge, serotoner- ge), cholinomimetische und lokalan- ästhetische Wirkungen, so daß die einzelnen Wirkqualitäten nicht iso- liert auf eine einzige molekulare Re- aktion zurückgeführt werden kön- nen. Im Tierversuch treten ähnliche Effekte wie nach Amphetamin auf.

Im EEG kommt es zu einer Desyn- chronisation und zu einer „arousal reaction". Abhängig von der Umge- bungstemperatur steigt oder sinkt die Körpertemperatur. Die Toxizität erhöht sich in warmer Umgebung.

Die Tiere sterben an der Hyperther- mie. Cocain hat wie Amphetamin ei- nen anorexigenen Effekt und führt speziell bei kleinen Nagern zu einer gesteigerten motorischen Aktivität und in hohen Dosen zu stereotypen Bewegungen.

(3)

Cocain — Renaissance in der Szene?

Cocain kommt wieder in Mode.

Das zeigt sich, wie zu allem was bisher „in" wurde, zunächst in den USA. In Miami toben seit zwei Jahren Gangsterschlachten, die alles in den Schatten stellen, was die USA bisher auf diesem Gebiet offerieren konnten. Der Cocainmarkt, bisher fest in kuba- nischer Hand, wird systematisch von Kolumbianern kassiert.

Es gibt Schätzungen, wonach ge- wisse Banken in Miami hinsicht- lich ihrer Geldbewegung nahezu vollständig vom Cocaingeschäft abhängen; sie würden illiquid werden, gäbe es diesen Markt nicht. Im Gefolge des Cocains hat sich — wie auch schon für Marihuana — überdies ein Markt für Ausrüstungsgegenstände und Accessoirs etabliert, der außeror- dentlich gewinnträchtig zu sein scheint.

Die Einfuhr von Cocain — Florida befriedigt 60 bis 80 Prozent des gesamten US-Bedarfs — wurde 1978 auf 12 bis 15 Milliarden Dol- lar geschätzt; die jährlichen Zu- wachsraten liegen bei 5 Prozent.

Volkswirtschaftlich gesehen han- delt es sich dabei um einen Po- sten, der ganz erheblich zur Infla- tionierung der Lebensführung beiträgt — soweit die Beurteilung von Jon Newton in „The Journal"

vom 1. April dieses Jahres.

Die Erzeugerländer des Cocains liegen nach wie vor in Südameri- ka (siehe Glossar des nachfol- genden Artikels). Die Ware wird auf Booten transportiert und/oder nach Unterfliegen des Radar- schirms von kleinen Flugzeugen irgendwo in Florida abgeladen.

Wann der Cocain-Boom Europa erreicht, ist ungewiß; daß er kom- men wird, scheint nach allen bis- herigen Erfahrungen mit „der Szene" unausweichlich.

Für Cocain, das in westlichen Ländern immer eine teure Droge war und deshalb nur auf einen begrenzten Abnehmerkreis rech- nen konnte, zeichnet sich ab, was für Heroin schon bekannt ist:

man verdient mehr, wenn die Wa- re billig ist, das heißt „die Menge bringt es''.

Von selbst versteht sich, daß man durch Erzeugung und Vertrieb von Cocain — wie auch bei Opia- ten und Marihuana — schneller zu Wohlstand kommt als mit le- galer Arbeit. Das macht die Eradi- zierung des Suchtproblems so schwierig.

Redlicherweise muß man zuge- stehen, daß die Verwaltungen und Behörden der Erzeugerlän- der zwar guten Willens, aber ziemlich machtlos hinsichtlich der Überwachung oder gar der Eindämmung der Rohstoffpro- duktion für den Rauschgiftmarkt sind.

Es bedarf wohl eines Vielfachen der Mittel, die gegenwärtig von Polizei und Zollüberwachung eingesetzt werden, um des Übels Herr zu werden. Kein Weg aber geht daran vorbei, daß die beste Suchtbekämpfung eben in der drastischen Beschneidung der Ressourcen liegt: je weniger Stoff auf den Markt kommt, desto weniger Menschen können über- haupt erst in Versuchung ge- bracht werden.

