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Archiv "Nahrungsmittelallergie und -unverträglichkeit – Bewährte statt nicht evaluierte Diagnostik: Fundierte Beweise müssen erbracht werden" (09.12.2005)

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konsequent die Existenz von IgG-ver- mittelten Typ 2 bis 4 Nahrungsmittel- allergien (1).

Die Verfasser erklären in der Folge, wie man Nahrungsmittelallergien seriös abklärt, beziehen sich dabei aber aus- schließlich auf die Nahrungsmittelaller- gien des Typ 1. Diese sind vollkommen ungeeignet, um Typ-3-Allergien nach- zuweisen.

Hier wird bewusst oder unbewusst einseitig argumentiert und unterschla- gen, dass es in der wissenschaftlichen Fachwelt mittlerweile eine Reihe von Untersuchungen zu diesem Thema gibt.

Es wird weiter behauptet, die IgG- Produktion nach Verzehr von Nahrungs- mitteln gehört zur normalen, intakten Immunantwort. Diese Behauptungen sind nicht belegbar. Es ist unphysiolo- gisch, dass das menschliche Immunsy- stem gegen Nahrungsmittel hohe Kon- zentration von IgG-Antikörpern bil- det.

Die Lymphozytenpopulation des Dünndarms besitzt Eigenschaften, die sie von Zellen aus peripheren Kompar- timenten unterscheiden. Ihre zytotoxi- sche Aktivität ist schwach, dagegen ist ihre suppressive Aktivität sehr ausge- prägt. Ihre Aufgabe besteht darin, die Antigene, die von Nutzen sind, wie Le- bensmittelantigene und Antigene der physiologischen Darmflora, von poten- ziell darmpathogenen Keimen und schädigenden Antigenen zu differenzie- ren. Deshalb sind sie geprägt von einer hohen Lebensmitteltoleranz, also einer

„Nichtantwort“ der Lymphozyten ge- genüber Lebensmittelantigenen.

Bestätigt wird das durch die Ergeb- nisse der IgG-Tests. Es ist nicht so, dass bei allen Patienten Antikörper gegen Nahrungsmittel gefunden werden, auch nicht gegen Grundnahrungsmittel, die regelmäßig verzehrt werden.

Wäre das Testergebnis ein Spiegel dessen, was der Patient an Lebensmit- teln vorher verzehrt hat, wäre der Test tatsächlich überflüssig. Dass in diesem Falle mehrere hundert Ärzte regel- mäßig Blutuntersuchungen veranlas- sen, wäre nicht zu erklären.

Von den Verfassern wird unterstellt, dass es keine Studien zu den IgG- Testungen gibt. Ergebnisse einer rando- misierten doppelblind placebokontrol- lierten klinischen Studie wurden 2004 in

„Gut“ publiziert (2). Die Ergebnisse zeigen, dass bei Patienten mit Reizdarm eine Ausschlussdiät, basierend auf dem individuellen Unverträglichkeitsprofil (IgG-Antikörper gegen Lebensmittel) zu Verbesserungen im Krankheitsge- schehen führt.

Eine Untersuchung an der Univer- sität Regensburg (3) zeigte ebenfalls viel versprechende Ergebnisse. Nicht nur die Anzahl und Stärke der Reak- tionen korrelierten mit dem Krank- heitsbild Morbus Crohn. Erkennbar sind ganz spezifische Reaktionsmuster gegenüber der gesunden Kontroll- gruppe. Kürzlich erschien ein Artikel (4) zu IgG-Testung und Migräne, der ei- ne Verbesserung der Symptomatik nach Einhaltung der Ausschlussdiät zeigte.

Literatur

1. Brostoff J, Challacombe SJ: Food Allergy and Intole- rance, 2nd Edition 2002.

2. Atkinson W et al.: Food elimination based on IgG anti- bodies in irritable bowel-syndrome: a randomised controlled trial. GUT 53; 2004: 1459–64.

