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Archiv "Kampf der EU gegen Tabakmissbrauch geht weiter" (19.11.2004)

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braucher seit 50 Jahren über das Sucht- potenzial von Zigaretten und die ge- sundheitlichen Folgen des Rauchens zu täuschen. Für besonders gravierend hält das Ministerium den Umstand, dass die Tabakindustrie bewusst eine Strate- gie zur Irreführung der Öffentlichkeit entwickelt hat, die wissenschaftliche Belege in Zweifel ziehen sollte. Die fünf größten Zigarettenhersteller schalteten bereits 1953 in 448 amerikanischen Tageszeitungen eine

ganzseitige Anzeige, in der behauptet wur- de, dass es keine ausreichenden wissen- schaftlichen und me- dizinischen Belege da- für gebe, dass Rauchen Krankheiten verur-

sache. Die Konzerne kündigten außer- dem die Gründung eines „Tobacco Industry Research Committee“ an, das die „unabhängige“ Forschung über mögliche Gesundheitseffekte des Rau- chens fördern solle. Die Tabakindustrie habe in erster Linie ein Interesse an der Gesundheit der Menschen. Die Verant- wortung dafür habe Vorrang vor allen wirtschaftlichen Interessen, hieß es.

Das Tobacco Industry Research Committee diente in der Folgezeit dazu, die Gefahren des Rauchens zu verleugnen, die Öffentlichkeit in Sicherheit zu wiegen und so genannte wissenschaftliche Kontroversen über

den Zusammenhang von Rauchen und Krankheiten zu führen. 1958 gründeten die Mitglieder des Komitees das

„Tobacco Institute“, das viele Funktio- nen des Tobacco Industry Research Committee übernahm. Die einzelnen Tabakkonzerne arbeiteten in den fol- genden Jahren noch enger zusammen, um wissenschaftliche Studien anzugrei- fen, die die Gefahren des Zigaretten- rauchens belegten. Sie finanzierten eigene Forschungspro- gramme, die sich auf Krankheitsursachen- forschung konzentrier- ten, aber die grund- sätzlichen Fragen über die Gefahren des Rau- chens bewusst aus- klammerten. Außer- dem traten von der Tabakindustrie bezahlte Wissenschaftler als Zeugen in Haftungsprozessen auf, um die Geschworenen zu verunsichern und industriefreundliche Urteile zu erwirken.

Das amerikanische Justizministerium belegt auf der Grundlage interner Dokumente der Tabakindustrie, dass diese bewusst eine wissenschaftliche

„Kontroverse“ zur Verunsicherung der Öffentlichkeit führte, um dem überwäl- tigenden wissenschaftlichen Konsens entgegenzuwirken, die Verbraucher in Sicherheit zu wiegen und die Raucher über die Gefährlichkeit ihrer Produkte im Unklaren zu lassen.

Die Entscheidung der Tabakindu- strie, die Gesundheitsgefahren des Rauchens öffentlich zu leugnen, hatte Folgen für alle ihre Aktivitäten. Dem amerikanischen Justizministerium zu- folge verzichteten die Konzerne darauf, Marketing oder Forschung für die

„sichere Zigarette“ zu betreiben, weil sie befürchteten, dass die Verbraucher die bereits auf dem Markt befindlichen Produkte dann als zu gefährlich einstufen und nicht mehr konsumieren würden.

So hatte die Firma Liggett bereits eine Zigarette entwickelt, die deutlich weniger Kanzerogene enthielt. Liggett wurde jedoch von den anderen Herstellern derart unter Druck gesetzt, dass diese Zigarette nie auf den Markt kam.

Nachdem in den 70er-Jahren auch die Gesundheitsgefährdung durch Pas- sivrauchen belegt wurde und sowohl der Gesundheitsminister als auch der Nationale Forschungsrat der Akademie der Wissenschaften zum Ergebnis kamen, dass Passivrauchen bei Nichtrau- chern schwere Gesundheitsschäden, sogar Lungenkrebs verursacht, reagierte die Tabakindustrie mit Angriffen gegen die wissenschaftliche Beweisführung.

1988 gründete sie das „Center for Indoor Air Research“, das die Aufgabe hatte, die Diskussion um die Gefahren des Passivrauchens „kontrovers“ zu führen.

T H E M E N D E R Z E I T

Mit abschreckenden Abbildungen und drastischen Warnhin- weisen auf Zigarettenschachteln hat die Europäische Union (EU) eine 72 Millionen Euro teure Medienkampagne gestartet, um ihren Kampf gegen den Tabakmissbrauch fortzusetzen. Die Fotos zeigen unter anderem vom Krebs zer- fressene Lungen (Bildunterschrift: „Rauchen verursacht tödlichen Lungenkrebs“), einen Toten in der Leichenhalle („Raucher sterben jung“) und einen Mann mit Rachentumor („Rauchen kann zu einem langsamen und

schmerzhaften Tod führen“).

Insgesamt stehen 42 Bilder zur Auswahl, die in Kombination mit den Warnhinweisen verwendet werden sollen. Die EU-Mitglied- staaten können allerdings selbst ent- scheiden, ob sie von den Bildern samt Warnhinweisen Gebrauch machen wollen

oder nicht.

Der derzeit noch für Gesundheit und Verbraucherschutz zuständige EU-Kommissar David Byrne sagte:

„Die Menschen müssen aus ihrer Gleichgültigkeit gegenüber dem Tabak aufgeschreckt werden. Ich entschuldige mich nicht für die

Bilder, die wir einsetzen. Das wahre Gesicht

des Rauchens sind Krankheit, Tod und Schrecken – nicht Glanz und große weite Welt, wie die Werbung der Tabakindustrie uns weismachen will. Die EU muss diese Botschaft den jungen Menschen über ihre Medienkampagnen und den Rauchern über die Zigarettenpackungen nahe bringen.“

Die Wirkung der Bilder wurde an ausgewählten Zielgruppen in allen 25 Mitgliedstaaten getestet. Außerdem deuten Erfah- rungen in Kanada, wo Warnhinweise mit Bildern seit einigen Jahren eingesetzt werden, darauf hin, dass derartige Maßnah- men helfen können, den Nikotinmissbrauch zu reduzieren. ps

Kampf der EU gegen Tabakmissbrauch geht weiter

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 4719. November 2004 AA3169

Das Zigarettenmarketing beeinflusst sowohl die Entscheidung, mit dem Rauchen zu beginnen, als auch die Entscheidung,

weiter zu rauchen.

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