Vorläufig gehen die meisten „Co- cain-Toten" Floridas allerdings nicht auf Rechnung akuter Ver- giftungen mit Cocain oder jahre- langen Cocainmißbrauchs, son- dern auf Rechnung des Gang- sterkrieges, der dort derzeit mit großkalibrigen Maschinenwaffen und Explosivgeschossen um die Marktanteile an diesem Men- schen-Vergiftungsmittel geführt wird. W. Forth Beim Menschen gilt Cocain als star-

kes Stimulans, erzeugt eine kurz an- haltende Euphorie, unterdrückt Er- müdungserscheinungen und redu- ziert den Appetit. Unter dem Einfluß der Droge kommt es zu einer ge- wissen Logorrhöe, verminderter Konzentrationsfähigkeit, Nervosität, manchmal auch Angst und Lichtempfindlichkeit. Diese akuten Effekte sind denen von Amphetamin und amphetaminähnlichen Stimu- lantien sehr ähnlich. Interessanter- weise kann ein großer Teil erfahre- ner Cocain User dennoch unter- scheiden, welches Stimulans (äqui- potente Dosis) gegeben wurde. Ob nur die kürzere Wirkungsdauer des Cocains das Diskriminationsvermö- gen vortäuscht, ist noch unklar (8).

Nach höheren Dosen oder chroni- schem Gebrauch ruft Cocain psy- choseartige Zustände, paranoide Reaktionen, auditorische, visuelle und speziell taktile Halluzinationen hervor. Hierzu gehören die berühm- ten halluzinierten Cocainwanzen, die die Patienten sich von der Haut kratzen wollen.

Wenig ist über eine „sichere" Dosis speziell nach lokaler und chroni- scher Anwendung bekannt. Bis zu 300 mg Cocain wurden zur Lokalan- ästhesie instilliert, ohne daß erhebli- che Nebenwirkungen auftraten. An- dererseits haben Orr und Jones (14) berichtet, daß bei Patienten, die 150 mg einer wäßrigen Cocainhydro- chloridlösung topisch zur Laryngo- skopie erhielten, Puls und Blutdruck anstiegen. Bei 7 von 20 Patienten traten sogar Arrhythmien auf. Zahl- reiche Autoren haben auf die außer- ordentlich große interindividuelle Streuung tödlicher Dosen hingewie- sen. Sie erstreckt sich von 800-1430 mg oral, 100-2500 mg s. c. und 22-260 mg per mucosam (15). Nach einer Überdosis nicht bekannter Größe starben zwei Drittel der Fälle in weniger als 5 Stunden und ein Drittel innerhalb der ersten Stunde.

Eine Cocainvergiftung äußert sich hauptsächlich in einer zentralnervö- sen Symptomatik. Die Patienten sind äußerst erregt, ängstlich und ver- wirrt, die Reflexe sind gesteigert.

Hinzu kommen Tachykardie, Mydria-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 5 vom 29. Januar 1981 175

(4)

sis, unregelmäßige Atmung, Schüt- telfrost und Fieber. Häufig sind Übelkeit, Erbrechen und abdomina- le Schmerzen vorhanden. Mit Fort- schreiten der Intoxikation treten de- lirante Zustände, Cheyne-Stocksche Atmung, Krämpfe und Bewußtlosig- keit hinzu. Der Tod erfolgt durch Atemlähmung.

Der Zufuhrweg ist offenbar nicht für die Geschwindigkeit des Todesein- trittes entscheidend. ln einer großen retrospektiven amerikanischen Stu- die über Todesursachen - sie um- faßte eine Gesamtpopulation von 62,9 Millionen Personen - wurden u. a. 111 Fälle ermittelt, bei denen Cocain an einem plötzlichen, uner- warteten Tod beteiligt war. Ein Teil der betroffenen Personen miß- brauchte auch Heroin. ln 70 Prozent von 86 Drogentoten war die Cocain- konzentration im Blut geringer als 4

~g/ml, bei einem Drittel weniger als 1

~g/ml. Interessanterweise fand sich bei keinem der Obduzierten eine Na- senscheidewandperforation. Sie ist also kein stets vorhandenes Zeichen für Cocainschnupfer. Außerdem sa- gen die Angaben, wie die Autoren betonen, nichts über den Cocain- mißbrauch in den USA aus (16).