3. Spöttl T et al.: Food intolerance in Crohn’ disease. Po- sterbeitrag. Jahreskongress der American Gastroente- rological Association, Digestive Disease Week 2005.

4. Rees T et al.: A Prospective audit of food intolerance among migraine patients in primary care clinical prac- tice. Headache Care; 2005; 2: 11–4.

Ralf Schierl

evomed Medizin Service GmbH Heidelberger Landstraße 190 64297 Darmstadt

Fundierte Beweise müssen erbracht werden

Yorktest geht mit den Autoren kon- form, dass die Präsenz von IgG-Anti- körpern auf Nahrungsmittel allein kei- ne Basis einer Eliminationsdiät sein kann und darf. Tests auf dieser Basis entbehren jeglicher wissenschaftlicher Grundlage.

Die Bildung von IgG-Antikörpern stellt eine normale und harmlose Reak- tion des Körpers auf den Kontakt mit Fremdsubstanzen (in diesem Fall Nah- rungsmittel) dar, und deren Präsenz bedeutet lediglich einen Nachweis für Verzehr. Eine Eliminationsdiät basie- rend auf solchen Resultaten – mit teils hundert und mehr „positiven“ Nah- rungsmitteln – führt zu Verwirrung von Patienten und Therapeuten.

Der von Yorktest entwickelte Test

„FoodSCAN“ unterscheidet sich dra- matisch von den im Artikel genannten Tests. Die Testgrundlage bildet ein stan- dardisierter ELISA zur Bestimmung von IgG-Antikörpern, wodurch höchs- te Reproduzierbarkeit garantiert wird.

In der Folge werden durch die Verwen- dung von „Kalibratoren“ (= zusätzliche Kontrollen) unspezifische Reaktionen gefiltert und nur patientenspezifisch re- levante Werte angezeigt.

Daraus resultieren Ergebnisse, wel- che einen realistischen Spiegel der tatsächlichen Prävalenz von NMU’s darstellen. Yorktest Österreich inve- stierte in den vergangenen Jahren sehr viel Zeit und Energie, um sich ein Netzwerk von Ärzten aufzubauen, die den Test FoodSCAN gezielt und sinn- voll einsetzen. Dabei wird unter ande- rem großer Wert darauf gelegt, dass FoodSCAN kein Erstdiagnostikum ist, sondern eine Anwendung erst nach gründlicher Anamnese und Ausschluss anderer Faktoren in Betracht gezogen werden soll. Unsere Kommunikation sieht dabei den Arzt als entscheidende Schnittstelle.

Im Unterschied zu anderen Tests zeigt FoodSCAN, dass bei einem großen Prozentsatz (+/– 30 Prozent) an bereits durch Ärzte vorselektierten Pa- tienten die Testung negativ verläuft (de- mographisch durch diese Selektion nicht repräsentativ), und Patienten nach positiver Testung im Mittelwert 4 bis 5 Nahrungsmittel zu eliminieren empfohlen wird. Auch ist Yorktest seit Jahren bestrebt, die Validität durch wis- senschaftliche Arbeiten zu untermau- ern und fördert die Forschung in diesem Bereich aktiv. Der Großteil dieser Ar- beiten wurde kurz vor beziehungsweise erst nach dem Einreichungsdatum des Artikels im Deutschen Ärzteblatt pu- bliziert und konnte den Autoren so nur teilweise bekannt sein (1, 2, 3, 4).

Yorktest hofft, dass durch die bereits durchgeführten Arbeiten und unser wei- teres Bestreben wissenschaftlich fun- dierter Beweiserbringung eine Grundla- ge zur Diversifikation gelegt wird und bei der Beurteilung der Validität oder Nichtvalidität diverser Tests auf dieses Arbeiten beziehungsweise die Unter- schiede verwiesen wird. Im Augenblick wird an circa zehn Studien in unter- M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 49⏐⏐9. Dezember 2005 AA3423

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schiedlichen Symptombereichen gear- beitet.

