• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Kleiner Unterschied: Drei oder dreißig" (20.05.1983)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Kleiner Unterschied: Drei oder dreißig" (20.05.1983)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen DIE GLOSSE

Lieb und teuer:

EG-Koordinierung

Es ist schon erstaunlich, was Bü- rokraten dem geplagten Chro- nisten manchmal vorzusetzen wagen.

In diesem Falle sind's die Eurokra- ten in Brüssel, die in einem EG- Forschungsprogramm Medizin von 1982 bis 1986 die Verminde-

rung der Säuglingssterblichkeit, Altersbeschwerden und Fort- schritte bei der ambulanten Be- handlung erforschen wollen. Die EG-Kommission wird die Projekte aufeinander abstimmen. Kosten- punkt: 31,4 Millionen DM.

Aber das ganze Programm soll doch 700 Millionen DM kosten? — Stimmt! 31,4 Millionen DM, das ist nur für die Koordinierung („damit Doppelarbeit verhindert wird"; et- wa zwischen Säuglingssterblich- keit und Altersbeschwerden?).

Das muß man sich mal genau vor- stellen: Über den Daumen gepeilt, sind das etwa hundert Arbeitskräf- te — nur für die Koordinierung!

Damit die Sache nicht uferlos wird, will man sich wenigstens bei den Altersbeschwerden auf be- stimmte Dinge konzentrieren, nämlich auf Schwerhörigkeit, Alte- rung der Augenlinsen und die ver- stärkte Tendenz zu Thrombosen.

Das leuchtet noch ein.

Fragwürdiger ist schon, warum man erst noch zu Erkenntnissen gelangen will über den folgenden Sachverhalt: „Längere Liegezei- ten in Krankenhäusern führen zur Vereinsamung der Patienten und sind eine volkswirtschaftliche Be- lastung" — müssen wir dafürwirk- lich Millionen DM ausgeben?

Und was ist das für eine „Struktur- forschung im Gesundheitswe- sen", die „vergleichende Untersu- chungen zur ambulanten Behand- lung und die Ausschaltung der möglichen Risikofaktoren" liefern soll — Risikofaktoren etwa der am- bulanten Behandlung? Bei der

Säuglingssterblichkeit erreicht das Wortgeklingel seinen Höhe- punkt. „Mögliche angeborene Stoffwechselerkrankungen", heißt es da, können „durch eine Verein- heitlichung der Untersuchungs- methoden" frühzeitig erkannt und behandelt werden — wieso durch eine Vereinheitlichung?

Hoffentlich wissen die Leute, die all die Millionen ausgeben, besser, was sie eigentlich erforschen wol- len, als diejenigen, welche die Mit- teilung darüber verfaßt haben. gb

Blumenerde

auf Kassenschein

Im Bundesanzeiger Nr. 237/1982 findet sich die 58. Bekanntma- chung über die Zulassung von Arzneimitteln sowie anderen Amtshandlungen des Bundesge- sundheitsamtes vom 15. Novem- ber 1982.

Man erfährt, daß das hohe Amt am 16. 9. 1982 unter der Registrier- nummer 2230.00.00 Lößerde aus der Gemarkung Praunheim bei Frankfurt/M., auch unter dem Na- men Luvos-Heilerde in Kapseln bekannt, für die Anwendungsge- biete „Übersäuerung des Magens mit saurem Aufstoßen, Sodbren- nen, Magendruck und Völlege- fühl" und „Zur unterstützenden Behandlung einer mit Säurebe- schwerden einhergehenden chro- nischen Magenschleimhautent- zündung und des Reizmagens"

zugelassen hat.

Wer glaubt — bei solch mit der wis- senschaftlichen Maxime „Dreck reinigt den Magen" wohlbegrün- detem Pluralismus — noch an die juristische Behauptung, daß gera- de wir die strengste Arzneimittel- kontrollbehörde der Welt hätten?