4. Toleranz und Abhängigkeit Drogenabhängigkeit beschreibt ei- nen durch wiederholte Anwendung eines Pharmakons hervorgerufenen Zustand, der den Konsumenten zwingt, sich die Substanz immer wieder zuzuführen. Dieser Zustand enthält in der Regel drei abgrenzba- re Phänomene:

~ Toleranz

~ physische und

~ psychische Abhängigkeit.

Toleranz ist eine regulatorische Lei- stung, mit der der Organismus kom- pensatorisch auf den chronischen, exogenen Stimulus Droge reagiert.

Um die Wirkung der Droge zu erhal- ten, muß ihre Dosis im Laufe der Zeit erhöht werden. Im Gegensatz zum ähnlich wirkenden Amphetamin tritt aus bisher unbekannten Gründen gegen Cocain keine Toleranz auf.

Physische Abhängigkeit ist eng an das Vorhandensein von Toleranz ge- knüpft und durch Entzugserschei- nungen nach abruptem Absetzen des chronisch verwendeten Pharma- kons charakterisiert. Meist äußern sie sich in Reaktionen, die den initial auftretenden entgegengesetzt sind. Wie inzwischen bekannt, kommen gegenregulatorisch überschießende Antworten nicht nur bei plötzlichem Entzug von mißbräuchlich genom- menen Pharmaka vor, sondern als Rebound-Phänomene auch nach längerer Behandlung mit Arzneimit- teln wie Neuroleptika, Clonidin,

ß-

Biocker usw. Eine derartige Reak- tion wird auch nach Cocain, zum Beispiel als gehäufte REM-Phasen usw., beobachtet (9). Auffällige, den Konsumenten bedrohende oder von ihm als beängstigend empfundene Abstinenzsymptome, wie beim Alko- hol-, Opiat- oder Hypnotikaentzug, gibt es beim Cocain nicht.

Psychische Abhängigkeit beinhaltet den Drang, sich eine Droge zuzufüh- ren, um sich positive Empfindungen zu verschaffen oder negative zu ver- meiden, ferner eine intensive Be- schäftigung mit ihr und mit ihrer Be- schaffung, das "craving" bzw. "drug seeking behavior", wie es im Engli- schen heißt. Gegenüber Cocain ist dieser Zustand stark ausgeprägt.

Wie er zustande kommt ist noch weitgehend unklar, nicht zuletzt, weil Termini wie "pleasure" oder

"discomfort" in der WHO-Definition der psychischen Abhängigkeit an- tropomorphe Begriffe sind, die, wenn überhaupt, erst durch Einbe- ziehen sensornotorischer Reaktio- nen als positives oder negatives Reinforcement operationalisierbar und dadurch tierexperimentell zu- gängig werden. Als ein entsprechen- des Modell, psychische Abhängig- keit zu messen, wird die Selbstappli- kation von Drogen angesehen. Der Test wird meist an Rhesusaffen durchgeführt. Die Tiere können über operante Konditionierung relativ leicht trainiert werden, sich Sub- stanzen zu injizieren und die Häufig- keit der Injektion zu regeln. ln einer solchen Versuchsanordnung ist Co- cain ein deutlich stärkerer Reintor- cer als zum Beispiel Codein (18, 19).

Mit dieser Methode gelingt es auch, cum grano salis das Abhängigkeits- potential eines Pharmakons abzu- schätzen, zumindest sind die mei- sten Substanzen, die Menschen miß- bräuchlich verwenden, im Selbst- applikationsversuch positive Rein- forcer. Natürlich erklärt dieser Test nicht, warum Personen von Drogen abhängig werden und was sie be- wegt, sie zu verwenden. Zu berück- sichtigen ist auch, daß Cocainmiß- brauch unter Laborbedingungen nicht nachzuahmen ist. Die vielen Interaktionen zwischen Erwartung, Umgebung, Situation und den dosis- abhängigen pharmakadynamischen Effekten bei unterschiedlichem so- ziokulturellen Hintergrund und indi- vidueller Persönlichkeitsstruktur des "street users" sind durch stan- dardisierte Untersuchungen an aus- gesuchten Probanden nur unvoll- kommen zu erfassen. Schließlich schwanken nach Beobachtungen in der "Scene" allein die verwendeten Einzeldosen zwischen 0 und 200 mg Cocain. Auch sind die auf dem Schwarzmarkt beschafften Proben nicht selten mit Beimischungen ver- setzt. Diese bestehen aus Zucker (Laktose, Mannit, Inosit), Lokalanäs- thetika (Procain, lidocain, Benzo-