Es ist Yorktest wichtig, dass die posi- tiven Resultate der Studien keineswegs gängige Positionspapiere „umstürzen“

sollen. Yorktest sieht die Resultate und die Unterschiede zu quantitativen Tests als Bestätigung der postulierten Positi- on zur IgG-Bestimmung der DGAI.

Literatur

1. Atkinson W, Sheldon TA, Shaath N, Whorwell P J: Food elimination based on IgG antibodies in irritable bowel syndrome: a randomised controlled trial; Gut 2004;

53: 1459–64.

2. Isolauri E, Rautava S, Kalliomäki M: Food allergy in ir- ritable bowel syndrome: new facts and old fallacies.

Gut 2004; 53: 1391–93.

3. Zar S, Benson MJ, Kumar D: Food specific serum IgG4 and IgE titers to common food antigens in irrita- ble bowel syndrome. Am J Gastroenterol 2005; 100;

1550–57.

4. Rees T, Watson D, Lipscombe S, Speight H, Cousins P, Hardman G, Dowson AJ: A Prospective audit of food intolerance among migraine patients in primary care clinical practice. Headache Care 2005; 2: 105–10.

Christoph G. Eliskases Yorktest Handels GmbH Gewerbepark 1 6068 Mils/Österreich

Schlusswort

Die zahlreichen Erwiderungen ver- deutlichen die Brisanz zum Thema be- währter und nichtevaluierter Diagno- stik mit Nahrungsmitteln. Es sei noch einmal betont, dass weder bei Nah- rungsmittelallergie noch bei -unver- träglichkeit kontrollierte Studien mit der IgG-Diagnostik auf Nahrungsmit- teln vorliegen. Die mehrfach erwähnte Publikation von Atkinson bezieht sich auf das Reizdarm-Syndrom (RDS) und beschreibt eine 10-prozentige Besse- rung der RDS-Symptome nach einer aufgrund von IgG-Befunden vereinbar- ten Diät (IgG-Diät) im Vergleich zu ei- ner Kontrollgruppe, die andere häufige Nahrungsmittel gemieden hat (Kon- trolldiät). Trotz kontrollierten Designs zeigt die Studie gravierende Schwächen und wurde kontrovers diskutiert (siehe unter http://gut.bmjjournals.com/cgi/

eletters/53/10/1459): Die Palette der ge- miedenen Nahrungsmittel unterschied sich erheblich; bei der IgG-Diät wurden im Gegensatz zur Kontrolldiät häufig Milch- und Weizenprodukte gemieden,

die unabhängig vom IgG-Befund bei Patienten mit RDS zu einer Symptom- verschlechterung führen können (1).

Insofern stellen die erheblich abwei- chenden Diätempfehlungen zusätzliche Variablen im Studiendesign und eine mögliche Erklärung für die Ergebnisse dar und gestatten keine Bewertung der IgG-Diagnostik bei RDS. Die anderen zitierten Studien wurden unkontrolliert und ohne Nahrungsmittelprovokation zur Diagnosebestätigung durchgeführt;

bei dem Rest handelt es sich um Kurz- beiträge (Abstracts) beziehungsweise um einen Kommentar (Editorial) und nicht um Originalarbeiten.

Die Durchführung der IgG-Tests und Beschreibung der Arbeitsschritte lässt sich in der von uns dargestellten Form – „(mit Leitungswasser) gewa- schen“ – nicht belegen. Allerdings gibt es Hinweise, dass Hersteller vereinzelt die Anwendung von fließendem Wasser zu diesem Zweck empfohlen haben.

Üblicherweise werden neutral einge- stellte Waschpuffer mit Detergenzien- zusatz (zum Beispiel 0,1 Prozent Tween) für das Waschen von Mikroti- terplatten zur Bestimmung von Anti- körpern verwandt.