Das Amt hat gesprochen und ein als Hausmittel durchaus bewähr- tes „Naturprodukt" jetzt geradezu

„approbiert" — und die Kassen müssen'szahlen... J.C. Bitterkraut

Kleiner Unterschied:

Drei oder dreißig

„Ich weiß nicht, ob diese Statistik richtig ist — ich habe sie nicht selbst gefälscht." Dieser alte Spruch eines skeptischen Wissen- schaftlers paßt ganz genau — zum Beispiel auf die österreichische Verkehrsunfallstatistik. Geht man nach der amtlichen Zahl der Ver- kehrstoten, dann steht Österreich noch um einiges besser da als die Bundesrepublik Deutschland. Au- ßerdem fällt ein ständiger Rück- gang in den letzten Jahren auf.

Was aber nicht in den Tabellen steht: Wer ist ein Verkehrstoter? In Österreich jeder, der innerhalb von drei Tagen nach dem Unfall stirbt. Es sei offensichtlich — dar- auf machte der Sprecher des Ku- ratoriums für Verkehrssicherheit in Wien, Hans Wimmer, aufmerk- sam —, daß allein die Verbesserung der Intensivmedizin die statisti- schen Ergebnisse verändere: Von den Verkehrsopfern, die deswe- gen den dritten Tag überleben, sterben aber immerhin noch so viele, daß allein dadurch die Ge- samtzahl der infolge von Ver- kehrsunfällen Verstorbenen um ein ganzes Drittel über die amtli- che Zahl steigt! Und der Hirntod könne überhaupt erst am vierten Tage diagnostiziert werden: Wer also als Organspender noch etwas Gutes tut, ist in der Statistik nicht drin.

Das alles zeigt wieder einmal, daß international vergleichende Stati- stiken überhaupt nicht vorsichtig genug betrachtet werden können:

In Österreich ist die Frist für die Rubrizierung „Tod durch Ver- kehrsunfall" drei Tage, in Frank- reich sechs Tage, in Italien sieben Tage, im größten übrigen Teil Eu- ropas einschließlich der Bundes- republik Deutschland aber 30 Ta- ge. Das Wiener Kuratorium kommt bei Anwendung des europäisch überwiegenden Maßstabes von 1695 auf 2200 Verkehrstote im Jahr; damit unterscheidet sich Österreich kaum mehr von der Bundesrepublik Deutschland. bt Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 20 vom 20. Mai 1983 107

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Da einerseits alle Mitarbeitende der Kantonsverwaltung und der Universität befragt wurden und andererseits die Rücklaufquote über 60% betrug - was von Umfragespezialisten

Auch die Beeinträchtigung der Fahrsicherheit durch Krank- heitsfolgen und Arzneimittel- begleitwirkungen muß aufgrund verkehrsmedizinischer For- schungsergebnisse mit als eine

Wenn im Entwicklungsland Indien, wie gezeigt wird, die Lebens- erwartungen Neugeborener beiderlei Geschlechts unge- fähr gleich sind, so bedeutet dies, daß die Frauen die mit der

Woche noch in Anspruch genommen wird und die Verlängerung der Kur von der PBeaKK ausdrücklich genehmigt ist. Beschränkt sich die Tätigkeit des Ver- tragsbadearztes auf die eingehende

Die Kommunikation kann nicht funktionieren, wenn nicht festgelegt wurde, wer in der Schule für externe Partner (Träger der Jugendarbeit, Unternehmen, Betriebe) als

Wahr- scheinlich zu seinem eigenen Erstau- nen entdeckte er seine Leidenschaft für Chemie und Physik, bestand 1846 sein Examen und legte nur ein Jahr später mit der Promotion in

Monika Sommer (Wien Museum), Marcus Gräser (Zentrum für Nordamerika-Forschung, Universität Frankfurt/Main), Ursula Prutsch (Institut für Geschichte, Universität

Juni 2005 veranstaltet die Österreichische Akademie der Wissenschaften in Kooperation mit dem Österreichischen Museum für Angewandte Kunst (MAK), der Universität Wien und