cain, Tetracain), manchmal auch an-

deren Drogen (Amphetamin). Speed ball ist eine Kombination von Cocain und Heroin. Da der Käufer die Rein-

heit seiner Probe oft nicht kennt,

kann er die angestrebte Dosis auch nicht sicher kontrollieren. Bei der relativ geringen Spanne zwischen erwarteter Reaktion und uner- wünschten Nebenwirkungen ist er also entgegen seiner Annahme vor negativen Folgen nie geschützt.

5. Konsumverhalten

Siegel sowie Wesson und Smith (20, 21) haben das Konsumverhalten ge- genüber Cocain und dessen Auswir- kungen näher analysiert. Ihre Ergeb- nisse geben die Verhältnisse in eini- gen Städten der USA wieder, kön- nen sicherlich nicht ohne weiteres auf die Bundesrepublik übertragen werden. Dennoch sind die folgen- den Erfahrungen und Überlegungen interessant genug, um sie auch in Deutschland bekannt zu machen.[>

(5)

GLOSSAR -

Cocain ist ein Ester des Ekgonins, dessen Säuregruppe mit Methylal- kohol und dessen alkoholische OH-Gruppe mit Benzoesäure verestert ist. Ekgonin ist ein Derivat von Tropan-3-ß-ol, während die Alkaloide der Solanaceae (z. B. Belladonna-Arten, Bilsenkraut, Stechapfel, Man- dragora usw.) Derivate des stereoisomeren Tropan-3-a-ols sind.

Vorkommen: Erythroxylaceae in tropischen Gebirgslagen (> 600- 2000 m) Südamerikas und Javas. Als Haupterzeuger gelten gegenwär- tig Bolivien, Kolumbien, Peru und Java. Die Blätter enthalten 0,7-2,5%

eines Alkaloidgemisches aus Cocain und Cuskhygrin. In den Blättern der auf Java vorkommenden Erythroxylaceae ist Ekgonin nicht mit Benzoesäure, sondern mit Zimtsäure verestert.

Trivialbezeichnungen in der Szene: Bernice, C, Charly, Coke, Dana blanca, gold dust, Koks, lady, Schnee, snow, Supernose, the pimps drug, the rich mens drug, weißer Schnee, white stuff.

Chemie von Cocain:

0 H3C0-C

1-1--

N-CH3 C-0

0

Nach der Überlieferung haben die Menschen die Wirkung des Cocains beim Überqueren von Gebirgen durch ihre Lasttiere, die Cocablätter fraßen, kennengelernt. Da die schnell einsetzenden, psychostimu- lierenden, leistungssteigernden und Hunger stillenden Effekte den Be- wohnern des südamerikanischen Hochlandes nicht nur angenehm, sondern zum Überleben auch nütz- lich erscheinen mußten, hat sich das Cocakauen bei ihnen bis zum heuti- gen Tag erhalten. Herstellung und Wirkung der Droge sind schon bald nach der Eroberung Perus in Europa bekannt geworden und seither im- mer wieder Gegenstand ausführli- cher Schilderungen gewesen. Sie fanden im 19. Jahrhundert ihren ro- mantischen Höhepunkt in viel gele- senen Reiseberichten verschieden- ster WissenSchaftler. Der die Zeit überdauernde Einfluß dieser alten Geschichten über eine geheimnis- volle, schwer erreichbare, exotische Droge (verbunden mit den Vorstel- lungen vom Indianer) auf Glück und Freiheit suchende junge Menschen sollte nicht unterschätzt werden.