Die angesprochenen Lymphozyten- Tests mit Nahrungsmitteln sind eben- falls nicht zur individuellen Diagnostik einer Nahrungsmittelallergie oder -un- verträglichkeit geeignet. Erhöhte Sti- mulationsindizes entsprechen einer zel- lulären Immunantwort, die bei atopi- schem Ekzem und spezifischen allergi- schen Sensibilisierungen gegen Nah- rungsmittel durchaus nachgewiesen werden kann (2); derartige Gruppenef- fekte sind aufgrund der Streuung und Überlappung der Einzelwerte mit de- nen von gesunden Kontrollprobanden jedoch zur individuellen Diagnostik un- brauchbar.

Die anderen erwähnten Verfah- ren (Bioresonanz, Elektroakupunktur, ALCAT-Test, Kinesiologie) haben ge- meinsam, dass sie in kontrollierten Untersuchungen nicht zur Allergie- Diagnostik geeignet waren beziehungs- weise auf diverse Nahrungsmittel eine Unverträglichkeit angezeigt haben, die sich nicht bestätigen ließ (Übersicht und Literatur unter [3] und [4]). Den Testherstellern wird daher empfohlen, die Diagnosen in kontrollierten Studien

durch doppelblind placebokontrollierte Nahrungsmittelprovokationen zu veri- fizieren (5). Nur so lassen sich Testtaug- lichkeit, Validität, Reproduzierbarkeit und andere diagnostische Kenngrößen (Sensitivität, Spezifität, Vorhersage- wert) der erzielten Resultate ermitteln.

Das häufig bemühte Schlagwort „Er- fahrungsmedizin“ verdient eine nähere Betrachtung: Eine klinisch-kasuistische Beobachtung entspricht einer anekdo- tischen Erfahrung. Jede diagnostische oder therapeutische (zum Beispiel diä- tetische) Maßnahme gestattet eine anekdotische Erfahrung und ist streng genommen ein Experiment, allerdings ein unkontrolliertes n = 1). Eine anek- dotische Therapieerfahrung hat diverse Variablen (zum Beispiel Erwartungen des Patienten, Zuwendung des Thera- peuten, spezifische Wirkung der Thera- pie, natürlicher Verlauf der Erkran- kung), deren Anteil am Ausgang des Experimentes (beziehungsweise der Behandlung) unklar bleibt.

Auch 100 (positive) anekdotische Erfahrungen (100 ⫻ n = 1) ersetzen daher keine kontrollierte Studie mit n = 100, durch die gesicherte Erfahrun- gen gewonnen werden. Die benötigten empirischen Instrumente (Kontrollgrup- pen, Randomisierung, Placebokonzept, Doppelblind-Design) – seit zirka 50 Jah- ren fester Bestandteil der modernen kli- nischen Forschung – sind für die Prüfung sämtlicher diagnostischer und thera- peutischer Maßnahmen geeignet, sogar wenn deren zugrunde liegender Wirk- mechanismus unklar ist (zum Beispiel Außenseiterverfahren) oder es sich um aufwendige Interventionen (zum Bei- spiel Psychotherapie) handelt.

Gerade bei komplexen Gesundheits- störungen sind derartige empirische Studien unverzichtbar, bevor begründe- te Empfehlungen zur Diagnostik oder Therapie gegeben werden können (bei allergischen Erkrankungen circa 30 Prozent Placeboeffekt). Zur medizini- schen Erfahrung gehören eben nicht nur die subjektive persönliche Erfah- rung des Arztes, sondern auch gesicher- te Erkenntnisse, die aufgrund nachvoll- ziehbarer Prüfverfahren mit geeigne- tem Kontrollansatz gewonnen werden.

Ein Verzicht auf Evaluierung muss zwangsläufig zu einer permissiven Hal- tung gegenüber einer inflationär zuneh- M E D I Z I N

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A3424 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 49⏐⏐9. Dezember 2005

Referenzen

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