Nicht von ungefähr waren Che Gue- vara und Ho Tschi Minh Idole aus weiter Ferne, die zu beschwören ge- nügte, um Handlungen im eigenen Lande zu begründen. Hinzu kom- men die Neugier und der Wunsch zu wissen, wie es ist, „high" zu sein, Kraft und Energie zu spüren, erhöh- ten Sexualgenuß zu erleben usw.

Die Drogenkarriere beginnt also in der Regel mit dem Experimentieren, das gewöhnlich im engen Freundes- kreis stattfindet. Nicht wenige Pro- bierer glauben nach der ersten Er- fahrung, daß Cocain ihnen immer Hochgefühle ohne Risiko verschaf- fen kann und sind durchaus bereit, den Konsum fortzusetzen. Häufig fehlt ihnen dazu das Geld.

Die „social-recreational user" be- nutzen Cocain in gemeinschaftli- chem Gebrauch mit Bekannten und Freunden als soziale Kontaktmög- lichkeit in aufregend angenehmer Stimmung. Die Dosis liegt bei 5-15 mg intranasal dreimal am Abend, im allgemeinen im Abstand von 15-30 min. Wird Cocain geraucht, werden

von 2-3 Personen für 4 Stunden ca.

1 g benötigt. Häufig haben „social- recreational users" Erfahrung auch mit anderen Drogen, bevorzugen aber Cocain, weil es soziales Verhal- ten erleichtert (LSD und Marihuana sind für sie ungesellige Drogen), an- genehm in der Applikation ist, schnell wirkt und bei richtig ge- schätzter Dosis wenig Nebenwirkun- gen, das heißt einen hohen Grad an Sicherheit hat. Den Reiz des Beson- deren hat Cocain auch wegen seines hohen Preises. Die übliche Ausrü- stung (coke spoon, Gefäße, Spiegel usw.) und der Stoff sind etwa acht- mal so teuer wie Marihuana, zu des- sen Genuß lediglich noch etwas Zi- garettenpapier oder eine Pfeife er- forderlich sind. Andererseits erklä- ren nicht wenige Konsumenten, daß für sie die hohen Kosten bei unglei- cher und unsicherer Qualität des Cocains der limitierende Faktor sei.

Der „Situationsuser" verwendet die Droge nur gelegentlich zur Lei-

stungssteigerung (Dopingmittel im weitesten Sinne) zur Beseitigung de- pressiver Stimmungen, als Appetit- zügler usw.

Die am stärksten gefährdete Grup- pe, die eigentlichen Cocainisten, sind Personen, die regelmäßig, daß heißt täglich, mehrmals Cocain schnupfen. Sie glauben dadurch ih- re Probleme besser bewältigen, ihre Belastungen besser ertragen oder ein selbst gewähltes Leistungs- niveau besser bewahren zu können.

Fast alle Untersuchungen stimmen aber darin überein, daß die er- wünschten Wirkungen im Laufe der Zeit nachlassen und immer mehr durch unerwünschte toxische Effek- te, speziell taktile Halluzinationen, ersetzt werden. Diese Entwicklung kann nur durch Beendigung des Co- caingebrauchs verhindert werden, wobei allerdings nach Absetzen der Droge vorübergehend depressive Zustände auftreten können.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 5 vom 29. Januar 1981 177

(6)

Tabelle 1: Wirkungen des Cocains am Menschen (modifiziert nach Byck und van Dyke (17) )

Q)

~ Q) ~

-... c

Q) ... Q)

t w Q) Q) Q) c

· - 1o... ::J

=roOl

e -e

c

...., w·-

c ·- ""0 0 N Q)

..l<:::::I.O -a""O'-

E o o .... .o

Q) 0. "'

' - Q ) . . . J

u. .... ~

~ 1. Lokal appliziertes Cocain

1.1. Anästhesie

+

1.2. Pupillenerweiterung

+

~ 2. Systemisch gegebenes Cocain 2.1. periphere Wirkung

2.1.1. Pulsfrequenz

i

2.1.2. Blutdruck

i

2.1.3. Arrhythmien ±

2.1.4. Atmung 0

2.1.5. Körpertemperatur 0

2.1.6. Muskelkraft 0

2.2. zentrale Wirkungen

2.2.1. Wachheit

i

2.2.2. totaler Schlaf

!

2.2.3. REM-Phasen

!

2.2.4. Appetit

!

2.3. subjektives Empfinden 2.3.1. Kreativität

2.3.2. physische Leistung 2.3.3. sexuelle Aktivität, Libido 2.3.4. Aggressivität

2.4. toxische Wirkungen 2.4.1. Krämpfe

2.4.2. Psychosen

2.4.3. Perforation der Nasenscheidewand

Q)

c ..l<: c -~

Q) Q) Q)

... Ol

~

w

c

EGl5,

::I c c

Cf) Ql -- c.O""O 0 Q) Q) ::.::: Ol.O Ql""O c Ol- 0 c Q)

><ll!::.

+

i

!

!

i i i!

±

+ +

Der typische Cocainist, der in den USA zur Behandlung in eine Klinik kommt, ist männlich (82 Prozent), weiß (51 Prozent); (die ethnische und rassische Verteilung entspricht der der übrigen Bevölkerung), ar- beitslos (75 Prozent), hat formal ei- ne höhere Schulbildung als "ninth grade" (dies entspricht etwa unserer mittleren Reife) (80 Prozent), war bisher ohne Therapie (67 Prozent), ist mit 18 bis 25 Jahren freiwillig in die Klinik gegangen, das heißt, nicht auf Gerichtsbeschluß (65 Prozent).

Die erste Berührung mit der Droge erfolgt zwischen dem 16. und 17.

Lebensjahr (20 Prozent vor dem 15., 70 Prozent vor dem 20. Lebensjahr) (22). Viele Cocainschnupfer sind wie die meisten Drogenabhängigen Poli- toxikomanen. Sie trinken nebenher Alkohol, rauchen Marihuana und nehmen Schlaftabletten oder andere Ersatzstoffe.

Die Folgen eines chronischen Ge- brauchs von Cocain sind für die be- troffenen Kranken im Prinzip nicht anders als für Morphinisten, Alkoho- liker usw. und werden lediglich durch unterschiedliche Begleiter- scheinungen überlagert, deren Symptomausprägung die Diagnose und Therapie bestimmt (Leberzir- rhose, Korsakow-Syndrom beim Al- koholiker, Kachexie und psychoti- sche Zustände beim Cocainisten usw.). Darüber hinaus sind die mei- sten Patienten psychisch so abhän- gig, daß praktisch ihr ganzes Inter- esse und all ihre Gedanken der Dro- ge gelten. Eigeninitiative und Zu- kunftsplanung gehen verloren. Sie arbeiten nicht mehr, Schüler und Studenten brechen ihre Ausbildung ab. Da die Abhängigen aber Geld für den Kauf des Stoffes brauchen, müssen sie ihn durch Verschuldung, Drogenhandel, Diebstahl usw. (Be- schaffungskriminalität) besorgen. Sie vernachlässigen sich, ihre Klei- dung und ihre Unterkunft. Sie essen wenig und magern stark ab. Auch emotionale Äußerungen und Bin- dungen werden immer geringer.

Mehr oder weniger schnell kommen sie in eine aussichtslose Lage. Das Endstadium ist gekennzeichnet durch erschütternde Bilder körperli- chen und seelischen Verfalls.

C>

(7)

6. Therapie

Die Therapie der verschiedenen Sta- dien des Cocainismus wird in der Regel (95 Prozent) medikamenten- frei durchgeführt. Lediglich bei psy- chotischen Reaktionen sind mit aller Vorsicht und unter Berücksichti- gung einer Politoxikomanie Diaze- pam und gelegentlich Neuroleptika in individueller Dosierung von Nut- zen. Eine Heilung der Abhängigkeit

— nicht nur von Cocain — ist, von Ausnahmen abgesehen, nur zu er- warten, wenn die Deprivation der Kranken nicht zu weit fortgeschrit- ten ist. Da es nahezu keine validen, wissenschaftlich belegten, reliablen Untersuchungsergebnisse über den Therapieerfolg „Drogenfreiheit"

durch ärztliche, psychologische oder soziale Bemühungen bzw.

Hilfs- und Betreuungseinrichtungen gibt, kann die Ansicht, das Erreichen dieses Therapiezieles sei fast immer Spontanheilung, die auch ohne auf- wendige Dienste eingetreten wäre, derzeit nicht widerlegt werden. Die- se Frage zu klären ist sicher schwie- rig, aber so wichtig, daß alles daran gesetzt werden sollte, eine eindeuti- ge Antwort zu erhalten.

Darüber hinaus müßte geprüft wer- den, welche Eigenschaften, Fähig- keiten, Motive und Bindungen Per- sonen besitzen, die nachweislich ih- ren Drogenkonsum eingestellt ha- ben, und unter welchen Umweltbe- dingungen, Situationen und bei wel- chem Grad der Abhängigkeit sie den Absprung geschafft haben. Viel- leicht ergeben sich aus Unterschie- den im „Profil" oder aus Einzelfak- toren von Geheilten und Kranken Hinweise, ob und was bei den Kran- ken fehlt, aufgebaut und trainiert oder an Hilfe zur Selbsthilfe angebo- ten werden kann. Derartige Untersu- chungen, so notwendig und einsich- tig sie auch sein mögen, haben we- nig Chancen realisiert zu werden, weil sie zugleich die Richtigkeit des Konzeptes überprüfen würden,

„Systemgeschädigte" zu behandeln (siehe dazu auch die Ausführungen von Geller im Dt. Ärzteblatt 13, 1980 (23)). Schon allein, weil der Ausgang der Prüfung ungewiß ist, wird kaum einer, der sich, seine Überzeugung

und seine Arbeit in Frage gestellt sieht, sie begrüßen oder gar fordern.

Wir werden uns daher weiter durch unser Engagement und hohen finan- ziellen Aufwand beruhigen, alles ge- tan zu haben, um mit dem Drogen- problem fertig zu werden, die Schuld am süchtigen Verhalten jun- ger Menschen bösen Mächten wie Gesellschaft, Leistungsdruck, Kapi- talismus, Berufsverboten usw. zu- schreiben und gelassen auf die be- fürchtete Cocainwelle warten. Von der Öffentlichkeit werden dann er- neut wissenschaftliche Grundlagen- forschung und klinische Forschung abstrakt gefordert werden, weil es sich so gehört und unverbindlich ist.

Konkrete Unterstützung und die Möglichkeit, nach internationalem Standard zu arbeiten,erfährt die For- schung dadurch naturgemäß aber nicht.

Literatur

Lewin, L.: Phantastica, Die betäubenden und erregenden Genußmittel, 2. Aufl. Verlag .. von Georg Stilke in Berlin (1927) — Freud, S.: Uber Coca, in: Centralblatt für die gesamte Thera- pie (M. Heitler, Hrsg.), Verlag von Moritz Per- les, Wien (1884) 289-314 — Byck, R., Jatlow, P.;

Barash, P., and van Dyke, C.: Cocaine: Blood concentration and physiological effect after intranasal application in man, in: Adv. Behav.

Biol.: Cocaine and other Stimulants (E. H. El- linwood and M. M. Kilbey, eds), Plenum Press, New York and London (1977) 629-646 — Fisch- man, M. W.; Schuster, Ch. R., and Krasnegor, N. A.: Physiological and behavioral effects of intravenous cocaine in man, in: Adv. Behav.

Biol.: Cocaine and other Stimulants (E. H. El- linwood and M. M. Kilbey, eds.), Plenum Press, New York and London (1977) 647-664 — Tren- delenburg, U.: I. Mechanisms of supersensitiv- ity and subsensitivity to sympathomimetic amines, Pharmac. Rev. 18 (1966) 629-640 — Siegel, R. K.: Cocaine: Recreational use and intoxication, in: Cocaine 1977, Nat. Inst. Drug Abuse Monograph Series 13 (R. C. Petersen and R. C. Stillmann, eds.), Dept. of Health, Education and Welfare, Public Health Service, Rockville, Maryland. USA, (1977) 119-136 — Wesson, D. R., and Smith, D. E.: Cocaine: Its use for central nervous system stimulation in- cluding recreational and medical uses, in:

Cocaine 1977, Nat. Inst. Drug Abuse Mono- graph Series 13 (R. C. Petersen and R. C.

Stillmann, eds.), Dept. of Health, Education, and Welfare, Public Health Service, Rockville, Maryland, USA (1977) 137-152 — Das gesamte Literaturverzeichnis ist den Sonderdrucken beigefügt.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Helmut Coper Direktor des Instituts

für Neuropsychopharmakologie der Freien Universität Berlin Ulmenallee 30, 1000 Berlin 19

Risiken

bei Kontrastmittel- Untersuchungen

Zum Beitrag von Professor Dr. med.

Hans Joachim Maurer

in Heft 24/1980, Seite 1555 ff.

In Tabelle I wird dargestellt, daß schwere Reaktionen und Todesfälle bei der Urographie glücklicherweise selten sind, nämlich im allgemeinen bei 1:100 000. Dennoch muß jeder Arzt, der Kontrastmitteluntersu- chungen durchführt, über die Mög- lichkeit des Auftretens informiert sein, und er muß auch wissen, wie er solchen Kontrastmittelreaktionen am besten begegnen, oder noch besser, wie er sie verhindern kann.

Hierfür gebührt Herrn Maurer Dank für die Zusammenstellung.

Ich habe deshalb auch den Artikel vor meinen Mitarbeitern referieren lassen, weil ich diesen Dingen ganz besonderen Wert beimesse.

Im Hinblick auf die Aufklärung des Patienten teile ich angesichts der zahlenmäßig geringen Komplika- tionsrate aber nicht die Auffassung des Autors, zumal er selbst sehr richtig bemerkt, daß Angst auf der einen Seite die Reaktionen verstär- ken, Hypnose auf der anderen Seite eine statistisch signifikante Herab- setzung leichterer Kontrastmittelre- aktionen ermöglichen konnte.

Da der Autor aber auf einschlägige Gerichtsentscheidungen hinweist, in denen zunehmend strengere Auf- klärungsmaßstäbe angelegt werden, möchte ich die Redaktion bitten, den Artikel einigen Radiologen oder auch Medizinjuristen zur Stellung- nahme zuzusenden mit der Frage: In welchem Umfang Aufklärung und eventuell Protokollierung erforder- lich ist, da man bei aller gebühren- den Vorsicht doch immerhin beden- ken muß, daß eine zwei Seiten um- DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 5 vom 29. Januar 1981 179

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Bei alten Briefmar- ken , die oft bereits vor hun- dert und noch mehr Jahren hergestellt wurden, lassen sich diese hohen Qualitätsan- forderungen jedoch nur noch zu

sicherung ihre vertraglich ver- einbarten Leistungen zusätz- lich zu gesetzlichen oder pri- vaten Entschädigungen, auch wenn ein anderer den Unfall zu verantworten hat und für

risch die Atemfrequenz gesteigert. Nach Trama- dol-Gabe kommt es zu ei- nem signifikanten An- stieg des Atemzugvolu- mens und einem signifi- kanten Abfall der Atem- frequenz.

tensammlung erarbeitet — &#34;Index Iine in Zusammenarbeit mit DIMDI als Buchprogremm&#34; (insbesondere für Giftauskunftszentralen). Die Analytik und d.ie Auswertung ihrer

Nach dem § 78 Abs. 1 WHG kann die zuständige Behörde die Ausweisung neuer Baugebiete innerhalb von Flächen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten aus- nahmsweise zulassen,

thologie&#34; zu einem Pflicht- wahlfach degradierte (d. bei einer von sieben Prü- fungen im Diplom-Examen kann nun statt Psychopa- thologie auch eins von fünf anderen Fächern

Hingegen nicht höchstrichterlich entschieden ist der umgekehrte Fall: Kann der in Deutschland ansässige Hersteller seine Umsatzsteuer mindern, wenn er Rabatte direkt an

Die Unterschiede im Aroma von geschmortem Schweine- und Rindfleisch werden vor allem durch das Fehlen des oben genannten, für Rindfleisch typischen Aroma- stoffes und